Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

fliegen mit diesen Puppen, seien sie nun ausgeschlüpft oder nicht, mun-
ter umher, ohne Unwohlsein zu verrathen. Man erkennt die Puppen
leicht, wenn man mit der Lupe den Hinterleib aufmerksam untersucht
und die Falzen der Ringe betrachtet. Füttert man die stylopisirten
Raubwespen (Ammophila; Melitta; Miscus; Polistes etc., die am
häufigsten diese Schmarotzer beherbergen), in Behältern mit Zucker, so
gelingt es oft leicht, die sonst ungemein seltenen Thierchen zu erhal-
ten. Man hat mehrere Gattungen unterschieden, deren Lebensweise
aber sehr übereinstimmt. Xenos; Stylops; Elenchus; Halictophagus.

Ordnung der Netzflügler (Neuroptera).

Diese Ordnung wiederholt in der Reihe der Insekten mit voll-
kommener Verwandlung die Ordnung der Geradflügler, die wir in
der Reihe mit unvollkommener Verwandlung finden, und sie steht na-
mentlich den Geradflüglern mit gegitterten Flügeln so nahe, daß sie
früher mit denselben vereinigt wurde.

Die Netzflügler sind meist weiche langleibige Insekten von ge-
strecktem Körperbau, mit kleinem rundlichen Kopfe, vorgequollenen Au-
gen, deutlich abgesetzter Brust und Hinterleib. Die Fühler sind stets
deutlich, meist borstenförmig, nur selten geknopft, kolbig oder gesägt,
meist länger als der Leib. Nebenaugen sind bald vorhanden, bald
fehlen sie. Die Mundtheile wechseln sehr nach der Lebensart der In-
sekten; doch sind sie nie so kräftig wie bei den Geradflüglern, von
denen sich ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal darin zeigt, daß
die Unterlippe stets ganz, höchstens am Rande gekerbt, aber niemals
in zwei Hälften gespalten ist. Die Kiefer und Kinnladen sind bei
manchen Familien verkümmert, letztere zuweilen mit einander in der
Mitte verwachsen; die Kiefer nie sehr stark und meist nur schneidend,
niemals vielfach gezähnt. Palpen sind stets vorhanden, wenigstens in
der Zahl von vier; bei einer Familie finden sich selbst äußere und
innere Ladentaster.

Die Flügel sind stets gleich im Bau, netzförmig gegittert, groß
im Verhältniß zum Körper. Sie werden meist in der Ruhe gestreckt
oder aufrecht getragen; nur wenige falten die Unterflügel, um sie un-
ter den dachförmigen Oberflügeln unterzubringen. Die Füße sind dünn,
fein, oft mit Stacheln besetzt; die Tarsen 4 bis 5gliedrig. Der Hin-
terleib lang, gestreckt, bei einigen mit zangenartigen Anhängen oder
beim Weibchen mit einer Legeröhre versehen.


fliegen mit dieſen Puppen, ſeien ſie nun ausgeſchlüpft oder nicht, mun-
ter umher, ohne Unwohlſein zu verrathen. Man erkennt die Puppen
leicht, wenn man mit der Lupe den Hinterleib aufmerkſam unterſucht
und die Falzen der Ringe betrachtet. Füttert man die ſtylopiſirten
Raubwespen (Ammophila; Melitta; Miscus; Polistes etc., die am
häufigſten dieſe Schmarotzer beherbergen), in Behältern mit Zucker, ſo
gelingt es oft leicht, die ſonſt ungemein ſeltenen Thierchen zu erhal-
ten. Man hat mehrere Gattungen unterſchieden, deren Lebensweiſe
aber ſehr übereinſtimmt. Xenos; Stylops; Elenchus; Halictophagus.

Ordnung der Netzflügler (Neuroptera).

Dieſe Ordnung wiederholt in der Reihe der Inſekten mit voll-
kommener Verwandlung die Ordnung der Geradflügler, die wir in
der Reihe mit unvollkommener Verwandlung finden, und ſie ſteht na-
mentlich den Geradflüglern mit gegitterten Flügeln ſo nahe, daß ſie
früher mit denſelben vereinigt wurde.

Die Netzflügler ſind meiſt weiche langleibige Inſekten von ge-
ſtrecktem Körperbau, mit kleinem rundlichen Kopfe, vorgequollenen Au-
gen, deutlich abgeſetzter Bruſt und Hinterleib. Die Fühler ſind ſtets
deutlich, meiſt borſtenförmig, nur ſelten geknopft, kolbig oder geſägt,
meiſt länger als der Leib. Nebenaugen ſind bald vorhanden, bald
fehlen ſie. Die Mundtheile wechſeln ſehr nach der Lebensart der In-
ſekten; doch ſind ſie nie ſo kräftig wie bei den Geradflüglern, von
denen ſich ein weſentliches Unterſcheidungsmerkmal darin zeigt, daß
die Unterlippe ſtets ganz, höchſtens am Rande gekerbt, aber niemals
in zwei Hälften geſpalten iſt. Die Kiefer und Kinnladen ſind bei
manchen Familien verkümmert, letztere zuweilen mit einander in der
Mitte verwachſen; die Kiefer nie ſehr ſtark und meiſt nur ſchneidend,
niemals vielfach gezähnt. Palpen ſind ſtets vorhanden, wenigſtens in
der Zahl von vier; bei einer Familie finden ſich ſelbſt äußere und
innere Ladentaſter.

Die Flügel ſind ſtets gleich im Bau, netzförmig gegittert, groß
im Verhältniß zum Körper. Sie werden meiſt in der Ruhe geſtreckt
oder aufrecht getragen; nur wenige falten die Unterflügel, um ſie un-
ter den dachförmigen Oberflügeln unterzubringen. Die Füße ſind dünn,
fein, oft mit Stacheln beſetzt; die Tarſen 4 bis 5gliedrig. Der Hin-
terleib lang, geſtreckt, bei einigen mit zangenartigen Anhängen oder
beim Weibchen mit einer Legeröhre verſehen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0642" n="636"/>
fliegen mit die&#x017F;en Puppen, &#x017F;eien &#x017F;ie nun ausge&#x017F;chlüpft oder nicht, mun-<lb/>
ter umher, ohne Unwohl&#x017F;ein zu verrathen. Man erkennt die Puppen<lb/>
leicht, wenn man mit der Lupe den Hinterleib aufmerk&#x017F;am unter&#x017F;ucht<lb/>
und die Falzen der Ringe betrachtet. Füttert man die &#x017F;tylopi&#x017F;irten<lb/>
Raubwespen <hi rendition="#aq">(Ammophila; Melitta; Miscus; Polistes etc.,</hi> die am<lb/>
häufig&#x017F;ten die&#x017F;e Schmarotzer beherbergen), in Behältern mit Zucker, &#x017F;o<lb/>
gelingt es oft leicht, die &#x017F;on&#x017F;t ungemein &#x017F;eltenen Thierchen zu erhal-<lb/>
ten. Man hat mehrere Gattungen unter&#x017F;chieden, deren Lebenswei&#x017F;e<lb/>
aber &#x017F;ehr überein&#x017F;timmt. <hi rendition="#aq">Xenos; Stylops; Elenchus; Halictophagus.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ordnung der Netzflügler <hi rendition="#aq">(Neuroptera).</hi></hi> </head><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Ordnung wiederholt in der Reihe der In&#x017F;ekten mit voll-<lb/>
kommener Verwandlung die Ordnung der Geradflügler, die wir in<lb/>
der Reihe mit unvollkommener Verwandlung finden, und &#x017F;ie &#x017F;teht na-<lb/>
mentlich den Geradflüglern mit gegitterten Flügeln &#x017F;o nahe, daß &#x017F;ie<lb/>
früher mit den&#x017F;elben vereinigt wurde.</p><lb/>
          <p>Die Netzflügler &#x017F;ind mei&#x017F;t weiche langleibige In&#x017F;ekten von ge-<lb/>
&#x017F;trecktem Körperbau, mit kleinem rundlichen Kopfe, vorgequollenen Au-<lb/>
gen, deutlich abge&#x017F;etzter Bru&#x017F;t und Hinterleib. Die Fühler &#x017F;ind &#x017F;tets<lb/>
deutlich, mei&#x017F;t bor&#x017F;tenförmig, nur &#x017F;elten geknopft, kolbig oder ge&#x017F;ägt,<lb/>
mei&#x017F;t länger als der Leib. Nebenaugen &#x017F;ind bald vorhanden, bald<lb/>
fehlen &#x017F;ie. Die Mundtheile wech&#x017F;eln &#x017F;ehr nach der Lebensart der In-<lb/>
&#x017F;ekten; doch &#x017F;ind &#x017F;ie nie &#x017F;o kräftig wie bei den Geradflüglern, von<lb/>
denen &#x017F;ich ein we&#x017F;entliches Unter&#x017F;cheidungsmerkmal darin zeigt, daß<lb/>
die Unterlippe &#x017F;tets ganz, höch&#x017F;tens am Rande gekerbt, aber niemals<lb/>
in zwei Hälften ge&#x017F;palten i&#x017F;t. Die Kiefer und Kinnladen &#x017F;ind bei<lb/>
manchen Familien verkümmert, letztere zuweilen mit einander in der<lb/>
Mitte verwach&#x017F;en; die Kiefer nie &#x017F;ehr &#x017F;tark und mei&#x017F;t nur &#x017F;chneidend,<lb/>
niemals vielfach gezähnt. Palpen &#x017F;ind &#x017F;tets vorhanden, wenig&#x017F;tens in<lb/>
der Zahl von vier; bei einer Familie finden &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t äußere und<lb/>
innere Ladenta&#x017F;ter.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Flügel</hi> &#x017F;ind &#x017F;tets gleich im Bau, netzförmig gegittert, groß<lb/>
im Verhältniß zum Körper. Sie werden mei&#x017F;t in der Ruhe ge&#x017F;treckt<lb/>
oder aufrecht getragen; nur wenige falten die Unterflügel, um &#x017F;ie un-<lb/>
ter den dachförmigen Oberflügeln unterzubringen. Die Füße &#x017F;ind dünn,<lb/>
fein, oft mit Stacheln be&#x017F;etzt; die Tar&#x017F;en 4 bis 5gliedrig. Der Hin-<lb/>
terleib lang, ge&#x017F;treckt, bei einigen mit zangenartigen Anhängen oder<lb/>
beim Weibchen mit einer Legeröhre ver&#x017F;ehen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[636/0642] fliegen mit dieſen Puppen, ſeien ſie nun ausgeſchlüpft oder nicht, mun- ter umher, ohne Unwohlſein zu verrathen. Man erkennt die Puppen leicht, wenn man mit der Lupe den Hinterleib aufmerkſam unterſucht und die Falzen der Ringe betrachtet. Füttert man die ſtylopiſirten Raubwespen (Ammophila; Melitta; Miscus; Polistes etc., die am häufigſten dieſe Schmarotzer beherbergen), in Behältern mit Zucker, ſo gelingt es oft leicht, die ſonſt ungemein ſeltenen Thierchen zu erhal- ten. Man hat mehrere Gattungen unterſchieden, deren Lebensweiſe aber ſehr übereinſtimmt. Xenos; Stylops; Elenchus; Halictophagus. Ordnung der Netzflügler (Neuroptera). Dieſe Ordnung wiederholt in der Reihe der Inſekten mit voll- kommener Verwandlung die Ordnung der Geradflügler, die wir in der Reihe mit unvollkommener Verwandlung finden, und ſie ſteht na- mentlich den Geradflüglern mit gegitterten Flügeln ſo nahe, daß ſie früher mit denſelben vereinigt wurde. Die Netzflügler ſind meiſt weiche langleibige Inſekten von ge- ſtrecktem Körperbau, mit kleinem rundlichen Kopfe, vorgequollenen Au- gen, deutlich abgeſetzter Bruſt und Hinterleib. Die Fühler ſind ſtets deutlich, meiſt borſtenförmig, nur ſelten geknopft, kolbig oder geſägt, meiſt länger als der Leib. Nebenaugen ſind bald vorhanden, bald fehlen ſie. Die Mundtheile wechſeln ſehr nach der Lebensart der In- ſekten; doch ſind ſie nie ſo kräftig wie bei den Geradflüglern, von denen ſich ein weſentliches Unterſcheidungsmerkmal darin zeigt, daß die Unterlippe ſtets ganz, höchſtens am Rande gekerbt, aber niemals in zwei Hälften geſpalten iſt. Die Kiefer und Kinnladen ſind bei manchen Familien verkümmert, letztere zuweilen mit einander in der Mitte verwachſen; die Kiefer nie ſehr ſtark und meiſt nur ſchneidend, niemals vielfach gezähnt. Palpen ſind ſtets vorhanden, wenigſtens in der Zahl von vier; bei einer Familie finden ſich ſelbſt äußere und innere Ladentaſter. Die Flügel ſind ſtets gleich im Bau, netzförmig gegittert, groß im Verhältniß zum Körper. Sie werden meiſt in der Ruhe geſtreckt oder aufrecht getragen; nur wenige falten die Unterflügel, um ſie un- ter den dachförmigen Oberflügeln unterzubringen. Die Füße ſind dünn, fein, oft mit Stacheln beſetzt; die Tarſen 4 bis 5gliedrig. Der Hin- terleib lang, geſtreckt, bei einigen mit zangenartigen Anhängen oder beim Weibchen mit einer Legeröhre verſehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/642
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/642>, abgerufen am 20.04.2024.