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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Reihe der Reptilien mit querem After und doppelter Ruthe.

Ordnung der Schlangen. (Ophidia.)

Die Thiere, welche diese Ordnung zusammensetzen, sind der gifti-
gen Eigenschaften einiger Familien wegen ein Gegenstand allgemeinen
Schreckens und Abscheues, und werden sogar in unseren Gegenden,
die doch nur eine einzige giftige Art besitzen, die übrigen unschuldigen,
ja selbst nützlichen Gattungen derselben mit einer Art von Wuth ver-
folgt. Der Körper der Schlangen ist bekanntlich lang gestreckt,
wurmförmig, meist ohne deutlich abgesetzten Schwanz und Hals, der
Kopf jedoch in der Regel breiter, als der übrige Körper und deutlich
in seiner Ausdehnung erkennbar. Dieser lang gestreckte Körper ist
bei den Schlangen ganz allgemein in eine feste Haut eingehüllt, der
man gewissermaßen mit Unrecht den Namen einer Schuppenhaut gege-
ben hat, während doch in der That diese Haut ein durchaus zusam-
menhängendes Ganze bildet, die deutlich aus einer Lederhaut und
einer darüberliegenden Epidermis besteht. Die Lederhaut ist nicht
gleichförmig dick und eben, sondern an einzelnen Stellen verdickt und
der Rand dieser Stellen frei umgeschlagen, so daß Falten gebildet
werden, welches das Ansehen von dachziegelförmig über einander lie-
genden Schuppen haben; indem nun die Oberhaut ebenfalls diesen
Duplikaturen der Lederhaut folgt und sich an den freiliegenden Stellen
verdickt, während sie da dünner wird, wo sie in die Falten eingeht,
treten diese Schuppen noch deutlicher hervor. Man unterscheidet
der Gestalt nach Schuppen, die länger als breit sind, oft auf
ihrer Mitte einen Kiel tragen und vorzugsweise auf der Rücken-
fläche des Thieres entwickelt erscheinen und Schilder von meist sechs-
oder viereckiger Gestalt, gewöhnlich länger als breit, die vorzugsweise
auf der Bauchseite und an dem Kopfe sich ausbilden. Die Oberhaut
wird stets von den Schlangen im Ganzen abgestreift und zeigt sich
dann als eine vollkommen farblose, scheinbar strukturlose Haut, welche
alle Skulpturen der Oberfläche erhalten zeigt. Dieser Hautwechsel
geschieht mehrmals im Jahre nach kurzem Unwohlseyn des Thieres,
das nachher gern frißt und glänzendere Farben zeigt. Der Kopf
der Schlangen ist im Allgemeinen abgeplattet, mehr oder minder drei-
eckig und der Rachen ungeheuer weit gespalten, so selbst daß diese

Reihe der Reptilien mit querem After und doppelter Ruthe.

Ordnung der Schlangen. (Ophidia.)

Die Thiere, welche dieſe Ordnung zuſammenſetzen, ſind der gifti-
gen Eigenſchaften einiger Familien wegen ein Gegenſtand allgemeinen
Schreckens und Abſcheues, und werden ſogar in unſeren Gegenden,
die doch nur eine einzige giftige Art beſitzen, die übrigen unſchuldigen,
ja ſelbſt nützlichen Gattungen derſelben mit einer Art von Wuth ver-
folgt. Der Körper der Schlangen iſt bekanntlich lang geſtreckt,
wurmförmig, meiſt ohne deutlich abgeſetzten Schwanz und Hals, der
Kopf jedoch in der Regel breiter, als der übrige Körper und deutlich
in ſeiner Ausdehnung erkennbar. Dieſer lang geſtreckte Körper iſt
bei den Schlangen ganz allgemein in eine feſte Haut eingehüllt, der
man gewiſſermaßen mit Unrecht den Namen einer Schuppenhaut gege-
ben hat, während doch in der That dieſe Haut ein durchaus zuſam-
menhängendes Ganze bildet, die deutlich aus einer Lederhaut und
einer darüberliegenden Epidermis beſteht. Die Lederhaut iſt nicht
gleichförmig dick und eben, ſondern an einzelnen Stellen verdickt und
der Rand dieſer Stellen frei umgeſchlagen, ſo daß Falten gebildet
werden, welches das Anſehen von dachziegelförmig über einander lie-
genden Schuppen haben; indem nun die Oberhaut ebenfalls dieſen
Duplikaturen der Lederhaut folgt und ſich an den freiliegenden Stellen
verdickt, während ſie da dünner wird, wo ſie in die Falten eingeht,
treten dieſe Schuppen noch deutlicher hervor. Man unterſcheidet
der Geſtalt nach Schuppen, die länger als breit ſind, oft auf
ihrer Mitte einen Kiel tragen und vorzugsweiſe auf der Rücken-
fläche des Thieres entwickelt erſcheinen und Schilder von meiſt ſechs-
oder viereckiger Geſtalt, gewöhnlich länger als breit, die vorzugsweiſe
auf der Bauchſeite und an dem Kopfe ſich ausbilden. Die Oberhaut
wird ſtets von den Schlangen im Ganzen abgeſtreift und zeigt ſich
dann als eine vollkommen farbloſe, ſcheinbar ſtrukturloſe Haut, welche
alle Skulpturen der Oberfläche erhalten zeigt. Dieſer Hautwechſel
geſchieht mehrmals im Jahre nach kurzem Unwohlſeyn des Thieres,
das nachher gern frißt und glänzendere Farben zeigt. Der Kopf
der Schlangen iſt im Allgemeinen abgeplattet, mehr oder minder drei-
eckig und der Rachen ungeheuer weit geſpalten, ſo ſelbſt daß dieſe

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[252/0258] Reihe der Reptilien mit querem After und doppelter Ruthe. Ordnung der Schlangen. (Ophidia.) Die Thiere, welche dieſe Ordnung zuſammenſetzen, ſind der gifti- gen Eigenſchaften einiger Familien wegen ein Gegenſtand allgemeinen Schreckens und Abſcheues, und werden ſogar in unſeren Gegenden, die doch nur eine einzige giftige Art beſitzen, die übrigen unſchuldigen, ja ſelbſt nützlichen Gattungen derſelben mit einer Art von Wuth ver- folgt. Der Körper der Schlangen iſt bekanntlich lang geſtreckt, wurmförmig, meiſt ohne deutlich abgeſetzten Schwanz und Hals, der Kopf jedoch in der Regel breiter, als der übrige Körper und deutlich in ſeiner Ausdehnung erkennbar. Dieſer lang geſtreckte Körper iſt bei den Schlangen ganz allgemein in eine feſte Haut eingehüllt, der man gewiſſermaßen mit Unrecht den Namen einer Schuppenhaut gege- ben hat, während doch in der That dieſe Haut ein durchaus zuſam- menhängendes Ganze bildet, die deutlich aus einer Lederhaut und einer darüberliegenden Epidermis beſteht. Die Lederhaut iſt nicht gleichförmig dick und eben, ſondern an einzelnen Stellen verdickt und der Rand dieſer Stellen frei umgeſchlagen, ſo daß Falten gebildet werden, welches das Anſehen von dachziegelförmig über einander lie- genden Schuppen haben; indem nun die Oberhaut ebenfalls dieſen Duplikaturen der Lederhaut folgt und ſich an den freiliegenden Stellen verdickt, während ſie da dünner wird, wo ſie in die Falten eingeht, treten dieſe Schuppen noch deutlicher hervor. Man unterſcheidet der Geſtalt nach Schuppen, die länger als breit ſind, oft auf ihrer Mitte einen Kiel tragen und vorzugsweiſe auf der Rücken- fläche des Thieres entwickelt erſcheinen und Schilder von meiſt ſechs- oder viereckiger Geſtalt, gewöhnlich länger als breit, die vorzugsweiſe auf der Bauchſeite und an dem Kopfe ſich ausbilden. Die Oberhaut wird ſtets von den Schlangen im Ganzen abgeſtreift und zeigt ſich dann als eine vollkommen farbloſe, ſcheinbar ſtrukturloſe Haut, welche alle Skulpturen der Oberfläche erhalten zeigt. Dieſer Hautwechſel geſchieht mehrmals im Jahre nach kurzem Unwohlſeyn des Thieres, das nachher gern frißt und glänzendere Farben zeigt. Der Kopf der Schlangen iſt im Allgemeinen abgeplattet, mehr oder minder drei- eckig und der Rachen ungeheuer weit geſpalten, ſo ſelbſt daß dieſe

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/258>, abgerufen am 28.03.2024.