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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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eben, daß die Richtung, nach welcher der Stab weist, von der genauen Nord-
Süd-Richtung um eine bestimmte Anzahl Grade abweicht; man nennt den Winkel,
welchen der magnetische Meridian (d. h. die durch die Längsaxe des Magnet-
stabes gelegte Verticalebene) mit dem Erdmeridiane bildet, die Declination. Der
frei beweglich aufgehängte Stab stellt sich
aber nicht in horizontaler Ebene in die
angegebene Richtung, sondern schließt viel-
mehr auch mit dieser einen bestimmten
Winkel ein, den man als die Inclina-
tion
des Magnetstabes bezeichnet. In
unseren Gegenden neigt sich hierbei das
Nordende des Stabes nach abwärts.
Declination und Inclination sind mit Ort
und Zeit veränderlich. Gegenwärtig be-
trägt z. B. für Wien die Declination 10°
(westlich) und die Inclination 63°, für
Berlin hingegen die erstere 12°, die letztere
67°. Dabei ist die Declination in ganz
Europa, Afrika und dem atlantischen Ocean

[Abbildung] Fig. 15.

Declinationsnadel.

eine westliche, d. h. der Magnetstab oder die "Magnetnadel" weicht von der genauen
Nord-Süd-Richtung nach Westen ab, und in Amerika, dem großen Ocean und
Asien eine östliche. Ferner neigt sich in der nördlichen Erdhälfte der Nordpol nach
abwärts, auf der Südhälfte hingegen der
Südpol.

Es wurde früher der Ausdruck
"Magnetnadel" gebraucht; diese Bezeich-
nung wendet man für verschiedene Formen
stabförmiger Magnete an, welche um den
Mittelpunkt ihrer Längsaxen leicht beweg-
lich sind. Die gewöhnliche Form, die einer
solchen Nadel gegeben wird, ist die einer
langgezogenen Raute, wie dies die Fig. 15
und 16 zeigen. Die Nordhälfte der Nadel
läßt man, um sie leicht kenntlich zu machen,
blau anlaufen. Die Declinationsnadel trägt
in ihrer Mitte bei a ein kleines Hütchen,
mit welchem sie sich auf der am Fußbrette b
befestigten Stahlspitze dreht. Die Inclina-
tionsnadel dreht sich in einer Gabel um
eine horizontale Axe.

Die wichtigen Anwendungen, welche
man von der Richtkraft der Magnetnadel
durch die Bussole*) und den Compaß

[Abbildung] Fig. 16.

Inclinationsnadel.

macht, wurden bereits in der geschichtlichen Einleitung erwähnt. Fig. 17 stellt

*) Bussole ist richtiger als Boussole, da das Wort nicht französischen Ursprunges ist,
sondern nach Klaproth aus dem arabischen Muassala = Pfeil abgeleitet ist, welches Wort
Mo--ussala ausgesprochen wird.

eben, daß die Richtung, nach welcher der Stab weiſt, von der genauen Nord-
Süd-Richtung um eine beſtimmte Anzahl Grade abweicht; man nennt den Winkel,
welchen der magnetiſche Meridian (d. h. die durch die Längsaxe des Magnet-
ſtabes gelegte Verticalebene) mit dem Erdmeridiane bildet, die Declination. Der
frei beweglich aufgehängte Stab ſtellt ſich
aber nicht in horizontaler Ebene in die
angegebene Richtung, ſondern ſchließt viel-
mehr auch mit dieſer einen beſtimmten
Winkel ein, den man als die Inclina-
tion
des Magnetſtabes bezeichnet. In
unſeren Gegenden neigt ſich hierbei das
Nordende des Stabes nach abwärts.
Declination und Inclination ſind mit Ort
und Zeit veränderlich. Gegenwärtig be-
trägt z. B. für Wien die Declination 10°
(weſtlich) und die Inclination 63°, für
Berlin hingegen die erſtere 12°, die letztere
67°. Dabei iſt die Declination in ganz
Europa, Afrika und dem atlantiſchen Ocean

[Abbildung] Fig. 15.

Declinationsnadel.

eine weſtliche, d. h. der Magnetſtab oder die „Magnetnadel“ weicht von der genauen
Nord-Süd-Richtung nach Weſten ab, und in Amerika, dem großen Ocean und
Aſien eine öſtliche. Ferner neigt ſich in der nördlichen Erdhälfte der Nordpol nach
abwärts, auf der Südhälfte hingegen der
Südpol.

Es wurde früher der Ausdruck
„Magnetnadel“ gebraucht; dieſe Bezeich-
nung wendet man für verſchiedene Formen
ſtabförmiger Magnete an, welche um den
Mittelpunkt ihrer Längsaxen leicht beweg-
lich ſind. Die gewöhnliche Form, die einer
ſolchen Nadel gegeben wird, iſt die einer
langgezogenen Raute, wie dies die Fig. 15
und 16 zeigen. Die Nordhälfte der Nadel
läßt man, um ſie leicht kenntlich zu machen,
blau anlaufen. Die Declinationsnadel trägt
in ihrer Mitte bei a ein kleines Hütchen,
mit welchem ſie ſich auf der am Fußbrette b
befeſtigten Stahlſpitze dreht. Die Inclina-
tionsnadel dreht ſich in einer Gabel um
eine horizontale Axe.

Die wichtigen Anwendungen, welche
man von der Richtkraft der Magnetnadel
durch die Buſſole*) und den Compaß

[Abbildung] Fig. 16.

Inclinationsnadel.

macht, wurden bereits in der geſchichtlichen Einleitung erwähnt. Fig. 17 ſtellt

*) Buſſole iſt richtiger als Bouſſole, da das Wort nicht franzöſiſchen Urſprunges iſt,
ſondern nach Klaproth aus dem arabiſchen Muassala = Pfeil abgeleitet iſt, welches Wort
Mo—ussala ausgeſprochen wird.
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[39/0053] eben, daß die Richtung, nach welcher der Stab weiſt, von der genauen Nord- Süd-Richtung um eine beſtimmte Anzahl Grade abweicht; man nennt den Winkel, welchen der magnetiſche Meridian (d. h. die durch die Längsaxe des Magnet- ſtabes gelegte Verticalebene) mit dem Erdmeridiane bildet, die Declination. Der frei beweglich aufgehängte Stab ſtellt ſich aber nicht in horizontaler Ebene in die angegebene Richtung, ſondern ſchließt viel- mehr auch mit dieſer einen beſtimmten Winkel ein, den man als die Inclina- tion des Magnetſtabes bezeichnet. In unſeren Gegenden neigt ſich hierbei das Nordende des Stabes nach abwärts. Declination und Inclination ſind mit Ort und Zeit veränderlich. Gegenwärtig be- trägt z. B. für Wien die Declination 10° (weſtlich) und die Inclination 63°, für Berlin hingegen die erſtere 12°, die letztere 67°. Dabei iſt die Declination in ganz Europa, Afrika und dem atlantiſchen Ocean [Abbildung Fig. 15. Declinationsnadel.] eine weſtliche, d. h. der Magnetſtab oder die „Magnetnadel“ weicht von der genauen Nord-Süd-Richtung nach Weſten ab, und in Amerika, dem großen Ocean und Aſien eine öſtliche. Ferner neigt ſich in der nördlichen Erdhälfte der Nordpol nach abwärts, auf der Südhälfte hingegen der Südpol. Es wurde früher der Ausdruck „Magnetnadel“ gebraucht; dieſe Bezeich- nung wendet man für verſchiedene Formen ſtabförmiger Magnete an, welche um den Mittelpunkt ihrer Längsaxen leicht beweg- lich ſind. Die gewöhnliche Form, die einer ſolchen Nadel gegeben wird, iſt die einer langgezogenen Raute, wie dies die Fig. 15 und 16 zeigen. Die Nordhälfte der Nadel läßt man, um ſie leicht kenntlich zu machen, blau anlaufen. Die Declinationsnadel trägt in ihrer Mitte bei a ein kleines Hütchen, mit welchem ſie ſich auf der am Fußbrette b befeſtigten Stahlſpitze dreht. Die Inclina- tionsnadel dreht ſich in einer Gabel um eine horizontale Axe. Die wichtigen Anwendungen, welche man von der Richtkraft der Magnetnadel durch die Buſſole *) und den Compaß [Abbildung Fig. 16. Inclinationsnadel.] macht, wurden bereits in der geſchichtlichen Einleitung erwähnt. Fig. 17 ſtellt *) Buſſole iſt richtiger als Bouſſole, da das Wort nicht franzöſiſchen Urſprunges iſt, ſondern nach Klaproth aus dem arabiſchen Muassala = Pfeil abgeleitet iſt, welches Wort Mo—ussala ausgeſprochen wird.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/53>, abgerufen am 25.04.2024.