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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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§. 3.

Wann er gesamblet oder auch eingekauffet wird/ so muß man zusehen/ daß er graulicht und nicht zu alt falle/ doch recht trucken und nicht naß sey/ sonsten wird er schwartz und hält sich nicht. Der groß- und dickkörnerichte/ welcher einen piquanten und atomatischen/ doch süssen und keinen bittern Geschmack hat/ wird vor den besten gehalten/ er braucht auch keiner weiteren Zubereitung/ als daß er von den Stengeln und andern Unreinigkeiten wohl gesaubert und außgeschwungen werde/ welcher sonsten den Venedischen und Malthesischen Anis unscheinlich machen. Wie schädlich und übel aber diejenigen mit dem Anis umbgehen/ welche ihn/ ehe er zum Theriac genommen werde/ zu rösten pflegen/ hat Charas schon zu seiner Zeit in seinem Büchlein von den Theriac-Ingredientien pag. 207. klärlich gezeiget/ indem durch diese unnöthige und lächerliche Praeparation die beste und volatilische Theilcher in die Lufft gejaget/ die übrige aber unnützlich verbrandt werden.

§. 4.

Es hat aber dieser Saame/ entweder allein oder mit Zucker überzogen/ wegen seinen vielen öhlichten Theilcher/ eine sehr erwarmende Krafft und wird deßwegen von den Medicis unter die vier grössere erwärmende Saamen gezehlet. Er stärcket und erwärmet alle Glieder des Haupts / der Brust und des Bauchs: zertheilet die Winde/ verhütet und heilet die Bauch-Grimmen der kleinen Kindern/ wann er entweder von den Säugenden (denen er die Milch zu gleich vermehret) fleissig genossen/ oder den kleinen Kindlein/ mit Krebs-Augen vermischet/ in dem Brey oder Milch eingegeben wird/ und ist dieses merckwürdig/ daß das Pulver von dem Anis eines scrupels schwer die kleine Kinder zu laxiren pflege/ ohne zweiffel/ weilen er die Winde und Krampff-mässige Außdähnung der Gedärme besänfftiget.

§. 5.

Von gleichmässiger Würckung ist auch das destillirte Anis-Oehl/ obwohlen nicht zu läugnen / daß der Saame selbsten/ so darauß ein Tranck gesotten wird/ viel eher die Winde zertheile / als das künstlich davon zubereitete Oehl; wordurch dann/ mit dem berühmten Holländischen Medico D. Heurnio, Simon Paulli in seinem Kräuter-Buck pag. 103. bewiesen/ daß die Simplicia viel kräfftiger und gewisser zum curiren seyen/ als der Apothecker Mischmasche und Schmieralien. Als der Höchste GOTT die Kräuter und andere Creaturen erschaffen/ und sie ansahe / da war alles gut/ aber die armseelige Menschen wollen es immer noch besser machen und ziehen ihre erbärmliche Spiritus, Essentzen/ Tincturen und dergleichen des Schöpffers Mixturis vor / dahero es dann kombt/ daß noch so viel unheilbahre Kranckheiten gezehlet werden/ davon Seidelius ein gantz Buch geschrieben/ wie im Eingang dieses Buchs schon erwehnet worden. Unterdessen kommen wir wieder zu unserem Anis-Oehl/ welches deßwegen eben nicht gäntzlich verwerffe/ sondern auch in seinem Werch lasse/ indem es freylich auch ein herrlich und penetrantes weisses Oehl ist/ welches durch eine kleine Kält gefrieret/ aber auch durch eine gelinde Wärme wieder dünn und flüssig wird; kan Tröpsflein-Weiß den purgierungen zugemischer werden/ umb die Grimmen zu verhüten. Zu Schmalkalden in Thüringen machen sie davon den Balsamum Sulphuris anisatum, in den Apothecken aber den [unleserliches Material] anisatum, welchen man wegen seiner herrlichen Tugend in dem Keichen und kurtzen Athem/ so sich absonderlich vor den Röthlen der Kinder einfindet/ den Brust-Spiritum oder Spiritum pectoralem zu nennen pfleget. Charas der obbelobte Frantzöische Apothecker hat in seiner Königlichen Apotheck gezeiget/ daß man auch ein grünlichtes Oehl auß dem Anis außpressen könne/ welches fast eben so gut/ als das destillirte sey/ und von einigen die Quint-Essentz von dem Anis geheissen wird: beyde aber werden auch in vielen Stücken äusserlich/ so wohl von den Medicis, als den Parfumirern zum guten Geruch ihrer Savonetten/ Säcklein und der gleichen gebraucher: wie dann D. Ettmüller seel. eine gewisses Kunst-Stücklein offenbahret/ welches man in die Handschuh reiben/ sich damit Balsamiren und einen guten Geruch geben kan/ welches also gemacht wird: Rec: Zibethi, Moschi [unleserliches Material] gr. j. mische es mit dem [unleserliches Material]. Anisi, dessen gebrauch ist/ wie gesagt worden; besiehe dessen Anmerckungen über Schroed pag. 515.

§. 6.

Sonsten ist bey kurtzen Jahren ein gewisser Saame auß Indien gebracht wordn/ welcher am Geschmack und Tugend dem Auis fast gleich kommet/ und deßwegen

der Stern-Anis

genennet wird/ weilen er zugleich an der äusserlichen Gestalt einen Stern abbildet/ indem er auß 6. 7. und wohl mehr Zacken bestehet/ welche alle auß einen Centro hervorschiessen und wann sie oben auffspringen/ so viel Körner zeigen/ als sie Strahlen haben: hat äusserlich ein gelb-braune Farb/ gläntzet inwendig und hält einen länglickt- und gläntzenden Saamen/ wie Lein-Saamen in sich/ obwohlen er noch viermahl grösser ist/ hat einen gleichsam auß Anis- und Fenchel-vermischten Geschmack und sehr guten Geruch/ und wird auch von andern der Sinesische Fenchel/ Zinghi, Badian und von D. Leonhardo Ursino Anisum Canadense &amp;amp;c. genennet: kombt auß

§. 3.

Wann er gesamblet oder auch eingekauffet wird/ so muß man zusehen/ daß er graulicht und nicht zu alt falle/ doch recht trucken und nicht naß sey/ sonsten wird er schwartz und hält sich nicht. Der groß- und dickkörnerichte/ welcher einen piquanten und atomatischen/ doch süssen und keinen bittern Geschmack hat/ wird vor den besten gehalten/ er braucht auch keiner weiteren Zubereitung/ als daß er von den Stengeln und andern Unreinigkeiten wohl gesaubert und außgeschwungen werde/ welcher sonsten den Venedischen und Malthesischen Anis unscheinlich machen. Wie schädlich und übel aber diejenigen mit dem Anis umbgehen/ welche ihn/ ehe er zum Theriac genommen werde/ zu rösten pflegen/ hat Charas schon zu seiner Zeit in seinem Büchlein von den Theriac-Ingredientien pag. 207. klärlich gezeiget/ indem durch diese unnöthige und lächerliche Praeparation die beste und volatilische Theilcher in die Lufft gejaget/ die übrige aber unnützlich verbrandt werden.

§. 4.

Es hat aber dieser Saame/ entweder allein oder mit Zucker überzogen/ wegen seinen vielen öhlichten Theilcher/ eine sehr erwarmende Krafft und wird deßwegen von den Medicis unter die vier grössere erwärmende Saamen gezehlet. Er stärcket und erwärmet alle Glieder des Haupts / der Brust und des Bauchs: zertheilet die Winde/ verhütet und heilet die Bauch-Grimmen der kleinen Kindern/ wann er entweder von den Säugenden (denen er die Milch zu gleich vermehret) fleissig genossen/ oder den kleinen Kindlein/ mit Krebs-Augen vermischet/ in dem Brey oder Milch eingegeben wird/ und ist dieses merckwürdig/ daß das Pulver von dem Anis eines scrupels schwer die kleine Kinder zu laxiren pflege/ ohne zweiffel/ weilen er die Winde und Krampff-mässige Außdähnung der Gedärme besänfftiget.

§. 5.

Von gleichmässiger Würckung ist auch das destillirte Anis-Oehl/ obwohlen nicht zu läugnen / daß der Saame selbsten/ so darauß ein Tranck gesotten wird/ viel eher die Winde zertheile / als das künstlich davon zubereitete Oehl; wordurch dann/ mit dem berühmten Holländischen Medico D. Heurnio, Simon Paulli in seinem Kräuter-Buck pag. 103. bewiesen/ daß die Simplicia viel kräfftiger und gewisser zum curiren seyen/ als der Apothecker Mischmasche und Schmieralien. Als der Höchste GOTT die Kräuter und andere Creaturen erschaffen/ und sie ansahe / da war alles gut/ aber die armseelige Menschen wollen es immer noch besser machen und ziehen ihre erbärmliche Spiritus, Essentzen/ Tincturen und dergleichen des Schöpffers Mixturis vor / dahero es dann kombt/ daß noch so viel unheilbahre Kranckheiten gezehlet werden/ davon Seidelius ein gantz Buch geschrieben/ wie im Eingang dieses Buchs schon erwehnet worden. Unterdessen kommen wir wieder zu unserem Anis-Oehl/ welches deßwegen eben nicht gäntzlich verwerffe/ sondern auch in seinem Werch lasse/ indem es freylich auch ein herrlich und penetrantes weisses Oehl ist/ welches durch eine kleine Kält gefrieret/ aber auch durch eine gelinde Wärme wieder dünn und flüssig wird; kan Tröpsflein-Weiß den purgierungen zugemischer werden/ umb die Grimmen zu verhüten. Zu Schmalkalden in Thüringen machen sie davon den Balsamum Sulphuris anisatum, in den Apothecken aber den [unleserliches Material] anisatum, welchen man wegen seiner herrlichen Tugend in dem Keichen und kurtzen Athem/ so sich absonderlich vor den Röthlen der Kinder einfindet/ den Brust-Spiritum oder Spiritum pectoralem zu nennen pfleget. Charas der obbelobte Frantzöische Apothecker hat in seiner Königlichen Apotheck gezeiget/ daß man auch ein grünlichtes Oehl auß dem Anis außpressen könne/ welches fast eben so gut/ als das destillirte sey/ und von einigen die Quint-Essentz von dem Anis geheissen wird: beyde aber werden auch in vielen Stücken äusserlich/ so wohl von den Medicis, als den Parfumirern zum guten Geruch ihrer Savonetten/ Säcklein und der gleichen gebraucher: wie dann D. Ettmüller seel. eine gewisses Kunst-Stücklein offenbahret/ welches man in die Handschuh reiben/ sich damit Balsamiren und einen guten Geruch geben kan/ welches also gemacht wird: Rec: Zibethi, Moschi [unleserliches Material] gr. j. mische es mit dem [unleserliches Material]. Anisi, dessen gebrauch ist/ wie gesagt worden; besiehe dessen Anmerckungen über Schroed pag. 515.

§. 6.

Sonsten ist bey kurtzen Jahren ein gewisser Saame auß Indien gebracht wordn/ welcher am Geschmack und Tugend dem Auis fast gleich kommet/ und deßwegen

der Stern-Anis

genennet wird/ weilen er zugleich an der äusserlichen Gestalt einen Stern abbildet/ indem er auß 6. 7. und wohl mehr Zacken bestehet/ welche alle auß einen Centro hervorschiessen und wann sie oben auffspringen/ so viel Körner zeigen/ als sie Strahlen haben: hat äusserlich ein gelb-braune Farb/ gläntzet inwendig und hält einen länglickt- und gläntzenden Saamen/ wie Lein-Saamen in sich/ obwohlen er noch viermahl grösser ist/ hat einen gleichsam auß Anis- und Fenchel-vermischten Geschmack und sehr guten Geruch/ und wird auch von andern der Sinesische Fenchel/ Zinghi, Badian und von D. Leonhardo Ursino Anisum Canadense &amp;amp;c. genennet: kombt auß

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[116/0162] §. 3. Wann er gesamblet oder auch eingekauffet wird/ so muß man zusehen/ daß er graulicht und nicht zu alt falle/ doch recht trucken und nicht naß sey/ sonsten wird er schwartz und hält sich nicht. Der groß- und dickkörnerichte/ welcher einen piquanten und atomatischen/ doch süssen und keinen bittern Geschmack hat/ wird vor den besten gehalten/ er braucht auch keiner weiteren Zubereitung/ als daß er von den Stengeln und andern Unreinigkeiten wohl gesaubert und außgeschwungen werde/ welcher sonsten den Venedischen und Malthesischen Anis unscheinlich machen. Wie schädlich und übel aber diejenigen mit dem Anis umbgehen/ welche ihn/ ehe er zum Theriac genommen werde/ zu rösten pflegen/ hat Charas schon zu seiner Zeit in seinem Büchlein von den Theriac-Ingredientien pag. 207. klärlich gezeiget/ indem durch diese unnöthige und lächerliche Praeparation die beste und volatilische Theilcher in die Lufft gejaget/ die übrige aber unnützlich verbrandt werden. §. 4. Es hat aber dieser Saame/ entweder allein oder mit Zucker überzogen/ wegen seinen vielen öhlichten Theilcher/ eine sehr erwarmende Krafft und wird deßwegen von den Medicis unter die vier grössere erwärmende Saamen gezehlet. Er stärcket und erwärmet alle Glieder des Haupts / der Brust und des Bauchs: zertheilet die Winde/ verhütet und heilet die Bauch-Grimmen der kleinen Kindern/ wann er entweder von den Säugenden (denen er die Milch zu gleich vermehret) fleissig genossen/ oder den kleinen Kindlein/ mit Krebs-Augen vermischet/ in dem Brey oder Milch eingegeben wird/ und ist dieses merckwürdig/ daß das Pulver von dem Anis eines scrupels schwer die kleine Kinder zu laxiren pflege/ ohne zweiffel/ weilen er die Winde und Krampff-mässige Außdähnung der Gedärme besänfftiget. §. 5. Von gleichmässiger Würckung ist auch das destillirte Anis-Oehl/ obwohlen nicht zu läugnen / daß der Saame selbsten/ so darauß ein Tranck gesotten wird/ viel eher die Winde zertheile / als das künstlich davon zubereitete Oehl; wordurch dann/ mit dem berühmten Holländischen Medico D. Heurnio, Simon Paulli in seinem Kräuter-Buck pag. 103. bewiesen/ daß die Simplicia viel kräfftiger und gewisser zum curiren seyen/ als der Apothecker Mischmasche und Schmieralien. Als der Höchste GOTT die Kräuter und andere Creaturen erschaffen/ und sie ansahe / da war alles gut/ aber die armseelige Menschen wollen es immer noch besser machen und ziehen ihre erbärmliche Spiritus, Essentzen/ Tincturen und dergleichen des Schöpffers Mixturis vor / dahero es dann kombt/ daß noch so viel unheilbahre Kranckheiten gezehlet werden/ davon Seidelius ein gantz Buch geschrieben/ wie im Eingang dieses Buchs schon erwehnet worden. Unterdessen kommen wir wieder zu unserem Anis-Oehl/ welches deßwegen eben nicht gäntzlich verwerffe/ sondern auch in seinem Werch lasse/ indem es freylich auch ein herrlich und penetrantes weisses Oehl ist/ welches durch eine kleine Kält gefrieret/ aber auch durch eine gelinde Wärme wieder dünn und flüssig wird; kan Tröpsflein-Weiß den purgierungen zugemischer werden/ umb die Grimmen zu verhüten. Zu Schmalkalden in Thüringen machen sie davon den Balsamum Sulphuris anisatum, in den Apothecken aber den _ anisatum, welchen man wegen seiner herrlichen Tugend in dem Keichen und kurtzen Athem/ so sich absonderlich vor den Röthlen der Kinder einfindet/ den Brust-Spiritum oder Spiritum pectoralem zu nennen pfleget. Charas der obbelobte Frantzöische Apothecker hat in seiner Königlichen Apotheck gezeiget/ daß man auch ein grünlichtes Oehl auß dem Anis außpressen könne/ welches fast eben so gut/ als das destillirte sey/ und von einigen die Quint-Essentz von dem Anis geheissen wird: beyde aber werden auch in vielen Stücken äusserlich/ so wohl von den Medicis, als den Parfumirern zum guten Geruch ihrer Savonetten/ Säcklein und der gleichen gebraucher: wie dann D. Ettmüller seel. eine gewisses Kunst-Stücklein offenbahret/ welches man in die Handschuh reiben/ sich damit Balsamiren und einen guten Geruch geben kan/ welches also gemacht wird: Rec: Zibethi, Moschi _ gr. j. mische es mit dem _ . Anisi, dessen gebrauch ist/ wie gesagt worden; besiehe dessen Anmerckungen über Schroed pag. 515. §. 6. Sonsten ist bey kurtzen Jahren ein gewisser Saame auß Indien gebracht wordn/ welcher am Geschmack und Tugend dem Auis fast gleich kommet/ und deßwegen der Stern-Anis genennet wird/ weilen er zugleich an der äusserlichen Gestalt einen Stern abbildet/ indem er auß 6. 7. und wohl mehr Zacken bestehet/ welche alle auß einen Centro hervorschiessen und wann sie oben auffspringen/ so viel Körner zeigen/ als sie Strahlen haben: hat äusserlich ein gelb-braune Farb/ gläntzet inwendig und hält einen länglickt- und gläntzenden Saamen/ wie Lein-Saamen in sich/ obwohlen er noch viermahl grösser ist/ hat einen gleichsam auß Anis- und Fenchel-vermischten Geschmack und sehr guten Geruch/ und wird auch von andern der Sinesische Fenchel/ Zinghi, Badian und von D. Leonhardo Ursino Anisum Canadense &amp;amp;c. genennet: kombt auß

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/162>, abgerufen am 19.04.2024.