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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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Anbauen.

Niemand baut gern an, was er nicht verkaufen kann.


Anbeissen.

1 Wer (jung) anbeisst, lässt selten mehr davon. - Blum, 116; Siebenkees, 128; Bücking, 350.

Wer nicht vor dem ersten Schritt der Thorheit sich hütet, ist in Gefahr immer tiefer zu sinken; denn man gewöhnt sich nur nach und nach ans Laster.

Lat.: Periculosum est, canem intestina gustasse.

Ung.: Ifju szokas, öreg gyakorlas.

2 Wer angebissen hat, der thut nimmer gut.

Lat.: Qui semel scurra, nunquam bonus pater familias.

*3 Einen anbeissen lassen.

Einen ins Verderben locken.

Frz.: Faire avaler le goujon a quelqu'un.

Lat.: E nassa escam petere. (Plaut.)

*4 Er hat angebissen.

Lat.: Bolo tactus est. - Hamum voravit.

*5 Er will nicht anbeissen.

Grosse Abneigung gegen den Anfang eines Geschäfts zeigen. Vom Fange der Thiere entlehnt, deren man sich dadurch zu bemächtigen sucht, dass man ihnen eine Lockspeise bietet, die sie aber nicht selten unberührt lassen, wenn sie den Zweck merken.

*6 Man kann jetzt anbeissen. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 1053.

Um zu sagen, dass ein Uebel gehoben sei. Ein Rabbiner war sehr krank, die Gemeinde ordnete einen Fasttag an. Gegen Abend trat Besserung ein; der Gemeindediener ging von Haus zu Haus und that kund: "Der Rewe (Rabbi) hat Erleichterung bekommen, Kahel (die Gemeinde) darf anbeissen (wieder essen)."


Anbellen.

* Er bellt den Mond an.

Auf einen schimpfen; einem drohen, dem man nicht schaden kann.


Anbeten.

1 Man betet lieber die aufgehende, als die untergehende Sonne an.

Man hält sich lieber an den Glücklichen, als an den Unglücklichen.

2 Man betet viele für Heilige im Himmel an und sie sind in der Hölle.

3 Was man nicht anbeten soll, muss Gott selbst begraben.

*4 Er betet das goldene Kalb an.


Anbieten.

1 De sick anbaut, dessen Laun (Lohn) was nich graut (gross). (Osnabrück.) - Firmenich, III, 162.

2 Was man anbietet, muss man annehmen.

3 Wei sik anbäut, deam siyn Dank was nit gräut. (Büren.)

*4 Er bietet an, ohne dass man nehmen kann.

Wenn jemand nur zum Schein anbietet; wenn es mit dem Geben nicht Ernst ist.

Frz.: Ce n'est que maniere de dire qu'il vous l'offre.


Anbinden.

1 Wer bindet gern mit Grossen an!

*2 Er bindet immer wieder an, wenn man ihm auch garstig heimleuchtet.

Lat.: Gallus insilit.

*3 Er bindet mit allen an.

Beisst, zankt sich mit allen herum.

Lat.: Martis campus. (Suidas.) - Martis pullus. (Laert.)

*4 Er ist angebunden, wie Gretchen im Faust.

D. h. kurz, rasch entschlossen.

*5 Er ist kurz angebunden.

Geräth leicht in Zorn.

Frz.: Avoir la tete pres du bonnet.

*6 Mit einem anbinden.

Sich mit ihm in einen Streit einlassen.


Anbiss.

1 Der erste Anbiss thut's.

2 Man muss sich vor dem ersten Anbiss hüten.


Anblasen.

1 Durch Anblasen treibt man die Flamme aus der Kohle und den Zorn aus einem bösen Worte.

*2 Er hat ihn angeblasen, wie der Arsch die Nasen. (Leipzig.)

*3 Er kann nicht anblasen. - Tendlau, 172.

Von dem, der bei irgendeiner Sache, die er gelernt haben will, die ersten Elemente davon nicht innehat, nicht einmal anfangen kann.


Anblick.

1 Der Anblick der Berge erweckt die Sehnsucht nach den Thälern. - Altmann I.

[Spaltenumbruch] 2 Der Anblick erzeugt die Liebe.

3 Der Anblick ist gut, sagte der Teufel, da sah er einen Pfaffen im Hurenhause.

*4 Der Anblick ist gut für kranke Augen. (Schott.)

*5 Ein attischer Anblick -

ist bei Aristophanes ein unverschämtes Gesicht oder Maul, weil an diesem Fehler die Sitten der Attiker litten.

Lat.: Atticus aspectus. (Erasm., 385.)

*6 Ein titanischer Anblick.

Furchtbar und ernst, wie das Aussehen der Titanen geschildert wird.

Lat.: Titanicus aspectus. (Erasm., 545.)


Anböten.

Me bött nit äger an, bit me koaken well. (Attendorn.) - Firmenich, I, 356.

Man zündet nicht eher an, bis man kochen will.


Anbrennen.

*1 Er ist angebrannt.

*2 Nich licht wat anbrennen laten. - Grimm, I, 300.

Eine Sache schnell verrichten.


Andacht.

1 Andacht - Andaucht. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 210, 670.

Ein Wortspiel der Alten in der Neuzeit, um das Wort Andacht durch Vergleich mit Andaucht (Abzugskanal) herabzusetzen.

2 Andacht steht nicht wohl auf einem vollen Bauch.

3 Der Welschen Andacht und der Deutschen Fasten sind beide keine Bohne werth. - Luther, 367.

Dän.: Drukken mands andagt, qvinde-graad, og dobblers ed er intet vaerd.

Lat.: Italorum devotio, et Germanorum jejunia, fabam valent omnia.

4 Es ist nur Andacht bei jungen (neuen) Priestern. (Franz.)

5 Genöthigte Andacht währt nicht lange, sagte der Hund, und fing an zu bellen.

6 Kurze Andacht ist die beste, sagte Hans, da schlug er 's Kreuz und ging wieder aus der Kirche fort.

7 Man muss seine Andacht nicht bis aufs Tanzhaus und seine Fastnacht nicht bis auf den Charfreitag sparen.

8 Wenig Andacht, aber viel Verdacht!

*9 In der Andacht liegen, wie der Pfaffe vor dem Palmesel.

Es war früher an einigen Orten Sitte, das Bild des Erlösers in Lebensgrösse auf einem hölzernen Esel um die Kirche zu tragen. In manchen Kirchen hatte der Palmesel seine eigene Kapelle, worin er aufbewahrt und von dem abergläubischen Volke verehrt wurde.


Andächtig.

1 Aussen andächtig, innen verdächtig.

Empfiehlt Mistrauen gegen Frömmler.

*2 So andächtig, wie ein junger Priester.

Im Anfange zeigt man immer den meisten Eifer.

Frz.: Il n'est devotion que de jeune pretre.


Andel (Diminutiv von Anna).

Andel und Kandel machen einen bösen Wandel. - Parömiakon, 5.

Liebe und Trunk verführen sehr häufig.


Andere.

1 An andern sieht man 's kleinste Läuschen, an sich keine Hundslaus.

2 Andern fängt man Ratten, sich kann man keine Maus fangen.

3 Andern flickt man die Säcke, die seinen lässt man die Mäuse fressen.

Frz.: Les cordonniers sont ordinairement les plus mal chausses.

4 Andern zum Ergetzen, sich zu Tode zu hetzen. (Wend. Lausitz.)

5 Lade andere nicht zu Gast, wenn du selbst aufissest, was du hast (oder: wenn du selber nichts zu essen hast).

6 Man muss keinen andern stellen, wo man selber gehen soll.

7 Mit anderer Sachen muss man behutsamer umgehen als mit den eigenen.

8 Mögen andere meine Lasten tragen, bleib' ich nur frei von Plagen.

Lat.: Innocuus alium aspiciam, meum habentem malum. (Erasm., 54.)


[Spaltenumbruch]
Anbauen.

Niemand baut gern an, was er nicht verkaufen kann.


Anbeissen.

1 Wer (jung) anbeisst, lässt selten mehr davon.Blum, 116; Siebenkees, 128; Bücking, 350.

Wer nicht vor dem ersten Schritt der Thorheit sich hütet, ist in Gefahr immer tiefer zu sinken; denn man gewöhnt sich nur nach und nach ans Laster.

Lat.: Periculosum est, canem intestina gustasse.

Ung.: Ifjú szokás, öreg gyakorlás.

2 Wer angebissen hat, der thut nimmer gut.

Lat.: Qui semel scurra, nunquam bonus pater familias.

*3 Einen anbeissen lassen.

Einen ins Verderben locken.

Frz.: Faire avaler le goujon à quelqu'un.

Lat.: E nassa escam petere. (Plaut.)

*4 Er hat angebissen.

Lat.: Bolo tactus est. – Hamum voravit.

*5 Er will nicht anbeissen.

Grosse Abneigung gegen den Anfang eines Geschäfts zeigen. Vom Fange der Thiere entlehnt, deren man sich dadurch zu bemächtigen sucht, dass man ihnen eine Lockspeise bietet, die sie aber nicht selten unberührt lassen, wenn sie den Zweck merken.

*6 Man kann jetzt anbeissen. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 1053.

Um zu sagen, dass ein Uebel gehoben sei. Ein Rabbiner war sehr krank, die Gemeinde ordnete einen Fasttag an. Gegen Abend trat Besserung ein; der Gemeindediener ging von Haus zu Haus und that kund: „Der Rewe (Rabbi) hat Erleichterung bekommen, Kahel (die Gemeinde) darf anbeissen (wieder essen).“


Anbellen.

* Er bellt den Mond an.

Auf einen schimpfen; einem drohen, dem man nicht schaden kann.


Anbeten.

1 Man betet lieber die aufgehende, als die untergehende Sonne an.

Man hält sich lieber an den Glücklichen, als an den Unglücklichen.

2 Man betet viele für Heilige im Himmel an und sie sind in der Hölle.

3 Was man nicht anbeten soll, muss Gott selbst begraben.

*4 Er betet das goldene Kalb an.


Anbieten.

1 De sick anbaut, dessen Laun (Lohn) was nich graut (gross). (Osnabrück.) – Firmenich, III, 162.

2 Was man anbietet, muss man annehmen.

3 Wêi sik anbäut, deam siyn Dank was nit gräut. (Büren.)

*4 Er bietet an, ohne dass man nehmen kann.

Wenn jemand nur zum Schein anbietet; wenn es mit dem Geben nicht Ernst ist.

Frz.: Ce n'est que manière de dire qu'il vous l'offre.


Anbinden.

1 Wer bindet gern mit Grossen an!

*2 Er bindet immer wieder an, wenn man ihm auch garstig heimleuchtet.

Lat.: Gallus insilit.

*3 Er bindet mit allen an.

Beisst, zankt sich mit allen herum.

Lat.: Martis campus. (Suidas.) – Martis pullus. (Laert.)

*4 Er ist angebunden, wie Gretchen im Faust.

D. h. kurz, rasch entschlossen.

*5 Er ist kurz angebunden.

Geräth leicht in Zorn.

Frz.: Avoir la tête près du bonnet.

*6 Mit einem anbinden.

Sich mit ihm in einen Streit einlassen.


Anbiss.

1 Der erste Anbiss thut's.

2 Man muss sich vor dem ersten Anbiss hüten.


Anblasen.

1 Durch Anblasen treibt man die Flamme aus der Kohle und den Zorn aus einem bösen Worte.

*2 Er hat ihn angeblasen, wie der Arsch die Nasen. (Leipzig.)

*3 Er kann nicht anblasen.Tendlau, 172.

Von dem, der bei irgendeiner Sache, die er gelernt haben will, die ersten Elemente davon nicht innehat, nicht einmal anfangen kann.


Anblick.

1 Der Anblick der Berge erweckt die Sehnsucht nach den Thälern.Altmann I.

[Spaltenumbruch] 2 Der Anblick erzeugt die Liebe.

3 Der Anblick ist gut, sagte der Teufel, da sah er einen Pfaffen im Hurenhause.

*4 Der Anblick ist gut für kranke Augen. (Schott.)

*5 Ein attischer Anblick –

ist bei Aristophanes ein unverschämtes Gesicht oder Maul, weil an diesem Fehler die Sitten der Attiker litten.

Lat.: Atticus aspectus. (Erasm., 385.)

*6 Ein titanischer Anblick.

Furchtbar und ernst, wie das Aussehen der Titanen geschildert wird.

Lat.: Titanicus aspectus. (Erasm., 545.)


Anböten.

Me bött nit äger an, bit me koaken well. (Attendorn.) – Firmenich, I, 356.

Man zündet nicht eher an, bis man kochen will.


Anbrennen.

*1 Er ist angebrannt.

*2 Nich licht wat anbrennen laten.Grimm, I, 300.

Eine Sache schnell verrichten.


Andacht.

1 Andacht – Andaucht. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 210, 670.

Ein Wortspiel der Alten in der Neuzeit, um das Wort Andacht durch Vergleich mit Andaucht (Abzugskanal) herabzusetzen.

2 Andacht steht nicht wohl auf einem vollen Bauch.

3 Der Welschen Andacht und der Deutschen Fasten sind beide keine Bohne werth.Luther, 367.

Dän.: Drukken mands andagt, qvinde-graad, og dobblers ed er intet værd.

Lat.: Italorum devotio, et Germanorum jejunia, fabam valent omnia.

4 Es ist nur Andacht bei jungen (neuen) Priestern. (Franz.)

5 Genöthigte Andacht währt nicht lange, sagte der Hund, und fing an zu bellen.

6 Kurze Andacht ist die beste, sagte Hans, da schlug er 's Kreuz und ging wieder aus der Kirche fort.

7 Man muss seine Andacht nicht bis aufs Tanzhaus und seine Fastnacht nicht bis auf den Charfreitag sparen.

8 Wenig Andacht, aber viel Verdacht!

*9 In der Andacht liegen, wie der Pfaffe vor dem Palmesel.

Es war früher an einigen Orten Sitte, das Bild des Erlösers in Lebensgrösse auf einem hölzernen Esel um die Kirche zu tragen. In manchen Kirchen hatte der Palmesel seine eigene Kapelle, worin er aufbewahrt und von dem abergläubischen Volke verehrt wurde.


Andächtig.

1 Aussen andächtig, innen verdächtig.

Empfiehlt Mistrauen gegen Frömmler.

*2 So andächtig, wie ein junger Priester.

Im Anfange zeigt man immer den meisten Eifer.

Frz.: Il n'est dévotion que de jeune prêtre.


Andel (Diminutiv von Anna).

Andel und Kandel machen einen bösen Wandel.Parömiakon, 5.

Liebe und Trunk verführen sehr häufig.


Andere.

1 An andern sieht man 's kleinste Läuschen, an sich keine Hundslaus.

2 Andern fängt man Ratten, sich kann man keine Maus fangen.

3 Andern flickt man die Säcke, die seinen lässt man die Mäuse fressen.

Frz.: Les cordonniers sont ordinairement les plus mal chaussés.

4 Andern zum Ergetzen, sich zu Tode zu hetzen. (Wend. Lausitz.)

5 Lade andere nicht zu Gast, wenn du selbst aufissest, was du hast (oder: wenn du selber nichts zu essen hast).

6 Man muss keinen andern stellen, wo man selber gehen soll.

7 Mit anderer Sachen muss man behutsamer umgehen als mit den eigenen.

8 Mögen andere meine Lasten tragen, bleib' ich nur frei von Plagen.

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[[38]/0066] Anbauen. Niemand baut gern an, was er nicht verkaufen kann. Anbeissen. 1 Wer (jung) anbeisst, lässt selten mehr davon. – Blum, 116; Siebenkees, 128; Bücking, 350. Wer nicht vor dem ersten Schritt der Thorheit sich hütet, ist in Gefahr immer tiefer zu sinken; denn man gewöhnt sich nur nach und nach ans Laster. Lat.: Periculosum est, canem intestina gustasse. Ung.: Ifjú szokás, öreg gyakorlás. 2 Wer angebissen hat, der thut nimmer gut. Lat.: Qui semel scurra, nunquam bonus pater familias. *3 Einen anbeissen lassen. Einen ins Verderben locken. Frz.: Faire avaler le goujon à quelqu'un. Lat.: E nassa escam petere. (Plaut.) *4 Er hat angebissen. Lat.: Bolo tactus est. – Hamum voravit. *5 Er will nicht anbeissen. Grosse Abneigung gegen den Anfang eines Geschäfts zeigen. Vom Fange der Thiere entlehnt, deren man sich dadurch zu bemächtigen sucht, dass man ihnen eine Lockspeise bietet, die sie aber nicht selten unberührt lassen, wenn sie den Zweck merken. *6 Man kann jetzt anbeissen. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 1053. Um zu sagen, dass ein Uebel gehoben sei. Ein Rabbiner war sehr krank, die Gemeinde ordnete einen Fasttag an. Gegen Abend trat Besserung ein; der Gemeindediener ging von Haus zu Haus und that kund: „Der Rewe (Rabbi) hat Erleichterung bekommen, Kahel (die Gemeinde) darf anbeissen (wieder essen).“ Anbellen. * Er bellt den Mond an. Auf einen schimpfen; einem drohen, dem man nicht schaden kann. Anbeten. 1 Man betet lieber die aufgehende, als die untergehende Sonne an. Man hält sich lieber an den Glücklichen, als an den Unglücklichen. 2 Man betet viele für Heilige im Himmel an und sie sind in der Hölle. 3 Was man nicht anbeten soll, muss Gott selbst begraben. *4 Er betet das goldene Kalb an. Anbieten. 1 De sick anbaut, dessen Laun (Lohn) was nich graut (gross). (Osnabrück.) – Firmenich, III, 162. 2 Was man anbietet, muss man annehmen. 3 Wêi sik anbäut, deam siyn Dank was nit gräut. (Büren.) *4 Er bietet an, ohne dass man nehmen kann. Wenn jemand nur zum Schein anbietet; wenn es mit dem Geben nicht Ernst ist. Frz.: Ce n'est que manière de dire qu'il vous l'offre. Anbinden. 1 Wer bindet gern mit Grossen an! *2 Er bindet immer wieder an, wenn man ihm auch garstig heimleuchtet. Lat.: Gallus insilit. *3 Er bindet mit allen an. Beisst, zankt sich mit allen herum. Lat.: Martis campus. (Suidas.) – Martis pullus. (Laert.) *4 Er ist angebunden, wie Gretchen im Faust. D. h. kurz, rasch entschlossen. *5 Er ist kurz angebunden. Geräth leicht in Zorn. Frz.: Avoir la tête près du bonnet. *6 Mit einem anbinden. Sich mit ihm in einen Streit einlassen. Anbiss. 1 Der erste Anbiss thut's. 2 Man muss sich vor dem ersten Anbiss hüten. Anblasen. 1 Durch Anblasen treibt man die Flamme aus der Kohle und den Zorn aus einem bösen Worte. *2 Er hat ihn angeblasen, wie der Arsch die Nasen. (Leipzig.) *3 Er kann nicht anblasen. – Tendlau, 172. Von dem, der bei irgendeiner Sache, die er gelernt haben will, die ersten Elemente davon nicht innehat, nicht einmal anfangen kann. Anblick. 1 Der Anblick der Berge erweckt die Sehnsucht nach den Thälern. – Altmann I. 2 Der Anblick erzeugt die Liebe. 3 Der Anblick ist gut, sagte der Teufel, da sah er einen Pfaffen im Hurenhause. *4 Der Anblick ist gut für kranke Augen. (Schott.) *5 Ein attischer Anblick – ist bei Aristophanes ein unverschämtes Gesicht oder Maul, weil an diesem Fehler die Sitten der Attiker litten. Lat.: Atticus aspectus. (Erasm., 385.) *6 Ein titanischer Anblick. Furchtbar und ernst, wie das Aussehen der Titanen geschildert wird. Lat.: Titanicus aspectus. (Erasm., 545.) Anböten. Me bött nit äger an, bit me koaken well. (Attendorn.) – Firmenich, I, 356. Man zündet nicht eher an, bis man kochen will. Anbrennen. *1 Er ist angebrannt. *2 Nich licht wat anbrennen laten. – Grimm, I, 300. Eine Sache schnell verrichten. Andacht. 1 Andacht – Andaucht. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 210, 670. Ein Wortspiel der Alten in der Neuzeit, um das Wort Andacht durch Vergleich mit Andaucht (Abzugskanal) herabzusetzen. 2 Andacht steht nicht wohl auf einem vollen Bauch. 3 Der Welschen Andacht und der Deutschen Fasten sind beide keine Bohne werth. – Luther, 367. Dän.: Drukken mands andagt, qvinde-graad, og dobblers ed er intet værd. Lat.: Italorum devotio, et Germanorum jejunia, fabam valent omnia. 4 Es ist nur Andacht bei jungen (neuen) Priestern. (Franz.) 5 Genöthigte Andacht währt nicht lange, sagte der Hund, und fing an zu bellen. 6 Kurze Andacht ist die beste, sagte Hans, da schlug er 's Kreuz und ging wieder aus der Kirche fort. 7 Man muss seine Andacht nicht bis aufs Tanzhaus und seine Fastnacht nicht bis auf den Charfreitag sparen. 8 Wenig Andacht, aber viel Verdacht! *9 In der Andacht liegen, wie der Pfaffe vor dem Palmesel. Es war früher an einigen Orten Sitte, das Bild des Erlösers in Lebensgrösse auf einem hölzernen Esel um die Kirche zu tragen. In manchen Kirchen hatte der Palmesel seine eigene Kapelle, worin er aufbewahrt und von dem abergläubischen Volke verehrt wurde. Andächtig. 1 Aussen andächtig, innen verdächtig. Empfiehlt Mistrauen gegen Frömmler. *2 So andächtig, wie ein junger Priester. Im Anfange zeigt man immer den meisten Eifer. Frz.: Il n'est dévotion que de jeune prêtre. Andel (Diminutiv von Anna). Andel und Kandel machen einen bösen Wandel. – Parömiakon, 5. Liebe und Trunk verführen sehr häufig. Andere. 1 An andern sieht man 's kleinste Läuschen, an sich keine Hundslaus. 2 Andern fängt man Ratten, sich kann man keine Maus fangen. 3 Andern flickt man die Säcke, die seinen lässt man die Mäuse fressen. Frz.: Les cordonniers sont ordinairement les plus mal chaussés. 4 Andern zum Ergetzen, sich zu Tode zu hetzen. (Wend. Lausitz.) 5 Lade andere nicht zu Gast, wenn du selbst aufissest, was du hast (oder: wenn du selber nichts zu essen hast). 6 Man muss keinen andern stellen, wo man selber gehen soll. 7 Mit anderer Sachen muss man behutsamer umgehen als mit den eigenen. 8 Mögen andere meine Lasten tragen, bleib' ich nur frei von Plagen. Lat.: Innocuus alium aspiciam, meum habentem malum. (Erasm., 54.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [38]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/66>, abgerufen am 25.04.2024.