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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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er von himmelhohen Felsenklippen die Fluth laut-
donnernd in die Tiefe stürzt?

Jch schritt wieder durch's Zimmer. Ein wei-
nend Ach! vernahm ich noch von ihren Lippen, dann
sah' ich nichts mehr, hörte nichts mehr.

Auf einem Tische lag ein Messer. Jch ergriff's
und dreht' es in den Händen. Phaethon! was hast
du? rief sie erschrocken. Jch sprach kein Wort, son-
dern stieß das Messer gegen meine Brust.

Das Blut floß. Mir ward schwindlich. Jch
mußte mich niedersetzen.

Gott! rief Atalanta, mit einem entsetzlichen
Schrey, und rannte durch die Thüre.

Die Besinnung schwand mir. Wie ich erwachte,
lag ich auf dem Bette. Der Arzt stand neben mir
und verband mich.

Das Fieber rüttelte mich fürchterlich. Cäcilie
war um mich geschäftig. Sie weinte.

Jch war allein mit Atalanta. Jch sah sie an
mit brechendem Auge, ergriff ihre Hand, stammelte:
Atalanta! einen Kuß! O Phaethon ..... rief

er von himmelhohen Felſenklippen die Fluth laut-
donnernd in die Tiefe ſtuͤrzt?

Jch ſchritt wieder durch’s Zimmer. Ein wei-
nend Ach! vernahm ich noch von ihren Lippen, dann
ſah’ ich nichts mehr, hoͤrte nichts mehr.

Auf einem Tiſche lag ein Meſſer. Jch ergriff’s
und dreht’ es in den Haͤnden. Phaethon! was haſt
du? rief ſie erſchrocken. Jch ſprach kein Wort, ſon-
dern ſtieß das Meſſer gegen meine Bruſt.

Das Blut floß. Mir ward ſchwindlich. Jch
mußte mich niederſetzen.

Gott! rief Atalanta, mit einem entſetzlichen
Schrey, und rannte durch die Thuͤre.

Die Beſinnung ſchwand mir. Wie ich erwachte,
lag ich auf dem Bette. Der Arzt ſtand neben mir
und verband mich.

Das Fieber ruͤttelte mich fuͤrchterlich. Caͤcilie
war um mich geſchaͤftig. Sie weinte.

Jch war allein mit Atalanta. Jch ſah ſie an
mit brechendem Auge, ergriff ihre Hand, ſtammelte:
Atalanta! einen Kuß! O Phaethon ..... rief

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[15/0015] er von himmelhohen Felſenklippen die Fluth laut- donnernd in die Tiefe ſtuͤrzt? Jch ſchritt wieder durch’s Zimmer. Ein wei- nend Ach! vernahm ich noch von ihren Lippen, dann ſah’ ich nichts mehr, hoͤrte nichts mehr. Auf einem Tiſche lag ein Meſſer. Jch ergriff’s und dreht’ es in den Haͤnden. Phaethon! was haſt du? rief ſie erſchrocken. Jch ſprach kein Wort, ſon- dern ſtieß das Meſſer gegen meine Bruſt. Das Blut floß. Mir ward ſchwindlich. Jch mußte mich niederſetzen. Gott! rief Atalanta, mit einem entſetzlichen Schrey, und rannte durch die Thuͤre. Die Beſinnung ſchwand mir. Wie ich erwachte, lag ich auf dem Bette. Der Arzt ſtand neben mir und verband mich. Das Fieber ruͤttelte mich fuͤrchterlich. Caͤcilie war um mich geſchaͤftig. Sie weinte. Jch war allein mit Atalanta. Jch ſah ſie an mit brechendem Auge, ergriff ihre Hand, ſtammelte: Atalanta! einen Kuß! O Phaethon ..... rief

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/15>, abgerufen am 28.03.2024.