Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

VII. Genese der Organe.
sser angelegt werden, als sie in der Folge selbst sind. Dies ist
jedoch nicht allgemein wahr.

15. Verbundene Organe entstehen auf zwiefachem Wege
durch Synthese oder durch Analyse. Jede von diesen beiden
Entstehungsweisen hat aber wiederum mehrere Seiten. Die Ana-
lyse ist

a. Zerfällung, so die des centralen Nervensystemes in Hirn
und Rückenmark, die des Darmrohres in Magen, Duodenum,
Dünndarm u. dgl.

b. Wucherung in Form secundärer Bildungen (Individualisi-
rung durch Abschnürung und Gegensatz) und zwar

a. Wucherung der Masse. Dieses aus der primären Bildung
hervorgegangene Blastem ist der vorzüglichste Antheil der secun-
dären Bildung und die Höhlencommunication ihr untergeordnet.
So die Leber, die Lungen, die Speicheldrüsen.

b. Prolongation der Höhlung. Die Wandung bleibt hier
entweder ungeändert oder enthält wenigstens analoge Schichten,
wie die primäre Bildung selbst. Die Höhlung dagegen nimmt den
grössten Raum ein. Allantois und Harnblase. Wurmfortsatz.

Die Synthese geschieht

a. Durch Näherung. Zwei Organe, welche später verbun-
den sind, rücken an einander und verwachsen entweder mit ein-
ander oder nähern sich nur möglichst, wie die Asymptote der
höheren Curve sich unendlich nähert, ohne sie je zu erreichen.
Ist das Erstere der Fall, so geschieht dieses meistens durch ein
Mittelorgan, wie dieses zwischen Hoden und Saamenleiter der
Nebenhoden, zwischen Ureter und Nieren das Nierenbecken ist
u. dgl. m. In dem letzteren Falle dagegen befinden sich z. B.
Trompete und Eierstock. --

b. Durch Verwachsung symmetrischer Hälften. Bei allen
diesen Bildungen scheint zuerst ein einfacher Urstoff zu entstehen,
welcher sich in zwei seitliche gleiche Hälften theilt, die zuletzt
zu einem einfachen Organe mehr oder minder zusammenwachsen.
So bei dem kleinen Gehirn, der Schilddrüse u. dgl.

c. Es constituirt sich ein grösseres Organ in seiner einfachen
äusseren Form dadurch, dass es zuerst einfach angelegt, in eine
Menge kleinerer oder grösserer Abtheilungen zerfällt, welche zu-
letzt zu einem einfachen Organe sich zusammensetzen, z. B. die
Nieren, Nebennieren u. dgl.

VII. Genese der Organe.
ſser angelegt werden, als sie in der Folge selbst sind. Dies ist
jedoch nicht allgemein wahr.

15. Verbundene Organe entstehen auf zwiefachem Wege
durch Synthese oder durch Analyse. Jede von diesen beiden
Entstehungsweisen hat aber wiederum mehrere Seiten. Die Ana-
lyse ist

a. Zerfällung, so die des centralen Nervensystemes in Hirn
und Rückenmark, die des Darmrohres in Magen, Duodenum,
Dünndarm u. dgl.

b. Wucherung in Form secundärer Bildungen (Individualisi-
rung durch Abschnürung und Gegensatz) und zwar

α. Wucherung der Masse. Dieses aus der primären Bildung
hervorgegangene Blastem ist der vorzüglichste Antheil der secun-
dären Bildung und die Höhlencommunication ihr untergeordnet.
So die Leber, die Lungen, die Speicheldrüsen.

β. Prolongation der Höhlung. Die Wandung bleibt hier
entweder ungeändert oder enthält wenigstens analoge Schichten,
wie die primäre Bildung selbst. Die Höhlung dagegen nimmt den
gröſsten Raum ein. Allantois und Harnblase. Wurmfortsatz.

Die Synthese geschieht

a. Durch Näherung. Zwei Organe, welche später verbun-
den sind, rücken an einander und verwachsen entweder mit ein-
ander oder nähern sich nur möglichst, wie die Asymptote der
höheren Curve sich unendlich nähert, ohne sie je zu erreichen.
Ist das Erstere der Fall, so geschieht dieses meistens durch ein
Mittelorgan, wie dieses zwischen Hoden und Saamenleiter der
Nebenhoden, zwischen Ureter und Nieren das Nierenbecken ist
u. dgl. m. In dem letzteren Falle dagegen befinden sich z. B.
Trompete und Eierstock. —

b. Durch Verwachsung symmetrischer Hälften. Bei allen
diesen Bildungen scheint zuerst ein einfacher Urstoff zu entstehen,
welcher sich in zwei seitliche gleiche Hälften theilt, die zuletzt
zu einem einfachen Organe mehr oder minder zusammenwachsen.
So bei dem kleinen Gehirn, der Schilddrüse u. dgl.

c. Es constituirt sich ein gröſseres Organ in seiner einfachen
äuſseren Form dadurch, daſs es zuerst einfach angelegt, in eine
Menge kleinerer oder gröſserer Abtheilungen zerfällt, welche zu-
letzt zu einem einfachen Organe sich zusammensetzen, z. B. die
Nieren, Nebennieren u. dgl.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0651" n="623"/><fw place="top" type="header">VII. Genese der Organe.</fw><lb/>
&#x017F;ser angelegt werden, als sie in der Folge selbst sind. Dies ist<lb/>
jedoch nicht allgemein wahr.</p><lb/>
          <p>15. Verbundene Organe entstehen auf zwiefachem Wege<lb/>
durch Synthese oder durch Analyse. Jede von diesen beiden<lb/>
Entstehungsweisen hat aber wiederum mehrere Seiten. Die Ana-<lb/>
lyse ist</p><lb/>
          <p>a. Zerfällung, so die des centralen Nervensystemes in Hirn<lb/>
und Rückenmark, die des Darmrohres in Magen, Duodenum,<lb/>
Dünndarm u. dgl.</p><lb/>
          <p>b. Wucherung in Form secundärer Bildungen (Individualisi-<lb/>
rung durch Abschnürung und Gegensatz) und zwar</p><lb/>
          <p>&#x03B1;. Wucherung der Masse. Dieses aus der primären Bildung<lb/>
hervorgegangene Blastem ist der vorzüglichste Antheil der secun-<lb/>
dären Bildung und die Höhlencommunication ihr untergeordnet.<lb/>
So die Leber, die Lungen, die Speicheldrüsen.</p><lb/>
          <p>&#x03B2;. Prolongation der Höhlung. Die Wandung bleibt hier<lb/>
entweder ungeändert oder enthält wenigstens analoge Schichten,<lb/>
wie die primäre Bildung selbst. Die Höhlung dagegen nimmt den<lb/>
grö&#x017F;sten Raum ein. Allantois und Harnblase. Wurmfortsatz.</p><lb/>
          <p>Die Synthese geschieht</p><lb/>
          <p>a. Durch Näherung. Zwei Organe, welche später verbun-<lb/>
den sind, rücken an einander und verwachsen entweder mit ein-<lb/>
ander oder nähern sich nur möglichst, wie die Asymptote der<lb/>
höheren Curve sich unendlich nähert, ohne sie je zu erreichen.<lb/>
Ist das Erstere der Fall, so geschieht dieses meistens durch ein<lb/>
Mittelorgan, wie dieses zwischen Hoden und Saamenleiter der<lb/>
Nebenhoden, zwischen Ureter und Nieren das Nierenbecken ist<lb/>
u. dgl. m. In dem letzteren Falle dagegen befinden sich z. B.<lb/>
Trompete und Eierstock. &#x2014;</p><lb/>
          <p>b. Durch Verwachsung symmetrischer Hälften. Bei allen<lb/>
diesen Bildungen scheint zuerst ein einfacher Urstoff zu entstehen,<lb/>
welcher sich in zwei seitliche gleiche Hälften theilt, die zuletzt<lb/>
zu einem einfachen Organe mehr oder minder zusammenwachsen.<lb/>
So bei dem kleinen Gehirn, der Schilddrüse u. dgl.</p><lb/>
          <p>c. Es constituirt sich ein grö&#x017F;seres Organ in seiner einfachen<lb/>
äu&#x017F;seren Form dadurch, da&#x017F;s es zuerst einfach angelegt, in eine<lb/>
Menge kleinerer oder grö&#x017F;serer Abtheilungen zerfällt, welche zu-<lb/>
letzt zu einem einfachen Organe sich zusammensetzen, z. B. die<lb/>
Nieren, Nebennieren u. dgl.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[623/0651] VII. Genese der Organe. ſser angelegt werden, als sie in der Folge selbst sind. Dies ist jedoch nicht allgemein wahr. 15. Verbundene Organe entstehen auf zwiefachem Wege durch Synthese oder durch Analyse. Jede von diesen beiden Entstehungsweisen hat aber wiederum mehrere Seiten. Die Ana- lyse ist a. Zerfällung, so die des centralen Nervensystemes in Hirn und Rückenmark, die des Darmrohres in Magen, Duodenum, Dünndarm u. dgl. b. Wucherung in Form secundärer Bildungen (Individualisi- rung durch Abschnürung und Gegensatz) und zwar α. Wucherung der Masse. Dieses aus der primären Bildung hervorgegangene Blastem ist der vorzüglichste Antheil der secun- dären Bildung und die Höhlencommunication ihr untergeordnet. So die Leber, die Lungen, die Speicheldrüsen. β. Prolongation der Höhlung. Die Wandung bleibt hier entweder ungeändert oder enthält wenigstens analoge Schichten, wie die primäre Bildung selbst. Die Höhlung dagegen nimmt den gröſsten Raum ein. Allantois und Harnblase. Wurmfortsatz. Die Synthese geschieht a. Durch Näherung. Zwei Organe, welche später verbun- den sind, rücken an einander und verwachsen entweder mit ein- ander oder nähern sich nur möglichst, wie die Asymptote der höheren Curve sich unendlich nähert, ohne sie je zu erreichen. Ist das Erstere der Fall, so geschieht dieses meistens durch ein Mittelorgan, wie dieses zwischen Hoden und Saamenleiter der Nebenhoden, zwischen Ureter und Nieren das Nierenbecken ist u. dgl. m. In dem letzteren Falle dagegen befinden sich z. B. Trompete und Eierstock. — b. Durch Verwachsung symmetrischer Hälften. Bei allen diesen Bildungen scheint zuerst ein einfacher Urstoff zu entstehen, welcher sich in zwei seitliche gleiche Hälften theilt, die zuletzt zu einem einfachen Organe mehr oder minder zusammenwachsen. So bei dem kleinen Gehirn, der Schilddrüse u. dgl. c. Es constituirt sich ein gröſseres Organ in seiner einfachen äuſseren Form dadurch, daſs es zuerst einfach angelegt, in eine Menge kleinerer oder gröſserer Abtheilungen zerfällt, welche zu- letzt zu einem einfachen Organe sich zusammensetzen, z. B. die Nieren, Nebennieren u. dgl.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/651
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/651>, abgerufen am 19.04.2024.