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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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V. d. Fruchthälter ausgesch. Membranen u. Flüssigk.
mik der caduca zu liefern, haben bisher vorzüglich Danz (l. c.
I. S. 23. und 29.), Lobstein (l. c. S. 10. 11.), Burdach (l. c. S.
72. und 75.), Bock (l. c. p. 9. und p. 24.), Breschet (l. c. p. 93.
94.) und Velpeau (l. c. p. 18.) gemacht. Wenn wir in dieser
Richtung fortzufahren uns bemühen, so wollen wir zugleich den
Versuch machen, einerseits die Gründe der Benennungen mancher
Schriftsteller anzudeuten, anderseits auf kritische Weise, wo es
angeht, die älteren Namen zu bestimmen. -- Ohne über das bei
Galen angeblich schon Vorkommende über die decidua etwas
entscheiden zu können, wollen wir gleich zu Aretaeus Cappadox
übergehen, welcher eine dichte, der inneren Oberfläche des Uterus
adhärirende Haut beschreibt. Dass die decidua in einem solchen
häutigen Gebilde enthalten sey, leidet wohl keinen Zweifel.
Ob er sie aber allein gemeint habe oder diese mit dem anliegen-
den Chorion verschmolzen, ist eine andere kaum zu entscheidende
Frage. Wenn in der Stelle von Arantius vielleicht nur durch sehr
künstliche Auslegung eine schwache Spur der Kenntniss der de-
cidua
gesucht werden kann, so hat sie offenbar Fabrizius ab
Aquapendente, wie es scheint nach abortirten Eiern, als eine
schwärzliche, dem Parenchym der Leber oder der Milz ähnliche,
Fallopia als eine fleischige, leimähnliche und Harvey aus den
Wiederkäuern als eine eiterähnliche, geronnene Masse beschrie-
ben. Dagegen scheint Ruysch's Epichorion mehr auf eine äussere
Lamelle unseres heutigen Chorion zu passen. Hoboken's vierte
Hülle, deren Existenz er selbst noch nicht für völlig constatirt
hält, scheint doch nur höchstens die decidua reflexa gewesen
zu seyn. Stalpart van der Wiel kannte unsere Membran offen-
bar, besonders an und auf der Placenta. Albinus und Böhmer
kannten wenigstens Theile derselben an abortirten Eiern (s. bei
Breschet l. c. p. 1--14.) Hallers Chorion ist die wahre deci-
dua
. Die ältere Synonymie, wie sie Danz (l. c. p, 23.) gegeben
und Burdach, Breschet u. A. wiederholt haben, ist retiformis
membrana chorii Hoboken, reticulum Rouhault, villosa mem-
brana placentae Burton et Ruysch involucrum membrana-
ceum Albinus, membrana filamentosa Wrisberg, Chorion Hal-
ler, Chorion fungosum, flocculentum, filamentosum, lanugi-
nosum, spongiosum, tomentosum, reticulatum
Anderer, Chorion
villosum Schaarschmidt, tunica flocculenta s. caduca Hun-
teri Mayer
, schwammiges Chorion, zottige oder hinfällige Hun-

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mik der caduca zu liefern, haben bisher vorzüglich Danz (l. c.
I. S. 23. und 29.), Lobstein (l. c. S. 10. 11.), Burdach (l. c. S.
72. und 75.), Bock (l. c. p. 9. und p. 24.), Breschet (l. c. p. 93.
94.) und Velpeau (l. c. p. 18.) gemacht. Wenn wir in dieser
Richtung fortzufahren uns bemühen, so wollen wir zugleich den
Versuch machen, einerseits die Gründe der Benennungen mancher
Schriftsteller anzudeuten, anderseits auf kritische Weise, wo es
angeht, die älteren Namen zu bestimmen. — Ohne über das bei
Galen angeblich schon Vorkommende über die decidua etwas
entscheiden zu können, wollen wir gleich zu Aretaeus Cappadox
übergehen, welcher eine dichte, der inneren Oberfläche des Uterus
adhärirende Haut beschreibt. Daſs die decidua in einem solchen
häutigen Gebilde enthalten sey, leidet wohl keinen Zweifel.
Ob er sie aber allein gemeint habe oder diese mit dem anliegen-
den Chorion verschmolzen, ist eine andere kaum zu entscheidende
Frage. Wenn in der Stelle von Arantius vielleicht nur durch sehr
künstliche Auslegung eine schwache Spur der Kenntniſs der de-
cidua
gesucht werden kann, so hat sie offenbar Fabrizius ab
Aquapendente, wie es scheint nach abortirten Eiern, als eine
schwärzliche, dem Parenchym der Leber oder der Milz ähnliche,
Fallopia als eine fleischige, leimähnliche und Harvey aus den
Wiederkäuern als eine eiterähnliche, geronnene Masse beschrie-
ben. Dagegen scheint Ruysch’s Epichorion mehr auf eine äuſsere
Lamelle unseres heutigen Chorion zu passen. Hoboken’s vierte
Hülle, deren Existenz er selbst noch nicht für völlig constatirt
hält, scheint doch nur höchstens die decidua reflexa gewesen
zu seyn. Stalpart van der Wiel kannte unsere Membran offen-
bar, besonders an und auf der Placenta. Albinus und Böhmer
kannten wenigstens Theile derselben an abortirten Eiern (s. bei
Breschet l. c. p. 1—14.) Hallers Chorion ist die wahre deci-
dua
. Die ältere Synonymie, wie sie Danz (l. c. p, 23.) gegeben
und Burdach, Breschet u. A. wiederholt haben, ist retiformis
membrana chorii Hoboken, reticulum Rouhault, villosa mem-
brana placentae Burton et Ruysch involucrum membrana-
ceum Albinus, membrana filamentosa Wrisberg, Chorion Hal-
ler, Chorion fungosum, flocculentum, filamentosum, lanugi-
nosum, spongiosum, tomentosum, reticulatum
Anderer, Chorion
villosum Schaarschmidt, tunica flocculenta s. caduca Hun-
teri Mayer
, schwammiges Chorion, zottige oder hinfällige Hun-

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[73/0101] V. d. Fruchthälter ausgesch. Membranen u. Flüssigk. mik der caduca zu liefern, haben bisher vorzüglich Danz (l. c. I. S. 23. und 29.), Lobstein (l. c. S. 10. 11.), Burdach (l. c. S. 72. und 75.), Bock (l. c. p. 9. und p. 24.), Breschet (l. c. p. 93. 94.) und Velpeau (l. c. p. 18.) gemacht. Wenn wir in dieser Richtung fortzufahren uns bemühen, so wollen wir zugleich den Versuch machen, einerseits die Gründe der Benennungen mancher Schriftsteller anzudeuten, anderseits auf kritische Weise, wo es angeht, die älteren Namen zu bestimmen. — Ohne über das bei Galen angeblich schon Vorkommende über die decidua etwas entscheiden zu können, wollen wir gleich zu Aretaeus Cappadox übergehen, welcher eine dichte, der inneren Oberfläche des Uterus adhärirende Haut beschreibt. Daſs die decidua in einem solchen häutigen Gebilde enthalten sey, leidet wohl keinen Zweifel. Ob er sie aber allein gemeint habe oder diese mit dem anliegen- den Chorion verschmolzen, ist eine andere kaum zu entscheidende Frage. Wenn in der Stelle von Arantius vielleicht nur durch sehr künstliche Auslegung eine schwache Spur der Kenntniſs der de- cidua gesucht werden kann, so hat sie offenbar Fabrizius ab Aquapendente, wie es scheint nach abortirten Eiern, als eine schwärzliche, dem Parenchym der Leber oder der Milz ähnliche, Fallopia als eine fleischige, leimähnliche und Harvey aus den Wiederkäuern als eine eiterähnliche, geronnene Masse beschrie- ben. Dagegen scheint Ruysch’s Epichorion mehr auf eine äuſsere Lamelle unseres heutigen Chorion zu passen. Hoboken’s vierte Hülle, deren Existenz er selbst noch nicht für völlig constatirt hält, scheint doch nur höchstens die decidua reflexa gewesen zu seyn. Stalpart van der Wiel kannte unsere Membran offen- bar, besonders an und auf der Placenta. Albinus und Böhmer kannten wenigstens Theile derselben an abortirten Eiern (s. bei Breschet l. c. p. 1—14.) Hallers Chorion ist die wahre deci- dua. Die ältere Synonymie, wie sie Danz (l. c. p, 23.) gegeben und Burdach, Breschet u. A. wiederholt haben, ist retiformis membrana chorii Hoboken, reticulum Rouhault, villosa mem- brana placentae Burton et Ruysch involucrum membrana- ceum Albinus, membrana filamentosa Wrisberg, Chorion Hal- ler, Chorion fungosum, flocculentum, filamentosum, lanugi- nosum, spongiosum, tomentosum, reticulatum Anderer, Chorion villosum Schaarschmidt, tunica flocculenta s. caduca Hun- teri Mayer, schwammiges Chorion, zottige oder hinfällige Hun-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/101>, abgerufen am 25.04.2024.