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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Sonderungen der Keimhaut.
ziemlich rasch vollendet wird. Sie correspondirt entweder mit
den ersten Sonderungen der Fruchtanlage oder geht dieser noch
voran. Die Beobachtungen Rathkes beim Flusskrebse und Blen-
nius
, Prevosts, Dumas und Bärs bei Fröschen und Rusconis beim
Salamander stimmen hierin überein. Eben so nehmen die in der
Luft sich entwickelnden Eier Stoffe von dieser in sich auf. (S.
Frorieps Notiz. Bd 3. 1822. S. 20. fgg.) Doch ist die dadurch
entstandene äussere Veränderung, abgesehen von manchen ande-
ren Hindernissen, wie die harte kalkige Schaale, hier weit weni-
ger kenntlich, als im Wasser. Auch muss später, wie Pfeils,
Prouts und Schwanns (vgl. Frorieps Notizen. 1834. No. 896. S.
241--245.) Beobachtungen zeigen, das Ei mehr Stoffe an die
äussere Luft abtreten, als von dieser empfangen, da es im Laufe
der Entwickelung einen nicht ganz unbedeutenden Gewichts-
verlust erleidet. Bei den Säugethieren ist die Stoffaufnahme in
der ersten Zeit so bedeutend, dass sie jedem Beobachter auffallen
musste. Die schon grosse Anschwellung des Eies bei seinem
Durchgange durch den Eileiter wird im Uterus selbst noch so
sehr vermehrt, dass nach einer ungefähren Berechnung ein Ver-
hältniss, wie 1:1240 dem kubischen Inhalte nach herauskommt.

b. Die Flüssigkeiten des Eies selbst beginnen ihre Metamor-
phosenreihe, welche durch die ganze Zeit des Embryonenlebens
und bisweilen sogar über diese hinaus sich fortsetzt. So wird
nach Carus der Dotter der Mollusken mehr aufgelockert und zel-
lig; der der Spinnen wird durchsichtiger und flüssiger; der der
Onisciden verändert bisweilen nach Rathke Gestalt und Farbe.
Der Dotter des Blennius viviparus vergrössert sich nach Eben-
demselben auf Kosten des ganz schwindenden Eiweisses (Abh.
Th. II. S. 7.). Dieses wird selbst zum Theil oder ganz aufge-
zehrt, verändert seine mehr zähe Consistenz in die flüssigere
Form; der Dotter wird weisslich, dichter und öliger, wie wir
dies bei der Entwickelung der Amphibien und Vögel täglich zu
sehen Gelegenheit haben.

c. Es werden nun flüssige Stoffe in der Nähe der Fruchtanlage
ausgeschieden. So sieht man bei Vögeln die Dotterhaut nebst einem
Theile der Fruchtanlage durch eine darunter entstehende Flüssig-
keit sich emporheben und unter der ersteren einen wässrigen Stoff
sich ansammeln, welches Phänomen mit dem Schwinden des Ei-
weisses zusammenhängt, überhaupt mit dem Näherrücken des Dot-

Sonderungen der Keimhaut.
ziemlich rasch vollendet wird. Sie correspondirt entweder mit
den ersten Sonderungen der Fruchtanlage oder geht dieser noch
voran. Die Beobachtungen Rathkes beim Fluſskrebse und Blen-
nius
, Prevosts, Dumas und Bärs bei Fröschen und Rusconis beim
Salamander stimmen hierin überein. Eben so nehmen die in der
Luft sich entwickelnden Eier Stoffe von dieser in sich auf. (S.
Frorieps Notiz. Bd 3. 1822. S. 20. fgg.) Doch ist die dadurch
entstandene äuſsere Veränderung, abgesehen von manchen ande-
ren Hindernissen, wie die harte kalkige Schaale, hier weit weni-
ger kenntlich, als im Wasser. Auch muſs später, wie Pfeils,
Prouts und Schwanns (vgl. Frorieps Notizen. 1834. No. 896. S.
241—245.) Beobachtungen zeigen, das Ei mehr Stoffe an die
äuſsere Luft abtreten, als von dieser empfangen, da es im Laufe
der Entwickelung einen nicht ganz unbedeutenden Gewichts-
verlust erleidet. Bei den Säugethieren ist die Stoffaufnahme in
der ersten Zeit so bedeutend, daſs sie jedem Beobachter auffallen
muſste. Die schon groſse Anschwellung des Eies bei seinem
Durchgange durch den Eileiter wird im Uterus selbst noch so
sehr vermehrt, daſs nach einer ungefähren Berechnung ein Ver-
hältniſs, wie 1:1240 dem kubischen Inhalte nach herauskommt.

b. Die Flüssigkeiten des Eies selbst beginnen ihre Metamor-
phosenreihe, welche durch die ganze Zeit des Embryonenlebens
und bisweilen sogar über diese hinaus sich fortsetzt. So wird
nach Carus der Dotter der Mollusken mehr aufgelockert und zel-
lig; der der Spinnen wird durchsichtiger und flüssiger; der der
Onisciden verändert bisweilen nach Rathke Gestalt und Farbe.
Der Dotter des Blennius viviparus vergröſsert sich nach Eben-
demselben auf Kosten des ganz schwindenden Eiweiſses (Abh.
Th. II. S. 7.). Dieses wird selbst zum Theil oder ganz aufge-
zehrt, verändert seine mehr zähe Consistenz in die flüssigere
Form; der Dotter wird weiſslich, dichter und öliger, wie wir
dies bei der Entwickelung der Amphibien und Vögel täglich zu
sehen Gelegenheit haben.

c. Es werden nun flüssige Stoffe in der Nähe der Fruchtanlage
ausgeschieden. So sieht man bei Vögeln die Dotterhaut nebst einem
Theile der Fruchtanlage durch eine darunter entstehende Flüssig-
keit sich emporheben und unter der ersteren einen wäſsrigen Stoff
sich ansammeln, welches Phänomen mit dem Schwinden des Ei-
weiſses zusammenhängt, überhaupt mit dem Näherrücken des Dot-

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[153/0181] Sonderungen der Keimhaut. ziemlich rasch vollendet wird. Sie correspondirt entweder mit den ersten Sonderungen der Fruchtanlage oder geht dieser noch voran. Die Beobachtungen Rathkes beim Fluſskrebse und Blen- nius, Prevosts, Dumas und Bärs bei Fröschen und Rusconis beim Salamander stimmen hierin überein. Eben so nehmen die in der Luft sich entwickelnden Eier Stoffe von dieser in sich auf. (S. Frorieps Notiz. Bd 3. 1822. S. 20. fgg.) Doch ist die dadurch entstandene äuſsere Veränderung, abgesehen von manchen ande- ren Hindernissen, wie die harte kalkige Schaale, hier weit weni- ger kenntlich, als im Wasser. Auch muſs später, wie Pfeils, Prouts und Schwanns (vgl. Frorieps Notizen. 1834. No. 896. S. 241—245.) Beobachtungen zeigen, das Ei mehr Stoffe an die äuſsere Luft abtreten, als von dieser empfangen, da es im Laufe der Entwickelung einen nicht ganz unbedeutenden Gewichts- verlust erleidet. Bei den Säugethieren ist die Stoffaufnahme in der ersten Zeit so bedeutend, daſs sie jedem Beobachter auffallen muſste. Die schon groſse Anschwellung des Eies bei seinem Durchgange durch den Eileiter wird im Uterus selbst noch so sehr vermehrt, daſs nach einer ungefähren Berechnung ein Ver- hältniſs, wie 1:1240 dem kubischen Inhalte nach herauskommt. b. Die Flüssigkeiten des Eies selbst beginnen ihre Metamor- phosenreihe, welche durch die ganze Zeit des Embryonenlebens und bisweilen sogar über diese hinaus sich fortsetzt. So wird nach Carus der Dotter der Mollusken mehr aufgelockert und zel- lig; der der Spinnen wird durchsichtiger und flüssiger; der der Onisciden verändert bisweilen nach Rathke Gestalt und Farbe. Der Dotter des Blennius viviparus vergröſsert sich nach Eben- demselben auf Kosten des ganz schwindenden Eiweiſses (Abh. Th. II. S. 7.). Dieses wird selbst zum Theil oder ganz aufge- zehrt, verändert seine mehr zähe Consistenz in die flüssigere Form; der Dotter wird weiſslich, dichter und öliger, wie wir dies bei der Entwickelung der Amphibien und Vögel täglich zu sehen Gelegenheit haben. c. Es werden nun flüssige Stoffe in der Nähe der Fruchtanlage ausgeschieden. So sieht man bei Vögeln die Dotterhaut nebst einem Theile der Fruchtanlage durch eine darunter entstehende Flüssig- keit sich emporheben und unter der ersteren einen wäſsrigen Stoff sich ansammeln, welches Phänomen mit dem Schwinden des Ei- weiſses zusammenhängt, überhaupt mit dem Näherrücken des Dot-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/181>, abgerufen am 23.04.2024.