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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Funfzehnter Gesang.


Pallas Athänä ging zu der großen Stadt Lakedaimon,

Daß sie den rühmlichen Sohn des hochgesinnten Odüßeus
Reizte, des Vaterlands zu gedenken, und wiederzukehren.
Und Tälemachos lag mit Nestors blühendem Sohne
Ruhend vor dem Palast Menelaos des ehregekrönten. 5
Nestors blühender Sohn lag sanft vom Schlummer gefeßelt;
Aber Tälemachos floh der süße Schlummer; er wachte
Durch die ambrosische Nacht, um den Vater herzlich bekümmert.
Vor ihn stellte sich Zeus blauäugichte Tochter, und sagte:

Länger ziemt es sich nicht, Tälemachos, ferne zu irren, 10
Da du alle dein Gut, und so übermütige Männer
In dem Palaste verließest; damit sie nicht alles verzehren,
Deine Habe sich theilend, und fruchtlos ende die Reise!
Auf! erinnere gleich den Rufer im Streit Menelaos,
Heim dich zu senden, damit du die trefliche Mutter noch findest. 15
Denn schon wird sie vom Vater und ihren Brüdern gedränget,
Daß sie Eurümachos nehme; denn dieser schenkte das meiste
Unter den Freiern, und beut die reichste Bräutigamsgabe.
Und man könnte dir leicht, ohn deinen Dank, aus dem Hause
Manches Gut mitnehmen; du kennst ja des Weibes Gesinnung! 20

Oduͤßee.
Funfzehnter Geſang.


Pallas Athaͤnaͤ ging zu der großen Stadt Lakedaimon,

Daß ſie den ruͤhmlichen Sohn des hochgeſinnten Oduͤßeus
Reizte, des Vaterlands zu gedenken, und wiederzukehren.
Und Taͤlemachos lag mit Neſtors bluͤhendem Sohne
Ruhend vor dem Palaſt Menelaos des ehregekroͤnten. 5
Neſtors bluͤhender Sohn lag ſanft vom Schlummer gefeßelt;
Aber Taͤlemachos floh der ſuͤße Schlummer; er wachte
Durch die ambroſiſche Nacht, um den Vater herzlich bekuͤmmert.
Vor ihn ſtellte ſich Zeus blauaͤugichte Tochter, und ſagte:

Laͤnger ziemt es ſich nicht, Taͤlemachos, ferne zu irren, 10
Da du alle dein Gut, und ſo uͤbermuͤtige Maͤnner
In dem Palaſte verließeſt; damit ſie nicht alles verzehren,
Deine Habe ſich theilend, und fruchtlos ende die Reiſe!
Auf! erinnere gleich den Rufer im Streit Menelaos,
Heim dich zu ſenden, damit du die trefliche Mutter noch findeſt. 15
Denn ſchon wird ſie vom Vater und ihren Bruͤdern gedraͤnget,
Daß ſie Euruͤmachos nehme; denn dieſer ſchenkte das meiſte
Unter den Freiern, und beut die reichſte Braͤutigamsgabe.
Und man koͤnnte dir leicht, ohn deinen Dank, aus dem Hauſe
Manches Gut mitnehmen; du kennſt ja des Weibes Geſinnung! 20

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[283/0289] Oduͤßee. Funfzehnter Geſang. Pallas Athaͤnaͤ ging zu der großen Stadt Lakedaimon, Daß ſie den ruͤhmlichen Sohn des hochgeſinnten Oduͤßeus Reizte, des Vaterlands zu gedenken, und wiederzukehren. Und Taͤlemachos lag mit Neſtors bluͤhendem Sohne Ruhend vor dem Palaſt Menelaos des ehregekroͤnten. Neſtors bluͤhender Sohn lag ſanft vom Schlummer gefeßelt; Aber Taͤlemachos floh der ſuͤße Schlummer; er wachte Durch die ambroſiſche Nacht, um den Vater herzlich bekuͤmmert. Vor ihn ſtellte ſich Zeus blauaͤugichte Tochter, und ſagte: 5 Laͤnger ziemt es ſich nicht, Taͤlemachos, ferne zu irren, Da du alle dein Gut, und ſo uͤbermuͤtige Maͤnner In dem Palaſte verließeſt; damit ſie nicht alles verzehren, Deine Habe ſich theilend, und fruchtlos ende die Reiſe! Auf! erinnere gleich den Rufer im Streit Menelaos, Heim dich zu ſenden, damit du die trefliche Mutter noch findeſt. Denn ſchon wird ſie vom Vater und ihren Bruͤdern gedraͤnget, Daß ſie Euruͤmachos nehme; denn dieſer ſchenkte das meiſte Unter den Freiern, und beut die reichſte Braͤutigamsgabe. Und man koͤnnte dir leicht, ohn deinen Dank, aus dem Hauſe Manches Gut mitnehmen; du kennſt ja des Weibes Geſinnung! 10 15 20

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/289>, abgerufen am 28.03.2024.