Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

schrieb gleich nach der Schlacht, es zittern ihm alle Glieder!
Freut ihr euch? -- Bei dieser Frage wein' ich, Gott! dies
wieder
! Und die Erschütterung: der Dank! Ach wie hart
waren wir dran. Was gewinnen wir? Wo ist er: was
wird er nun beginnen, wen anfallen? Schreibe mir jeder,
der's erfahren kann
, ob Willisen lebt. Er war Adjutant
bei Hünerbein. -- Bis hieher schrieb ich, als ich zum Bade
mußte. Nun ist alles möglich, nun kann alles kommen: hofft
auf alles: ich habe geschwommen. Das Bad ist nämlich
ein großer Saal voll Wasser, wo mir das Wasser über den
Kopf geht. Nach uns hatten die Prinzessinnen von Kurland
ihre Stunde, heute ließen sie uns um unsere bitten, und es
kam so, daß wir mit der Herzogin Sagan zusammen bade-
ten. Sie freute sich sehr mich wiederzusehen -- von vor acht-
zehn Jahren in Töplitz, oder sechszehn, -- sie schwimmt excel-
lent, und so redete sie mir so lange zu, bis ich mich von ihr
schwimmend herumtragen ließ; mit einer großen Blase, die einen
sehr angenehm trägt. Es ist ein großes Vergnügen. Nun wird
sie immer früher kommen: und wir schwimmen. Sie ist sehr
schön, und ich amüsire mich sehr. Auch erfährt man alle
Neuigkeiten. Sie wird uns gleich Blüchers Brief schicken.
August! wenn das Gentz wüßte! Dies war seine größte ter-
reur
in Prag. Der immer dachte, er müßte mich vor lauter
Verläugnen in die Erde stecken, vor dem Verscheiden, bloß
wegen Herzogin Sagan. --


-- Heute muß ich die Herzogin allein lassen; sie versprach
mir gestern, früh zu kommen. Es würde mir großes Vergnü-

ſchrieb gleich nach der Schlacht, es zittern ihm alle Glieder!
Freut ihr euch? — Bei dieſer Frage wein’ ich, Gott! dies
wieder
! Und die Erſchütterung: der Dank! Ach wie hart
waren wir dran. Was gewinnen wir? Wo iſt er: was
wird er nun beginnen, wen anfallen? Schreibe mir jeder,
der’s erfahren kann
, ob Williſen lebt. Er war Adjutant
bei Hünerbein. — Bis hieher ſchrieb ich, als ich zum Bade
mußte. Nun iſt alles möglich, nun kann alles kommen: hofft
auf alles: ich habe geſchwommen. Das Bad iſt nämlich
ein großer Saal voll Waſſer, wo mir das Waſſer über den
Kopf geht. Nach uns hatten die Prinzeſſinnen von Kurland
ihre Stunde, heute ließen ſie uns um unſere bitten, und es
kam ſo, daß wir mit der Herzogin Sagan zuſammen bade-
ten. Sie freute ſich ſehr mich wiederzuſehen — von vor acht-
zehn Jahren in Töplitz, oder ſechszehn, — ſie ſchwimmt excel-
lent, und ſo redete ſie mir ſo lange zu, bis ich mich von ihr
ſchwimmend herumtragen ließ; mit einer großen Blaſe, die einen
ſehr angenehm trägt. Es iſt ein großes Vergnügen. Nun wird
ſie immer früher kommen: und wir ſchwimmen. Sie iſt ſehr
ſchön, und ich amüſire mich ſehr. Auch erfährt man alle
Neuigkeiten. Sie wird uns gleich Blüchers Brief ſchicken.
Auguſt! wenn das Gentz wüßte! Dies war ſeine größte ter-
reur
in Prag. Der immer dachte, er müßte mich vor lauter
Verläugnen in die Erde ſtecken, vor dem Verſcheiden, bloß
wegen Herzogin Sagan. —


— Heute muß ich die Herzogin allein laſſen; ſie verſprach
mir geſtern, früh zu kommen. Es würde mir großes Vergnü-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0306" n="298"/>
&#x017F;chrieb gleich nach der Schlacht, es zittern ihm alle Glieder!<lb/>
Freut ihr euch? &#x2014; Bei die&#x017F;er <hi rendition="#g">Frage</hi> wein&#x2019; ich, <hi rendition="#g">Gott! dies<lb/>
wieder</hi>! Und die Er&#x017F;chütterung: der <hi rendition="#g">Dank</hi>! Ach wie hart<lb/>
waren wir dran. <hi rendition="#g">Was</hi> <choice><sic>grwinnen</sic><corr>gewinnen</corr></choice> wir? Wo i&#x017F;t <hi rendition="#g">er</hi>: was<lb/>
wird er nun beginnen, wen anfallen? Schreibe mir <hi rendition="#g">jeder,<lb/>
der&#x2019;s erfahren kann</hi>, ob Willi&#x017F;en lebt. Er war Adjutant<lb/>
bei Hünerbein. &#x2014; Bis hieher &#x017F;chrieb ich, als ich zum Bade<lb/>
mußte. Nun i&#x017F;t alles möglich, nun kann alles kommen: hofft<lb/>
auf alles: ich habe <hi rendition="#g">ge&#x017F;chwommen</hi>. Das Bad i&#x017F;t nämlich<lb/>
ein großer Saal voll Wa&#x017F;&#x017F;er, wo mir das Wa&#x017F;&#x017F;er über den<lb/>
Kopf geht. Nach uns hatten die Prinze&#x017F;&#x017F;innen von Kurland<lb/>
ihre Stunde, heute ließen &#x017F;ie uns um un&#x017F;ere bitten, und es<lb/>
kam &#x017F;o, daß wir mit der Herzogin Sagan zu&#x017F;ammen bade-<lb/>
ten. Sie freute &#x017F;ich &#x017F;ehr mich wiederzu&#x017F;ehen &#x2014; von vor acht-<lb/>
zehn Jahren in Töplitz, oder &#x017F;echszehn, &#x2014; &#x017F;ie &#x017F;chwimmt excel-<lb/>
lent, und &#x017F;o redete &#x017F;ie mir &#x017F;o lange zu, bis ich mich von ihr<lb/>
&#x017F;chwimmend herumtragen ließ; mit einer großen Bla&#x017F;e, die einen<lb/>
&#x017F;ehr angenehm trägt. Es i&#x017F;t ein großes Vergnügen. Nun wird<lb/>
&#x017F;ie immer früher kommen: und wir &#x017F;chwimmen. Sie i&#x017F;t &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chön, und ich amü&#x017F;ire mich &#x017F;ehr. Auch erfährt man alle<lb/>
Neuigkeiten. Sie wird uns gleich Blüchers Brief &#x017F;chicken.<lb/>
Augu&#x017F;t! wenn das Gentz wüßte! Dies war &#x017F;eine größte <hi rendition="#aq">ter-<lb/>
reur</hi> in Prag. Der immer dachte, er müßte mich vor lauter<lb/>
Verläugnen in die Erde &#x017F;tecken, vor dem Ver&#x017F;cheiden, bloß<lb/>
wegen Herzogin Sagan. &#x2014;</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 28. Juni.</hi> </dateline><lb/>
            <p>&#x2014; Heute muß ich die Herzogin allein la&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;ie ver&#x017F;prach<lb/>
mir ge&#x017F;tern, früh zu kommen. Es würde mir großes Vergnü-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0306] ſchrieb gleich nach der Schlacht, es zittern ihm alle Glieder! Freut ihr euch? — Bei dieſer Frage wein’ ich, Gott! dies wieder! Und die Erſchütterung: der Dank! Ach wie hart waren wir dran. Was gewinnen wir? Wo iſt er: was wird er nun beginnen, wen anfallen? Schreibe mir jeder, der’s erfahren kann, ob Williſen lebt. Er war Adjutant bei Hünerbein. — Bis hieher ſchrieb ich, als ich zum Bade mußte. Nun iſt alles möglich, nun kann alles kommen: hofft auf alles: ich habe geſchwommen. Das Bad iſt nämlich ein großer Saal voll Waſſer, wo mir das Waſſer über den Kopf geht. Nach uns hatten die Prinzeſſinnen von Kurland ihre Stunde, heute ließen ſie uns um unſere bitten, und es kam ſo, daß wir mit der Herzogin Sagan zuſammen bade- ten. Sie freute ſich ſehr mich wiederzuſehen — von vor acht- zehn Jahren in Töplitz, oder ſechszehn, — ſie ſchwimmt excel- lent, und ſo redete ſie mir ſo lange zu, bis ich mich von ihr ſchwimmend herumtragen ließ; mit einer großen Blaſe, die einen ſehr angenehm trägt. Es iſt ein großes Vergnügen. Nun wird ſie immer früher kommen: und wir ſchwimmen. Sie iſt ſehr ſchön, und ich amüſire mich ſehr. Auch erfährt man alle Neuigkeiten. Sie wird uns gleich Blüchers Brief ſchicken. Auguſt! wenn das Gentz wüßte! Dies war ſeine größte ter- reur in Prag. Der immer dachte, er müßte mich vor lauter Verläugnen in die Erde ſtecken, vor dem Verſcheiden, bloß wegen Herzogin Sagan. — Den 28. Juni. — Heute muß ich die Herzogin allein laſſen; ſie verſprach mir geſtern, früh zu kommen. Es würde mir großes Vergnü-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/306
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/306>, abgerufen am 16.04.2024.