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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] 16 Wer seine Keuschheit hält, Gott und Menschen wolgefelt. - Froschm., Aaiiib.

17 Wo die Keuschheit fehlt, gedeiht (besteht) die Liebe nicht.

Die Russen: Wem die Lilie der Unschuld nicht gedeiht, dem wird auch die Rose der Liebe nicht gedeihen. (Altmann VI, 495.)

*18 Sie hat die Keuschheit an den Nagel gehangen.

Frz.: C'est une Vestale de marais. (Kritzinger, 711a.)

*19 Sie will Keuschheit von den Huren lernen. - Altmann VI, 523.


Kibitz.

1 Wer noch von keinem Kibitz gegessen hat, der hat noch nichts Gutes gekostet.

*2 De Kiwitt will dat gansse Land (auch Moor) verbidden1 un kann sin egen Nest nig verbidden. (Holst.) - Schütze, IV, 261; IV, 301; hochdeutsch bei Petri, II, 97.

1) D. i. er will alles haben und vertreten und kann sein eigen Nest nicht beschützen, behaupten. Bei Eichwald (1029): verdegn (vertheidigen). - Von machtlosen Prahlhänsen.

3 Der Kibitz schreit erst, wenn er weit vom Nest ist.

Engl.: The lapwing cries most farthest from her nest. (Bohn II, 168.)


Kibitzei.

Das Kibitzei in der Hand ist besser als der Kibitz im Rohr.


Kick.

* Er hat a Kick (Blick) wie (von) a guten Jüden1. (Jüd.-deutsch. Brody.)

1) Mit "guten Jüden" wird ein jüdischer Pfaff gemeint, und man gebraucht die Redensart, um einen sehr durchdringenden Blick zu bezeichnen.


Kicken.

* Er darf nicht kicken.

Nicht das Maul regen, nicht mucken oder mucksen. Auch niederdeutsch: Er hat nicht davon kicket (Brem. Wb., II, 718), d. h. nicht das Geringste darüber geäussert. (Vgl. Grimm, V, 661.)


Kickindiewelt.

* Ein Keikindiewelt. - Dähnert, 295b.

Ein junger Mensch ohne Erfahrung, der aber doch mitreden will.


Kicks.

* Weder kicks noch kacks sagen (wissen). - Grimm, V, 663.

Nicht das Geringste. (S. Gicks.)


Kickskacks.

* Das ist kein blosses Kickskacks. - Grimm, V, 663.

Kein inhaltloses, leeres Gerede.


Kickwort.

* Ik draff nich en Kickwort sprek'n. - Eichwald, 2084.


[Spaltenumbruch]
Kief.

Ein alter Kieff ist bald wieder ernewert. - Petri, II, 164.


Kiefel.

Der kifel ist der alten stütz. - Franck, I, 30a; Eyering, I, 503; Petri, II, 97; Gruter, I, 16; Gaal, 37; Schottel, 1124a; Blum, 617; Körte, 3352.

"D. i. das alter hat keynn andern stütz, dann das tregle vnnd trünckle; da künnen sie den gantzen tag nagen vnnd kifen, das sie jhr alter trösten mit jhrem mumlen." Kiefel auch Kiffel, Nebenform von Kiefer und im obigen Sprichwort Wortspiel zwischen Kiefel und keifen. Der Kiefel ist ursprünglich das kifende, kauende Werkzeug. (Vgl. Grimm, V, 665.) "Es gibt Alte, die den ganzen Tag essen, oft das Unverdaulichste und es bekommt ihnen gut; so spinnen sie den Lebensfaden oft länger als erwartet wird, fort."


Kiefelarbeit.

*1 Einem Kiefelarbeit auftragen.

Von einer zänkischen Frau heisst es: "Sie gibt jhrem Manne alle Tage Kifelarbeit zu essen." (Mathesy, I, 161b.)

*2 Einen mit Kiefelarbeit füttern (nähren).


Kiefen.

1 Wer kieft, mit dem ist gut spielen, den er gewint nicht, sonst kiefet er nicht. - Petri, II, 729.

Kiefen, Nebenform von Keifen. (Vgl. Grimm, V, 445 u. 658.)

*2 Er darff nit kifen kauffen, sein weib gibt jm zu weihnachten gnug. - Franck, II, 74b; Eyering, II, 223; Simrock, 5572; Körte, 3353.


Kiefer (die).

*1 Etwas wie eine Kiefer abhauen. (Altgr.)

Wenn jemand ganz, unrettbar zu Grunde geht, sodass er nie wieder in seine vorige Lage kommen kann, weil Kiefern, einmal abgehauen, nie wieder ausschlagen.

*2 Seck in de Kewen fallen. - Mussäus, Mecklenb. Jahrb., II, 125.

Für umarmen, küssen.


Kieferbse.

*1 Er hat all Tag sein Kieferbeiss.

Auch Kiff-erbiss, Keif-erbiss. Eigentlich grüne Erbse, Erbse in der Schote (Kiefe), die noch grün in der Schote festsitzt, dann aber auch die Schoten sammt den Erbsen. Wie man nun die Erbsen aus der Schote nagt oder kift, keift, so wandte man diese Keif- oder Kief-erbeiss (Kieferbse) im 15. und 16. Jahrhundert zu verblümten Redensarten für ehelichen Zank an, besonders von seiten der Frau. So heisst es bei H. Sachs (I, 499a); "Hat er gemacht vil böser eh, dass mancher pawr kiferbeis as, wiewol es vmb weinachten was." Der Mann bekam zu Weihnacht nichts als Keiferbsen, d. h. Scheltworte. "Ich müst sunst dieses ganze jar stetig kifferbiss von ir essen." (H. Sachs, III, 3, 30d.) " Kifferbeiss wachsen mir all tag in meinem haus in allen gmachen." (Vgl. Ayrer, Fastn., 81b.)

*2 Jemand Kifferbsen kochen, auftragen.

Vorwürfe für ihn vorbereiten oder ihm machen.


Kiel.

1 Kiele, Räder, Rand um das Land. (Holl.)

Die Kiele bezeichnen die Schiffahrt, die Räder den Ackerbau und der Rand die Deiche, mit denen die Insel Seeland, der das Sprichwort angehört, eingefasst ist. (Sprenger, I, Vorw. S. 8.)

*2 Den kiel nach dem andern schlagen. (S. Beissel.) - Tappius, 206b.


Kiel (Name).

Kiel is dat hoge Fest, Rendsburg is dat Kraiennest, Schleswig is de Waterpol, Eckernförd de Kakstol. (Holst.) - Schütze, II, 253; Jahrbuch für Schlesw.-Holst. und Lauenburg, V, 365.

Alte Charakteristik von vier holsteinischen Städten. Water = Wasser, Pol = Pfuhl, Sumpf.


Kielholen.

*1 Er ist gekielholt worden.

Von jemand, den man durch und durch nass gemacht hat; weil Kielholen eine Schifferstrafe ist, die darin besteht, dass man den Sträfling mittels eines Taues unter dem Schiffe durchzieht. Das trockene Kielholen ist milder, blosses Eintauchen bis auf eine gewisse Tiefe, eine Strafe, wie sie auch auf dem Lande im frühern Rechtsgebrauch begründet war und Wippen genannt wurde. (Vgl. Grimm, Wb., V, 679; Grimm, Rechtsalt., 726.)

*2 Sie fängt an zu kielholen.

Von Frauen in Seestädten, um anzudeuten, dass sie an die Säuberung ihres Hauses gehen. Kielholen heisst ein Schiff auf die Seite legen, um den Schiffskiel zu untersuchen und auszubessern.


Kielwasser.

*1 Bleib mir aus dem Kielwasser.

Holl.: Blijf uit zijn kielwater, of gij raakt in zijn zog. (Harrebomee, I, 399a.)

*2 Er segelt ihm ins Kielwasser.

Verfolgt ihn auf den Fersen. Kielwasser ist die Furche, welche der Gang des Schiffs im Wasser pflügt.

Holl.: Hij zeilt hem in het kielwater. (Harrebomee, I, 399a.)


Kiemen.

Ich brauche die Kiemen so nothwendig wie die Flossen, sagte der Karpfen zum Krebs. - Altmann, V, 85.


Kien.

*1 Du musstest deinen Kien auch dazulegen, sonst hätte es nicht gebrannt. (Niederlausitz.)

*2 Ik kaom dei gleik up'n Kein.

*3 Ik warr dei up'n Kein passen. (Pommern.)

Dem Sinne nach, bemerkt Fr. Hasenow, bedeutet das letztere: auf die Finger sehen, scharf im Auge behalten und jeden Fehler sofort strafen; das erstere: ich prügle dich sofort durch. Beides drohend; aber wie der (Kien, taeda) eigentlich dazu kommt, ist mir für ersteres besonders nicht klar; in der andern, selbstverständlich auch sehr variablen Redensart kann der Kien als der Obhut oder zum Verkauf dem Bedrohten anvertraut, dieser selbst als der Kienverkäufer gedacht sein, wobei der Drohende gewissermassen aufpassen will, dass jedes Bündchen vollzählig sei u. s. w., der Handel richtig betrieben werde, woraus dann in nicht ungewöhnlicher Erwiderung Kienkram heisst, was der Betreffende unter Händen, im Betrieb hat; dabei kann Kien als jämmerlicher Handelsartikel absichtlich Verachtung des ganzen Thuns und Treibens des Bedrohten ausdrücken. Aber die Drohung, einem auf den Kien kommen zu wollen, wird auch sehr oft gehört, und ihre Genesis vermag ich

[Spaltenumbruch] 16 Wer seine Keuschheit hält, Gott und Menschen wolgefelt.Froschm., Aaiiib.

17 Wo die Keuschheit fehlt, gedeiht (besteht) die Liebe nicht.

Die Russen: Wem die Lilie der Unschuld nicht gedeiht, dem wird auch die Rose der Liebe nicht gedeihen. (Altmann VI, 495.)

*18 Sie hat die Keuschheit an den Nagel gehangen.

Frz.: C'est une Vestale de marais. (Kritzinger, 711a.)

*19 Sie will Keuschheit von den Huren lernen.Altmann VI, 523.


Kibitz.

1 Wer noch von keinem Kibitz gegessen hat, der hat noch nichts Gutes gekostet.

*2 De Kiwitt will dat gansse Land (auch Moor) verbidden1 un kann sin egen Nest nig verbidden. (Holst.) – Schütze, IV, 261; IV, 301; hochdeutsch bei Petri, II, 97.

1) D. i. er will alles haben und vertreten und kann sein eigen Nest nicht beschützen, behaupten. Bei Eichwald (1029): verdegn (vertheidigen). – Von machtlosen Prahlhänsen.

3 Der Kibitz schreit erst, wenn er weit vom Nest ist.

Engl.: The lapwing cries most farthest from her nest. (Bohn II, 168.)


Kibitzei.

Das Kibitzei in der Hand ist besser als der Kibitz im Rohr.


Kick.

* Er hat a Kick (Blick) wie (von) a guten Jüden1. (Jüd.-deutsch. Brody.)

1) Mit „guten Jüden“ wird ein jüdischer Pfaff gemeint, und man gebraucht die Redensart, um einen sehr durchdringenden Blick zu bezeichnen.


Kicken.

* Er darf nicht kicken.

Nicht das Maul regen, nicht mucken oder mucksen. Auch niederdeutsch: Er hat nicht davon kicket (Brem. Wb., II, 718), d. h. nicht das Geringste darüber geäussert. (Vgl. Grimm, V, 661.)


Kickindiewelt.

* Ein Kîkindiewelt.Dähnert, 295b.

Ein junger Mensch ohne Erfahrung, der aber doch mitreden will.


Kicks.

* Weder kicks noch kacks sagen (wissen).Grimm, V, 663.

Nicht das Geringste. (S. Gicks.)


Kickskacks.

* Das ist kein blosses Kickskacks.Grimm, V, 663.

Kein inhaltloses, leeres Gerede.


Kickwort.

* Ik draff nich ên Kickwort sprek'n.Eichwald, 2084.


[Spaltenumbruch]
Kief.

Ein alter Kieff ist bald wieder ernewert.Petri, II, 164.


Kiefel.

Der kifel ist der alten stütz.Franck, I, 30a; Eyering, I, 503; Petri, II, 97; Gruter, I, 16; Gaal, 37; Schottel, 1124a; Blum, 617; Körte, 3352.

„D. i. das alter hat keynn andern stütz, dann das tregle vnnd trünckle; da künnen sie den gantzen tag nagen vnnd kifen, das sie jhr alter trösten mit jhrem mumlen.“ Kiefel auch Kiffel, Nebenform von Kiefer und im obigen Sprichwort Wortspiel zwischen Kiefel und keifen. Der Kiefel ist ursprünglich das kifende, kauende Werkzeug. (Vgl. Grimm, V, 665.) „Es gibt Alte, die den ganzen Tag essen, oft das Unverdaulichste und es bekommt ihnen gut; so spinnen sie den Lebensfaden oft länger als erwartet wird, fort.“


Kiefelarbeit.

*1 Einem Kiefelarbeit auftragen.

Von einer zänkischen Frau heisst es: „Sie gibt jhrem Manne alle Tage Kifelarbeit zu essen.“ (Mathesy, I, 161b.)

*2 Einen mit Kiefelarbeit füttern (nähren).


Kiefen.

1 Wer kieft, mit dem ist gut spielen, den er gewint nicht, sonst kiefet er nicht.Petri, II, 729.

Kiefen, Nebenform von Keifen. (Vgl. Grimm, V, 445 u. 658.)

*2 Er darff nit kifen kauffen, sein weib gibt jm zu weihnachten gnug.Franck, II, 74b; Eyering, II, 223; Simrock, 5572; Körte, 3353.


Kiefer (die).

*1 Etwas wie eine Kiefer abhauen. (Altgr.)

Wenn jemand ganz, unrettbar zu Grunde geht, sodass er nie wieder in seine vorige Lage kommen kann, weil Kiefern, einmal abgehauen, nie wieder ausschlagen.

*2 Seck in de Kêwen fallen.Mussäus, Mecklenb. Jahrb., II, 125.

Für umarmen, küssen.


Kieferbse.

*1 Er hat all Tag sein Kieferbeiss.

Auch Kiff-erbiss, Keif-erbiss. Eigentlich grüne Erbse, Erbse in der Schote (Kiefe), die noch grün in der Schote festsitzt, dann aber auch die Schoten sammt den Erbsen. Wie man nun die Erbsen aus der Schote nagt oder kift, keift, so wandte man diese Keif- oder Kief-erbeiss (Kieferbse) im 15. und 16. Jahrhundert zu verblümten Redensarten für ehelichen Zank an, besonders von seiten der Frau. So heisst es bei H. Sachs (I, 499a); „Hat er gemacht vil böser eh, dass mancher pawr kiferbeis as, wiewol es vmb weinachten was.“ Der Mann bekam zu Weihnacht nichts als Keiferbsen, d. h. Scheltworte. „Ich müst sunst dieses ganze jar stetig kifferbiss von ir essen.“ (H. Sachs, III, 3, 30d.) „ Kifferbeiss wachsen mir all tag in meinem haus in allen gmachen.“ (Vgl. Ayrer, Fastn., 81b.)

*2 Jemand Kifferbsen kochen, auftragen.

Vorwürfe für ihn vorbereiten oder ihm machen.


Kiel.

1 Kiele, Räder, Rand um das Land. (Holl.)

Die Kiele bezeichnen die Schiffahrt, die Räder den Ackerbau und der Rand die Deiche, mit denen die Insel Seeland, der das Sprichwort angehört, eingefasst ist. (Sprenger, I, Vorw. S. 8.)

*2 Den kiel nach dem andern schlagen. (S. Beissel.) – Tappius, 206b.


Kiel (Name).

Kiel is dat hoge Fest, Rendsburg is dat Kraiennest, Schleswig is de Waterpôl, Eckernförd de Kakstôl. (Holst.) – Schütze, II, 253; Jahrbuch für Schlesw.-Holst. und Lauenburg, V, 365.

Alte Charakteristik von vier holsteinischen Städten. Water = Wasser, Pôl = Pfuhl, Sumpf.


Kielholen.

*1 Er ist gekielholt worden.

Von jemand, den man durch und durch nass gemacht hat; weil Kielholen eine Schifferstrafe ist, die darin besteht, dass man den Sträfling mittels eines Taues unter dem Schiffe durchzieht. Das trockene Kielholen ist milder, blosses Eintauchen bis auf eine gewisse Tiefe, eine Strafe, wie sie auch auf dem Lande im frühern Rechtsgebrauch begründet war und Wippen genannt wurde. (Vgl. Grimm, Wb., V, 679; Grimm, Rechtsalt., 726.)

*2 Sie fängt an zu kielholen.

Von Frauen in Seestädten, um anzudeuten, dass sie an die Säuberung ihres Hauses gehen. Kielholen heisst ein Schiff auf die Seite legen, um den Schiffskiel zu untersuchen und auszubessern.


Kielwasser.

*1 Bleib mir aus dem Kielwasser.

Holl.: Blijf uit zijn kielwater, of gij raakt in zijn zog. (Harrebomée, I, 399a.)

*2 Er segelt ihm ins Kielwasser.

Verfolgt ihn auf den Fersen. Kielwasser ist die Furche, welche der Gang des Schiffs im Wasser pflügt.

Holl.: Hij zeilt hem in het kielwater. (Harrebomée, I, 399a.)


Kiemen.

Ich brauche die Kiemen so nothwendig wie die Flossen, sagte der Karpfen zum Krebs.Altmann, V, 85.


Kien.

*1 Du musstest deinen Kien auch dazulegen, sonst hätte es nicht gebrannt. (Niederlausitz.)

*2 Ik kaom dî glîk up'n Kîn.

*3 Ik warr dî up'n Kîn passen. (Pommern.)

Dem Sinne nach, bemerkt Fr. Hasenow, bedeutet das letztere: auf die Finger sehen, scharf im Auge behalten und jeden Fehler sofort strafen; das erstere: ich prügle dich sofort durch. Beides drohend; aber wie der (Kien, taeda) eigentlich dazu kommt, ist mir für ersteres besonders nicht klar; in der andern, selbstverständlich auch sehr variablen Redensart kann der Kien als der Obhut oder zum Verkauf dem Bedrohten anvertraut, dieser selbst als der Kienverkäufer gedacht sein, wobei der Drohende gewissermassen aufpassen will, dass jedes Bündchen vollzählig sei u. s. w., der Handel richtig betrieben werde, woraus dann in nicht ungewöhnlicher Erwiderung Kienkram heisst, was der Betreffende unter Händen, im Betrieb hat; dabei kann Kien als jämmerlicher Handelsartikel absichtlich Verachtung des ganzen Thuns und Treibens des Bedrohten ausdrücken. Aber die Drohung, einem auf den Kien kommen zu wollen, wird auch sehr oft gehört, und ihre Genesis vermag ich

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[[632]/0638] 16 Wer seine Keuschheit hält, Gott und Menschen wolgefelt. – Froschm., Aaiiib. 17 Wo die Keuschheit fehlt, gedeiht (besteht) die Liebe nicht. Die Russen: Wem die Lilie der Unschuld nicht gedeiht, dem wird auch die Rose der Liebe nicht gedeihen. (Altmann VI, 495.) *18 Sie hat die Keuschheit an den Nagel gehangen. Frz.: C'est une Vestale de marais. (Kritzinger, 711a.) *19 Sie will Keuschheit von den Huren lernen. – Altmann VI, 523. Kibitz. 1 Wer noch von keinem Kibitz gegessen hat, der hat noch nichts Gutes gekostet. *2 De Kiwitt will dat gansse Land (auch Moor) verbidden1 un kann sin egen Nest nig verbidden. (Holst.) – Schütze, IV, 261; IV, 301; hochdeutsch bei Petri, II, 97. 1) D. i. er will alles haben und vertreten und kann sein eigen Nest nicht beschützen, behaupten. Bei Eichwald (1029): verdegn (vertheidigen). – Von machtlosen Prahlhänsen. 3 Der Kibitz schreit erst, wenn er weit vom Nest ist. Engl.: The lapwing cries most farthest from her nest. (Bohn II, 168.) Kibitzei. Das Kibitzei in der Hand ist besser als der Kibitz im Rohr. Kick. * Er hat a Kick (Blick) wie (von) a guten Jüden1. (Jüd.-deutsch. Brody.) 1) Mit „guten Jüden“ wird ein jüdischer Pfaff gemeint, und man gebraucht die Redensart, um einen sehr durchdringenden Blick zu bezeichnen. Kicken. * Er darf nicht kicken. Nicht das Maul regen, nicht mucken oder mucksen. Auch niederdeutsch: Er hat nicht davon kicket (Brem. Wb., II, 718), d. h. nicht das Geringste darüber geäussert. (Vgl. Grimm, V, 661.) Kickindiewelt. * Ein Kîkindiewelt. – Dähnert, 295b. Ein junger Mensch ohne Erfahrung, der aber doch mitreden will. Kicks. * Weder kicks noch kacks sagen (wissen). – Grimm, V, 663. Nicht das Geringste. (S. Gicks.) Kickskacks. * Das ist kein blosses Kickskacks. – Grimm, V, 663. Kein inhaltloses, leeres Gerede. Kickwort. * Ik draff nich ên Kickwort sprek'n. – Eichwald, 2084. Kief. Ein alter Kieff ist bald wieder ernewert. – Petri, II, 164. Kiefel. Der kifel ist der alten stütz. – Franck, I, 30a; Eyering, I, 503; Petri, II, 97; Gruter, I, 16; Gaal, 37; Schottel, 1124a; Blum, 617; Körte, 3352. „D. i. das alter hat keynn andern stütz, dann das tregle vnnd trünckle; da künnen sie den gantzen tag nagen vnnd kifen, das sie jhr alter trösten mit jhrem mumlen.“ Kiefel auch Kiffel, Nebenform von Kiefer und im obigen Sprichwort Wortspiel zwischen Kiefel und keifen. Der Kiefel ist ursprünglich das kifende, kauende Werkzeug. (Vgl. Grimm, V, 665.) „Es gibt Alte, die den ganzen Tag essen, oft das Unverdaulichste und es bekommt ihnen gut; so spinnen sie den Lebensfaden oft länger als erwartet wird, fort.“ Kiefelarbeit. *1 Einem Kiefelarbeit auftragen. Von einer zänkischen Frau heisst es: „Sie gibt jhrem Manne alle Tage Kifelarbeit zu essen.“ (Mathesy, I, 161b.) *2 Einen mit Kiefelarbeit füttern (nähren). Kiefen. 1 Wer kieft, mit dem ist gut spielen, den er gewint nicht, sonst kiefet er nicht. – Petri, II, 729. Kiefen, Nebenform von Keifen. (Vgl. Grimm, V, 445 u. 658.) *2 Er darff nit kifen kauffen, sein weib gibt jm zu weihnachten gnug. – Franck, II, 74b; Eyering, II, 223; Simrock, 5572; Körte, 3353. Kiefer (die). *1 Etwas wie eine Kiefer abhauen. (Altgr.) Wenn jemand ganz, unrettbar zu Grunde geht, sodass er nie wieder in seine vorige Lage kommen kann, weil Kiefern, einmal abgehauen, nie wieder ausschlagen. *2 Seck in de Kêwen fallen. – Mussäus, Mecklenb. Jahrb., II, 125. Für umarmen, küssen. Kieferbse. *1 Er hat all Tag sein Kieferbeiss. Auch Kiff-erbiss, Keif-erbiss. Eigentlich grüne Erbse, Erbse in der Schote (Kiefe), die noch grün in der Schote festsitzt, dann aber auch die Schoten sammt den Erbsen. Wie man nun die Erbsen aus der Schote nagt oder kift, keift, so wandte man diese Keif- oder Kief-erbeiss (Kieferbse) im 15. und 16. Jahrhundert zu verblümten Redensarten für ehelichen Zank an, besonders von seiten der Frau. So heisst es bei H. Sachs (I, 499a); „Hat er gemacht vil böser eh, dass mancher pawr kiferbeis as, wiewol es vmb weinachten was.“ Der Mann bekam zu Weihnacht nichts als Keiferbsen, d. h. Scheltworte. „Ich müst sunst dieses ganze jar stetig kifferbiss von ir essen.“ (H. Sachs, III, 3, 30d.) „ Kifferbeiss wachsen mir all tag in meinem haus in allen gmachen.“ (Vgl. Ayrer, Fastn., 81b.) *2 Jemand Kifferbsen kochen, auftragen. Vorwürfe für ihn vorbereiten oder ihm machen. Kiel. 1 Kiele, Räder, Rand um das Land. (Holl.) Die Kiele bezeichnen die Schiffahrt, die Räder den Ackerbau und der Rand die Deiche, mit denen die Insel Seeland, der das Sprichwort angehört, eingefasst ist. (Sprenger, I, Vorw. S. 8.) *2 Den kiel nach dem andern schlagen. (S. Beissel.) – Tappius, 206b. Kiel (Name). Kiel is dat hoge Fest, Rendsburg is dat Kraiennest, Schleswig is de Waterpôl, Eckernförd de Kakstôl. (Holst.) – Schütze, II, 253; Jahrbuch für Schlesw.-Holst. und Lauenburg, V, 365. Alte Charakteristik von vier holsteinischen Städten. Water = Wasser, Pôl = Pfuhl, Sumpf. Kielholen. *1 Er ist gekielholt worden. Von jemand, den man durch und durch nass gemacht hat; weil Kielholen eine Schifferstrafe ist, die darin besteht, dass man den Sträfling mittels eines Taues unter dem Schiffe durchzieht. Das trockene Kielholen ist milder, blosses Eintauchen bis auf eine gewisse Tiefe, eine Strafe, wie sie auch auf dem Lande im frühern Rechtsgebrauch begründet war und Wippen genannt wurde. (Vgl. Grimm, Wb., V, 679; Grimm, Rechtsalt., 726.) *2 Sie fängt an zu kielholen. Von Frauen in Seestädten, um anzudeuten, dass sie an die Säuberung ihres Hauses gehen. Kielholen heisst ein Schiff auf die Seite legen, um den Schiffskiel zu untersuchen und auszubessern. Kielwasser. *1 Bleib mir aus dem Kielwasser. Holl.: Blijf uit zijn kielwater, of gij raakt in zijn zog. (Harrebomée, I, 399a.) *2 Er segelt ihm ins Kielwasser. Verfolgt ihn auf den Fersen. Kielwasser ist die Furche, welche der Gang des Schiffs im Wasser pflügt. Holl.: Hij zeilt hem in het kielwater. (Harrebomée, I, 399a.) Kiemen. Ich brauche die Kiemen so nothwendig wie die Flossen, sagte der Karpfen zum Krebs. – Altmann, V, 85. Kien. *1 Du musstest deinen Kien auch dazulegen, sonst hätte es nicht gebrannt. (Niederlausitz.) *2 Ik kaom dî glîk up'n Kîn. *3 Ik warr dî up'n Kîn passen. (Pommern.) Dem Sinne nach, bemerkt Fr. Hasenow, bedeutet das letztere: auf die Finger sehen, scharf im Auge behalten und jeden Fehler sofort strafen; das erstere: ich prügle dich sofort durch. Beides drohend; aber wie der (Kien, taeda) eigentlich dazu kommt, ist mir für ersteres besonders nicht klar; in der andern, selbstverständlich auch sehr variablen Redensart kann der Kien als der Obhut oder zum Verkauf dem Bedrohten anvertraut, dieser selbst als der Kienverkäufer gedacht sein, wobei der Drohende gewissermassen aufpassen will, dass jedes Bündchen vollzählig sei u. s. w., der Handel richtig betrieben werde, woraus dann in nicht ungewöhnlicher Erwiderung Kienkram heisst, was der Betreffende unter Händen, im Betrieb hat; dabei kann Kien als jämmerlicher Handelsartikel absichtlich Verachtung des ganzen Thuns und Treibens des Bedrohten ausdrücken. Aber die Drohung, einem auf den Kien kommen zu wollen, wird auch sehr oft gehört, und ihre Genesis vermag ich

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [632]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/638>, abgerufen am 28.03.2024.