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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] 2 Acht is mehr as Dusend. (Ostfries.)

Wortspiel zwischen dem Zahlwort acht und dem Dingwort Acht (Achtung, Aufmerksamkeit). Acht geben ist besser als Tausende besitzen.

3 Acht und aber Acht macht sechzehn. - Pistor., II, 5; Körte, 23.

Ein Wort des Markgrafen Albrecht des Jüngern von Brandenburg. "Habt keine Sorge", sprach er lächelnd, als man ihn warnte, der Kaiser werde ihn in die Acht (Land- oder Unteracht) und Aberacht (Oberacht) erklären, "Acht und aber Acht macht sechzehn; mit denen will ich schon fertig werden." Der Ausspruch wurde Sprichwort, um damit die kaiserliche und Reichsacht zu verspotten. Das Wortspiel liegt theils in "aber", das in Aberacht soviel wie Ober bedeutet, aber von Albrecht im wiederholenden Sinne genommen wurde, theils in "Acht", das er als Zahlwort gebrauchte. Wenn ein Angeschuldigter nicht vor dem Gericht erschienen oder entflohen war, so konnte, nach altdeutschem Gerichtswesen, der Richter die Verfestung gegen ihn aussprechen. Wer verfestet war, konnte vom Kläger mit Gewalt vor den Richter gebracht, und, wenn er sich widersetzte, straflos getödtet werden. Die Verfestung wirkte aber nur in dem Sprengel des Richters, der sie ausgesprochen. Wurde sie einem höhern Richter angezeigt, so wurde sie von diesem für alle unter ihm stehenden Gerichtssprengel bestätigt und dadurch wirksamer gemacht. Die vom Kaiser durch die kaiserlichen Gerichte ausgesprochene Verfestung hiess Acht und wirkte im ganzen Reiche. Wer über Jahr und Tag in der Acht blieb, wurde, wenn dies gegen ihn gezeugt ward, in die Aberacht gethan "und sein Leib und Gut allermänniglich erlaubt und soll niemand daran freveln können, und soll selbigen Thäter und Friedensbrecher niemand behausen, herbergen, atzen, tränken und keiner ihm Vorschub thun in seiner Obrigkeit Eigenthum und Gebiet".


Acht (cura, attentio, aestimatio).

1 Acht gegeben, es sind Schindeln auf dem Dache. - Steiger, 420.

Empfiehlt Vorsicht im Reden in Gegenwart der Jugend, welche so leicht Feuer fängt, wie ein Schindeldach.

2 Besser in der Acht, denn in der Hacht.

Entweder: Besser verbannt als gefangen, verhaftet; oder allgemeiner: Besser mit Vorsicht handeln, als wegen Gesetzesübertretungen Strafen erleiden.

Lat.: Cum licet fugere, ne quaere litem. Philippi, I, 102; Seybold, 101. - In compitis esse praestat, quam in compedibus. - Melius est proscribi, quam carceri includi. - Praestat uni malo obnoxium esse quam duobus. (Tappius, 8b.)

3 Gib Acht, dass man aus dir keinen Affen (Narren) macht.

4 Gib Acht, gib Acht! ist kein Gift für Ratten.

Mit dem blossen Reden ist's oft nicht gethan, es gilt zugreifen.

5 Gib Acht ist mehr als Reue.

6 Hab Acht auf die Schanze!

7 Hab Acht, dass du dir's nicht versalzest!

8 Hab Acht, dass du nicht auf das Maul fallest!

9 Hab Acht, dass du nicht an einen Stock fahrest!

10 Hab Acht, dass du nicht selbst aus dem Sattel reitest!

11 Wer Acht hat, findet, und wer arbeitet, hat auch zu schlachten.

Ist im Wohlstande, im Besitz von Schlachtthieren.

12 Wer sich nicht selber nimmt in Acht, bei dem nützt weder Hut noch Wacht.

13 Wer sich nimmt in Acht, der braucht wenig Wacht.

Lat.: Mater timidi flere non solet.

*14 Er gibt Acht wie ein Heftelmacher.

Von jemand, der mit Anstrengung auf etwas merkt.

*15 Er nimmt's in Acht, wie einen Topf.

Diese Redensart der Litauer ist wahrscheinlich entstanden, als sie den Gebrauch der irdenen Töpfe kennen lernten und diese noch sehr selten waren. Sie umflochten daher dieselben so sehr mit Draht, dass man das Geschirr selbst kaum hindurch erblicken konnte, um es vor dem Zerbrechen zu bewahren. (Wurzbach, I, 34.)


Achten.

1 Achte di klen, wes gern allen, denke stedes up den Dag, den nemand vörbigan mag. (Lübeck.)

2 Achte du mein, so acht' ich dein. - Ramann, Unterr., IV, 24.

Lat.: Vicem pro vice reddam tibi, care amice.

3 Einer acht's, der andere lacht's, was macht's!

Jeder folge seiner bessern Ueberzeugung und kehre sich nicht an die widersprechenden Urtheile des Publikums.

4 Ich achte nicht des Mondes Schein, so mir die Sonne will gnädig sein.

[Spaltenumbruch] 5 Ich achte weder Geld noch Gold, der Ehr' und Treu' bin ich doch hold.

6 Man achtet nicht der Seelen, sondern des Seckels. - Geiler.

7 Man achtet nicht, was die Sau auch schreit.

8 Wer es nicht achtet, dem thut es nicht weh.

It.: A chi non pesa, ben porta. - Chi non duol, ben scortica.

9 Wie man etwas achtet, so ist es; wie man glaubt, so geschieht einem.

Frz.: Toute chose est comme on l'estime.

It.: Ogni cosa e coma si stima.

Lat.: Proxima remus opinio.

*10 Er achtet ihn, wie einen Hund.

*11 Er achtet nicht auf Glanz, trinkt wol aus einem Hafen. - Agricola.

*12 Man achtet ihn nicht höher, als einen Affen.

*13 Man achtet ihn, wie einen Hund.

Gewöhnlich, besonders im morgenländischen Sinne, bezeichnet man Hass und Verachtung mit dem Worte Hund. So sagt Horaz: Er wird mehr als ein Hund gehasst.

Lat.: Non magis quam canem. (Erasm., 167.)


Aechten.

Dai es ächten (hinten) nitt as väören, süss (sonst) könn he met der Fuet (dem Hintern) Nüete (Nüsse) knappen. (Iserlohn.) - Firmenich, III, 187.


Achter (Zahlwort).

Er ist der Achte unter den sieben Weisen. - Fischart.

Spottweise von denen, die sich sehr weise dünken. "Manch Haupt in der gelehrten Welt sich für den achten Weisen hält."

Lat.: Sapientum octavus. (Horaz.) (Erasm., 221.)


Achter (d. h. hinten; mundartliches Adverb).

1 Achter in's Log1 want (wohnen) ok Lüde. - Frommann, II, 338.

1) Dorf, namentlich Pfarrdorf.

2 De van achtern kummt, het ken Geld. - Frommann, IV, 142.

3 Von achtern is de Koh blind. (Ostfries.)


Achteräs.

* Achteräs äs de Hane krasset. (Westf.)


Achterdör.

* He hett 'n gooden Achterdör. (Ostfries.)

Eine gute Hinterthür.


Achterflicken.

*1 Een Paar Achterflicken geben. - Richey.

Eigentlich die Sohle unter dem Absatz; da diese bei Frauenschuhen aber leicht abgelaufen wird, so bezeichnet man mit dem Worte auch ein kleines Trinkgeld, das einem Dienstmädchen gegeben wird.

*2 Up de Achterflicken slan. - Richey.

Geringschätzung ausdrücken.


Achterklapp.

1 Elk höde sick för'n Achterklapp. (Ostfries.)

Jeder hüte sich vor Nackenschlägen, uneigentlich: vor Geklatsch, übler Nachrede.

2 Hoit (wahre) di vor den Achterklapp. (Osnabrück.)

Sei auf der Hut gegen ein Uebel, das auf eine glückliche Begebenheit folgt.


Achterna.

1 Achterna (hintennach) as Bloom. - Frommann, II, 388.

Bloom, eigentlich Blume, in der Jägersprache: Schwanz, steht hier als Eigenname. Sinn: das Letzte pflegt nicht das Bessere, Vorzüglichere zu sein.

2 Achternä eten si Käse, sagen die Westfalen. - Frank.

Lat.: Ficus post pisces. (Tappius, 34a.)

3 Achterna kamt de Rekens (Rechnung).

4 Achterna lopt dünn Beer.

5 Du kommst achterna, as Bütken mit den Schollen.

Lat.: Sic est ad pugnae partes re peracta veniendum. (Tappius, 17b.)


Achternanner.

1 Achternanner (hintereinander) as de Eilanders (die Inseln Wangeroog, Spikeroog u. s. w.) un de Göse (Gänse).

2 Achternanner as de Olenländer Göse. - Richey.

Von denen, die einzeln hintereinander hergehen.


Achteröm.

Wat achteröm (hinten herum) seggen. (Meurs.) - Firmenich, I, 403.


Achteröver.

Achteröver (hintenüber) segt Berg, hest meinen Hamel nich sehn?


[Spaltenumbruch] 2 Acht is mehr as Dusend. (Ostfries.)

Wortspiel zwischen dem Zahlwort acht und dem Dingwort Acht (Achtung, Aufmerksamkeit). Acht geben ist besser als Tausende besitzen.

3 Acht und aber Acht macht sechzehn.Pistor., II, 5; Körte, 23.

Ein Wort des Markgrafen Albrecht des Jüngern von Brandenburg. „Habt keine Sorge“, sprach er lächelnd, als man ihn warnte, der Kaiser werde ihn in die Acht (Land- oder Unteracht) und Aberacht (Oberacht) erklären, „Acht und aber Acht macht sechzehn; mit denen will ich schon fertig werden.“ Der Ausspruch wurde Sprichwort, um damit die kaiserliche und Reichsacht zu verspotten. Das Wortspiel liegt theils in „aber“, das in Aberacht soviel wie Ober bedeutet, aber von Albrecht im wiederholenden Sinne genommen wurde, theils in „Acht“, das er als Zahlwort gebrauchte. Wenn ein Angeschuldigter nicht vor dem Gericht erschienen oder entflohen war, so konnte, nach altdeutschem Gerichtswesen, der Richter die Verfestung gegen ihn aussprechen. Wer verfestet war, konnte vom Kläger mit Gewalt vor den Richter gebracht, und, wenn er sich widersetzte, straflos getödtet werden. Die Verfestung wirkte aber nur in dem Sprengel des Richters, der sie ausgesprochen. Wurde sie einem höhern Richter angezeigt, so wurde sie von diesem für alle unter ihm stehenden Gerichtssprengel bestätigt und dadurch wirksamer gemacht. Die vom Kaiser durch die kaiserlichen Gerichte ausgesprochene Verfestung hiess Acht und wirkte im ganzen Reiche. Wer über Jahr und Tag in der Acht blieb, wurde, wenn dies gegen ihn gezeugt ward, in die Aberacht gethan „und sein Leib und Gut allermänniglich erlaubt und soll niemand daran freveln können, und soll selbigen Thäter und Friedensbrecher niemand behausen, herbergen, atzen, tränken und keiner ihm Vorschub thun in seiner Obrigkeit Eigenthum und Gebiet“.


Acht (cura, attentio, aestimatio).

1 Acht gegeben, es sind Schindeln auf dem Dache.Steiger, 420.

Empfiehlt Vorsicht im Reden in Gegenwart der Jugend, welche so leicht Feuer fängt, wie ein Schindeldach.

2 Besser in der Acht, denn in der Hacht.

Entweder: Besser verbannt als gefangen, verhaftet; oder allgemeiner: Besser mit Vorsicht handeln, als wegen Gesetzesübertretungen Strafen erleiden.

Lat.: Cum licet fugere, ne quaere litem. Philippi, I, 102; Seybold, 101. – In compitis esse praestat, quam in compedibus. – Melius est proscribi, quam carceri includi. – Praestat uni malo obnoxium esse quam duobus. (Tappius, 8b.)

3 Gib Acht, dass man aus dir keinen Affen (Narren) macht.

4 Gib Acht, gib Acht! ist kein Gift für Ratten.

Mit dem blossen Reden ist's oft nicht gethan, es gilt zugreifen.

5 Gib Acht ist mehr als Reue.

6 Hab Acht auf die Schanze!

7 Hab Acht, dass du dir's nicht versalzest!

8 Hab Acht, dass du nicht auf das Maul fallest!

9 Hab Acht, dass du nicht an einen Stock fahrest!

10 Hab Acht, dass du nicht selbst aus dem Sattel reitest!

11 Wer Acht hat, findet, und wer arbeitet, hat auch zu schlachten.

Ist im Wohlstande, im Besitz von Schlachtthieren.

12 Wer sich nicht selber nimmt in Acht, bei dem nützt weder Hut noch Wacht.

13 Wer sich nimmt in Acht, der braucht wenig Wacht.

Lat.: Mater timidi flere non solet.

*14 Er gibt Acht wie ein Heftelmacher.

Von jemand, der mit Anstrengung auf etwas merkt.

*15 Er nimmt's in Acht, wie einen Topf.

Diese Redensart der Litauer ist wahrscheinlich entstanden, als sie den Gebrauch der irdenen Töpfe kennen lernten und diese noch sehr selten waren. Sie umflochten daher dieselben so sehr mit Draht, dass man das Geschirr selbst kaum hindurch erblicken konnte, um es vor dem Zerbrechen zu bewahren. (Wurzbach, I, 34.)


Achten.

1 Achte di klên, wes gern allên, denke stedes up den Dag, den nemand vörbigân mag. (Lübeck.)

2 Achte du mein, so acht' ich dein.Ramann, Unterr., IV, 24.

Lat.: Vicem pro vice reddam tibi, care amice.

3 Einer acht's, der andere lacht's, was macht's!

Jeder folge seiner bessern Ueberzeugung und kehre sich nicht an die widersprechenden Urtheile des Publikums.

4 Ich achte nicht des Mondes Schein, so mir die Sonne will gnädig sein.

[Spaltenumbruch] 5 Ich achte weder Geld noch Gold, der Ehr' und Treu' bin ich doch hold.

6 Man achtet nicht der Seelen, sondern des Seckels.Geiler.

7 Man achtet nicht, was die Sau auch schreit.

8 Wer es nicht achtet, dem thut es nicht weh.

It.: A chi non pesa, ben porta. – Chi non duol, ben scortica.

9 Wie man etwas achtet, so ist es; wie man glaubt, so geschieht einem.

Frz.: Toute chose est comme on l'estime.

It.: Ogni cosa è coma si stima.

Lat.: Proxima remus opinio.

*10 Er achtet ihn, wie einen Hund.

*11 Er achtet nicht auf Glanz, trinkt wol aus einem Hafen.Agricola.

*12 Man achtet ihn nicht höher, als einen Affen.

*13 Man achtet ihn, wie einen Hund.

Gewöhnlich, besonders im morgenländischen Sinne, bezeichnet man Hass und Verachtung mit dem Worte Hund. So sagt Horaz: Er wird mehr als ein Hund gehasst.

Lat.: Non magis quam canem. (Erasm., 167.)


Aechten.

Dai es ächten (hinten) nitt as väören, süss (sonst) könn he met der Fuet (dem Hintern) Nüete (Nüsse) knappen. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 187.


Achter (Zahlwort).

Er ist der Achte unter den sieben Weisen.Fischart.

Spottweise von denen, die sich sehr weise dünken. „Manch Haupt in der gelehrten Welt sich für den achten Weisen hält.“

Lat.: Sapientum octavus. (Horaz.) (Erasm., 221.)


Achter (d. h. hinten; mundartliches Adverb).

1 Achter in's Lôg1 wânt (wohnen) ôk Lüde.Frommann, II, 338.

1) Dorf, namentlich Pfarrdorf.

2 De van achtern kummt, het kên Geld.Frommann, IV, 142.

3 Von achtern is de Koh blind. (Ostfries.)


Achteräs.

* Achteräs äs de Hane krasset. (Westf.)


Achterdör.

* He hett 'n gooden Achterdör. (Ostfries.)

Eine gute Hinterthür.


Achterflicken.

*1 Een Paar Achterflicken geben.Richey.

Eigentlich die Sohle unter dem Absatz; da diese bei Frauenschuhen aber leicht abgelaufen wird, so bezeichnet man mit dem Worte auch ein kleines Trinkgeld, das einem Dienstmädchen gegeben wird.

*2 Up de Achterflicken slân.Richey.

Geringschätzung ausdrücken.


Achterklapp.

1 Elk höde sick för'n Achterklapp. (Ostfries.)

Jeder hüte sich vor Nackenschlägen, uneigentlich: vor Geklatsch, übler Nachrede.

2 Hoit (wahre) di vor den Achterklapp. (Osnabrück.)

Sei auf der Hut gegen ein Uebel, das auf eine glückliche Begebenheit folgt.


Achterna.

1 Achterna (hintennach) as Bloom.Frommann, II, 388.

Bloom, eigentlich Blume, in der Jägersprache: Schwanz, steht hier als Eigenname. Sinn: das Letzte pflegt nicht das Bessere, Vorzüglichere zu sein.

2 Achternä êten si Käse, sagen die Westfalen.Frank.

Lat.: Ficus post pisces. (Tappius, 34a.)

3 Achterna kamt de Rekens (Rechnung).

4 Achterna lopt dünn Beer.

5 Du kommst achterna, as Bütken mit den Schollen.

Lat.: Sic est ad pugnae partes re peracta veniendum. (Tappius, 17b.)


Achternanner.

1 Achternanner (hintereinander) as de Eilanders (die Inseln Wangeroog, Spikeroog u. s. w.) un de Göse (Gänse).

2 Achternanner as de Olenländer Göse.Richey.

Von denen, die einzeln hintereinander hergehen.


Achteröm.

Wat achteröm (hinten herum) seggen. (Meurs.) – Firmenich, I, 403.


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[[11]/0039] 2 Acht is mehr as Dusend. (Ostfries.) Wortspiel zwischen dem Zahlwort acht und dem Dingwort Acht (Achtung, Aufmerksamkeit). Acht geben ist besser als Tausende besitzen. 3 Acht und aber Acht macht sechzehn. – Pistor., II, 5; Körte, 23. Ein Wort des Markgrafen Albrecht des Jüngern von Brandenburg. „Habt keine Sorge“, sprach er lächelnd, als man ihn warnte, der Kaiser werde ihn in die Acht (Land- oder Unteracht) und Aberacht (Oberacht) erklären, „Acht und aber Acht macht sechzehn; mit denen will ich schon fertig werden.“ Der Ausspruch wurde Sprichwort, um damit die kaiserliche und Reichsacht zu verspotten. Das Wortspiel liegt theils in „aber“, das in Aberacht soviel wie Ober bedeutet, aber von Albrecht im wiederholenden Sinne genommen wurde, theils in „Acht“, das er als Zahlwort gebrauchte. Wenn ein Angeschuldigter nicht vor dem Gericht erschienen oder entflohen war, so konnte, nach altdeutschem Gerichtswesen, der Richter die Verfestung gegen ihn aussprechen. Wer verfestet war, konnte vom Kläger mit Gewalt vor den Richter gebracht, und, wenn er sich widersetzte, straflos getödtet werden. Die Verfestung wirkte aber nur in dem Sprengel des Richters, der sie ausgesprochen. Wurde sie einem höhern Richter angezeigt, so wurde sie von diesem für alle unter ihm stehenden Gerichtssprengel bestätigt und dadurch wirksamer gemacht. Die vom Kaiser durch die kaiserlichen Gerichte ausgesprochene Verfestung hiess Acht und wirkte im ganzen Reiche. Wer über Jahr und Tag in der Acht blieb, wurde, wenn dies gegen ihn gezeugt ward, in die Aberacht gethan „und sein Leib und Gut allermänniglich erlaubt und soll niemand daran freveln können, und soll selbigen Thäter und Friedensbrecher niemand behausen, herbergen, atzen, tränken und keiner ihm Vorschub thun in seiner Obrigkeit Eigenthum und Gebiet“. Acht (cura, attentio, aestimatio). 1 Acht gegeben, es sind Schindeln auf dem Dache. – Steiger, 420. Empfiehlt Vorsicht im Reden in Gegenwart der Jugend, welche so leicht Feuer fängt, wie ein Schindeldach. 2 Besser in der Acht, denn in der Hacht. Entweder: Besser verbannt als gefangen, verhaftet; oder allgemeiner: Besser mit Vorsicht handeln, als wegen Gesetzesübertretungen Strafen erleiden. Lat.: Cum licet fugere, ne quaere litem. Philippi, I, 102; Seybold, 101. – In compitis esse praestat, quam in compedibus. – Melius est proscribi, quam carceri includi. – Praestat uni malo obnoxium esse quam duobus. (Tappius, 8b.) 3 Gib Acht, dass man aus dir keinen Affen (Narren) macht. 4 Gib Acht, gib Acht! ist kein Gift für Ratten. Mit dem blossen Reden ist's oft nicht gethan, es gilt zugreifen. 5 Gib Acht ist mehr als Reue. 6 Hab Acht auf die Schanze! 7 Hab Acht, dass du dir's nicht versalzest! 8 Hab Acht, dass du nicht auf das Maul fallest! 9 Hab Acht, dass du nicht an einen Stock fahrest! 10 Hab Acht, dass du nicht selbst aus dem Sattel reitest! 11 Wer Acht hat, findet, und wer arbeitet, hat auch zu schlachten. Ist im Wohlstande, im Besitz von Schlachtthieren. 12 Wer sich nicht selber nimmt in Acht, bei dem nützt weder Hut noch Wacht. 13 Wer sich nimmt in Acht, der braucht wenig Wacht. Lat.: Mater timidi flere non solet. *14 Er gibt Acht wie ein Heftelmacher. Von jemand, der mit Anstrengung auf etwas merkt. *15 Er nimmt's in Acht, wie einen Topf. Diese Redensart der Litauer ist wahrscheinlich entstanden, als sie den Gebrauch der irdenen Töpfe kennen lernten und diese noch sehr selten waren. Sie umflochten daher dieselben so sehr mit Draht, dass man das Geschirr selbst kaum hindurch erblicken konnte, um es vor dem Zerbrechen zu bewahren. (Wurzbach, I, 34.) Achten. 1 Achte di klên, wes gern allên, denke stedes up den Dag, den nemand vörbigân mag. (Lübeck.) 2 Achte du mein, so acht' ich dein. – Ramann, Unterr., IV, 24. Lat.: Vicem pro vice reddam tibi, care amice. 3 Einer acht's, der andere lacht's, was macht's! Jeder folge seiner bessern Ueberzeugung und kehre sich nicht an die widersprechenden Urtheile des Publikums. 4 Ich achte nicht des Mondes Schein, so mir die Sonne will gnädig sein. 5 Ich achte weder Geld noch Gold, der Ehr' und Treu' bin ich doch hold. 6 Man achtet nicht der Seelen, sondern des Seckels. – Geiler. 7 Man achtet nicht, was die Sau auch schreit. 8 Wer es nicht achtet, dem thut es nicht weh. It.: A chi non pesa, ben porta. – Chi non duol, ben scortica. 9 Wie man etwas achtet, so ist es; wie man glaubt, so geschieht einem. Frz.: Toute chose est comme on l'estime. It.: Ogni cosa è coma si stima. Lat.: Proxima remus opinio. *10 Er achtet ihn, wie einen Hund. *11 Er achtet nicht auf Glanz, trinkt wol aus einem Hafen. – Agricola. *12 Man achtet ihn nicht höher, als einen Affen. *13 Man achtet ihn, wie einen Hund. Gewöhnlich, besonders im morgenländischen Sinne, bezeichnet man Hass und Verachtung mit dem Worte Hund. So sagt Horaz: Er wird mehr als ein Hund gehasst. Lat.: Non magis quam canem. (Erasm., 167.) Aechten. Dai es ächten (hinten) nitt as väören, süss (sonst) könn he met der Fuet (dem Hintern) Nüete (Nüsse) knappen. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 187. Achter (Zahlwort). Er ist der Achte unter den sieben Weisen. – Fischart. Spottweise von denen, die sich sehr weise dünken. „Manch Haupt in der gelehrten Welt sich für den achten Weisen hält.“ Lat.: Sapientum octavus. (Horaz.) (Erasm., 221.) Achter (d. h. hinten; mundartliches Adverb). 1 Achter in's Lôg1 wânt (wohnen) ôk Lüde. – Frommann, II, 338. 1) Dorf, namentlich Pfarrdorf. 2 De van achtern kummt, het kên Geld. – Frommann, IV, 142. 3 Von achtern is de Koh blind. (Ostfries.) Achteräs. * Achteräs äs de Hane krasset. (Westf.) Achterdör. * He hett 'n gooden Achterdör. (Ostfries.) Eine gute Hinterthür. Achterflicken. *1 Een Paar Achterflicken geben. – Richey. Eigentlich die Sohle unter dem Absatz; da diese bei Frauenschuhen aber leicht abgelaufen wird, so bezeichnet man mit dem Worte auch ein kleines Trinkgeld, das einem Dienstmädchen gegeben wird. *2 Up de Achterflicken slân. – Richey. Geringschätzung ausdrücken. Achterklapp. 1 Elk höde sick för'n Achterklapp. (Ostfries.) Jeder hüte sich vor Nackenschlägen, uneigentlich: vor Geklatsch, übler Nachrede. 2 Hoit (wahre) di vor den Achterklapp. (Osnabrück.) Sei auf der Hut gegen ein Uebel, das auf eine glückliche Begebenheit folgt. Achterna. 1 Achterna (hintennach) as Bloom. – Frommann, II, 388. Bloom, eigentlich Blume, in der Jägersprache: Schwanz, steht hier als Eigenname. Sinn: das Letzte pflegt nicht das Bessere, Vorzüglichere zu sein. 2 Achternä êten si Käse, sagen die Westfalen. – Frank. Lat.: Ficus post pisces. (Tappius, 34a.) 3 Achterna kamt de Rekens (Rechnung). 4 Achterna lopt dünn Beer. 5 Du kommst achterna, as Bütken mit den Schollen. Lat.: Sic est ad pugnae partes re peracta veniendum. (Tappius, 17b.) Achternanner. 1 Achternanner (hintereinander) as de Eilanders (die Inseln Wangeroog, Spikeroog u. s. w.) un de Göse (Gänse). 2 Achternanner as de Olenländer Göse. – Richey. Von denen, die einzeln hintereinander hergehen. Achteröm. Wat achteröm (hinten herum) seggen. (Meurs.) – Firmenich, I, 403. Achteröver. Achteröver (hintenüber) segt Berg, hest mînen Hamel nich sehn?

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [11]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/39>, abgerufen am 28.03.2024.