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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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§. 7. Ja etliche solcher Abbildungen hat Er gar von Edelgestein bereiten lassen/ so geschicklich/ daß kein Mensch leichlich zu errathen vermocht/ mit was für einem Instrument sie so künstlich bereitet wären. So solle man auch weder in Wachs/ noch in Seiden Gewürck einige zierlichere Bildnüssen finden können/ als Er von blossen und allerhand Farben Vogel-Federn zugerichtet gehabt: von dergleichen Arth Bildern von Vogel-Federn zu seiner Zeit / und an einem andern Orth/ mit mehren sol gehandelt werden.

Das III. Capitel.

Ob König Montezuma wol gethan/ daß er Zwergen und allerhand Miß-geburten/ unter seinen Raritäten/ gewisse Behältnüsse zugeeignet?

§. 1.

IMmittelst entstehet aus vorhergangenen Capitels fünfften §. diese Frage; Ob Montezuma wol fein gethan/ daß Er/ nebst so mancherley schönen Sorten natürlicher Cörper/ die Er so wol in Originali, und grossen theils lebend als in obberührten Abbildungen von Gold und Silber copeylich gehabt/ zugleich auch vor Zwerge/ übel gewachsene elende Menschen/ und Mißgebuhrten/ absonderliche bequäme Kasten oder andere Behaltnüsse procurirt, sie mit nöthiger Speissung/ Kleidern/ Lagerstatt/ und Artzneyen versehen/ und diese dergleichen Irrungen und Fehltritte der Natur/ zu einem continuirlichen Spectakel und Objecto lüsterner Curiosität/ in seiner Königlichen Residentz gehalten? Oder/ eben diese Frage/ in so viel weiteren Terminis, ohne applicirung auf Exempel/ Diseurs weiß/ also ein zurichten: Ob Monstra, Ungeheuer/ und Mißgeburthen/ oder derer Abbildungen/ sich wol in Kunst- und Naturalien-Gemächer schicken?

§. 2. Ursach zu zweiffeln scheinet dieses: (I.) weil dergleichen Dinge außdrückliche Denckzeichen sind einer sonderbaren Imperfection der jenigen natürlichen Ursachen/ von welchen sie entsprungen. In Kunst- und Naturalien-Kammern aber befleissigt man sich lieber/ so viel möglich/ auff die allervollkommensten und rarsten Stücke. (2.) Weil alle oder die meisten Mißgewächse eine den Augen verdrüßliche Deformität oder Heßligkeit mit sich führen; Da hingegen in Cabinetten und Raritäten-Behältnüssen/ eine allenthalben hervorleuchtende Nettigkeit und Zier gesuchet wird/ als eine von den fürnehmsten Behörungen.

§. 3. Hierauf dient zu wissen/ daß angeregte zwey Bedencken so erheblich nicht sein als Sie scheinen: und mit eben so viel/ ja doppeltmehren Beweißthümern/ das Wiederspiel gar leicht zu behaupten. Denn (I.) sind Monstra oder Miß-gewächse eben so wol Gottes Werck/ als die übrige Geschöpfe/ ob schon die Dienerin Gottes/ die Natur/ in Herfürbringung jener/ wegen darzwischengekommenen accidental-Ursachen/ die mancherley ändrungen unterworffen sind/ etwan einen Fehltritt gethan/ und aus Veranlassung selbiger/ zu einer andern intention genötigt worden/ als sonst ihre gewöhnliche/ erst- und haupt-sächliche intention oder Vorsatz gewesen wäre. Was also Gott in der Anzahl seiner Geschöpffe vertragen kan/ dem kan der Mensch ja leichtlich und gern/ auch einen Neben-Raum in seiner Curiösität vergönneu.

§. 4. Zum [2.] wil man ja in Curiösen Gemächern mehrentheils Raritäten haben. Was meritirt aber den Titul der Raritäten mehr/ als Monstra? sintemal sie eben deßwegen im lateinischen Monstra genennet werden/ oder ihren Nahmen von der Monstranz, oder Monstriren/ das ist/ von offentlichem Darzeigen/ und fleissiger Beschauung/ führen/ aldieweil es rar und selten geschieht/ daß dergleichen Dinge zu Tage kommen: Ja je rarer oder ungewöhnlicher sie sind; das ist/ je weiter sie von der Mittel-strasse der ordinariegehörigen Beschaffenheit abschreiten / je mehr verwundern wir uns darob/ oder haben einige Belustigung davon. Und fällt hierbey nicht unwürdig zu notabeniren ein/ etlicher grossen Herren in Japonien nachdencklich- und gantznicht-sträflicher Gebrauch/ die (wie auch andere Leute daselbst /) nach eigener Erfahrung / und schrifftlichem/ doch noch nicht in Druck gegebenem Bericht/ Herrn N. Schambergers/ (in seiner Japonischen Reise-Beschreibung von Anno 1653.) eine sonderliche Lust haben/ an krumm-gewachsenen/ halb-verfaulten und abscheulichen Bäumen/ welche sie sehr theur bezahlen / und ihre schönste Säle mit diesen krummen und halb-wurmfressigen Klötzern zieren; welche sie bißweilen mit sonderlicher Tieffsinnigkeit betrachen.

§. 5. Oder/ ein klein/ doch warhafftiges/ Exempel von Sachen/ die dem Urtheil unsers andern äusserlichen Sinnes/ des Gehörs/ unterworffen/ kürtzlich mit beyzufügen; so wird insgemein eine Music/ die nur ordinär/ nicht sonderlich aestimirt/ ob sie schon an und vor sich selbste gut genung/ dieweil sie keinegrobe dissonantzen gibt/ oder de Regulis Compositionis entgegen lauffende Fehler führet. Istaber eine Harmonie über alle masse künstlich und accurat

§. 7. Ja etliche solcher Abbildungen hat Er gar von Edelgestein bereiten lassen/ so geschicklich/ daß kein Mensch leichlich zu errathen vermocht/ mit was für einem Instrument sie so künstlich bereitet wären. So solle man auch weder in Wachs/ noch in Seiden Gewürck einige zierlichere Bildnüssen finden können/ als Er von blossen und allerhand Farben Vogel-Federn zugerichtet gehabt: von dergleichen Arth Bildern von Vogel-Federn zu seiner Zeit / und an einem andern Orth/ mit mehren sol gehandelt werden.

Das III. Capitel.

Ob König Montezuma wol gethan/ daß er Zwergen und allerhand Miß-geburten/ unter seinen Raritäten/ gewisse Behältnüsse zugeeignet?

§. 1.

IMmittelst entstehet aus vorhergangenen Capitels fünfften §. diese Frage; Ob Montezuma wol fein gethan/ daß Er/ nebst so mancherley schönen Sorten natürlicher Cörper/ die Er so wol in Originali, und grossen theils lebend als in obberührten Abbildungen von Gold und Silber copeylich gehabt/ zugleich auch vor Zwerge/ übel gewachsene elende Menschen/ und Mißgebuhrten/ absonderliche bequäme Kasten oder andere Behaltnüsse procurirt, sie mit nöthiger Speissung/ Kleidern/ Lagerstatt/ und Artzneyen versehen/ und diese dergleichen Irrungen und Fehltritte der Natur/ zu einem continuirlichen Spectakel und Objecto lüsterner Curiosität/ in seiner Königlichen Residentz gehalten? Oder/ eben diese Frage/ in so viel weiteren Terminis, ohne applicirung auf Exempel/ Diseurs weiß/ also ein zurichten: Ob Monstra, Ungeheuer/ und Mißgeburthen/ oder derer Abbildungen/ sich wol in Kunst- und Naturalien-Gemächer schicken?

§. 2. Ursach zu zweiffeln scheinet dieses: (I.) weil dergleichen Dinge außdrückliche Denckzeichen sind einer sonderbaren Imperfection der jenigen natürlichen Ursachen/ von welchen sie entsprungen. In Kunst- und Naturalien-Kammern aber befleissigt man sich lieber/ so viel möglich/ auff die allervollkommensten und rarsten Stücke. (2.) Weil alle oder die meisten Mißgewächse eine den Augen verdrüßliche Deformität oder Heßligkeit mit sich führen; Da hingegen in Cabinetten und Raritäten-Behältnüssen/ eine allenthalben hervorleuchtende Nettigkeit und Zier gesuchet wird/ als eine von den fürnehmsten Behörungen.

§. 3. Hierauf dient zu wissen/ daß angeregte zwey Bedencken so erheblich nicht sein als Sie scheinen: und mit eben so viel/ ja doppeltmehren Beweißthümern/ das Wiederspiel gar leicht zu behaupten. Denn (I.) sind Monstra oder Miß-gewächse eben so wol Gottes Werck/ als die übrige Geschöpfe/ ob schon die Dienerin Gottes/ die Natur/ in Herfürbringung jener/ wegen darzwischengekommenen accidental-Ursachen/ die mancherley ändrungen unterworffen sind/ etwan einen Fehltritt gethan/ und aus Veranlassung selbiger/ zu einer andern intention genötigt worden/ als sonst ihre gewöhnliche/ erst- und haupt-sächliche intention oder Vorsatz gewesen wäre. Was also Gott in der Anzahl seiner Geschöpffe vertragen kan/ dem kan der Mensch ja leichtlich und gern/ auch einen Neben-Raum in seiner Curiösität vergönneu.

§. 4. Zum [2.] wil man ja in Curiösen Gemächern mehrentheils Raritäten haben. Was meritirt aber den Titul der Raritäten mehr/ als Monstra? sintemal sie eben deßwegen im lateinischen Monstra genennet werden/ oder ihren Nahmen von der Monstranz, oder Monstriren/ das ist/ von offentlichem Darzeigen/ und fleissiger Beschauung/ führen/ aldieweil es rar und selten geschieht/ daß dergleichen Dinge zu Tage kommen: Ja je rarer oder ungewöhnlicher sie sind; das ist/ je weiter sie von der Mittel-strasse der ordinariegehörigen Beschaffenheit abschreiten / je mehr verwundern wir uns darob/ oder haben einige Belustigung davon. Und fällt hierbey nicht unwürdig zu notabeniren ein/ etlicher grossen Herren in Japonien nachdencklich- und gantznicht-sträflicher Gebrauch/ die (wie auch andere Leute daselbst /) nach eigener Erfahrung / und schrifftlichem/ doch noch nicht in Druck gegebenem Bericht/ Herrn N. Schambergers/ (in seiner Japonischen Reise-Beschreibung von Anno 1653.) eine sonderliche Lust haben/ an krumm-gewachsenen/ halb-verfaulten und abscheulichen Bäumen/ welche sie sehr theur bezahlen / und ihre schönste Säle mit diesen krummen und halb-wurmfressigen Klötzern zieren; welche sie bißweilen mit sonderlicher Tieffsinnigkeit betrachen.

§. 5. Oder/ ein klein/ doch warhafftiges/ Exempel von Sachen/ die dem Urtheil unsers andern äusserlichen Sinnes/ des Gehörs/ unterworffen/ kürtzlich mit beyzufügen; so wird insgemein eine Music/ die nur ordinär/ nicht sonderlich aestimirt/ ob sie schon an und vor sich selbstë gut genung/ dieweil sie keinegrobe dissonantzen gibt/ oder dë Regulis Compositionis entgegen lauffende Fehler führet. Istaber eine Harmonie über alle massë künstlich uñ accurat

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        <p>§. 2. Ursach zu zweiffeln scheinet dieses: (I.) weil dergleichen Dinge außdrückliche       Denckzeichen sind einer sonderbaren Imperfection der jenigen natürlichen Ursachen/ von welchen       sie entsprungen. In Kunst- und Naturalien-Kammern aber befleissigt man sich lieber/ so viel       möglich/ auff die allervollkommensten und rarsten Stücke. (2.) Weil alle oder die meisten       Mißgewächse eine den Augen verdrüßliche Deformität oder Heßligkeit mit sich führen; Da hingegen       in Cabinetten und Raritäten-Behältnüssen/ eine allenthalben hervorleuchtende Nettigkeit und       Zier gesuchet wird/ als eine von den fürnehmsten Behörungen.</p>
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        <p>§. 4. Zum [2.] wil man ja in Curiösen Gemächern mehrentheils Raritäten haben. Was meritirt       aber den Titul der Raritäten mehr/ als Monstra? sintemal sie eben deßwegen im lateinischen       Monstra genennet werden/ oder ihren Nahmen von der Monstranz, oder Monstriren/ das ist/ von       offentlichem Darzeigen/ und fleissiger Beschauung/ führen/ aldieweil es rar und selten       geschieht/ daß dergleichen Dinge zu Tage kommen: Ja je rarer oder ungewöhnlicher sie sind; das       ist/ je weiter sie von der Mittel-strasse der ordinariegehörigen Beschaffenheit abschreiten /       je mehr verwundern wir uns darob/ oder haben einige Belustigung davon. Und fällt hierbey nicht       unwürdig zu notabeniren ein/ etlicher grossen Herren in Japonien nachdencklich- und       gantznicht-sträflicher Gebrauch/ die (wie auch andere Leute daselbst /) nach eigener Erfahrung      / und schrifftlichem/ doch noch nicht in Druck gegebenem Bericht/ Herrn N. Schambergers/ (in       seiner Japonischen Reise-Beschreibung von Anno 1653.) eine sonderliche Lust haben/ an       krumm-gewachsenen/ halb-verfaulten und abscheulichen Bäumen/ welche sie sehr theur bezahlen /       und ihre schönste Säle mit diesen krummen und halb-wurmfressigen Klötzern zieren; welche sie       bißweilen mit sonderlicher Tieffsinnigkeit betrachen.</p>
        <p>§. 5. Oder/ ein klein/ doch warhafftiges/ Exempel von Sachen/ die dem Urtheil unsers       andern äusserlichen Sinnes/ des Gehörs/ unterworffen/ kürtzlich mit beyzufügen; so wird       insgemein eine Music/ die nur ordinär/ nicht sonderlich aestimirt/ ob sie schon an und vor       sich selbstë gut genung/ dieweil sie keinegrobe dissonantzen gibt/ oder dë Regulis       Compositionis entgegen lauffende Fehler führet. Istaber eine Harmonie über alle massë künstlich       un&#x0303; accurat
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[31/0607] §. 7. Ja etliche solcher Abbildungen hat Er gar von Edelgestein bereiten lassen/ so geschicklich/ daß kein Mensch leichlich zu errathen vermocht/ mit was für einem Instrument sie so künstlich bereitet wären. So solle man auch weder in Wachs/ noch in Seiden Gewürck einige zierlichere Bildnüssen finden können/ als Er von blossen und allerhand Farben Vogel-Federn zugerichtet gehabt: von dergleichen Arth Bildern von Vogel-Federn zu seiner Zeit / und an einem andern Orth/ mit mehren sol gehandelt werden. Das III. Capitel. Ob König Montezuma wol gethan/ daß er Zwergen und allerhand Miß-geburten/ unter seinen Raritäten/ gewisse Behältnüsse zugeeignet? §. 1. IMmittelst entstehet aus vorhergangenen Capitels fünfften §. diese Frage; Ob Montezuma wol fein gethan/ daß Er/ nebst so mancherley schönen Sorten natürlicher Cörper/ die Er so wol in Originali, und grossen theils lebend als in obberührten Abbildungen von Gold und Silber copeylich gehabt/ zugleich auch vor Zwerge/ übel gewachsene elende Menschen/ und Mißgebuhrten/ absonderliche bequäme Kasten oder andere Behaltnüsse procurirt, sie mit nöthiger Speissung/ Kleidern/ Lagerstatt/ und Artzneyen versehen/ und diese dergleichen Irrungen und Fehltritte der Natur/ zu einem continuirlichen Spectakel und Objecto lüsterner Curiosität/ in seiner Königlichen Residentz gehalten? Oder/ eben diese Frage/ in so viel weiteren Terminis, ohne applicirung auf Exempel/ Diseurs weiß/ also ein zurichten: Ob Monstra, Ungeheuer/ und Mißgeburthen/ oder derer Abbildungen/ sich wol in Kunst- und Naturalien-Gemächer schicken? §. 2. Ursach zu zweiffeln scheinet dieses: (I.) weil dergleichen Dinge außdrückliche Denckzeichen sind einer sonderbaren Imperfection der jenigen natürlichen Ursachen/ von welchen sie entsprungen. In Kunst- und Naturalien-Kammern aber befleissigt man sich lieber/ so viel möglich/ auff die allervollkommensten und rarsten Stücke. (2.) Weil alle oder die meisten Mißgewächse eine den Augen verdrüßliche Deformität oder Heßligkeit mit sich führen; Da hingegen in Cabinetten und Raritäten-Behältnüssen/ eine allenthalben hervorleuchtende Nettigkeit und Zier gesuchet wird/ als eine von den fürnehmsten Behörungen. §. 3. Hierauf dient zu wissen/ daß angeregte zwey Bedencken so erheblich nicht sein als Sie scheinen: und mit eben so viel/ ja doppeltmehren Beweißthümern/ das Wiederspiel gar leicht zu behaupten. Denn (I.) sind Monstra oder Miß-gewächse eben so wol Gottes Werck/ als die übrige Geschöpfe/ ob schon die Dienerin Gottes/ die Natur/ in Herfürbringung jener/ wegen darzwischengekommenen accidental-Ursachen/ die mancherley ändrungen unterworffen sind/ etwan einen Fehltritt gethan/ und aus Veranlassung selbiger/ zu einer andern intention genötigt worden/ als sonst ihre gewöhnliche/ erst- und haupt-sächliche intention oder Vorsatz gewesen wäre. Was also Gott in der Anzahl seiner Geschöpffe vertragen kan/ dem kan der Mensch ja leichtlich und gern/ auch einen Neben-Raum in seiner Curiösität vergönneu. §. 4. Zum [2.] wil man ja in Curiösen Gemächern mehrentheils Raritäten haben. Was meritirt aber den Titul der Raritäten mehr/ als Monstra? sintemal sie eben deßwegen im lateinischen Monstra genennet werden/ oder ihren Nahmen von der Monstranz, oder Monstriren/ das ist/ von offentlichem Darzeigen/ und fleissiger Beschauung/ führen/ aldieweil es rar und selten geschieht/ daß dergleichen Dinge zu Tage kommen: Ja je rarer oder ungewöhnlicher sie sind; das ist/ je weiter sie von der Mittel-strasse der ordinariegehörigen Beschaffenheit abschreiten / je mehr verwundern wir uns darob/ oder haben einige Belustigung davon. Und fällt hierbey nicht unwürdig zu notabeniren ein/ etlicher grossen Herren in Japonien nachdencklich- und gantznicht-sträflicher Gebrauch/ die (wie auch andere Leute daselbst /) nach eigener Erfahrung / und schrifftlichem/ doch noch nicht in Druck gegebenem Bericht/ Herrn N. Schambergers/ (in seiner Japonischen Reise-Beschreibung von Anno 1653.) eine sonderliche Lust haben/ an krumm-gewachsenen/ halb-verfaulten und abscheulichen Bäumen/ welche sie sehr theur bezahlen / und ihre schönste Säle mit diesen krummen und halb-wurmfressigen Klötzern zieren; welche sie bißweilen mit sonderlicher Tieffsinnigkeit betrachen. §. 5. Oder/ ein klein/ doch warhafftiges/ Exempel von Sachen/ die dem Urtheil unsers andern äusserlichen Sinnes/ des Gehörs/ unterworffen/ kürtzlich mit beyzufügen; so wird insgemein eine Music/ die nur ordinär/ nicht sonderlich aestimirt/ ob sie schon an und vor sich selbstë gut genung/ dieweil sie keinegrobe dissonantzen gibt/ oder dë Regulis Compositionis entgegen lauffende Fehler führet. Istaber eine Harmonie über alle massë künstlich uñ accurat

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/607>, abgerufen am 19.04.2024.