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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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Klasse der Mantelthiere. (Tunicata.)


Die Thiere, welche diese Klasse bilden, zeichnen sich vor allen

[Abbildung] Fig. 265.

Seitenansicht eines einzelnen
Thieres von Amarucium,
aus der gemeinsamen Hülle
genommen und vergrößert.
a Einnahmeöffnung des Kie-
mensackes. b Auswurfsöff-
nung desselben, mit einer
zungenförmigen Klappe be-
deckt. Zwischen beiden Oeff-

andern durch einen höchst unsymmetrischen
Bau
aus. In den meisten Familien ist es
rein unmöglich, eine Mittellinie oder eine Axe
zu erkennen, um welche herum die Organe ent-
weder seitlich oder strahlig angelagert wären;
nur bei den höhern Familien läßt sich vielleicht
eine seitliche Symmetrie nachweisen. Allein auch
diese wird besonders durch die Lage der Ver-
dauungswerkzeuge und des Herzens getrübt.
Der Körper der Thiere ist deshalb auch meist
unförmlich, unregelmäßig cylindrisch, ei- oder
warzenförmig, ohne alle äußere Anzeichen einer
Theilung in besondere Regionen.

Die äußere Umhüllung des Körpers dieser
Thiere wird stets von einer losen, mehr oder
minder derben Hautschicht gebildet, welche den
ganzen Körper wie ein Sack einschließt und
nur zwei Oeffnungen, eine für die Aufnahme
der Nahrungsmittel und des Wassers, die
andere für den Auswurf derselben besitzt. Die-
ser Mantel, welcher bald mehr knorplich,
bald leder- oder gallertartig erscheint, ist merk-
würdiger Weise dem größten Theile seiner Masse
nach aus wirklicher Holzfaser oder Cellulose
gewebt, also aus einer stickstofflosen Substanz,
welche sich weder in Säure noch in Alkalien
löst und dem größten Theile nach die harten
Bestandtheile der Pflanzen bildet. Die innere
Struktur dieses Mantels ist sehr genau er-
forscht; er besteht hauptsächlich aus einer hellen
Grundsubstanz, in welcher Fasern und Zellen,
oft aber auch verschiedenartig geformte krystal-
linische Anhäufungen von kohlensaurem Kalke
sich finden. Von den beiden Oeffnungen, welche

Klaſſe der Mantelthiere. (Tunicata.)


Die Thiere, welche dieſe Klaſſe bilden, zeichnen ſich vor allen

[Abbildung] Fig. 265.

Seitenanſicht eines einzelnen
Thieres von Amarucium,
aus der gemeinſamen Hülle
genommen und vergrößert.
a Einnahmeöffnung des Kie-
menſackes. b Auswurfsöff-
nung deſſelben, mit einer
zungenförmigen Klappe be-
deckt. Zwiſchen beiden Oeff-

andern durch einen höchſt unſymmetriſchen
Bau
aus. In den meiſten Familien iſt es
rein unmöglich, eine Mittellinie oder eine Axe
zu erkennen, um welche herum die Organe ent-
weder ſeitlich oder ſtrahlig angelagert wären;
nur bei den höhern Familien läßt ſich vielleicht
eine ſeitliche Symmetrie nachweiſen. Allein auch
dieſe wird beſonders durch die Lage der Ver-
dauungswerkzeuge und des Herzens getrübt.
Der Körper der Thiere iſt deshalb auch meiſt
unförmlich, unregelmäßig cylindriſch, ei- oder
warzenförmig, ohne alle äußere Anzeichen einer
Theilung in beſondere Regionen.

Die äußere Umhüllung des Körpers dieſer
Thiere wird ſtets von einer loſen, mehr oder
minder derben Hautſchicht gebildet, welche den
ganzen Körper wie ein Sack einſchließt und
nur zwei Oeffnungen, eine für die Aufnahme
der Nahrungsmittel und des Waſſers, die
andere für den Auswurf derſelben beſitzt. Die-
ſer Mantel, welcher bald mehr knorplich,
bald leder- oder gallertartig erſcheint, iſt merk-
würdiger Weiſe dem größten Theile ſeiner Maſſe
nach aus wirklicher Holzfaſer oder Cellulose
gewebt, alſo aus einer ſtickſtoffloſen Subſtanz,
welche ſich weder in Säure noch in Alkalien
löſt und dem größten Theile nach die harten
Beſtandtheile der Pflanzen bildet. Die innere
Struktur dieſes Mantels iſt ſehr genau er-
forſcht; er beſteht hauptſächlich aus einer hellen
Grundſubſtanz, in welcher Faſern und Zellen,
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liniſche Anhäufungen von kohlenſaurem Kalke
ſich finden. Von den beiden Oeffnungen, welche

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[258/0264] Klaſſe der Mantelthiere. (Tunicata.) Die Thiere, welche dieſe Klaſſe bilden, zeichnen ſich vor allen [Abbildung Fig. 265. Seitenanſicht eines einzelnen Thieres von Amarucium, aus der gemeinſamen Hülle genommen und vergrößert. a Einnahmeöffnung des Kie- menſackes. b Auswurfsöff- nung deſſelben, mit einer zungenförmigen Klappe be- deckt. Zwiſchen beiden Oeff-] andern durch einen höchſt unſymmetriſchen Bau aus. In den meiſten Familien iſt es rein unmöglich, eine Mittellinie oder eine Axe zu erkennen, um welche herum die Organe ent- weder ſeitlich oder ſtrahlig angelagert wären; nur bei den höhern Familien läßt ſich vielleicht eine ſeitliche Symmetrie nachweiſen. Allein auch dieſe wird beſonders durch die Lage der Ver- dauungswerkzeuge und des Herzens getrübt. Der Körper der Thiere iſt deshalb auch meiſt unförmlich, unregelmäßig cylindriſch, ei- oder warzenförmig, ohne alle äußere Anzeichen einer Theilung in beſondere Regionen. Die äußere Umhüllung des Körpers dieſer Thiere wird ſtets von einer loſen, mehr oder minder derben Hautſchicht gebildet, welche den ganzen Körper wie ein Sack einſchließt und nur zwei Oeffnungen, eine für die Aufnahme der Nahrungsmittel und des Waſſers, die andere für den Auswurf derſelben beſitzt. Die- ſer Mantel, welcher bald mehr knorplich, bald leder- oder gallertartig erſcheint, iſt merk- würdiger Weiſe dem größten Theile ſeiner Maſſe nach aus wirklicher Holzfaſer oder Cellulose gewebt, alſo aus einer ſtickſtoffloſen Subſtanz, welche ſich weder in Säure noch in Alkalien löſt und dem größten Theile nach die harten Beſtandtheile der Pflanzen bildet. Die innere Struktur dieſes Mantels iſt ſehr genau er- forſcht; er beſteht hauptſächlich aus einer hellen Grundſubſtanz, in welcher Faſern und Zellen, oft aber auch verſchiedenartig geformte kryſtal- liniſche Anhäufungen von kohlenſaurem Kalke ſich finden. Von den beiden Oeffnungen, welche

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/264>, abgerufen am 19.04.2024.