Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhänglichkeit und Eingenommenheit. Antworten Sie gleich,
theure Fürstin!

Ihre wohlgefundene treue Fr. v. V.


An Antonie von Horn.


Den besten Dank, liebste Frau von Horn, für die Mühe,
die Sie so gütig sind, sich für mich und Frau von Z. zu ge-
ben! Wenn sie nur eine Zeile schreiben wollte, der es doch so
leicht ankommt! sie ist mir wahrlich eine Antwort schuldig,
auf einen sehr guten Brief, den ich ihr etwa vor fünf oder
mehreren Wochen schickte. Welche Hypochondrie ist ihr über-
fallen; wie so glaubt sie nur, krank zu werden? Ich fange
an, stark zu glauben, daß sie gewiß nicht kommt. Ich sehe
schon den Brief, der es abschreibt. Jedoch soll zu ihrem Em-
pfang alles bereit sein, und sie es so bequem haben, als sie
mir angenehm ist, wenn sie ja noch bei mir eintreffen sollte.
Ich habe ihr auch anheim gestellt, getrost irgend wo anders
zu wohnen, wenn es sie bei mir zu sein geniren könnte. Ich
bin also kein Hinderniß. Sie haben Recht, ungeduldig zu
werden; wenn man angesagte Freunde gewiß erwartet, und
ihre Ankunft verschiebt und verschiebt sich, so vergeht einem,
wie Sie sagen, der Hunger; und die Schmerzen stellen sich
ein, sage ich. Mir aber war die Ankunft der Frau von Z.
noch nie ganz gewiß: also ist mein Hunger noch da, und die
Schmerzen noch nicht.

Ich habe ein Überschüßchen von Gesundheit gehabt, und

Anhänglichkeit und Eingenommenheit. Antworten Sie gleich,
theure Fürſtin!

Ihre wohlgefundene treue Fr. v. V.


An Antonie von Horn.


Den beſten Dank, liebſte Frau von Horn, für die Mühe,
die Sie ſo gütig ſind, ſich für mich und Frau von Z. zu ge-
ben! Wenn ſie nur eine Zeile ſchreiben wollte, der es doch ſo
leicht ankommt! ſie iſt mir wahrlich eine Antwort ſchuldig,
auf einen ſehr guten Brief, den ich ihr etwa vor fünf oder
mehreren Wochen ſchickte. Welche Hypochondrie iſt ihr über-
fallen; wie ſo glaubt ſie nur, krank zu werden? Ich fange
an, ſtark zu glauben, daß ſie gewiß nicht kommt. Ich ſehe
ſchon den Brief, der es abſchreibt. Jedoch ſoll zu ihrem Em-
pfang alles bereit ſein, und ſie es ſo bequem haben, als ſie
mir angenehm iſt, wenn ſie ja noch bei mir eintreffen ſollte.
Ich habe ihr auch anheim geſtellt, getroſt irgend wo anders
zu wohnen, wenn es ſie bei mir zu ſein geniren könnte. Ich
bin alſo kein Hinderniß. Sie haben Recht, ungeduldig zu
werden; wenn man angeſagte Freunde gewiß erwartet, und
ihre Ankunft verſchiebt und verſchiebt ſich, ſo vergeht einem,
wie Sie ſagen, der Hunger; und die Schmerzen ſtellen ſich
ein, ſage ich. Mir aber war die Ankunft der Frau von Z.
noch nie ganz gewiß: alſo iſt mein Hunger noch da, und die
Schmerzen noch nicht.

Ich habe ein Überſchüßchen von Geſundheit gehabt, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0353" n="345"/>
Anhänglichkeit und Eingenommenheit. Antworten Sie gleich,<lb/>
theure Für&#x017F;tin!</p>
          <closer>
            <salute>Ihre wohlgefundene treue <hi rendition="#et">Fr. v. V.</hi></salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Antonie von Horn.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Montag, den 13. Oktober 1828.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Den be&#x017F;ten Dank, lieb&#x017F;te Frau von Horn, für die Mühe,<lb/>
die Sie &#x017F;o gütig &#x017F;ind, &#x017F;ich für mich und Frau von Z. zu ge-<lb/>
ben! Wenn &#x017F;ie nur eine Zeile &#x017F;chreiben wollte, der es doch &#x017F;o<lb/>
leicht ankommt! &#x017F;ie i&#x017F;t mir wahrlich eine Antwort &#x017F;chuldig,<lb/>
auf einen &#x017F;ehr guten Brief, den ich ihr etwa vor fünf oder<lb/>
mehreren Wochen &#x017F;chickte. Welche Hypochondrie i&#x017F;t ihr über-<lb/>
fallen; wie &#x017F;o glaubt &#x017F;ie nur, krank zu werden? Ich fange<lb/>
an, &#x017F;tark zu glauben, daß &#x017F;ie gewiß nicht kommt. Ich &#x017F;ehe<lb/>
&#x017F;chon den Brief, der es ab&#x017F;chreibt. Jedoch &#x017F;oll zu ihrem Em-<lb/>
pfang alles bereit &#x017F;ein, und &#x017F;ie es &#x017F;o bequem haben, als &#x017F;ie<lb/>
mir angenehm i&#x017F;t, wenn &#x017F;ie ja noch bei mir eintreffen &#x017F;ollte.<lb/>
Ich habe ihr auch anheim ge&#x017F;tellt, getro&#x017F;t irgend wo anders<lb/>
zu wohnen, wenn es &#x017F;ie bei mir zu &#x017F;ein geniren könnte. <hi rendition="#g">Ich</hi><lb/>
bin al&#x017F;o kein <hi rendition="#g">Hinderniß</hi>. Sie haben Recht, ungeduldig zu<lb/>
werden; wenn man ange&#x017F;agte Freunde gewiß erwartet, und<lb/>
ihre Ankunft ver&#x017F;chiebt und ver&#x017F;chiebt &#x017F;ich, &#x017F;o vergeht einem,<lb/>
wie Sie &#x017F;agen, der Hunger; und die Schmerzen &#x017F;tellen &#x017F;ich<lb/>
ein, &#x017F;age ich. Mir aber war die Ankunft der Frau von Z.<lb/>
noch nie ganz gewiß: al&#x017F;o i&#x017F;t mein Hunger noch da, und die<lb/>
Schmerzen noch nicht.</p><lb/>
          <p>Ich habe ein Über&#x017F;chüßchen von Ge&#x017F;undheit gehabt, und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0353] Anhänglichkeit und Eingenommenheit. Antworten Sie gleich, theure Fürſtin! Ihre wohlgefundene treue Fr. v. V. An Antonie von Horn. Montag, den 13. Oktober 1828. Den beſten Dank, liebſte Frau von Horn, für die Mühe, die Sie ſo gütig ſind, ſich für mich und Frau von Z. zu ge- ben! Wenn ſie nur eine Zeile ſchreiben wollte, der es doch ſo leicht ankommt! ſie iſt mir wahrlich eine Antwort ſchuldig, auf einen ſehr guten Brief, den ich ihr etwa vor fünf oder mehreren Wochen ſchickte. Welche Hypochondrie iſt ihr über- fallen; wie ſo glaubt ſie nur, krank zu werden? Ich fange an, ſtark zu glauben, daß ſie gewiß nicht kommt. Ich ſehe ſchon den Brief, der es abſchreibt. Jedoch ſoll zu ihrem Em- pfang alles bereit ſein, und ſie es ſo bequem haben, als ſie mir angenehm iſt, wenn ſie ja noch bei mir eintreffen ſollte. Ich habe ihr auch anheim geſtellt, getroſt irgend wo anders zu wohnen, wenn es ſie bei mir zu ſein geniren könnte. Ich bin alſo kein Hinderniß. Sie haben Recht, ungeduldig zu werden; wenn man angeſagte Freunde gewiß erwartet, und ihre Ankunft verſchiebt und verſchiebt ſich, ſo vergeht einem, wie Sie ſagen, der Hunger; und die Schmerzen ſtellen ſich ein, ſage ich. Mir aber war die Ankunft der Frau von Z. noch nie ganz gewiß: alſo iſt mein Hunger noch da, und die Schmerzen noch nicht. Ich habe ein Überſchüßchen von Geſundheit gehabt, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/353
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/353>, abgerufen am 28.03.2024.