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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

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Zettel geschrieben stand; es lautete: "Sollte Ihnen
das Opus in dem Sinne, wie ich damals in Göschenen
gesagt, nicht eben unwerth erscheinen, so mögen Sie
es also vom Stapel lassen, wenn ich todt bin. Dann
müssen Sie aber eine Bemerkung beifügen. Ich habe
in dem Hymnus des Barden ein Gedicht von einem
lebenden Dichter auf eine Weise verwendet, die unver¬
antwortlich ist, wenn ihm nicht eine Genugthuung
gegeben wird, falls der Spaß gedruckt erscheint. Ich
habe seine Strophen erweitert, da verändert, dort
unverändert gelassen. So verlangte es mein Zusammen¬
hang. Es lieber durch ein anderes ersetzen? Das
konnte ich nicht über mich bringen, weil ich einen gleich
guten Grund für den gegebenen Zweck zu legen mich
unfähig fühlte. Aber auf mein heilig Ehrenwort, es
soll kein Diebstahl sein und ebensowenig eine wohlweise
Verbesserung. Wer die Gedichte des Mannes kennt,
der weiß, welches ich meine; wer sie nicht kennt, den
geht diese Bemerkung eben einfach nichts an. Noch
eine andere Unthat habe ich begangen: demselben
Poeten ist das Kahnlied zugeschrieben, das Alpin singt
dort, wo über die Beschickung der Barden berathen
wird. Taugt es nichts, so habe ich sehr gefrevelt.
Es soll für beide Sünden seine Verzeihung, seine
Zulassung eingeholt werden." *)

*) Ist geschehen. Anm. d. Herausg.

Zettel geſchrieben ſtand; es lautete: „Sollte Ihnen
das Opus in dem Sinne, wie ich damals in Göſchenen
geſagt, nicht eben unwerth erſcheinen, ſo mögen Sie
es alſo vom Stapel laſſen, wenn ich todt bin. Dann
müſſen Sie aber eine Bemerkung beifügen. Ich habe
in dem Hymnus des Barden ein Gedicht von einem
lebenden Dichter auf eine Weiſe verwendet, die unver¬
antwortlich iſt, wenn ihm nicht eine Genugthuung
gegeben wird, falls der Spaß gedruckt erſcheint. Ich
habe ſeine Strophen erweitert, da verändert, dort
unverändert gelaſſen. So verlangte es mein Zuſammen¬
hang. Es lieber durch ein anderes erſetzen? Das
konnte ich nicht über mich bringen, weil ich einen gleich
guten Grund für den gegebenen Zweck zu legen mich
unfähig fühlte. Aber auf mein heilig Ehrenwort, es
ſoll kein Diebſtahl ſein und ebenſowenig eine wohlweiſe
Verbeſſerung. Wer die Gedichte des Mannes kennt,
der weiß, welches ich meine; wer ſie nicht kennt, den
geht dieſe Bemerkung eben einfach nichts an. Noch
eine andere Unthat habe ich begangen: demſelben
Poeten iſt das Kahnlied zugeſchrieben, das Alpin ſingt
dort, wo über die Beſchickung der Barden berathen
wird. Taugt es nichts, ſo habe ich ſehr gefrevelt.
Es ſoll für beide Sünden ſeine Verzeihung, ſeine
Zulaſſung eingeholt werden.“ *)

*) Iſt geſchehen. Anm. d. Herausg.
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[2/0015] Zettel geſchrieben ſtand; es lautete: „Sollte Ihnen das Opus in dem Sinne, wie ich damals in Göſchenen geſagt, nicht eben unwerth erſcheinen, ſo mögen Sie es alſo vom Stapel laſſen, wenn ich todt bin. Dann müſſen Sie aber eine Bemerkung beifügen. Ich habe in dem Hymnus des Barden ein Gedicht von einem lebenden Dichter auf eine Weiſe verwendet, die unver¬ antwortlich iſt, wenn ihm nicht eine Genugthuung gegeben wird, falls der Spaß gedruckt erſcheint. Ich habe ſeine Strophen erweitert, da verändert, dort unverändert gelaſſen. So verlangte es mein Zuſammen¬ hang. Es lieber durch ein anderes erſetzen? Das konnte ich nicht über mich bringen, weil ich einen gleich guten Grund für den gegebenen Zweck zu legen mich unfähig fühlte. Aber auf mein heilig Ehrenwort, es ſoll kein Diebſtahl ſein und ebenſowenig eine wohlweiſe Verbeſſerung. Wer die Gedichte des Mannes kennt, der weiß, welches ich meine; wer ſie nicht kennt, den geht dieſe Bemerkung eben einfach nichts an. Noch eine andere Unthat habe ich begangen: demſelben Poeten iſt das Kahnlied zugeſchrieben, das Alpin ſingt dort, wo über die Beſchickung der Barden berathen wird. Taugt es nichts, ſo habe ich ſehr gefrevelt. Es ſoll für beide Sünden ſeine Verzeihung, ſeine Zulaſſung eingeholt werden.“ *) *) Iſt geſchehen. Anm. d. Herausg.

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/15>, abgerufen am 25.04.2024.