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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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dann in dem Maße als die Kohlen verbrennen die isolirende Zwischenschichte zum
Schmelzen und Verdampfen. Da aber die positive Kohle beiläufig noch einmal so
schnell verzehrt wird als die negative, so mußte erstere zur Erzielung eines gleich-
mäßigen Abbrennens von doppelt so großem Querschnitte als letztere genommen
werden. Das Verhältniß ist jedoch kein genaues, die Kerzen brennen deshalb doch
ungleichförmig, und so sah man sich zur Anwendung von Wechselströmen genöthigt.
Eine Kerze mit Kohlenstäbchen von vier Millimeter Durchmesser und 220 bis 225
Millimeter Länge brennt beiläufig 11/2 Stunden und entwickelt eine Lichtstärke von
100 Carcelbrennern.

In einen Stromkreis können mehrere Kerzen eingeschaltet werden und die
Summe der Lichtintensitäten aller Kerzen ist größer als jene Intensität, welche
im selben Stromkreise erhalten würde, wenn
man nur eine entsprechend größere Kerze ein-
geschaltet hätte.

Es rührt dies daher, daß nicht nur der
Voltabogen zwischen den beiden Kohlen leuchtet,
sondern auch die verdampfende Gypsschichte zur
Gesammtlichtstärke beiträgt. Der kurzen Brenn-
dauer einer Kerze wegen werden immer mehrere
derselben (2 bis 5) in einer Lampe angebracht.
Anfangs, z. B. auch bei der Beleuchtung der
Avenue de l'opera in Paris, begnügte man sich
allerdings damit, jede Lampe mit vier Kerzen
zu versehen und diese mit einem im Fuße des
Candelabers angebrachten Stromwechsler so zu
verbinden, daß durch entsprechende Drehung des
letzteren eine Kerze nach der andern in den
Stromkreis eingeschaltet werden konnte. Nach je
zwei Stunden (der Brenndauer einer Kerze) mußte
dann ein Lampenwärter von Laterne zu Laterne
gehen und die Stromwechsler drehen. Diese
Einrichtung hat aber nicht nur den Nachtheil
der Unbequemlichkeit, sondern auch den, daß beim
Erlöschen einer Kerze durch irgend welche
Ursachen sämmtliche Kerzen desselben Strom-
kreises erlöschen und die Lampen erst durch

[Abbildung] Fig. 500.

Kerze von Jablochkoff.

Drehen ihrer Stromwechsler successive wieder zum Leuchten gebracht werden können.

Mittel, um eine einmal erloschene Kerze von selbst wieder zum Brennen
zu bringen, wie z. B. die Beimischung leitender Metallpulver in die isolirende
Zwischenschichte, haben bis jetzt kein brauchbares Resultat ergeben. Um das
Erlöschen einer Lampe zu verhindern, muß man also dafür sorgen, daß an Stelle
einer erloschenen Kerze unmittelbar eine zweite Kerze zu brennen beginnt. Man
versuchte dies dadurch zu erreichen, daß man Kerzen von verschiedenen Wider-
ständen in einer Lampe vereinigte und sie sämmtlich in den Stromkreis einschaltete.
Es begann dann die Kerze zu brennen, welche den geringsten Widerstand besaß,
und wenn diese erlosch, folgte jene Kerze, welche den nächst höheren Widerstand
hatte. Diese Einrichtung führte aber zu großen Stromverlusten und wurde deshalb
aufgegeben.

dann in dem Maße als die Kohlen verbrennen die iſolirende Zwiſchenſchichte zum
Schmelzen und Verdampfen. Da aber die poſitive Kohle beiläufig noch einmal ſo
ſchnell verzehrt wird als die negative, ſo mußte erſtere zur Erzielung eines gleich-
mäßigen Abbrennens von doppelt ſo großem Querſchnitte als letztere genommen
werden. Das Verhältniß iſt jedoch kein genaues, die Kerzen brennen deshalb doch
ungleichförmig, und ſo ſah man ſich zur Anwendung von Wechſelſtrömen genöthigt.
Eine Kerze mit Kohlenſtäbchen von vier Millimeter Durchmeſſer und 220 bis 225
Millimeter Länge brennt beiläufig 1½ Stunden und entwickelt eine Lichtſtärke von
100 Carcelbrennern.

In einen Stromkreis können mehrere Kerzen eingeſchaltet werden und die
Summe der Lichtintenſitäten aller Kerzen iſt größer als jene Intenſität, welche
im ſelben Stromkreiſe erhalten würde, wenn
man nur eine entſprechend größere Kerze ein-
geſchaltet hätte.

Es rührt dies daher, daß nicht nur der
Voltabogen zwiſchen den beiden Kohlen leuchtet,
ſondern auch die verdampfende Gypsſchichte zur
Geſammtlichtſtärke beiträgt. Der kurzen Brenn-
dauer einer Kerze wegen werden immer mehrere
derſelben (2 bis 5) in einer Lampe angebracht.
Anfangs, z. B. auch bei der Beleuchtung der
Avenue de l’opéra in Paris, begnügte man ſich
allerdings damit, jede Lampe mit vier Kerzen
zu verſehen und dieſe mit einem im Fuße des
Candelabers angebrachten Stromwechsler ſo zu
verbinden, daß durch entſprechende Drehung des
letzteren eine Kerze nach der andern in den
Stromkreis eingeſchaltet werden konnte. Nach je
zwei Stunden (der Brenndauer einer Kerze) mußte
dann ein Lampenwärter von Laterne zu Laterne
gehen und die Stromwechsler drehen. Dieſe
Einrichtung hat aber nicht nur den Nachtheil
der Unbequemlichkeit, ſondern auch den, daß beim
Erlöſchen einer Kerze durch irgend welche
Urſachen ſämmtliche Kerzen desſelben Strom-
kreiſes erlöſchen und die Lampen erſt durch

[Abbildung] Fig. 500.

Kerze von Jablochkoff.

Drehen ihrer Stromwechsler ſucceſſive wieder zum Leuchten gebracht werden können.

Mittel, um eine einmal erloſchene Kerze von ſelbſt wieder zum Brennen
zu bringen, wie z. B. die Beimiſchung leitender Metallpulver in die iſolirende
Zwiſchenſchichte, haben bis jetzt kein brauchbares Reſultat ergeben. Um das
Erlöſchen einer Lampe zu verhindern, muß man alſo dafür ſorgen, daß an Stelle
einer erloſchenen Kerze unmittelbar eine zweite Kerze zu brennen beginnt. Man
verſuchte dies dadurch zu erreichen, daß man Kerzen von verſchiedenen Wider-
ſtänden in einer Lampe vereinigte und ſie ſämmtlich in den Stromkreis einſchaltete.
Es begann dann die Kerze zu brennen, welche den geringſten Widerſtand beſaß,
und wenn dieſe erloſch, folgte jene Kerze, welche den nächſt höheren Widerſtand
hatte. Dieſe Einrichtung führte aber zu großen Stromverluſten und wurde deshalb
aufgegeben.

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[687/0701] dann in dem Maße als die Kohlen verbrennen die iſolirende Zwiſchenſchichte zum Schmelzen und Verdampfen. Da aber die poſitive Kohle beiläufig noch einmal ſo ſchnell verzehrt wird als die negative, ſo mußte erſtere zur Erzielung eines gleich- mäßigen Abbrennens von doppelt ſo großem Querſchnitte als letztere genommen werden. Das Verhältniß iſt jedoch kein genaues, die Kerzen brennen deshalb doch ungleichförmig, und ſo ſah man ſich zur Anwendung von Wechſelſtrömen genöthigt. Eine Kerze mit Kohlenſtäbchen von vier Millimeter Durchmeſſer und 220 bis 225 Millimeter Länge brennt beiläufig 1½ Stunden und entwickelt eine Lichtſtärke von 100 Carcelbrennern. In einen Stromkreis können mehrere Kerzen eingeſchaltet werden und die Summe der Lichtintenſitäten aller Kerzen iſt größer als jene Intenſität, welche im ſelben Stromkreiſe erhalten würde, wenn man nur eine entſprechend größere Kerze ein- geſchaltet hätte. Es rührt dies daher, daß nicht nur der Voltabogen zwiſchen den beiden Kohlen leuchtet, ſondern auch die verdampfende Gypsſchichte zur Geſammtlichtſtärke beiträgt. Der kurzen Brenn- dauer einer Kerze wegen werden immer mehrere derſelben (2 bis 5) in einer Lampe angebracht. Anfangs, z. B. auch bei der Beleuchtung der Avenue de l’opéra in Paris, begnügte man ſich allerdings damit, jede Lampe mit vier Kerzen zu verſehen und dieſe mit einem im Fuße des Candelabers angebrachten Stromwechsler ſo zu verbinden, daß durch entſprechende Drehung des letzteren eine Kerze nach der andern in den Stromkreis eingeſchaltet werden konnte. Nach je zwei Stunden (der Brenndauer einer Kerze) mußte dann ein Lampenwärter von Laterne zu Laterne gehen und die Stromwechsler drehen. Dieſe Einrichtung hat aber nicht nur den Nachtheil der Unbequemlichkeit, ſondern auch den, daß beim Erlöſchen einer Kerze durch irgend welche Urſachen ſämmtliche Kerzen desſelben Strom- kreiſes erlöſchen und die Lampen erſt durch [Abbildung Fig. 500. Kerze von Jablochkoff.] Drehen ihrer Stromwechsler ſucceſſive wieder zum Leuchten gebracht werden können. Mittel, um eine einmal erloſchene Kerze von ſelbſt wieder zum Brennen zu bringen, wie z. B. die Beimiſchung leitender Metallpulver in die iſolirende Zwiſchenſchichte, haben bis jetzt kein brauchbares Reſultat ergeben. Um das Erlöſchen einer Lampe zu verhindern, muß man alſo dafür ſorgen, daß an Stelle einer erloſchenen Kerze unmittelbar eine zweite Kerze zu brennen beginnt. Man verſuchte dies dadurch zu erreichen, daß man Kerzen von verſchiedenen Wider- ſtänden in einer Lampe vereinigte und ſie ſämmtlich in den Stromkreis einſchaltete. Es begann dann die Kerze zu brennen, welche den geringſten Widerſtand beſaß, und wenn dieſe erloſch, folgte jene Kerze, welche den nächſt höheren Widerſtand hatte. Dieſe Einrichtung führte aber zu großen Stromverluſten und wurde deshalb aufgegeben.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/701>, abgerufen am 23.04.2024.