Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Liebe; sie mögen sein und machen was sie wollen; der Andre
soll vor Empfindung krepiren. Angelus Silesius sagt: "Gott
schafft die Welt annoch," und so thut Amor der Bube.




An Fouque, in Nennhausen.


Gott grüße Sie, lieber Baron Fouque. Haben Sie ja
rechten Muth, nämlich rechte Geduld in Ihrem Unwohlsein!
meines ist mir noch so frisch gegenwärtig, daß ich noch sehr
wohl weiß, wie das allein durchhilft. Und wie krank, wie
mit Erd' und Atmosphäre uneins war ich: und wie leidend!
Zwei wußten das nur; der große Gott, und ich: jetzt weiß es
nur Einer; Er. Leiden kann man dies; aber nicht in der
Seele behalten. Meine Geduld bestand darin, nie mein Übel
summarisch zu fassen; sondern, Leid vor Leid; Weh vor Weh;
Minute nach Minute. Eine Art thierisch-kindischer Unschuld
befiel mich hierin: und die wird Ihnen nicht fehlen! Das
wollte ich Ihnen sagen: und darum grüße ich Sie hier mit
herzlichstem Antheil. Sie sind ja wohlauf in Herz, Seele und
Sinn: und mitten im Sommer, auf dem schönen eigenen Land-
sitz; umgeben von den Ihrigen: beschäftigt: gewiß sind Sie
schon besser. Ich leide noch an zu beweglichen Nerven, und
Rheuma; sonst muß ich mich loben. Und Ihnen wird es noch
besser, und schneller besser gehn: bei Soldaten bleibt derglei-
chen nicht gern.


Liebe; ſie mögen ſein und machen was ſie wollen; der Andre
ſoll vor Empfindung krepiren. Angelus Sileſius ſagt: „Gott
ſchafft die Welt annoch,“ und ſo thut Amor der Bube.




An Fouqué, in Nennhauſen.


Gott grüße Sie, lieber Baron Fouqué. Haben Sie ja
rechten Muth, nämlich rechte Geduld in Ihrem Unwohlſein!
meines iſt mir noch ſo friſch gegenwärtig, daß ich noch ſehr
wohl weiß, wie das allein durchhilft. Und wie krank, wie
mit Erd’ und Atmoſphäre uneins war ich: und wie leidend!
Zwei wußten das nur; der große Gott, und ich: jetzt weiß es
nur Einer; Er. Leiden kann man dies; aber nicht in der
Seele behalten. Meine Geduld beſtand darin, nie mein Übel
ſummariſch zu faſſen; ſondern, Leid vor Leid; Weh vor Weh;
Minute nach Minute. Eine Art thieriſch-kindiſcher Unſchuld
befiel mich hierin: und die wird Ihnen nicht fehlen! Das
wollte ich Ihnen ſagen: und darum grüße ich Sie hier mit
herzlichſtem Antheil. Sie ſind ja wohlauf in Herz, Seele und
Sinn: und mitten im Sommer, auf dem ſchönen eigenen Land-
ſitz; umgeben von den Ihrigen: beſchäftigt: gewiß ſind Sie
ſchon beſſer. Ich leide noch an zu beweglichen Nerven, und
Rheuma; ſonſt muß ich mich loben. Und Ihnen wird es noch
beſſer, und ſchneller beſſer gehn: bei Soldaten bleibt derglei-
chen nicht gern.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0399" n="391"/>
Liebe; &#x017F;ie mögen &#x017F;ein und machen was &#x017F;ie wollen; der Andre<lb/>
&#x017F;oll vor Empfindung krepiren. Angelus Sile&#x017F;ius &#x017F;agt: &#x201E;Gott<lb/>
&#x017F;chafft die Welt annoch,&#x201C; und &#x017F;o thut Amor der Bube.</p><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#et">1829.</hi> </dateline>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Fouqu<hi rendition="#aq">é</hi>, in Nennhau&#x017F;en.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Berlin, Mittwoch den 17. Juni 1829.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Gott grüße Sie, lieber Baron Fouqu<hi rendition="#aq">é</hi>. Haben Sie ja<lb/>
rechten Muth, nämlich rechte Geduld in Ihrem Unwohl&#x017F;ein!<lb/>
meines i&#x017F;t mir noch &#x017F;o fri&#x017F;ch gegenwärtig, daß ich noch &#x017F;ehr<lb/>
wohl weiß, wie das allein durchhilft. Und wie krank, wie<lb/>
mit Erd&#x2019; und Atmo&#x017F;phäre uneins war <hi rendition="#g">ich</hi>: und wie leidend!<lb/>
Zwei wußten das nur; der große Gott, und ich: jetzt weiß es<lb/>
nur Einer; Er. Leiden kann man dies; aber nicht in der<lb/>
Seele behalten. Meine Geduld be&#x017F;tand <hi rendition="#g">dar</hi>in, nie mein Übel<lb/>
&#x017F;ummari&#x017F;ch zu fa&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;ondern, Leid vor Leid; Weh vor Weh;<lb/>
Minute nach Minute. Eine Art thieri&#x017F;ch-kindi&#x017F;cher Un&#x017F;chuld<lb/>
befiel mich hierin: und die wird Ihnen nicht fehlen! <hi rendition="#g">Das</hi><lb/>
wollte ich Ihnen &#x017F;agen: und darum grüße ich Sie hier mit<lb/>
herzlich&#x017F;tem Antheil. Sie &#x017F;ind ja wohlauf in Herz, Seele und<lb/>
Sinn: und mitten im Sommer, auf dem &#x017F;chönen eigenen Land-<lb/>
&#x017F;itz; umgeben von den Ihrigen: be&#x017F;chäftigt: gewiß &#x017F;ind Sie<lb/>
&#x017F;chon be&#x017F;&#x017F;er. Ich leide noch an zu beweglichen Nerven, und<lb/>
Rheuma; &#x017F;on&#x017F;t muß ich mich loben. Und Ihnen wird es noch<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er, und &#x017F;chneller be&#x017F;&#x017F;er gehn: bei Soldaten bleibt derglei-<lb/>
chen nicht gern.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0399] Liebe; ſie mögen ſein und machen was ſie wollen; der Andre ſoll vor Empfindung krepiren. Angelus Sileſius ſagt: „Gott ſchafft die Welt annoch,“ und ſo thut Amor der Bube. 1829. An Fouqué, in Nennhauſen. Berlin, Mittwoch den 17. Juni 1829. Gott grüße Sie, lieber Baron Fouqué. Haben Sie ja rechten Muth, nämlich rechte Geduld in Ihrem Unwohlſein! meines iſt mir noch ſo friſch gegenwärtig, daß ich noch ſehr wohl weiß, wie das allein durchhilft. Und wie krank, wie mit Erd’ und Atmoſphäre uneins war ich: und wie leidend! Zwei wußten das nur; der große Gott, und ich: jetzt weiß es nur Einer; Er. Leiden kann man dies; aber nicht in der Seele behalten. Meine Geduld beſtand darin, nie mein Übel ſummariſch zu faſſen; ſondern, Leid vor Leid; Weh vor Weh; Minute nach Minute. Eine Art thieriſch-kindiſcher Unſchuld befiel mich hierin: und die wird Ihnen nicht fehlen! Das wollte ich Ihnen ſagen: und darum grüße ich Sie hier mit herzlichſtem Antheil. Sie ſind ja wohlauf in Herz, Seele und Sinn: und mitten im Sommer, auf dem ſchönen eigenen Land- ſitz; umgeben von den Ihrigen: beſchäftigt: gewiß ſind Sie ſchon beſſer. Ich leide noch an zu beweglichen Nerven, und Rheuma; ſonſt muß ich mich loben. Und Ihnen wird es noch beſſer, und ſchneller beſſer gehn: bei Soldaten bleibt derglei- chen nicht gern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/399
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/399>, abgerufen am 20.04.2024.