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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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keiner. Hymen vergaß ihm, von Amor anders beschäftigt
oder bestochen, die Binde abzureißen, er ging unter die Ab-
gefertigten, und sie bleibt ihm für's Leben; und qu'il est aime
celui qui rend aimable.
Mit meinem Lieben ist's eigentlich
nichts, auf Glauben -- denn der Verräther reicht mir nur
dünne Binden, und den Andern keine für mich. Adieu, lieber
Brinckmann, mündlich werde ich Ihnen manches Interessante
erzählen, fragen Sie mich nur aus. -- Wir kommen leider
bald; die schönen! wohlbekannten Mauern machen mir
bange. Adieu.



An Gustav von Brinckmann.


Ich halte es für Recht, wenn Einer nach dem Andern
ein bischen sieht. Was machen Sie denn, haben Sie Mi-
graine oder Schweden? Man hat Sie in unserm Hause nicht
gesehen, und Ihre Geliebtesten wissen nichts von Ihnen; ich
bin seit dem Sonnabend hier, und melde mich also. Es ist
mir um so lieber, daß ich gestern Hrn. Fr. Schlegel habe ken-
nen lernen, nun kann ich Sie wieder zu mir bitten. Sonst
sah's immer aus, als sollten Sie mir den bringen, die andern
Leute sind doch so. Sein Äußeres gefällt mir; Sie wissen
doch noch, daß das Äußere eines Menschen der Text von allem
ist, was sich über ihn sagen läßt? Ich hab' ihn gebeten, Sie
zu mir zu bringen; warten Sie das nicht ab! Auch heute
geh' ich erst gegen 6 Uhr spaziren, und dahin, wo einer will.

R. L.


keiner. Hymen vergaß ihm, von Amor anders beſchäftigt
oder beſtochen, die Binde abzureißen, er ging unter die Ab-
gefertigten, und ſie bleibt ihm für’s Leben; und qu’il est aimé
celui qui rend aimable.
Mit meinem Lieben iſt’s eigentlich
nichts, auf Glauben — denn der Verräther reicht mir nur
dünne Binden, und den Andern keine für mich. Adieu, lieber
Brinckmann, mündlich werde ich Ihnen manches Intereſſante
erzählen, fragen Sie mich nur aus. — Wir kommen leider
bald; die ſchönen! wohlbekannten Mauern machen mir
bange. Adieu.



An Guſtav von Brinckmann.


Ich halte es für Recht, wenn Einer nach dem Andern
ein bischen ſieht. Was machen Sie denn, haben Sie Mi-
graine oder Schweden? Man hat Sie in unſerm Hauſe nicht
geſehen, und Ihre Geliebteſten wiſſen nichts von Ihnen; ich
bin ſeit dem Sonnabend hier, und melde mich alſo. Es iſt
mir um ſo lieber, daß ich geſtern Hrn. Fr. Schlegel habe ken-
nen lernen, nun kann ich Sie wieder zu mir bitten. Sonſt
ſah’s immer aus, als ſollten Sie mir den bringen, die andern
Leute ſind doch ſo. Sein Äußeres gefällt mir; Sie wiſſen
doch noch, daß das Äußere eines Menſchen der Text von allem
iſt, was ſich über ihn ſagen läßt? Ich hab’ ihn gebeten, Sie
zu mir zu bringen; warten Sie das nicht ab! Auch heute
geh’ ich erſt gegen 6 Uhr ſpaziren, und dahin, wo einer will.

R. L.


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[170/0184] keiner. Hymen vergaß ihm, von Amor anders beſchäftigt oder beſtochen, die Binde abzureißen, er ging unter die Ab- gefertigten, und ſie bleibt ihm für’s Leben; und qu’il est aimé celui qui rend aimable. Mit meinem Lieben iſt’s eigentlich nichts, auf Glauben — denn der Verräther reicht mir nur dünne Binden, und den Andern keine für mich. Adieu, lieber Brinckmann, mündlich werde ich Ihnen manches Intereſſante erzählen, fragen Sie mich nur aus. — Wir kommen leider bald; die ſchönen! wohlbekannten Mauern machen mir bange. Adieu. An Guſtav von Brinckmann. Berlin, den 31. Auguſt 1797. Ich halte es für Recht, wenn Einer nach dem Andern ein bischen ſieht. Was machen Sie denn, haben Sie Mi- graine oder Schweden? Man hat Sie in unſerm Hauſe nicht geſehen, und Ihre Geliebteſten wiſſen nichts von Ihnen; ich bin ſeit dem Sonnabend hier, und melde mich alſo. Es iſt mir um ſo lieber, daß ich geſtern Hrn. Fr. Schlegel habe ken- nen lernen, nun kann ich Sie wieder zu mir bitten. Sonſt ſah’s immer aus, als ſollten Sie mir den bringen, die andern Leute ſind doch ſo. Sein Äußeres gefällt mir; Sie wiſſen doch noch, daß das Äußere eines Menſchen der Text von allem iſt, was ſich über ihn ſagen läßt? Ich hab’ ihn gebeten, Sie zu mir zu bringen; warten Sie das nicht ab! Auch heute geh’ ich erſt gegen 6 Uhr ſpaziren, und dahin, wo einer will. R. L.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/184>, abgerufen am 28.03.2024.