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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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ne veut pas remonter a ceux des autres, combien on peut
avoir des consequences dangereuses, lorsqu'on possede le rare
talent d'extraire le venin d'un ouvrage, combien tout ouvrage
de morale peut devenir venimeux, lorsqu'on change de place
cc qui a ete ecrit dans un ordre determine, lorsqu'on omet les
idees intermediaires, et lorsqu'enfin on perd de vue le but,
dans lequel le tout a ete compose."
-- Fichte verbittet sich auch,
zu Anfang einer Schrift, solche Behandlung seiner Bücher,
und solches Verfahren mit Stellen daraus. Stupidität und
böser Willen verfahren beide so. Zum Glück läßt sich jedes-
mal ein solches Verfahren beweisen, so lange das angegriffene
Buch noch existirt: zum Unglück aber ist das sehr weitläufig,
und geschieht selten.



Witz ist Kombinations-Trieb und Talent. Der Karakter
eines jeden führt den Witz in verschiedene Kreise; so können
sich auch die Gegenstände dieses Triebes, dieser Gabe, nach
Altersepochen bei denselben Personen verändern: oder Einer
mehrere Witzarten besitzen. Fichte definirt Witz "die Evidenz
der Verkehrtheit;" das ist eine bestimmte Sorte von Witz,
meines Bedünkens.



An Auguste Brede, in Stuttgart.

Bloß, meine Liebe, damit Sie nicht länger ohne Nach-
richt seien! Lust zum Schreiben hab' ich gar nicht: ich müßte

ne veut pas remonter à ceux des autres, combien on peut
avoir des conséquences dangereuses, lorsqu’on possède le rare
talent d’extraire le venin d’un ouvrage, combien tout ouvrage
de morale peut devenir venimeux, lorsqu’on change de place
cc qui a été écrit dans un ordre déterminé, lorsqu’on omet les
idées intermédiaires, et lorsqu’enfin on perd de vue le but,
dans lequel le tout a été composé.“
— Fichte verbittet ſich auch,
zu Anfang einer Schrift, ſolche Behandlung ſeiner Bücher,
und ſolches Verfahren mit Stellen daraus. Stupidität und
böſer Willen verfahren beide ſo. Zum Glück läßt ſich jedes-
mal ein ſolches Verfahren beweiſen, ſo lange das angegriffene
Buch noch exiſtirt: zum Unglück aber iſt das ſehr weitläufig,
und geſchieht ſelten.



Witz iſt Kombinations-Trieb und Talent. Der Karakter
eines jeden führt den Witz in verſchiedene Kreiſe; ſo können
ſich auch die Gegenſtände dieſes Triebes, dieſer Gabe, nach
Altersepochen bei denſelben Perſonen verändern: oder Einer
mehrere Witzarten beſitzen. Fichte definirt Witz „die Evidenz
der Verkehrtheit;“ das iſt eine beſtimmte Sorte von Witz,
meines Bedünkens.



An Auguſte Brede, in Stuttgart.

Bloß, meine Liebe, damit Sie nicht länger ohne Nach-
richt ſeien! Luſt zum Schreiben hab’ ich gar nicht: ich müßte

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[602/0610] ne veut pas remonter à ceux des autres, combien on peut avoir des conséquences dangereuses, lorsqu’on possède le rare talent d’extraire le venin d’un ouvrage, combien tout ouvrage de morale peut devenir venimeux, lorsqu’on change de place cc qui a été écrit dans un ordre déterminé, lorsqu’on omet les idées intermédiaires, et lorsqu’enfin on perd de vue le but, dans lequel le tout a été composé.“ — Fichte verbittet ſich auch, zu Anfang einer Schrift, ſolche Behandlung ſeiner Bücher, und ſolches Verfahren mit Stellen daraus. Stupidität und böſer Willen verfahren beide ſo. Zum Glück läßt ſich jedes- mal ein ſolches Verfahren beweiſen, ſo lange das angegriffene Buch noch exiſtirt: zum Unglück aber iſt das ſehr weitläufig, und geſchieht ſelten. Witz iſt Kombinations-Trieb und Talent. Der Karakter eines jeden führt den Witz in verſchiedene Kreiſe; ſo können ſich auch die Gegenſtände dieſes Triebes, dieſer Gabe, nach Altersepochen bei denſelben Perſonen verändern: oder Einer mehrere Witzarten beſitzen. Fichte definirt Witz „die Evidenz der Verkehrtheit;“ das iſt eine beſtimmte Sorte von Witz, meines Bedünkens. An Auguſte Brede, in Stuttgart. Berlin, Freitag den 11. November 1819. Bloß, meine Liebe, damit Sie nicht länger ohne Nach- richt ſeien! Luſt zum Schreiben hab’ ich gar nicht: ich müßte

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/610>, abgerufen am 20.04.2024.