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Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

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Kartoffeln. Pfui über dieses Alterthum, das sich, Dohlen und Krähen gleich, mit Würmern und Rabenfutter ätzte! Niedrig ernährtes, aus kriechenden Atomen aufgebautes Geschlecht, in welchem einzelne Charaktere als außerordentliche auftauchten, weil sie emporragten über den andern Plebs, wie hohe Stämme über das niedrige Geschlecht des Waldes! Unsere jetzige, germanisch-christliche Forstkultur erzeugt nur noch Hochwald: Fichten in der Ukermark, freilich dem Raupenfraß und der Wurmtrockniß bedeutend stark ausgesetzt; hochstämmige, unbeugsame deutsche Kern-Buchen in Holsteins Buchten, deren Wipfel stark leiden unter wuchernden Professorenflechten und staatsmännischem, gesetzlichem Fortschrittsmoos; (edele) Eichen, wenn auch mit verdorrten Gipfeln und hohlen Stämmen, bei Monsheim und Nierstein, deren tiefere deutsche Wurzeln, trotz der sorgsamen Pflege in Buhl's dunklen Kellern an der Haardt, in den unteren Schichten nicht recht Fuß fassen wollen; ja selbst wälsche Kastanien bei Homburg, deren Früchte süß und mehlig, wie die Reden des unvergeßlichen Abgeordneten von Homburg und Meisenheim zur Nationalversammlung! Solche Hochstämme, welche durchgängig gleichgezogene Schläge bilden, mit Lustwegen dazwischen für gekrönte Häupter und edele, verfassungstreue deutsche Fürsten, solchen Hochwald voll gleicher hehrer vaterländischer Gesinnung suchst du vergebens in der antiken Gestrüppgeschichte. O Jakob Venedey, du einsame Kastanie in dem wilden Waldgebüsch deines Vaterlandes, die du hinaufstrebst aus den Dornen und Stacheln der Standrechtsjustiz und der dynastischen Zerissenheitspolitik nach den lichten himmlischen Höhen des christlichen Vergebens und Vergessens, warum wurdest du deutscher Kernsohn keine biegsame Liane, wie Plathner, keine wuchernde

Kartoffeln. Pfui über dieses Alterthum, das sich, Dohlen und Krähen gleich, mit Würmern und Rabenfutter ätzte! Niedrig ernährtes, aus kriechenden Atomen aufgebautes Geschlecht, in welchem einzelne Charaktere als außerordentliche auftauchten, weil sie emporragten über den andern Plebs, wie hohe Stämme über das niedrige Geschlecht des Waldes! Unsere jetzige, germanisch-christliche Forstkultur erzeugt nur noch Hochwald: Fichten in der Ukermark, freilich dem Raupenfraß und der Wurmtrockniß bedeutend stark ausgesetzt; hochstämmige, unbeugsame deutsche Kern-Buchen in Holsteins Buchten, deren Wipfel stark leiden unter wuchernden Professorenflechten und staatsmännischem, gesetzlichem Fortschrittsmoos; (edele) Eichen, wenn auch mit verdorrten Gipfeln und hohlen Stämmen, bei Monsheim und Nierstein, deren tiefere deutsche Wurzeln, trotz der sorgsamen Pflege in Buhl’s dunklen Kellern an der Haardt, in den unteren Schichten nicht recht Fuß fassen wollen; ja selbst wälsche Kastanien bei Homburg, deren Früchte süß und mehlig, wie die Reden des unvergeßlichen Abgeordneten von Homburg und Meisenheim zur Nationalversammlung! Solche Hochstämme, welche durchgängig gleichgezogene Schläge bilden, mit Lustwegen dazwischen für gekrönte Häupter und edele, verfassungstreue deutsche Fürsten, solchen Hochwald voll gleicher hehrer vaterländischer Gesinnung suchst du vergebens in der antiken Gestrüppgeschichte. O Jakob Venedey, du einsame Kastanie in dem wilden Waldgebüsch deines Vaterlandes, die du hinaufstrebst aus den Dornen und Stacheln der Standrechtsjustiz und der dynastischen Zerissenheitspolitik nach den lichten himmlischen Höhen des christlichen Vergebens und Vergessens, warum wurdest du deutscher Kernsohn keine biegsame Liane, wie Plathner, keine wuchernde

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Kartoffeln. Pfui über dieses Alterthum, das sich, Dohlen und Krähen gleich, mit Würmern und Rabenfutter ätzte! Niedrig ernährtes, aus kriechenden Atomen aufgebautes Geschlecht, in welchem einzelne Charaktere als außerordentliche auftauchten, weil sie emporragten über den andern Plebs, wie hohe Stämme über das niedrige Geschlecht des Waldes! Unsere jetzige, germanisch-christliche Forstkultur erzeugt nur noch Hochwald: Fichten in der Ukermark, freilich dem Raupenfraß und der Wurmtrockniß bedeutend stark ausgesetzt; hochstämmige, unbeugsame deutsche Kern-Buchen in Holsteins Buchten, deren Wipfel stark leiden unter wuchernden Professorenflechten und staatsmännischem, gesetzlichem Fortschrittsmoos; (edele) Eichen, wenn auch mit verdorrten Gipfeln und hohlen Stämmen, bei Monsheim und Nierstein, deren tiefere deutsche Wurzeln, trotz der sorgsamen Pflege in Buhl&#x2019;s dunklen Kellern an der Haardt, in den unteren Schichten nicht recht Fuß fassen wollen; ja selbst wälsche Kastanien bei Homburg, deren Früchte süß und mehlig, wie die Reden des unvergeßlichen Abgeordneten von Homburg und Meisenheim zur Nationalversammlung! Solche Hochstämme, welche durchgängig gleichgezogene Schläge bilden, mit Lustwegen dazwischen für gekrönte Häupter und edele, verfassungstreue deutsche Fürsten, solchen Hochwald voll gleicher hehrer vaterländischer Gesinnung suchst du vergebens in der antiken Gestrüppgeschichte. O Jakob Venedey, du einsame Kastanie in dem wilden Waldgebüsch deines Vaterlandes, die du hinaufstrebst aus den Dornen und Stacheln der Standrechtsjustiz und der dynastischen Zerissenheitspolitik nach den lichten himmlischen Höhen des christlichen Vergebens und Vergessens, warum wurdest du deutscher Kernsohn keine biegsame Liane, wie Plathner, keine wuchernde
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[120/0148] Kartoffeln. Pfui über dieses Alterthum, das sich, Dohlen und Krähen gleich, mit Würmern und Rabenfutter ätzte! Niedrig ernährtes, aus kriechenden Atomen aufgebautes Geschlecht, in welchem einzelne Charaktere als außerordentliche auftauchten, weil sie emporragten über den andern Plebs, wie hohe Stämme über das niedrige Geschlecht des Waldes! Unsere jetzige, germanisch-christliche Forstkultur erzeugt nur noch Hochwald: Fichten in der Ukermark, freilich dem Raupenfraß und der Wurmtrockniß bedeutend stark ausgesetzt; hochstämmige, unbeugsame deutsche Kern-Buchen in Holsteins Buchten, deren Wipfel stark leiden unter wuchernden Professorenflechten und staatsmännischem, gesetzlichem Fortschrittsmoos; (edele) Eichen, wenn auch mit verdorrten Gipfeln und hohlen Stämmen, bei Monsheim und Nierstein, deren tiefere deutsche Wurzeln, trotz der sorgsamen Pflege in Buhl’s dunklen Kellern an der Haardt, in den unteren Schichten nicht recht Fuß fassen wollen; ja selbst wälsche Kastanien bei Homburg, deren Früchte süß und mehlig, wie die Reden des unvergeßlichen Abgeordneten von Homburg und Meisenheim zur Nationalversammlung! Solche Hochstämme, welche durchgängig gleichgezogene Schläge bilden, mit Lustwegen dazwischen für gekrönte Häupter und edele, verfassungstreue deutsche Fürsten, solchen Hochwald voll gleicher hehrer vaterländischer Gesinnung suchst du vergebens in der antiken Gestrüppgeschichte. O Jakob Venedey, du einsame Kastanie in dem wilden Waldgebüsch deines Vaterlandes, die du hinaufstrebst aus den Dornen und Stacheln der Standrechtsjustiz und der dynastischen Zerissenheitspolitik nach den lichten himmlischen Höhen des christlichen Vergebens und Vergessens, warum wurdest du deutscher Kernsohn keine biegsame Liane, wie Plathner, keine wuchernde

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/148>, abgerufen am 23.04.2024.