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Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.

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Herrn Beorg Eberhard Rumphen Send-Schreiben An Herrn D. CHRISTIAN MENZELN.

P. P.

AUß meines hochgeehrten Herrn Beliebten de dato Berlin den 2. Octobr. anni 1678. kan ich nicht anderst muthmassen/ als daß entweder eine betrügliche Fama oder eines guten Freunds (vielleicht Herrn Cleyers) gar zu gütige Brieffe mich grösser als ich bin abgemahlet haben; weßwegen nicht übel zuvermercken bitte/ wann ich meine Wenigkeit hiemit an Taglege / sintemahlen ich von des Herrn Gewohnheit auffgetrieben werde und mich nicht länger bergen kan. Ich bin ein guter Teutscher und gehöre dem berühmten Rumphio im Haag/ als des Printzen von Oranien Leib-Medico, gar nicht zu/ so viel mir wissend ist/ indem ich in der Graffschafft Solms gebohren und zu Hanau erzogen worden bin/ alwo mein Vatter/ Augustus Rumphius Baumeister gewesen/ und zwar Anno 1666. Nachdem ich aber immer frembde außländische Sachen zuerkennen begierig gewesen/ so hab mich bey Zeiten auß meinem Vatterland begeben. Anfangs zwar bin ich in Portugall gezogen/ und nachdem ich nach 3. Jahren wieder zurück gekommen/ hab ich mich vor 28. Jahr in Ost-Indien begeben und durch das Geschick in den äussersten Insuln nach Osten/ mich allhier in Amboina niedergelassen/ wo ich nunmehr alt worden. Sobald ich in Indien kommen bin/ hab ich angefangen auff eine historische/ doch kurtze Schreib-Art die rareste Kräuter/ Thiere/ See-Gewächs und Mineralien dieser Insulen/ so viel mir deren zu Gesicht gekommen auffzuschreiben/ und so viel ich von den Einwohnern erfahren können / derselben Kräffte zu observiren/ auch wie ich gekönt/ aller derselben Figur auffzuzeichnen / und zwar in Lateinischer Sprache. Auß diesem unordentlichen Mischmasch entstunde ein ziemlicher Vorrath/ biß endlich des Höchsten Wille/ welcher ohne Zweiffel mehr als ich selbsten vor mein Heyl und Wohlfarth gesorget hat/ die gantze Welt mit allen Creaturen vor meinen Augen verborgen hat/ daher ich nun ins zehende Jahr in der traurigen Finsternuß sitzen muß/ welche der schwartze Staar/ so meine Augen eingenommen/ verursacht. Unterdessen haben meine Ober-Herren doch nicht zugeben wollen/ daß meine Chartequen umkämen/ sondern haben mir zuweilen einen und andern Schreiber zugelegt/ mit deren Beyhülffe ich angefangen obbemeldtes Chaos in eine Ordnung zu bringen und auß gewissen Ursachen auß dem Lateinischen in die Holländische Sprach zu übersetzen/ wiewohlen nicht ohne mercklichen Abgang des vorigen Ansehens und Würde/ wie es insgemein mit solchen Schrifften hergehet/ welche man mit gelehnten Augen und Händen stellen muß. Den Kräutern hab ich 10. Bücher zugewidmet/ deren jetzt schon 7. fertig sind: Und sofern mir GOtt das Leben gönnet/ werdeich andere fünff von den vornehmsten Thieren/ so wohl terrestribus als aquatilibus, von See-Muscheln/ Lithodendris und einigen Mineralien hernach setzen. Also hat nun mein hochgeehrter Herr einen Abriß von dem Indianischen Rumphio, wie er auch seyn mag/ und was seine Studia seyen. Nun hat mich desselben Wohlgewogenheit also verbun-

Herrn Beorg Eberhard Rumphen Send-Schreiben An Herrn D. CHRISTIAN MENZELN.

P. P.

AUß meines hochgeehrten Herrn Beliebten de dato Berlin den 2. Octobr. anni 1678. kan ich nicht anderst muthmassen/ als daß entweder eine betrügliche Fama oder eines guten Freunds (vielleicht Herrn Cleyers) gar zu gütige Brieffe mich grösser als ich bin abgemahlet haben; weßwegen nicht übel zuvermercken bitte/ wann ich meine Wenigkeit hiemit an Taglege / sintemahlen ich von des Herrn Gewohnheit auffgetrieben werde und mich nicht länger bergen kan. Ich bin ein guter Teutscher und gehöre dem berühmten Rumphio im Haag/ als des Printzen von Oranien Leib-Medico, gar nicht zu/ so viel mir wissend ist/ indem ich in der Graffschafft Solms gebohren und zu Hanau erzogen worden bin/ alwo mein Vatter/ Augustus Rumphius Baumeister gewesen/ und zwar Anno 1666. Nachdem ich aber immer frembde außländische Sachen zuerkennen begierig gewesen/ so hab mich bey Zeiten auß meinem Vatterland begeben. Anfangs zwar bin ich in Portugall gezogen/ und nachdem ich nach 3. Jahren wieder zurück gekommen/ hab ich mich vor 28. Jahr in Ost-Indien begeben und durch das Geschick in den äussersten Insuln nach Osten/ mich allhier in Amboina niedergelassen/ wo ich nunmehr alt worden. Sobald ich in Indien kommen bin/ hab ich angefangen auff eine historische/ doch kurtze Schreib-Art die rareste Kräuter/ Thiere/ See-Gewächs und Mineralien dieser Insulen/ so viel mir deren zu Gesicht gekommen auffzuschreiben/ und so viel ich von den Einwohnern erfahren können / derselben Kräffte zu observiren/ auch wie ich gekönt/ aller derselben Figur auffzuzeichnen / und zwar in Lateinischer Sprache. Auß diesem unordentlichen Mischmasch entstunde ein ziemlicher Vorrath/ biß endlich des Höchsten Wille/ welcher ohne Zweiffel mehr als ich selbsten vor mein Heyl und Wohlfarth gesorget hat/ die gantze Welt mit allen Creaturen vor meinen Augen verborgen hat/ daher ich nun ins zehende Jahr in der traurigen Finsternuß sitzen muß/ welche der schwartze Staar/ so meine Augen eingenommen/ verursacht. Unterdessen haben meine Ober-Herren doch nicht zugeben wollen/ daß meine Chartequen umkämen/ sondern haben mir zuweilen einen und andern Schreiber zugelegt/ mit deren Beyhülffe ich angefangen obbemeldtes Chaos in eine Ordnung zu bringen und auß gewissen Ursachen auß dem Lateinischen in die Holländische Sprach zu übersetzen/ wiewohlen nicht ohne mercklichen Abgang des vorigen Ansehens und Würde/ wie es insgemein mit solchen Schrifften hergehet/ welche man mit gelehnten Augen und Händen stellen muß. Den Kräutern hab ich 10. Bücher zugewidmet/ deren jetzt schon 7. fertig sind: Und sofern mir GOtt das Leben gönnet/ werdeich andere fünff von den vornehmsten Thieren/ so wohl terrestribus als aquatilibus, von See-Muscheln/ Lithodendris und einigen Mineralien hernach setzen. Also hat nun mein hochgeehrter Herr einen Abriß von dem Indianischen Rumphio, wie er auch seyn mag/ und was seine Studia seyen. Nun hat mich desselben Wohlgewogenheit also verbun-

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[117/0773] Herrn Beorg Eberhard Rumphen Send-Schreiben An Herrn D. CHRISTIAN MENZELN. P. P. AUß meines hochgeehrten Herrn Beliebten de dato Berlin den 2. Octobr. anni 1678. kan ich nicht anderst muthmassen/ als daß entweder eine betrügliche Fama oder eines guten Freunds (vielleicht Herrn Cleyers) gar zu gütige Brieffe mich grösser als ich bin abgemahlet haben; weßwegen nicht übel zuvermercken bitte/ wann ich meine Wenigkeit hiemit an Taglege / sintemahlen ich von des Herrn Gewohnheit auffgetrieben werde und mich nicht länger bergen kan. Ich bin ein guter Teutscher und gehöre dem berühmten Rumphio im Haag/ als des Printzen von Oranien Leib-Medico, gar nicht zu/ so viel mir wissend ist/ indem ich in der Graffschafft Solms gebohren und zu Hanau erzogen worden bin/ alwo mein Vatter/ Augustus Rumphius Baumeister gewesen/ und zwar Anno 1666. Nachdem ich aber immer frembde außländische Sachen zuerkennen begierig gewesen/ so hab mich bey Zeiten auß meinem Vatterland begeben. Anfangs zwar bin ich in Portugall gezogen/ und nachdem ich nach 3. Jahren wieder zurück gekommen/ hab ich mich vor 28. Jahr in Ost-Indien begeben und durch das Geschick in den äussersten Insuln nach Osten/ mich allhier in Amboina niedergelassen/ wo ich nunmehr alt worden. Sobald ich in Indien kommen bin/ hab ich angefangen auff eine historische/ doch kurtze Schreib-Art die rareste Kräuter/ Thiere/ See-Gewächs und Mineralien dieser Insulen/ so viel mir deren zu Gesicht gekommen auffzuschreiben/ und so viel ich von den Einwohnern erfahren können / derselben Kräffte zu observiren/ auch wie ich gekönt/ aller derselben Figur auffzuzeichnen / und zwar in Lateinischer Sprache. Auß diesem unordentlichen Mischmasch entstunde ein ziemlicher Vorrath/ biß endlich des Höchsten Wille/ welcher ohne Zweiffel mehr als ich selbsten vor mein Heyl und Wohlfarth gesorget hat/ die gantze Welt mit allen Creaturen vor meinen Augen verborgen hat/ daher ich nun ins zehende Jahr in der traurigen Finsternuß sitzen muß/ welche der schwartze Staar/ so meine Augen eingenommen/ verursacht. Unterdessen haben meine Ober-Herren doch nicht zugeben wollen/ daß meine Chartequen umkämen/ sondern haben mir zuweilen einen und andern Schreiber zugelegt/ mit deren Beyhülffe ich angefangen obbemeldtes Chaos in eine Ordnung zu bringen und auß gewissen Ursachen auß dem Lateinischen in die Holländische Sprach zu übersetzen/ wiewohlen nicht ohne mercklichen Abgang des vorigen Ansehens und Würde/ wie es insgemein mit solchen Schrifften hergehet/ welche man mit gelehnten Augen und Händen stellen muß. Den Kräutern hab ich 10. Bücher zugewidmet/ deren jetzt schon 7. fertig sind: Und sofern mir GOtt das Leben gönnet/ werdeich andere fünff von den vornehmsten Thieren/ so wohl terrestribus als aquatilibus, von See-Muscheln/ Lithodendris und einigen Mineralien hernach setzen. Also hat nun mein hochgeehrter Herr einen Abriß von dem Indianischen Rumphio, wie er auch seyn mag/ und was seine Studia seyen. Nun hat mich desselben Wohlgewogenheit also verbun-

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Zitationshilfe: Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/773>, abgerufen am 28.03.2024.