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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Cubikcentimeter Knallgas immerhin noch ein Zeitraum von beiläufig 38 Minuten
nöthig sein. "Und doch, so geringfügig diese galvanischen Wirkungen auch sein
mögen," sagt Toepler, "vor zwanzig Jahren hätte man, um sie zu erhalten,
einige hundert gute Reibungs-Elektrisirmaschinen zusammen in Thätigkeit setzen
müssen."

In Frankreich hat die Influenzmaschine von Carre (Fig. 53) große Verbreitung
erlangt. Bei dieser werden beide Scheiben, die influenzirende (der Inductor) sowohl,
als auch die influenzirte, in Rotation versetzt. Die Inductorscheibe wird durch die
Reibung zwischen den beiden Reibkissen F F1 stets elektrisch erhalten und rotirt in ent-
gegengesetzter Richtung und bedeutend langsamer wie die große Scheibe B. Der Antrieb
beider Scheiben erfolgt gemein-
schaftlich durch die Kurbel M,
den Schnurlauf und die dazu-
gehörigen Rollen. Die Axen der
beiden Scheiben sind in den
Ständern a und b gelagert,
welche an ihren oberen Enden
den Conductor C tragen, mit
dem ein Saugkamm in Ver-
bindung steht; der zweite Saug-
kamm besitzt eine beweglichen
Arm e d, welcher an dem oberen
Conductor angelegt oder von
ihm weggedreht werden kann.
Die Wirkungsweise dieser Ma-
schine bedarf nach der vorhin
für die Holtz'sche Maschine ge-
gebenen keiner weiteren Er-
klärung.

So sehr die Influenz-
maschinen in ihrer Wirksamkeit
den Reibungs-Elektrisirmaschinen
überlegen sind, theilen sie mit
diesen doch auch einige Nach-
theile. So wirkt z. B. namentlich
die Luftfeuchtigkeit sehr störend,
so zwar, daß die Maschinen

[Abbildung] Fig. 53.

Carre's Maschine.

häufig gar nicht in Thätigkeit zu bringen sind. Dies ist auch die Ursache, warum
Experimente vor einem großen Auditorium häufig mißlingen, da durch den Athmungs-
proceß so vieler Menschen die Luft eines geschlossenen Raumes stark mit Feuchtigkeit
gesättigt wird. Toepler sucht diesen Uebelstand dadurch zu beseitigen, daß er die
ganze Maschine auf einen Heizapparat stellt. Dieser besteht im Wesentlichen aus einem
doppelwandigen Blechkasten, in dessen Innerem einige Gasflämmchen brennen. Der
äußere Blechmantel ist durchbrochen und ebenso die Gestellplatte der Influenzmaschine,
so daß ein mäßig warmer Luftstrom die Maschine von unten umströmt, und alle
Theile derselben gleichförmig umspült. Dr. S. Th. Stein schließt zur Erreichung
desselben Zweckes die ganze Influenzmaschine in einen Glaskasten ein und stellt in
dessen Innerem einen kleinen Ventilator auf; dieser saugt auf einer Seite die Luft

Cubikcentimeter Knallgas immerhin noch ein Zeitraum von beiläufig 38 Minuten
nöthig ſein. „Und doch, ſo geringfügig dieſe galvaniſchen Wirkungen auch ſein
mögen,“ ſagt Toepler, „vor zwanzig Jahren hätte man, um ſie zu erhalten,
einige hundert gute Reibungs-Elektriſirmaſchinen zuſammen in Thätigkeit ſetzen
müſſen.“

In Frankreich hat die Influenzmaſchine von Carré (Fig. 53) große Verbreitung
erlangt. Bei dieſer werden beide Scheiben, die influenzirende (der Inductor) ſowohl,
als auch die influenzirte, in Rotation verſetzt. Die Inductorſcheibe wird durch die
Reibung zwiſchen den beiden Reibkiſſen F F1 ſtets elektriſch erhalten und rotirt in ent-
gegengeſetzter Richtung und bedeutend langſamer wie die große Scheibe B. Der Antrieb
beider Scheiben erfolgt gemein-
ſchaftlich durch die Kurbel M,
den Schnurlauf und die dazu-
gehörigen Rollen. Die Axen der
beiden Scheiben ſind in den
Ständern a und b gelagert,
welche an ihren oberen Enden
den Conductor C tragen, mit
dem ein Saugkamm in Ver-
bindung ſteht; der zweite Saug-
kamm beſitzt eine beweglichen
Arm e d, welcher an dem oberen
Conductor angelegt oder von
ihm weggedreht werden kann.
Die Wirkungsweiſe dieſer Ma-
ſchine bedarf nach der vorhin
für die Holtz’ſche Maſchine ge-
gebenen keiner weiteren Er-
klärung.

So ſehr die Influenz-
maſchinen in ihrer Wirkſamkeit
den Reibungs-Elektriſirmaſchinen
überlegen ſind, theilen ſie mit
dieſen doch auch einige Nach-
theile. So wirkt z. B. namentlich
die Luftfeuchtigkeit ſehr ſtörend,
ſo zwar, daß die Maſchinen

[Abbildung] Fig. 53.

Carré’s Maſchine.

häufig gar nicht in Thätigkeit zu bringen ſind. Dies iſt auch die Urſache, warum
Experimente vor einem großen Auditorium häufig mißlingen, da durch den Athmungs-
proceß ſo vieler Menſchen die Luft eines geſchloſſenen Raumes ſtark mit Feuchtigkeit
geſättigt wird. Toepler ſucht dieſen Uebelſtand dadurch zu beſeitigen, daß er die
ganze Maſchine auf einen Heizapparat ſtellt. Dieſer beſteht im Weſentlichen aus einem
doppelwandigen Blechkaſten, in deſſen Innerem einige Gasflämmchen brennen. Der
äußere Blechmantel iſt durchbrochen und ebenſo die Geſtellplatte der Influenzmaſchine,
ſo daß ein mäßig warmer Luftſtrom die Maſchine von unten umſtrömt, und alle
Theile derſelben gleichförmig umſpült. Dr. S. Th. Stein ſchließt zur Erreichung
desſelben Zweckes die ganze Influenzmaſchine in einen Glaskaſten ein und ſtellt in
deſſen Innerem einen kleinen Ventilator auf; dieſer ſaugt auf einer Seite die Luft

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[111/0125] Cubikcentimeter Knallgas immerhin noch ein Zeitraum von beiläufig 38 Minuten nöthig ſein. „Und doch, ſo geringfügig dieſe galvaniſchen Wirkungen auch ſein mögen,“ ſagt Toepler, „vor zwanzig Jahren hätte man, um ſie zu erhalten, einige hundert gute Reibungs-Elektriſirmaſchinen zuſammen in Thätigkeit ſetzen müſſen.“ In Frankreich hat die Influenzmaſchine von Carré (Fig. 53) große Verbreitung erlangt. Bei dieſer werden beide Scheiben, die influenzirende (der Inductor) ſowohl, als auch die influenzirte, in Rotation verſetzt. Die Inductorſcheibe wird durch die Reibung zwiſchen den beiden Reibkiſſen F F1 ſtets elektriſch erhalten und rotirt in ent- gegengeſetzter Richtung und bedeutend langſamer wie die große Scheibe B. Der Antrieb beider Scheiben erfolgt gemein- ſchaftlich durch die Kurbel M, den Schnurlauf und die dazu- gehörigen Rollen. Die Axen der beiden Scheiben ſind in den Ständern a und b gelagert, welche an ihren oberen Enden den Conductor C tragen, mit dem ein Saugkamm in Ver- bindung ſteht; der zweite Saug- kamm beſitzt eine beweglichen Arm e d, welcher an dem oberen Conductor angelegt oder von ihm weggedreht werden kann. Die Wirkungsweiſe dieſer Ma- ſchine bedarf nach der vorhin für die Holtz’ſche Maſchine ge- gebenen keiner weiteren Er- klärung. So ſehr die Influenz- maſchinen in ihrer Wirkſamkeit den Reibungs-Elektriſirmaſchinen überlegen ſind, theilen ſie mit dieſen doch auch einige Nach- theile. So wirkt z. B. namentlich die Luftfeuchtigkeit ſehr ſtörend, ſo zwar, daß die Maſchinen [Abbildung Fig. 53. Carré’s Maſchine.] häufig gar nicht in Thätigkeit zu bringen ſind. Dies iſt auch die Urſache, warum Experimente vor einem großen Auditorium häufig mißlingen, da durch den Athmungs- proceß ſo vieler Menſchen die Luft eines geſchloſſenen Raumes ſtark mit Feuchtigkeit geſättigt wird. Toepler ſucht dieſen Uebelſtand dadurch zu beſeitigen, daß er die ganze Maſchine auf einen Heizapparat ſtellt. Dieſer beſteht im Weſentlichen aus einem doppelwandigen Blechkaſten, in deſſen Innerem einige Gasflämmchen brennen. Der äußere Blechmantel iſt durchbrochen und ebenſo die Geſtellplatte der Influenzmaſchine, ſo daß ein mäßig warmer Luftſtrom die Maſchine von unten umſtrömt, und alle Theile derſelben gleichförmig umſpült. Dr. S. Th. Stein ſchließt zur Erreichung desſelben Zweckes die ganze Influenzmaſchine in einen Glaskaſten ein und ſtellt in deſſen Innerem einen kleinen Ventilator auf; dieſer ſaugt auf einer Seite die Luft

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/125>, abgerufen am 20.04.2024.