Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

letzten BeiIhnenseins zurückkommen zu dürfen; nicht um Ihnen
etwas Neues zu erzählen, sondern nur um der Genugthuung
willen, Ihnen selbst gesagt zu haben, was Sie durch eigne
Beobachtung und durch andre Personen zum Theil vermuthlich
schon wissen.

Mir war nicht so wohl bei Ihnen in der letzten Zeit, als
wie im Anfange; ich war weniger offen, weil mein Betragen
weniger fehlerfrei war. Ueber mein Billardspielen und über mein
Verhältniß mit B. macht' ich mir Vorwürfe, und über beides
verdient' ich Tadel. -- Meine Finanzen waren durch Billard¬
spielen zerrüttet; ich brauchte mehr Geld, um nach Straßburg
zu kommen, als wie ich hatte. Indessen waren meine Be¬
mühungen, dem Freunde Geld zu verschaffen, darum nicht weniger
ehrlich; ich würde ohne die eigne Verlegenheit eben so gehan¬
delt haben, nur waren wir übereingekommen, daß er mir etwas
abgeben sollte, obwohl er die ganze für ihn gesuchte Summe
nöthig hatte. Ich hofft' ihm dieses von Straßburg sogleich wie¬
derschicken zu können, indem ich nicht auf das lange Ausbleiben
der Briefe vom Onkel und nicht darauf rechnete, daß er mir
nur eben würde zukommen lassen, was nothdürftig war, um
bis Paris zu kommen. Diese unedle Leidenschaft des Spiels ist
erstorben, wo sie entstanden war, und ich freue mich, Sie ver¬
sichern zu können, daß ich seitdem nie wieder, außer einige wenige
mal mit guten Freunden, spielte! -- --

-- In Straßburg macht' ich durch Böckmanns Empfehlung
die Bekanntschaft von Türckheims, welche mich sehr lieb, so lieb
gewannen, daß sie mir auf ihre Beihülfe zu zählen erlaubten,
als der Onkel in Paris mich verlassen hatte. Seit kurzer Zeit
haben Umstände, hoffentlich nur vorübergehend, uns von einander
entfernt, welche ich selbst noch nicht kenn' und nicht begreife, und
wovon ich also nicht reden kann.

letzten BeiIhnenſeins zuruͤckkommen zu duͤrfen; nicht um Ihnen
etwas Neues zu erzaͤhlen, ſondern nur um der Genugthuung
willen, Ihnen ſelbſt geſagt zu haben, was Sie durch eigne
Beobachtung und durch andre Perſonen zum Theil vermuthlich
ſchon wiſſen.

Mir war nicht ſo wohl bei Ihnen in der letzten Zeit, als
wie im Anfange; ich war weniger offen, weil mein Betragen
weniger fehlerfrei war. Ueber mein Billardſpielen und uͤber mein
Verhaͤltniß mit B. macht’ ich mir Vorwuͤrfe, und uͤber beides
verdient’ ich Tadel. — Meine Finanzen waren durch Billard¬
ſpielen zerruͤttet; ich brauchte mehr Geld, um nach Straßburg
zu kommen, als wie ich hatte. Indeſſen waren meine Be¬
muͤhungen, dem Freunde Geld zu verſchaffen, darum nicht weniger
ehrlich; ich wuͤrde ohne die eigne Verlegenheit eben ſo gehan¬
delt haben, nur waren wir uͤbereingekommen, daß er mir etwas
abgeben ſollte, obwohl er die ganze fuͤr ihn geſuchte Summe
noͤthig hatte. Ich hofft’ ihm dieſes von Straßburg ſogleich wie¬
derſchicken zu koͤnnen, indem ich nicht auf das lange Ausbleiben
der Briefe vom Onkel und nicht darauf rechnete, daß er mir
nur eben wuͤrde zukommen laſſen, was nothduͤrftig war, um
bis Paris zu kommen. Dieſe unedle Leidenſchaft des Spiels iſt
erſtorben, wo ſie entſtanden war, und ich freue mich, Sie ver¬
ſichern zu koͤnnen, daß ich ſeitdem nie wieder, außer einige wenige
mal mit guten Freunden, ſpielte! — —

— In Straßburg macht’ ich durch Boͤckmanns Empfehlung
die Bekanntſchaft von Tuͤrckheims, welche mich ſehr lieb, ſo lieb
gewannen, daß ſie mir auf ihre Beihuͤlfe zu zaͤhlen erlaubten,
als der Onkel in Paris mich verlaſſen hatte. Seit kurzer Zeit
haben Umſtaͤnde, hoffentlich nur voruͤbergehend, uns von einander
entfernt, welche ich ſelbſt noch nicht kenn’ und nicht begreife, und
wovon ich alſo nicht reden kann.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0046" n="32"/>
letzten BeiIhnen&#x017F;eins zuru&#x0364;ckkommen zu du&#x0364;rfen; nicht um Ihnen<lb/>
etwas Neues zu erza&#x0364;hlen, &#x017F;ondern nur um der Genugthuung<lb/>
willen, Ihnen <hi rendition="#g">&#x017F;elb&#x017F;t</hi> ge&#x017F;agt zu haben, was Sie durch eigne<lb/>
Beobachtung und durch andre Per&#x017F;onen zum Theil vermuthlich<lb/>
&#x017F;chon wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Mir war nicht &#x017F;o <hi rendition="#g">wohl</hi> bei Ihnen in der letzten Zeit, als<lb/>
wie im Anfange; ich war weniger offen, weil mein Betragen<lb/>
weniger fehlerfrei war. Ueber mein Billard&#x017F;pielen und u&#x0364;ber mein<lb/>
Verha&#x0364;ltniß mit B. macht&#x2019; ich mir Vorwu&#x0364;rfe, und u&#x0364;ber beides<lb/>
verdient&#x2019; ich Tadel. &#x2014; Meine Finanzen waren durch Billard¬<lb/>
&#x017F;pielen zerru&#x0364;ttet; ich brauchte mehr Geld, um nach Straßburg<lb/>
zu kommen, als wie ich <hi rendition="#g">hatte</hi>. Inde&#x017F;&#x017F;en waren meine Be¬<lb/>
mu&#x0364;hungen, dem Freunde Geld zu ver&#x017F;chaffen, darum nicht weniger<lb/>
ehrlich; ich wu&#x0364;rde <hi rendition="#g">ohne</hi> die <hi rendition="#g">eigne</hi> Verlegenheit <hi rendition="#g">eben</hi> &#x017F;o gehan¬<lb/>
delt haben, nur waren wir u&#x0364;bereingekommen, daß er mir <hi rendition="#g">etwas</hi><lb/>
abgeben &#x017F;ollte, obwohl er die <hi rendition="#g">ganze</hi> fu&#x0364;r ihn ge&#x017F;uchte Summe<lb/>
no&#x0364;thig hatte. Ich hofft&#x2019; ihm die&#x017F;es von Straßburg &#x017F;ogleich wie¬<lb/>
der&#x017F;chicken zu ko&#x0364;nnen, indem ich nicht auf das lange Ausbleiben<lb/>
der Briefe vom Onkel und nicht <hi rendition="#g">darauf</hi> rechnete, daß er mir<lb/>
nur <hi rendition="#g">eben</hi> wu&#x0364;rde zukommen la&#x017F;&#x017F;en, was nothdu&#x0364;rftig war, um<lb/>
bis Paris zu kommen. Die&#x017F;e unedle Leiden&#x017F;chaft des Spiels i&#x017F;t<lb/>
er&#x017F;torben, wo &#x017F;ie ent&#x017F;tanden war, und ich freue mich, Sie ver¬<lb/>
&#x017F;ichern zu ko&#x0364;nnen, daß ich &#x017F;eitdem <hi rendition="#g">nie</hi> wieder, außer einige wenige<lb/>
mal mit guten Freunden, &#x017F;pielte! &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
              <p>&#x2014; In Straßburg macht&#x2019; ich durch Bo&#x0364;ckmanns Empfehlung<lb/>
die Bekannt&#x017F;chaft von Tu&#x0364;rckheims, welche mich &#x017F;ehr lieb, &#x017F;o lieb<lb/>
gewannen, daß &#x017F;ie mir auf ihre Beihu&#x0364;lfe zu za&#x0364;hlen erlaubten,<lb/>
als der Onkel in Paris mich verla&#x017F;&#x017F;en hatte. Seit kurzer Zeit<lb/>
haben Um&#x017F;ta&#x0364;nde, hoffentlich nur voru&#x0364;bergehend, uns von einander<lb/>
entfernt, welche ich &#x017F;elb&#x017F;t noch nicht kenn&#x2019; und nicht begreife, und<lb/>
wovon ich al&#x017F;o nicht reden kann.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0046] letzten BeiIhnenſeins zuruͤckkommen zu duͤrfen; nicht um Ihnen etwas Neues zu erzaͤhlen, ſondern nur um der Genugthuung willen, Ihnen ſelbſt geſagt zu haben, was Sie durch eigne Beobachtung und durch andre Perſonen zum Theil vermuthlich ſchon wiſſen. Mir war nicht ſo wohl bei Ihnen in der letzten Zeit, als wie im Anfange; ich war weniger offen, weil mein Betragen weniger fehlerfrei war. Ueber mein Billardſpielen und uͤber mein Verhaͤltniß mit B. macht’ ich mir Vorwuͤrfe, und uͤber beides verdient’ ich Tadel. — Meine Finanzen waren durch Billard¬ ſpielen zerruͤttet; ich brauchte mehr Geld, um nach Straßburg zu kommen, als wie ich hatte. Indeſſen waren meine Be¬ muͤhungen, dem Freunde Geld zu verſchaffen, darum nicht weniger ehrlich; ich wuͤrde ohne die eigne Verlegenheit eben ſo gehan¬ delt haben, nur waren wir uͤbereingekommen, daß er mir etwas abgeben ſollte, obwohl er die ganze fuͤr ihn geſuchte Summe noͤthig hatte. Ich hofft’ ihm dieſes von Straßburg ſogleich wie¬ derſchicken zu koͤnnen, indem ich nicht auf das lange Ausbleiben der Briefe vom Onkel und nicht darauf rechnete, daß er mir nur eben wuͤrde zukommen laſſen, was nothduͤrftig war, um bis Paris zu kommen. Dieſe unedle Leidenſchaft des Spiels iſt erſtorben, wo ſie entſtanden war, und ich freue mich, Sie ver¬ ſichern zu koͤnnen, daß ich ſeitdem nie wieder, außer einige wenige mal mit guten Freunden, ſpielte! — — — In Straßburg macht’ ich durch Boͤckmanns Empfehlung die Bekanntſchaft von Tuͤrckheims, welche mich ſehr lieb, ſo lieb gewannen, daß ſie mir auf ihre Beihuͤlfe zu zaͤhlen erlaubten, als der Onkel in Paris mich verlaſſen hatte. Seit kurzer Zeit haben Umſtaͤnde, hoffentlich nur voruͤbergehend, uns von einander entfernt, welche ich ſelbſt noch nicht kenn’ und nicht begreife, und wovon ich alſo nicht reden kann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/46
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/46>, abgerufen am 19.04.2024.