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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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Kühn möcht' ich jetzt den Pinsel fassen,
Und herrliche, große Gestalten
Mit fester Hand, mit dreisten Farben zeichnen: --
Und dennoch wag' ich's kaum
Den großen Ahnherrn hier ins Angesicht zu blicken.
Wie unter Geistern bin ich festgebannt, --
Und wunderbare Lichter fallen
Von allen Bildern hier
In meinen dämmernden, ahndungsvollen Sinn. --
Wie nannte sich dieser Greis,
Der mit freundlichen Blicken
Gedankenschwer in seiner eignen Größe ruht?
Die Muse.
Diese theuren langen Silberhaare,
Die so schön ins Haar des Bartes fallen,
Zierten einst den alten weisen Mahler
Aus Toscana, meinen Leonardo,
Der die große Schule dort gegründet.
Der Jüngling.
Gepriesen sey die Hand, die uns dies theure Haupt
In äms'ger Arbeit aufbewahrt.
N 2
Kühn möcht' ich jetzt den Pinſel faſſen,
Und herrliche, große Geſtalten
Mit feſter Hand, mit dreiſten Farben zeichnen: —
Und dennoch wag' ich's kaum
Den großen Ahnherrn hier ins Angeſicht zu blicken.
Wie unter Geiſtern bin ich feſtgebannt, —
Und wunderbare Lichter fallen
Von allen Bildern hier
In meinen dämmernden, ahndungsvollen Sinn. —
Wie nannte ſich dieſer Greis,
Der mit freundlichen Blicken
Gedankenſchwer in ſeiner eignen Größe ruht?
Die Muſe.
Dieſe theuren langen Silberhaare,
Die ſo ſchön ins Haar des Bartes fallen,
Zierten einſt den alten weiſen Mahler
Aus Toscana, meinen Leonardo,
Der die große Schule dort gegründet.
Der Jüngling.
Geprieſen ſey die Hand, die uns dies theure Haupt
In ämſ'ger Arbeit aufbewahrt.
N 2
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[195/0203] Kühn möcht' ich jetzt den Pinſel faſſen, Und herrliche, große Geſtalten Mit feſter Hand, mit dreiſten Farben zeichnen: — Und dennoch wag' ich's kaum Den großen Ahnherrn hier ins Angeſicht zu blicken. Wie unter Geiſtern bin ich feſtgebannt, — Und wunderbare Lichter fallen Von allen Bildern hier In meinen dämmernden, ahndungsvollen Sinn. — Wie nannte ſich dieſer Greis, Der mit freundlichen Blicken Gedankenſchwer in ſeiner eignen Größe ruht? Die Muſe. Dieſe theuren langen Silberhaare, Die ſo ſchön ins Haar des Bartes fallen, Zierten einſt den alten weiſen Mahler Aus Toscana, meinen Leonardo, Der die große Schule dort gegründet. Der Jüngling. Geprieſen ſey die Hand, die uns dies theure Haupt In ämſ'ger Arbeit aufbewahrt. N 2

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/203>, abgerufen am 25.04.2024.