Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

es wird auch in der Artzney-Kunst gegen die Wassersucht und den Stein gebrauchet/ wie Hoffmannus in Clav. Schroederiana pag. 92. lehret. Eusserlich aber dienet es die Zähne zu säubern und allerhand Grind und äusserliche Schäden zu heilen/ wie bey Sam. Dale in Pharmacol. p. 140. zu sehen ist. So brauchen es auch die Roß-Aertzt zu den Augen der Pferde. In der Chymie und Scheid-Kunst machet es die Metallen fliessen/ und brauchen es auch die Goldschmiede zum Löten / und die Porcellin-auch andere Töpffer zur Glasur.

§. 4.

Weilen nun dieses nutzbahre Saltz von der Glas-Materie abgeschaumet/ auch sonsten in denen Apothecken das Venedische Glas zur Artzney auffgehoben wird: so habe nicht vor undienlich gehalten/ hier kürtzlich etwas von dem Glas selbsten zu melden/ welches auff folgende Manier zugerichtet/ und auff den Glas-Hütten geblasen wird: Erstlich machen die Glasmacher vor allen Dingen ein Gemeng/ auß sehr reinem und sauberem weissem Sand oder Kissel-Stein/ mit der Soude, Pott-Asch/ Rochetta oder deren Saltz/ wiewohlen ein jedes Saltz/ so von der Aschen der Kräuter gemachet wird/ hierzu dienlich ist/ indem Kunckelius durch die Erfahrung gelernet / daß die Saltzen in denen Kräutern und Gewächsen einerley seyen/ wie er in den Anmerckungen über das erste Buch Anthon. Neri von der Glas-Kunst pag. 50. lehret. Alle diese Stücke werden alsdann/ (doch jedes allein) sehr klein gestossen und durch ein subtiles Sieb geschlagen/ ehe sie zusammen calcinirt und geschmoltzen werden/ indem nach der Glasmacher Sprich-Wort: An einem engen Sieb und dürren Holtz die gantze Zierde der Kunst gelegen/ Vid. Neri im 8. Cap. seiner Glasmacher-Kunst pag. 19. Dieser also praeparirte Sand wird alsdann mit einem von obigen Saltzen in gebührender Proportion vermischet und zu einer Massa geschmeltzt/ welche man auff den Teutschen Glas-Hütten das Gemeng/ in Franckreich und Italien aber FRITTA, von dem Italiänischen Wort frittare (welches so viel als gefrieren heisset) zu nennen pfleget.

§. 5.

Von diesem Gemeng hat man unterschiedene Gattung auf den Glas-Hütten/ nach deren Güte das Glas hell oder dunckel wird/ indem zu der Crystallinischen Arbeit die Crystallen/ so auß gutem Sand und dem Levantischen Pülverlein bestehen/ gemacht worden. Zweytens/ die ordinari Fritta, welche aus der Soude oder der Aschen des Levantischen Pülverleins und sauberem Sand bestehet/ und drittens/ die gemeine Fritta, welche auß allerley Aschen und härtlichen Sand bereitet/ und zum grünen Glas verbrauchet wird/ wie in des Merreti Anmerckungen pag. 261. zu sehen ist.

§. 6.

Nachdem man nun ein sauber Crystallinisch oder nur gemeines Glas machen will/ so nimbt man eine von den obigen Gemengen/ und lässet solche in kleinen Tiegeln oder Töpffen (deren jeder Glasmacher eines vor sich allein haben soll) im Werck-Ofen schmeltzen/ und wann das Metall gnugsam außgekochet ist/ so stecket der Arbeiter ein hohles Eisen oder Rohr in solchen Topff / drehet solches etwas herumb/ und nimbt des Glases so viel/ als er zum Geschirr vonnöthen hat / dann das geschmoltzene Rohe-Glas oder Metall hänget sich an das Eisen/ gleich einem zähen oder klebrichten Safft/ nicht anders/ (wiewohl etwas fester /) als Terpentin. Die Form aber des Glases/ welches an dem Rohr hanget/ ist rund. Solches walgert der Arbeiter/ indem er es hält/ auff einem Marmer hin und her/ damit es sich recht vereinige. Nach diesem bläset der Arbeiter gemach in das eiserne Rohr/ so bläset sich das Glas von dem Athem als eine Blase auff / wie in der Figur Lit. C. zu sehen ist. So offt aber der Arbeiter in das Eisen bläset/ so offt setzet er das Blas-Rohr behend vom Mund an die Wangen oder Backen/ damit er mit dem Athem keine Flamme nach sich ziehe. Alsdann thut er das Blas-Rohr hinweg/ drehet es rings umb den Kopff herumb/ erlängert und erkältet das Glas/ und druckts in Modellen. Letztlich über gibt er es dem Glasmacher Lit. A. welcher es mit seinen Instrumenten vollends zurecht bringet und formiret/ biß es endlich mit einer Gabel in den Kühl-Ofen oder obersten Theil des Ofens / damit es erwärme/ und von der Kält nicht springe/ gesetzet wird/ wie alles weitläufftiger an obgemeldten Orten zu lesen ist.

§. 7.

Was nun absonderlich das Venedische Glas oder VITRUM VENETUM anlanget/ so wird es nach des Eichovii Reiß-Beschreibung p. 183. in Murano eben auf vorige Manier gemacht/ ausser daß an statt des Sandes oder Sand-Steinen der Berg-Crystall oder sonst reine Steine auß den Pado, und die beste Soude (dergleichen von Alexandria viel dahin gebracht wird) darzu genommen werden / welche auch so leicht nicht alle davon abgehet/ und dahero Ursach seyn mag/ daß es so gerne von sich selbsten in der Lufftrissicht wird. Ob es deßwegen auch vor anderm Glas eine besondere Krafft habe/ lasse dahin gestellet seyn. Indessen ist bekandt/ daß der gemeine Mann solches / als ein sonderlich Specificum gegen den so genandten Hertz- und Nabel-Wurm/ zu Pulver stosse / mit Bien-Honig vermische und den Kindern/ so damit behafftet/ auff den Nabel binde.

es wird auch in der Artzney-Kunst gegen die Wassersucht und den Stein gebrauchet/ wie Hoffmannus in Clav. Schroederiana pag. 92. lehret. Eusserlich aber dienet es die Zähne zu säubern und allerhand Grind und äusserliche Schäden zu heilen/ wie bey Sam. Dale in Pharmacol. p. 140. zu sehen ist. So brauchen es auch die Roß-Aertzt zu den Augen der Pferde. In der Chymie und Scheid-Kunst machet es die Metallen fliessen/ und brauchen es auch die Goldschmiede zum Löten / und die Porcellin-auch andere Töpffer zur Glasur.

§. 4.

Weilen nun dieses nutzbahre Saltz von der Glas-Materie abgeschaumet/ auch sonsten in denen Apothecken das Venedische Glas zur Artzney auffgehoben wird: so habe nicht vor undienlich gehalten/ hier kürtzlich etwas von dem Glas selbsten zu melden/ welches auff folgende Manier zugerichtet/ und auff den Glas-Hütten geblasen wird: Erstlich machen die Glasmacher vor allen Dingen ein Gemeng/ auß sehr reinem und sauberem weissem Sand oder Kissel-Stein/ mit der Soude, Pott-Asch/ Rochetta oder deren Saltz/ wiewohlen ein jedes Saltz/ so von der Aschen der Kräuter gemachet wird/ hierzu dienlich ist/ indem Kunckelius durch die Erfahrung gelernet / daß die Saltzen in denen Kräutern und Gewächsen einerley seyen/ wie er in den Anmerckungen über das erste Buch Anthon. Neri von der Glas-Kunst pag. 50. lehret. Alle diese Stücke werden alsdann/ (doch jedes allein) sehr klein gestossen und durch ein subtiles Sieb geschlagen/ ehe sie zusammen calcinirt und geschmoltzen werden/ indem nach der Glasmacher Sprich-Wort: An einem engen Sieb und dürren Holtz die gantze Zierde der Kunst gelegen/ Vid. Neri im 8. Cap. seiner Glasmacher-Kunst pag. 19. Dieser also praeparirte Sand wird alsdann mit einem von obigen Saltzen in gebührender Proportion vermischet und zu einer Massa geschmeltzt/ welche man auff den Teutschen Glas-Hütten das Gemeng/ in Franckreich und Italien aber FRITTA, von dem Italiänischen Wort frittare (welches so viel als gefrieren heisset) zu nennen pfleget.

§. 5.

Von diesem Gemeng hat man unterschiedene Gattung auf den Glas-Hütten/ nach deren Güte das Glas hell oder dunckel wird/ indem zu der Crystallinischen Arbeit die Crystallen/ so auß gutem Sand und dem Levantischen Pülverlein bestehen/ gemacht worden. Zweytens/ die ordinari Fritta, welche aus der Soude oder der Aschen des Levantischen Pülverleins und sauberem Sand bestehet/ und drittens/ die gemeine Fritta, welche auß allerley Aschen und härtlichen Sand bereitet/ und zum grünen Glas verbrauchet wird/ wie in des Merreti Anmerckungen pag. 261. zu sehen ist.

§. 6.

Nachdem man nun ein sauber Crystallinisch oder nur gemeines Glas machen will/ so nimbt man eine von den obigen Gemengen/ und lässet solche in kleinen Tiegeln oder Töpffen (deren jeder Glasmacher eines vor sich allein haben soll) im Werck-Ofen schmeltzen/ und wann das Metall gnugsam außgekochet ist/ so stecket der Arbeiter ein hohles Eisen oder Rohr in solchen Topff / drehet solches etwas herumb/ und nimbt des Glases so viel/ als er zum Geschirr vonnöthen hat / dann das geschmoltzene Rohe-Glas oder Metall hänget sich an das Eisen/ gleich einem zähen oder klebrichten Safft/ nicht anders/ (wiewohl etwas fester /) als Terpentin. Die Form aber des Glases/ welches an dem Rohr hanget/ ist rund. Solches walgert der Arbeiter/ indem er es hält/ auff einem Marmer hin und her/ damit es sich recht vereinige. Nach diesem bläset der Arbeiter gemach in das eiserne Rohr/ so bläset sich das Glas von dem Athem als eine Blase auff / wie in der Figur Lit. C. zu sehen ist. So offt aber der Arbeiter in das Eisen bläset/ so offt setzet er das Blas-Rohr behend vom Mund an die Wangen oder Backen/ damit er mit dem Athem keine Flamme nach sich ziehe. Alsdann thut er das Blas-Rohr hinweg/ drehet es rings umb den Kopff herumb/ erlängert und erkältet das Glas/ und druckts in Modellen. Letztlich über gibt er es dem Glasmacher Lit. A. welcher es mit seinen Instrumenten vollends zurecht bringet und formiret/ biß es endlich mit einer Gabel in den Kühl-Ofen oder obersten Theil des Ofens / damit es erwärme/ und von der Kält nicht springe/ gesetzet wird/ wie alles weitläufftiger an obgemeldten Orten zu lesen ist.

§. 7.

Was nun absonderlich das Venedische Glas oder VITRUM VENETUM anlanget/ so wird es nach des Eichovii Reiß-Beschreibung p. 183. in Murano eben auf vorige Manier gemacht/ ausser daß an statt des Sandes oder Sand-Steinen der Berg-Crystall oder sonst reine Steine auß den Pado, und die beste Soude (dergleichen von Alexandriâ viel dahin gebracht wird) darzu genommen werden / welche auch so leicht nicht alle davon abgehet/ und dahero Ursach seyn mag/ daß es so gerne von sich selbsten in der Lufftrissicht wird. Ob es deßwegen auch vor anderm Glas eine besondere Krafft habe/ lasse dahin gestellet seyn. Indessen ist bekandt/ daß der gemeine Mann solches / als ein sonderlich Specificum gegen den so genandten Hertz- und Nabel-Wurm/ zu Pulver stosse / mit Bien-Honig vermische und den Kindern/ so damit behafftet/ auff den Nabel binde.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0072" n="28"/>
es wird       auch in der Artzney-Kunst gegen die Wassersucht und den Stein gebrauchet/ wie Hoffmannus in       Clav. Schroederiana pag. 92. lehret. Eusserlich aber dienet es die Zähne zu säubern und       allerhand Grind und äusserliche Schäden zu heilen/ wie bey Sam. Dale in Pharmacol. p. 140. zu       sehen ist. So brauchen es auch die Roß-Aertzt zu den Augen der Pferde. In der Chymie und       Scheid-Kunst machet es die Metallen fliessen/ und brauchen es auch die Goldschmiede zum Löten      / und die Porcellin-auch andere Töpffer zur Glasur.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 4.</head>
        <p>Weilen nun dieses nutzbahre Saltz von der Glas-Materie abgeschaumet/ auch sonsten in denen       Apothecken das Venedische Glas zur Artzney auffgehoben wird: so habe nicht vor undienlich       gehalten/ hier kürtzlich etwas von dem Glas selbsten zu melden/ welches auff folgende Manier       zugerichtet/ und auff den Glas-Hütten geblasen wird: Erstlich machen die Glasmacher vor allen       Dingen ein Gemeng/ auß sehr reinem und sauberem weissem Sand oder Kissel-Stein/ mit der       Soude, Pott-Asch/ Rochetta oder deren Saltz/ wiewohlen ein jedes Saltz/ so von der Aschen       der Kräuter gemachet wird/ hierzu dienlich ist/ indem Kunckelius durch die Erfahrung gelernet      / daß die Saltzen in denen Kräutern und Gewächsen einerley seyen/ wie er in den Anmerckungen       über das erste Buch Anthon. Neri von der Glas-Kunst pag. 50. lehret. Alle diese Stücke werden       alsdann/ (doch jedes allein) sehr klein gestossen und durch ein subtiles Sieb geschlagen/ ehe       sie zusammen calcinirt und geschmoltzen werden/ indem nach der Glasmacher Sprich-Wort: An       einem engen Sieb und dürren Holtz die gantze Zierde der Kunst gelegen/ Vid. Neri im 8. Cap.       seiner Glasmacher-Kunst pag. 19. Dieser also praeparirte Sand wird alsdann mit einem von obigen       Saltzen in gebührender Proportion vermischet und zu einer Massa geschmeltzt/ welche man auff       den Teutschen Glas-Hütten das Gemeng/ in Franckreich und Italien aber FRITTA, von dem       Italiänischen Wort frittare (welches so viel als gefrieren heisset) zu nennen pfleget.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 5.</head>
        <p>Von diesem Gemeng hat man unterschiedene Gattung auf den Glas-Hütten/ nach deren Güte das       Glas hell oder dunckel wird/ indem zu der Crystallinischen Arbeit die Crystallen/ so auß       gutem Sand und dem Levantischen Pülverlein bestehen/ gemacht worden. Zweytens/ die ordinari       Fritta, welche aus der Soude oder der Aschen des Levantischen Pülverleins und sauberem Sand       bestehet/ und drittens/ die gemeine Fritta, welche auß allerley Aschen und härtlichen Sand       bereitet/ und zum grünen Glas verbrauchet wird/ wie in des Merreti Anmerckungen pag. 261. zu       sehen ist.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 6.</head>
        <p>Nachdem man nun ein sauber Crystallinisch oder nur gemeines Glas machen will/ so nimbt man       eine von den obigen Gemengen/ und lässet solche in kleinen Tiegeln oder Töpffen (deren jeder       Glasmacher eines vor sich allein haben soll) im Werck-Ofen schmeltzen/ und wann das Metall       gnugsam außgekochet ist/ so stecket der Arbeiter ein hohles Eisen oder Rohr in solchen Topff /       drehet solches etwas herumb/ und nimbt des Glases so viel/ als er zum Geschirr vonnöthen hat      / dann das geschmoltzene Rohe-Glas oder Metall hänget sich an das Eisen/ gleich einem zähen       oder klebrichten Safft/ nicht anders/ (wiewohl etwas fester /) als Terpentin. Die Form aber       des Glases/ welches an dem Rohr hanget/ ist rund. Solches walgert der Arbeiter/ indem er es       hält/ auff einem Marmer hin und her/ damit es sich recht vereinige. Nach diesem bläset der       Arbeiter gemach in das eiserne Rohr/ so bläset sich das Glas von dem Athem als eine Blase auff      / wie in der Figur Lit. C. zu sehen ist. So offt aber der Arbeiter in das Eisen bläset/ so       offt setzet er das Blas-Rohr behend vom Mund an die Wangen oder Backen/ damit er mit dem Athem       keine Flamme nach sich ziehe. Alsdann thut er das Blas-Rohr hinweg/ drehet es rings umb den       Kopff herumb/ erlängert und erkältet das Glas/ und druckts in Modellen. Letztlich über gibt       er es dem Glasmacher Lit. A. welcher es mit seinen Instrumenten vollends zurecht bringet und       formiret/ biß es endlich mit einer Gabel in den Kühl-Ofen oder obersten Theil des Ofens /       damit es erwärme/ und von der Kält nicht springe/ gesetzet wird/ wie alles weitläufftiger an       obgemeldten Orten zu lesen ist.</p>
      </div>
      <div>
        <head>§. 7.</head>
        <p>Was nun absonderlich das Venedische Glas oder VITRUM VENETUM anlanget/ so wird es nach des       Eichovii Reiß-Beschreibung p. 183. in Murano eben auf vorige Manier gemacht/ ausser daß an       statt des Sandes oder Sand-Steinen der Berg-Crystall oder sonst reine Steine auß den Pado, und       die beste Soude (dergleichen von Alexandriâ viel dahin gebracht wird) darzu genommen werden /       welche auch so leicht nicht alle davon abgehet/ und dahero Ursach seyn mag/ daß es so gerne       von sich selbsten in der Lufftrissicht wird. Ob es deßwegen auch vor anderm Glas eine besondere       Krafft habe/ lasse dahin gestellet seyn. Indessen ist bekandt/ daß der gemeine Mann solches /       als ein sonderlich Specificum gegen den so genandten Hertz- und Nabel-Wurm/ zu Pulver stosse /       mit Bien-Honig vermische und den Kindern/ so damit behafftet/ auff den Nabel binde.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0072] es wird auch in der Artzney-Kunst gegen die Wassersucht und den Stein gebrauchet/ wie Hoffmannus in Clav. Schroederiana pag. 92. lehret. Eusserlich aber dienet es die Zähne zu säubern und allerhand Grind und äusserliche Schäden zu heilen/ wie bey Sam. Dale in Pharmacol. p. 140. zu sehen ist. So brauchen es auch die Roß-Aertzt zu den Augen der Pferde. In der Chymie und Scheid-Kunst machet es die Metallen fliessen/ und brauchen es auch die Goldschmiede zum Löten / und die Porcellin-auch andere Töpffer zur Glasur. §. 4. Weilen nun dieses nutzbahre Saltz von der Glas-Materie abgeschaumet/ auch sonsten in denen Apothecken das Venedische Glas zur Artzney auffgehoben wird: so habe nicht vor undienlich gehalten/ hier kürtzlich etwas von dem Glas selbsten zu melden/ welches auff folgende Manier zugerichtet/ und auff den Glas-Hütten geblasen wird: Erstlich machen die Glasmacher vor allen Dingen ein Gemeng/ auß sehr reinem und sauberem weissem Sand oder Kissel-Stein/ mit der Soude, Pott-Asch/ Rochetta oder deren Saltz/ wiewohlen ein jedes Saltz/ so von der Aschen der Kräuter gemachet wird/ hierzu dienlich ist/ indem Kunckelius durch die Erfahrung gelernet / daß die Saltzen in denen Kräutern und Gewächsen einerley seyen/ wie er in den Anmerckungen über das erste Buch Anthon. Neri von der Glas-Kunst pag. 50. lehret. Alle diese Stücke werden alsdann/ (doch jedes allein) sehr klein gestossen und durch ein subtiles Sieb geschlagen/ ehe sie zusammen calcinirt und geschmoltzen werden/ indem nach der Glasmacher Sprich-Wort: An einem engen Sieb und dürren Holtz die gantze Zierde der Kunst gelegen/ Vid. Neri im 8. Cap. seiner Glasmacher-Kunst pag. 19. Dieser also praeparirte Sand wird alsdann mit einem von obigen Saltzen in gebührender Proportion vermischet und zu einer Massa geschmeltzt/ welche man auff den Teutschen Glas-Hütten das Gemeng/ in Franckreich und Italien aber FRITTA, von dem Italiänischen Wort frittare (welches so viel als gefrieren heisset) zu nennen pfleget. §. 5. Von diesem Gemeng hat man unterschiedene Gattung auf den Glas-Hütten/ nach deren Güte das Glas hell oder dunckel wird/ indem zu der Crystallinischen Arbeit die Crystallen/ so auß gutem Sand und dem Levantischen Pülverlein bestehen/ gemacht worden. Zweytens/ die ordinari Fritta, welche aus der Soude oder der Aschen des Levantischen Pülverleins und sauberem Sand bestehet/ und drittens/ die gemeine Fritta, welche auß allerley Aschen und härtlichen Sand bereitet/ und zum grünen Glas verbrauchet wird/ wie in des Merreti Anmerckungen pag. 261. zu sehen ist. §. 6. Nachdem man nun ein sauber Crystallinisch oder nur gemeines Glas machen will/ so nimbt man eine von den obigen Gemengen/ und lässet solche in kleinen Tiegeln oder Töpffen (deren jeder Glasmacher eines vor sich allein haben soll) im Werck-Ofen schmeltzen/ und wann das Metall gnugsam außgekochet ist/ so stecket der Arbeiter ein hohles Eisen oder Rohr in solchen Topff / drehet solches etwas herumb/ und nimbt des Glases so viel/ als er zum Geschirr vonnöthen hat / dann das geschmoltzene Rohe-Glas oder Metall hänget sich an das Eisen/ gleich einem zähen oder klebrichten Safft/ nicht anders/ (wiewohl etwas fester /) als Terpentin. Die Form aber des Glases/ welches an dem Rohr hanget/ ist rund. Solches walgert der Arbeiter/ indem er es hält/ auff einem Marmer hin und her/ damit es sich recht vereinige. Nach diesem bläset der Arbeiter gemach in das eiserne Rohr/ so bläset sich das Glas von dem Athem als eine Blase auff / wie in der Figur Lit. C. zu sehen ist. So offt aber der Arbeiter in das Eisen bläset/ so offt setzet er das Blas-Rohr behend vom Mund an die Wangen oder Backen/ damit er mit dem Athem keine Flamme nach sich ziehe. Alsdann thut er das Blas-Rohr hinweg/ drehet es rings umb den Kopff herumb/ erlängert und erkältet das Glas/ und druckts in Modellen. Letztlich über gibt er es dem Glasmacher Lit. A. welcher es mit seinen Instrumenten vollends zurecht bringet und formiret/ biß es endlich mit einer Gabel in den Kühl-Ofen oder obersten Theil des Ofens / damit es erwärme/ und von der Kält nicht springe/ gesetzet wird/ wie alles weitläufftiger an obgemeldten Orten zu lesen ist. §. 7. Was nun absonderlich das Venedische Glas oder VITRUM VENETUM anlanget/ so wird es nach des Eichovii Reiß-Beschreibung p. 183. in Murano eben auf vorige Manier gemacht/ ausser daß an statt des Sandes oder Sand-Steinen der Berg-Crystall oder sonst reine Steine auß den Pado, und die beste Soude (dergleichen von Alexandriâ viel dahin gebracht wird) darzu genommen werden / welche auch so leicht nicht alle davon abgehet/ und dahero Ursach seyn mag/ daß es so gerne von sich selbsten in der Lufftrissicht wird. Ob es deßwegen auch vor anderm Glas eine besondere Krafft habe/ lasse dahin gestellet seyn. Indessen ist bekandt/ daß der gemeine Mann solches / als ein sonderlich Specificum gegen den so genandten Hertz- und Nabel-Wurm/ zu Pulver stosse / mit Bien-Honig vermische und den Kindern/ so damit behafftet/ auff den Nabel binde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/72
Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/72>, abgerufen am 19.04.2024.