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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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Krummstab.

1 Kölnischer Krummstab schliesst die Spindel (Weiber) aus. - Eiselein, 398; Graf, 560, 80.

Gegen unbedingte Weiberlehen. Gegen das folgende Sprichwort gerichtet und zu der Zeit entstanden, als nach dem Ableben des Besitzers des Gutes Reinsheim der Schwestersohn des kölnischen Erzbischofs sich des Besitzes anmasste, indem er die weibliche Erbfolge bestritt. (Vgl. Cöllnischer Krumm-Staab schleusst die Weiber aus oder Vorstellung, dass die Erz-Stift Cöllnische Lehen regulariter auf den Mann-Stamm allein gerichtet, Hildesheim 1725; Noptisch, 58.)

2 Krummstab schleusst niemand aus. - Hertius, II, 20; Eisenhart, 686; Pistor., VI, 38; Eiselein, 398; Hillebrand, 80, 108; Graf, 560, 79; Körte, 3577; Simrock, 5995; Braun, I, 2040; Hesekiel, 12; Thummermuth in Nopitsch, 42, 56, 58 u. 59; D. Jo. Paul. Kressii diss. de proverbio: Unterm Krummstab u. s. w. (Jena 1712).

Der Krummstab (krumme Stab) ist das Zeichen der bischöflichen Gewalt. Lehne, die jemand von einem Erzbischof (Bischof, Abt) empfangen, wurden krummstäbische genannt. Es entstand die Frage, ob nach Abgang der männlichen Nachkommen des Vasallen auch weibliche Nachkommen desselben ohne Ausnahme sie erben könnten. Diese Frage wird durch das vorstehende Sprichwort bejaht. Es entstand jedoch im 17. Jahrhundert heftiger Streit darüber, indem sich ein tüchtiger Advocat Namens Thummermuth dagegen erklärte. (Vgl. Wernh. Thummermut, Krummstab schleusst u. s. w. hoc est votiva relatio compromissi feudalis inter Dominum Ferdinandum Archiepisc. Colon. et statum patriae etc. diss. praeliminari J. P. Kressii 1718. Desselben Tractat. Colon., Agrippina 1738.) Auch hat man in der Folge angenommen, dass krummstäbische Lehen nur dann Weiberlehen sind, wenn es in der Belehnung ausdrücklich ausgesprochen worden ist.

3 Krummstabs Regiment, der Faulheit Element. - Simrock, 5996; Körte, 3578; Braun, I, 2039.

4 Unterm Krummstab ist gut leben (wohnen). - Pistor., VIII, 2; Eiselein, 399; Mayer, I, 146; Sailer, 234; Klosterspiegel, 23, 13; Simrock, 5994; Körte, 3579; Braun, I, 2038.

D. h. Unterthanen der Bischöfe geniessen viele Vortheile vor den Unterthanen der weltlichen Fürsten. Ausser der gelinden Regierung, welche einerseits das Sprichwort rechtfertigt, findet es auch darin seine Bestätigung, dass in den unruhigen Zeiten Deutschlands die Schwächern, um nicht durch Räubereien und Befehdungen ein Raub des Stärkern zu werden, sich unter den Schutz der Bischöfe begaben, indem sie diesen ihre eigenen Güter zu Lehen auftrugen, wodurch sie Schutz und ruhige Tage erhielten, weil man aus Furcht vorm Kirchenbann bei den grössten Gewaltthätigkeiten doch die Kirchen und die Güter der Geistlichen unangetastet liess. Die Lateiner urtheilen über das Regiment der Geistlichen weniger gut, wovon ihr selbst in Palästina gangbares Sprichwort Zeuge ist: A judiciis ecclesiasticis liberae nos Domine, d. h. von dem kirchlichen Gericht befrei uns lieber Herre Gott. (Vgl. über das obige Sprichwort auch J. P., Disquisitio juridica peroemiae: Unter dem Krummstabe u. s. w., Köln 1738. Dessen Diss. de paroemia: Unter dem krummen Stabe u. s. w., Jena 1747. Ferner: Das Papstthum in seiner tiefsten Erniedrigung, Leipzig 1832, zweiter Nachtrag, S. 24. (S. Stab.))

It.: Si vive bene all' ombra del campanile. (Bohn I, 126.)


Krümmung.

Wer auf die Krümmung des Flusses sieht, wird nicht den Steuermann schelten.

Er wird nicht die Schuld in Personen suchen, die nur in den Umständen liegt. Man muss in seinen Urtheilen auf die letztern Rücksicht nehmen.


Krummweg.

Ein guter Krummweg ist kein Umweg.


Krupen.

1 Ei krup, wat kröppst? Wärscht nich gekrape, wärscht nich versape. - Frischbier2, 2191.

2 Man mot erst kraupen, eh' man lopen kann. (Oldenburg.) - Bueren, 834; Weserzeitung, 4097.

Empfiehlt ruhigen Fortschritt bei jedem Geschäft und warnt vor Ueberstürzung.

3 Man mutt so lange krupen, bitt man gahn lernt. (Ostfries.) - Hauskalender, I.

Dän.: Man skal krybe til man laerer at gaae. (Prov. dan., 362.)

Engl.: You must learn to creep before you go. (Bohn II, 83.)

Schwed.: Man maste krypa til dess man lärer ga. (Grubb, 507.)

*4 Ers krupen, dann gahn. (Rendsburg.)

*5 Hai krüpet as 'n Snal op'r Broke. (Attendorn.) - Firmenich, I, 356, 15.

Er kriecht wie eine Schnecke auf einer Brache.

[Spaltenumbruch] *6 He krüppt up allen veren. - Dähnert, 259a.

Er geht auf Händen und Füssen.

*7 Krup mi man nich möt Gewalt ön e Narsch. - Frischbier2, 142.

*8 Krup ön e Narsch, denn kömmste op kein Derp. - Frischbier2, 143.

*9 Na, so wat kröppt nich. - Frischbier2, 2193.

*10 Sitst (siehst) wat kröppst, kannst nich hucke bliewe. - Frischbier, 420; Frischbier2, 2194.

Zuruf älterer Personen an jüngere, wenn sie sich durch unruhiges Wesen wehe gethan oder beschädigt haben.

*11 So wat krüpt up unsen Böhn nich. (Ukermark.)

So etwas kriecht auf unserm Boden nicht. Ausruf des Erstaunens, der Ueberraschung.

*12 Wat kröppst op em Maschkeball ohne Baljet. - Frischbier2, 2195.


Krüppel.

1 Auch die Krüppel und Lahmen müssen mit fort.

Lat.: Herniosi in campum (sc. prodeunt). (Sutor, 611; Philippi, I, 175; Seybold, 213.)

2 Dass krüppel vnd blinde zu hinderst bleiben, darf man für kein wunder schreiben.

Lat.: Caecos cum claudis in fine uenire uidebis. (Loci comm., 20.)

3 Dat hest drapen, sär dei Kröpel, as en dei Hund in't hölten Bein beten har. (Mecklenburg.)

4 Die Krüppel und Lahmen sind gern beisammen.

Holl.: Met manken leert men kreupel gaan. (Harrebomee, II, 65a.)

5 Krüppel und Lahme wollen nicht daheim bleiben.

6 Krüppel vnd Blinden bleiben allzeit dahinden. - Henisch, 420, 50; Körte, 3574.

Holl.: Kreupelen en blinden komen altijd achter. (Harrebomee, I, 450a.)

7 Krüppel will überall (immer) vortanzen. - Simrock, 5997; Winckler, I, 26.

Holl.: Kreupel wil altijd voordansen. (Harrebomee, I, 450a.)

8 Man kann eher ein Krüppel werden als ein Millionär.

Holl.: Men wordt eer kreupel dan rijk. (Harrebomee, I, 458a.)

9 Man muss mit Krüppeln tanzen, wenn keine Gesunden da sind.

Holl.: Behelp u met kreupelen noch blinden. (Harrebomee, I, 449b.)

10 Weil der Krüpel lebet, so gehet's mir wol zur narung.

"Ist ein sprichwort im hause da Gott offt einem ein gebrechlichen Leib gibt, vnnd theilet jm dest grösser gnaden zu." (Mathesius, Postilla, CCXXXIIb.)

11 Wer mit Krüppeln umgeht, lernt hinken. - Reinsberg II, 65.

12 Wer über einen Krüppel lacht, darf selbst nicht hinken.

Holl.: Het staat den kreupele leelijk, den manke zijn gebrek te verwijten. (Harrebomee, I, 449b.)

13 Wie einem Krüppel das Tanzen, steht einem Narren von Weisheit reden. - Spr. Sal. 26, 7.

14 Wo Krüppel vortanzen, da wird kein gerader Tanz. - Altmam VI, 437.

*15 Die krüppel könden nit hincken. - Franck, II, 21a; Tappius, 30b; Sutor, 104; Simrock, 5998; Körte, 3575.

Der Nichtwollende, der ein Nichtkönnen vorgibt. Franck a. a. O. bemerkt erklärend: "Wann man etwas vngleublich wil sagen, als: Bachus trinkt keinn wein. Dem sophisten mangeln wort, dem Meer wasser. Das weib kan nit böss sein (oder reden). Die schwäbin ist stumm. Die nachtigall kan nit singen. Lusciniae deest cantio."

Holl.: Kreupelen kunnen niet hinken. (Harrebomee, I, 450b.)

Lat.: Lusciniae deest cantio. (Franck, II, 21a.)

*16 Er schilt wie der Krüppel am Wege.

*17 Es ist kein Krüppel verschont worden.

*18 He tot vör Kröpels Kraft. - Eichwald, 1131.

*19 Kröpel of König. (S. Alles 21 und König 200.) - Bueren, 778; Eichwald, 1130; Kern, 341; Hauskalender, II.


Krüppelstrasse.

Wer enmal in de Krüopelstrat want, kummt swar weder raut. (Süderdithmarschen.)

Wer einmal in der Krüppelstrasse wohnt, kommt schwer wieder heraus.


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Krummstab.

1 Kölnischer Krummstab schliesst die Spindel (Weiber) aus.Eiselein, 398; Graf, 560, 80.

Gegen unbedingte Weiberlehen. Gegen das folgende Sprichwort gerichtet und zu der Zeit entstanden, als nach dem Ableben des Besitzers des Gutes Reinsheim der Schwestersohn des kölnischen Erzbischofs sich des Besitzes anmasste, indem er die weibliche Erbfolge bestritt. (Vgl. Cöllnischer Krumm-Staab schleusst die Weiber aus oder Vorstellung, dass die Erz-Stift Cöllnische Lehen regulariter auf den Mann-Stamm allein gerichtet, Hildesheim 1725; Noptisch, 58.)

2 Krummstab schleusst niemand aus.Hertius, II, 20; Eisenhart, 686; Pistor., VI, 38; Eiselein, 398; Hillebrand, 80, 108; Graf, 560, 79; Körte, 3577; Simrock, 5995; Braun, I, 2040; Hesekiel, 12; Thummermuth in Nopitsch, 42, 56, 58 u. 59; D. Jo. Paul. Kressii diss. de proverbio: Unterm Krummstab u. s. w. (Jena 1712).

Der Krummstab (krumme Stab) ist das Zeichen der bischöflichen Gewalt. Lehne, die jemand von einem Erzbischof (Bischof, Abt) empfangen, wurden krummstäbische genannt. Es entstand die Frage, ob nach Abgang der männlichen Nachkommen des Vasallen auch weibliche Nachkommen desselben ohne Ausnahme sie erben könnten. Diese Frage wird durch das vorstehende Sprichwort bejaht. Es entstand jedoch im 17. Jahrhundert heftiger Streit darüber, indem sich ein tüchtiger Advocat Namens Thummermuth dagegen erklärte. (Vgl. Wernh. Thummermut, Krummstab schleusst u. s. w. hoc est votiva relatio compromissi feudalis inter Dominum Ferdinandum Archiepisc. Colon. et statum patriae etc. diss. praeliminari J. P. Kressii 1718. Desselben Tractat. Colon., Agrippina 1738.) Auch hat man in der Folge angenommen, dass krummstäbische Lehen nur dann Weiberlehen sind, wenn es in der Belehnung ausdrücklich ausgesprochen worden ist.

3 Krummstabs Regiment, der Faulheit Element.Simrock, 5996; Körte, 3578; Braun, I, 2039.

4 Unterm Krummstab ist gut leben (wohnen).Pistor., VIII, 2; Eiselein, 399; Mayer, I, 146; Sailer, 234; Klosterspiegel, 23, 13; Simrock, 5994; Körte, 3579; Braun, I, 2038.

D. h. Unterthanen der Bischöfe geniessen viele Vortheile vor den Unterthanen der weltlichen Fürsten. Ausser der gelinden Regierung, welche einerseits das Sprichwort rechtfertigt, findet es auch darin seine Bestätigung, dass in den unruhigen Zeiten Deutschlands die Schwächern, um nicht durch Räubereien und Befehdungen ein Raub des Stärkern zu werden, sich unter den Schutz der Bischöfe begaben, indem sie diesen ihre eigenen Güter zu Lehen auftrugen, wodurch sie Schutz und ruhige Tage erhielten, weil man aus Furcht vorm Kirchenbann bei den grössten Gewaltthätigkeiten doch die Kirchen und die Güter der Geistlichen unangetastet liess. Die Lateiner urtheilen über das Regiment der Geistlichen weniger gut, wovon ihr selbst in Palästina gangbares Sprichwort Zeuge ist: A judiciis ecclesiasticis liberae nos Domine, d. h. von dem kirchlichen Gericht befrei uns lieber Herre Gott. (Vgl. über das obige Sprichwort auch J. P., Disquisitio juridica peroemiae: Unter dem Krummstabe u. s. w., Köln 1738. Dessen Diss. de paroemia: Unter dem krummen Stabe u. s. w., Jena 1747. Ferner: Das Papstthum in seiner tiefsten Erniedrigung, Leipzig 1832, zweiter Nachtrag, S. 24. (S. Stab.))

It.: Si vive bene all' ombra del campanile. (Bohn I, 126.)


Krümmung.

Wer auf die Krümmung des Flusses sieht, wird nicht den Steuermann schelten.

Er wird nicht die Schuld in Personen suchen, die nur in den Umständen liegt. Man muss in seinen Urtheilen auf die letztern Rücksicht nehmen.


Krummweg.

Ein guter Krummweg ist kein Umweg.


Krupen.

1 Ei krup, wat kröppst? Wärscht nich gekrape, wärscht nich versape.Frischbier2, 2191.

2 Man môt erst krûpen, eh' man lôpen kann. (Oldenburg.) – Bueren, 834; Weserzeitung, 4097.

Empfiehlt ruhigen Fortschritt bei jedem Geschäft und warnt vor Ueberstürzung.

3 Man mutt so lange krupen, bitt man gahn lernt. (Ostfries.) – Hauskalender, I.

Dän.: Man skal krybe til man lærer at gaae. (Prov. dan., 362.)

Engl.: You must learn to creep before you go. (Bohn II, 83.)

Schwed.: Man måste krypa til dess man lärer gå. (Grubb, 507.)

*4 Ers krupen, dann gahn. (Rendsburg.)

*5 Hai krüpet as 'n Snâl op'r Brôke. (Attendorn.) – Firmenich, I, 356, 15.

Er kriecht wie eine Schnecke auf einer Brache.

[Spaltenumbruch] *6 He krüppt up allen vêren.Dähnert, 259a.

Er geht auf Händen und Füssen.

*7 Krup mi man nich möt Gewalt ön e Narsch.Frischbier2, 142.

*8 Krup ön e Narsch, denn kömmste op kein Derp.Frischbier2, 143.

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Zuruf älterer Personen an jüngere, wenn sie sich durch unruhiges Wesen wehe gethan oder beschädigt haben.

*11 So wat krüpt up unsen Böhn nich. (Ukermark.)

So etwas kriecht auf unserm Boden nicht. Ausruf des Erstaunens, der Ueberraschung.

*12 Wat kröppst op em Maschkeball ohne Baljet.Frischbier2, 2195.


Krüppel.

1 Auch die Krüppel und Lahmen müssen mit fort.

Lat.: Herniosi in campum (sc. prodeunt). (Sutor, 611; Philippi, I, 175; Seybold, 213.)

2 Dass krüppel vnd blinde zu hinderst bleiben, darf man für kein wunder schreiben.

Lat.: Caecos cum claudis in fine uenire uidebis. (Loci comm., 20.)

3 Dat hest drapen, sär dei Kröpel, as en dei Hund in't hölten Bein beten har. (Mecklenburg.)

4 Die Krüppel und Lahmen sind gern beisammen.

Holl.: Met manken leert men kreupel gaan. (Harrebomée, II, 65a.)

5 Krüppel und Lahme wollen nicht daheim bleiben.

6 Krüppel vnd Blinden bleiben allzeit dahinden.Henisch, 420, 50; Körte, 3574.

Holl.: Kreupelen en blinden komen altijd achter. (Harrebomée, I, 450a.)

7 Krüppel will überall (immer) vortanzen.Simrock, 5997; Winckler, I, 26.

Holl.: Kreupel wil altijd vóórdansen. (Harrebomée, I, 450a.)

8 Man kann eher ein Krüppel werden als ein Millionär.

Holl.: Men wordt eer kreupel dan rijk. (Harrebomée, I, 458a.)

9 Man muss mit Krüppeln tanzen, wenn keine Gesunden da sind.

Holl.: Behelp u met kreupelen noch blinden. (Harrebomée, I, 449b.)

10 Weil der Krüpel lebet, so gehet's mir wol zur narung.

„Ist ein sprichwort im hause da Gott offt einem ein gebrechlichen Leib gibt, vnnd theilet jm dest grösser gnaden zu.“ (Mathesius, Postilla, CCXXXIIb.)

11 Wer mit Krüppeln umgeht, lernt hinken.Reinsberg II, 65.

12 Wer über einen Krüppel lacht, darf selbst nicht hinken.

Holl.: Het staat den kreupele leelijk, den manke zijn gebrek te verwijten. (Harrebomée, I, 449b.)

13 Wie einem Krüppel das Tanzen, steht einem Narren von Weisheit reden.Spr. Sal. 26, 7.

14 Wo Krüppel vortanzen, da wird kein gerader Tanz.Altmam VI, 437.

*15 Die krüppel könden nit hincken.Franck, II, 21a; Tappius, 30b; Sutor, 104; Simrock, 5998; Körte, 3575.

Der Nichtwollende, der ein Nichtkönnen vorgibt. Franck a. a. O. bemerkt erklärend: „Wann man etwas vngleublich wil sagen, als: Bachus trinkt keinn wein. Dem sophisten mangeln wort, dem Meer wasser. Das weib kan nit böss sein (oder reden). Die schwäbin ist stumm. Die nachtigall kan nit singen. Lusciniae deest cantio.“

Holl.: Kreupelen kunnen niet hinken. (Harrebomée, I, 450b.)

Lat.: Lusciniae deest cantio. (Franck, II, 21a.)

*16 Er schilt wie der Krüppel am Wege.

*17 Es ist kein Krüppel verschont worden.

*18 He tot vör Kröpels Kraft.Eichwald, 1131.

*19 Kröpel of König. (S. Alles 21 und König 200.) – Bueren, 778; Eichwald, 1130; Kern, 341; Hauskalender, II.


Krüppelstrasse.

Wer ênmâl in de Krüopelstrât wânt, kummt swâr weder rût. (Süderdithmarschen.)

Wer einmal in der Krüppelstrasse wohnt, kommt schwer wieder heraus.


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[[825]/0831] Krummstab. 1 Kölnischer Krummstab schliesst die Spindel (Weiber) aus. – Eiselein, 398; Graf, 560, 80. Gegen unbedingte Weiberlehen. Gegen das folgende Sprichwort gerichtet und zu der Zeit entstanden, als nach dem Ableben des Besitzers des Gutes Reinsheim der Schwestersohn des kölnischen Erzbischofs sich des Besitzes anmasste, indem er die weibliche Erbfolge bestritt. (Vgl. Cöllnischer Krumm-Staab schleusst die Weiber aus oder Vorstellung, dass die Erz-Stift Cöllnische Lehen regulariter auf den Mann-Stamm allein gerichtet, Hildesheim 1725; Noptisch, 58.) 2 Krummstab schleusst niemand aus. – Hertius, II, 20; Eisenhart, 686; Pistor., VI, 38; Eiselein, 398; Hillebrand, 80, 108; Graf, 560, 79; Körte, 3577; Simrock, 5995; Braun, I, 2040; Hesekiel, 12; Thummermuth in Nopitsch, 42, 56, 58 u. 59; D. Jo. Paul. Kressii diss. de proverbio: Unterm Krummstab u. s. w. (Jena 1712). Der Krummstab (krumme Stab) ist das Zeichen der bischöflichen Gewalt. Lehne, die jemand von einem Erzbischof (Bischof, Abt) empfangen, wurden krummstäbische genannt. Es entstand die Frage, ob nach Abgang der männlichen Nachkommen des Vasallen auch weibliche Nachkommen desselben ohne Ausnahme sie erben könnten. Diese Frage wird durch das vorstehende Sprichwort bejaht. Es entstand jedoch im 17. Jahrhundert heftiger Streit darüber, indem sich ein tüchtiger Advocat Namens Thummermuth dagegen erklärte. (Vgl. Wernh. Thummermut, Krummstab schleusst u. s. w. hoc est votiva relatio compromissi feudalis inter Dominum Ferdinandum Archiepisc. Colon. et statum patriae etc. diss. praeliminari J. P. Kressii 1718. Desselben Tractat. Colon., Agrippina 1738.) Auch hat man in der Folge angenommen, dass krummstäbische Lehen nur dann Weiberlehen sind, wenn es in der Belehnung ausdrücklich ausgesprochen worden ist. 3 Krummstabs Regiment, der Faulheit Element. – Simrock, 5996; Körte, 3578; Braun, I, 2039. 4 Unterm Krummstab ist gut leben (wohnen). – Pistor., VIII, 2; Eiselein, 399; Mayer, I, 146; Sailer, 234; Klosterspiegel, 23, 13; Simrock, 5994; Körte, 3579; Braun, I, 2038. D. h. Unterthanen der Bischöfe geniessen viele Vortheile vor den Unterthanen der weltlichen Fürsten. Ausser der gelinden Regierung, welche einerseits das Sprichwort rechtfertigt, findet es auch darin seine Bestätigung, dass in den unruhigen Zeiten Deutschlands die Schwächern, um nicht durch Räubereien und Befehdungen ein Raub des Stärkern zu werden, sich unter den Schutz der Bischöfe begaben, indem sie diesen ihre eigenen Güter zu Lehen auftrugen, wodurch sie Schutz und ruhige Tage erhielten, weil man aus Furcht vorm Kirchenbann bei den grössten Gewaltthätigkeiten doch die Kirchen und die Güter der Geistlichen unangetastet liess. Die Lateiner urtheilen über das Regiment der Geistlichen weniger gut, wovon ihr selbst in Palästina gangbares Sprichwort Zeuge ist: A judiciis ecclesiasticis liberae nos Domine, d. h. von dem kirchlichen Gericht befrei uns lieber Herre Gott. (Vgl. über das obige Sprichwort auch J. P., Disquisitio juridica peroemiae: Unter dem Krummstabe u. s. w., Köln 1738. Dessen Diss. de paroemia: Unter dem krummen Stabe u. s. w., Jena 1747. Ferner: Das Papstthum in seiner tiefsten Erniedrigung, Leipzig 1832, zweiter Nachtrag, S. 24. (S. Stab.)) It.: Si vive bene all' ombra del campanile. (Bohn I, 126.) Krümmung. Wer auf die Krümmung des Flusses sieht, wird nicht den Steuermann schelten. Er wird nicht die Schuld in Personen suchen, die nur in den Umständen liegt. Man muss in seinen Urtheilen auf die letztern Rücksicht nehmen. Krummweg. Ein guter Krummweg ist kein Umweg. Krupen. 1 Ei krup, wat kröppst? Wärscht nich gekrape, wärscht nich versape. – Frischbier2, 2191. 2 Man môt erst krûpen, eh' man lôpen kann. (Oldenburg.) – Bueren, 834; Weserzeitung, 4097. Empfiehlt ruhigen Fortschritt bei jedem Geschäft und warnt vor Ueberstürzung. 3 Man mutt so lange krupen, bitt man gahn lernt. (Ostfries.) – Hauskalender, I. Dän.: Man skal krybe til man lærer at gaae. (Prov. dan., 362.) Engl.: You must learn to creep before you go. (Bohn II, 83.) Schwed.: Man måste krypa til dess man lärer gå. (Grubb, 507.) *4 Ers krupen, dann gahn. (Rendsburg.) *5 Hai krüpet as 'n Snâl op'r Brôke. (Attendorn.) – Firmenich, I, 356, 15. Er kriecht wie eine Schnecke auf einer Brache. *6 He krüppt up allen vêren. – Dähnert, 259a. Er geht auf Händen und Füssen. *7 Krup mi man nich möt Gewalt ön e Narsch. – Frischbier2, 142. *8 Krup ön e Narsch, denn kömmste op kein Derp. – Frischbier2, 143. *9 Na, so wat kröppt nich. – Frischbier2, 2193. *10 Sitst (siehst) wat kröppst, kannst nich hucke bliewe. – Frischbier, 420; Frischbier2, 2194. Zuruf älterer Personen an jüngere, wenn sie sich durch unruhiges Wesen wehe gethan oder beschädigt haben. *11 So wat krüpt up unsen Böhn nich. (Ukermark.) So etwas kriecht auf unserm Boden nicht. Ausruf des Erstaunens, der Ueberraschung. *12 Wat kröppst op em Maschkeball ohne Baljet. – Frischbier2, 2195. Krüppel. 1 Auch die Krüppel und Lahmen müssen mit fort. Lat.: Herniosi in campum (sc. prodeunt). (Sutor, 611; Philippi, I, 175; Seybold, 213.) 2 Dass krüppel vnd blinde zu hinderst bleiben, darf man für kein wunder schreiben. Lat.: Caecos cum claudis in fine uenire uidebis. (Loci comm., 20.) 3 Dat hest drapen, sär dei Kröpel, as en dei Hund in't hölten Bein beten har. (Mecklenburg.) 4 Die Krüppel und Lahmen sind gern beisammen. Holl.: Met manken leert men kreupel gaan. (Harrebomée, II, 65a.) 5 Krüppel und Lahme wollen nicht daheim bleiben. 6 Krüppel vnd Blinden bleiben allzeit dahinden. – Henisch, 420, 50; Körte, 3574. Holl.: Kreupelen en blinden komen altijd achter. (Harrebomée, I, 450a.) 7 Krüppel will überall (immer) vortanzen. – Simrock, 5997; Winckler, I, 26. Holl.: Kreupel wil altijd vóórdansen. (Harrebomée, I, 450a.) 8 Man kann eher ein Krüppel werden als ein Millionär. Holl.: Men wordt eer kreupel dan rijk. (Harrebomée, I, 458a.) 9 Man muss mit Krüppeln tanzen, wenn keine Gesunden da sind. Holl.: Behelp u met kreupelen noch blinden. (Harrebomée, I, 449b.) 10 Weil der Krüpel lebet, so gehet's mir wol zur narung. „Ist ein sprichwort im hause da Gott offt einem ein gebrechlichen Leib gibt, vnnd theilet jm dest grösser gnaden zu.“ (Mathesius, Postilla, CCXXXIIb.) 11 Wer mit Krüppeln umgeht, lernt hinken. – Reinsberg II, 65. 12 Wer über einen Krüppel lacht, darf selbst nicht hinken. Holl.: Het staat den kreupele leelijk, den manke zijn gebrek te verwijten. (Harrebomée, I, 449b.) 13 Wie einem Krüppel das Tanzen, steht einem Narren von Weisheit reden. – Spr. Sal. 26, 7. 14 Wo Krüppel vortanzen, da wird kein gerader Tanz. – Altmam VI, 437. *15 Die krüppel könden nit hincken. – Franck, II, 21a; Tappius, 30b; Sutor, 104; Simrock, 5998; Körte, 3575. Der Nichtwollende, der ein Nichtkönnen vorgibt. Franck a. a. O. bemerkt erklärend: „Wann man etwas vngleublich wil sagen, als: Bachus trinkt keinn wein. Dem sophisten mangeln wort, dem Meer wasser. Das weib kan nit böss sein (oder reden). Die schwäbin ist stumm. Die nachtigall kan nit singen. Lusciniae deest cantio.“ Holl.: Kreupelen kunnen niet hinken. (Harrebomée, I, 450b.) Lat.: Lusciniae deest cantio. (Franck, II, 21a.) *16 Er schilt wie der Krüppel am Wege. *17 Es ist kein Krüppel verschont worden. *18 He tot vör Kröpels Kraft. – Eichwald, 1131. *19 Kröpel of König. (S. Alles 21 und König 200.) – Bueren, 778; Eichwald, 1130; Kern, 341; Hauskalender, II. Krüppelstrasse. Wer ênmâl in de Krüopelstrât wânt, kummt swâr weder rût. (Süderdithmarschen.) Wer einmal in der Krüppelstrasse wohnt, kommt schwer wieder heraus.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [825]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/831>, abgerufen am 18.04.2024.