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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

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Saint-Martin.

Ludwig Claudius von Saint-Martin wurde den 18. Ja¬
nuar 1743 zu Amboise geboren. Seine Eltern trugen
die größte Sorgfalt für seine Erziehung, die in jeder
Hinsicht vortrefflich war: besonders eine Stiefmutter
rühmt er als die Quelle all seines Glückes, indem sie
ihm die Sanftmuth, Aufmerksamkeit und Frömmigkeit
mitgetheilt habe, durch die er Gott und Menschen lieb
geworden sei. Weniger scheint der Vater seinem Ge¬
müthe verwandt gewesen. Obgleich von schwachem Kör¬
perbau, und außerordentlich reizbar, ertrug er doch mit
Erfolg alle Anstrengungen, welche das Ringen nach
Kenntnissen und eine bewegte Lebensart ihm auferlegten.
Sein Vater hatte ihn zum Rechtsgelehrten bestimmt,
und ungeachtet entschiedener Abneigung für diesen Stand
war der Jüngling auf dem Kollegium von Pontlevoi
in Kenntnissen bald so ausgezeichnet fortgeschritten, daß
er in Tours eine Anstellung empfing. Allein seine
Neigung führte ihn unter allen Studien und Geschäften

Saint-Martin.

Ludwig Claudius von Saint-Martin wurde den 18. Ja¬
nuar 1743 zu Amboiſe geboren. Seine Eltern trugen
die groͤßte Sorgfalt fuͤr ſeine Erziehung, die in jeder
Hinſicht vortrefflich war: beſonders eine Stiefmutter
ruͤhmt er als die Quelle all ſeines Gluͤckes, indem ſie
ihm die Sanftmuth, Aufmerkſamkeit und Froͤmmigkeit
mitgetheilt habe, durch die er Gott und Menſchen lieb
geworden ſei. Weniger ſcheint der Vater ſeinem Ge¬
muͤthe verwandt geweſen. Obgleich von ſchwachem Koͤr¬
perbau, und außerordentlich reizbar, ertrug er doch mit
Erfolg alle Anſtrengungen, welche das Ringen nach
Kenntniſſen und eine bewegte Lebensart ihm auferlegten.
Sein Vater hatte ihn zum Rechtsgelehrten beſtimmt,
und ungeachtet entſchiedener Abneigung fuͤr dieſen Stand
war der Juͤngling auf dem Kollegium von Pontlevoi
in Kenntniſſen bald ſo ausgezeichnet fortgeſchritten, daß
er in Tours eine Anſtellung empfing. Allein ſeine
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[[404]/0418] Saint-Martin. Ludwig Claudius von Saint-Martin wurde den 18. Ja¬ nuar 1743 zu Amboiſe geboren. Seine Eltern trugen die groͤßte Sorgfalt fuͤr ſeine Erziehung, die in jeder Hinſicht vortrefflich war: beſonders eine Stiefmutter ruͤhmt er als die Quelle all ſeines Gluͤckes, indem ſie ihm die Sanftmuth, Aufmerkſamkeit und Froͤmmigkeit mitgetheilt habe, durch die er Gott und Menſchen lieb geworden ſei. Weniger ſcheint der Vater ſeinem Ge¬ muͤthe verwandt geweſen. Obgleich von ſchwachem Koͤr¬ perbau, und außerordentlich reizbar, ertrug er doch mit Erfolg alle Anſtrengungen, welche das Ringen nach Kenntniſſen und eine bewegte Lebensart ihm auferlegten. Sein Vater hatte ihn zum Rechtsgelehrten beſtimmt, und ungeachtet entſchiedener Abneigung fuͤr dieſen Stand war der Juͤngling auf dem Kollegium von Pontlevoi in Kenntniſſen bald ſo ausgezeichnet fortgeſchritten, daß er in Tours eine Anſtellung empfing. Allein ſeine Neigung fuͤhrte ihn unter allen Studien und Geſchaͤften

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. [404]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/418>, abgerufen am 19.04.2024.