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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] einen grossen -. Die Portugiesen: Mit der Blüte im Januar füllt noch niemand, den Speicher (Keller). (Reinsberg VIII, 65.)

48 Wer Gras mähen will, den dürfen die Wiesenblumen nicht erbarmen.

49 Wer im Grase schläft, hat frische (grüne) Träume. - Altmann VI, 463.

50 Wer kans gras wachsen hören! - Henisch, 1726, 42; Petri, II, 707.

51 Wer sich ins Gras bettet, schläft im Grünen.

Auch russisch Altmann VI, 450.

52 Wer sich ins Gras legt nieder, hüte vor Schlangen die Glieder.

53 Wer sich vor dem Grase fürchtet, muss auf keiner Wiese schlafen (über keine Wiese gehen).

54 Wer sich zu Gras macht, den fressen die Ziegen.

It.: Fatti herba, ti mangiara la capra. (Pazzaglia, 156, 3.)

55 Wier det Gräss wuossen heirt, heirt de Schnoken näse. - Schuster, 1058.

56 Wo das Gras nicht wachsen soll, da gedeiht (wächst) es am besten.

57 Wo Gras über Unrath gewachsen ist, da lass keine Kuh weiden.

Vermeide alles, was alte Zwiste wieder erneuen könnte.

58 Wo man dass gras häget, da wächset es. - Henisch, 1728, 18; Petri, II, 811; Körte, 2406; Simrock, 4026.

59 Wo saures Gras wächst, da kann kein süsses aufkommen.

Der Mensch ist süsses Gras, das auf sumpfigem Boden nicht gedeiht. Vgl. den Artikel: Was kann der Gewerbestand von der Cholera lernen? von K. Müller in Die Natur (Halle 1865), Nr. 48, S. 378.

60 Zum ersten das Gras, dann die Aehren, danach der volle Weizen in den Aehren, dann das Einsammeln in die Scheune.

*61 A hot hieren 's Grass wachsen. - Gomolcke, 80; für Franken: Frommam, VI, 168, 126.

*62 A wird müssen eiss Groass beissen. - Robinson, 268; Gomolcke, 249.

*63 Aus dem Grase ist Heu geworden. - Parömiakon, 439.

Die Sache hat sich ungünstig verändert.

*64 Dä lot sich 's Gras nit ungere Füsse wachse. (Emmenthal.) - Schweiz, I, 143, 34.

Holl.: Hij laat geen gras onder de voeten groeijen. (Harrebomee, I, 257.)

*65 Dar wasset wol Gras öwer. - Eichwald, 670.

*66 Darüber ist schon Gras gewachsen. - Körte, 2411; Lohrengel, II, 64; für Franken: Frommann, VI, 168, 127; Eiselein, 257; Tendlau, 502; Braun, I, 978; Herberger, I, 525; für Würzburg: Sartorius, 162.

Ist längst vergessen. Erinnert auch an die bekannte Verjährungsfrist "Jahr und Tag", wenn angedeutet werden soll, dass die Dauer eines Zustandes diesem gewissermassen eine rechtliche Eigenschaft verliehen habe. (Vgl. Graf, 101.)

Frz.: Cette chose est au rang des peches oublies. (Lendroy, 1286.)

Holl.: Dat is reeds lang met gras begroeid. - Het gras is erover gewassen. (Harrebomee, I, 257.)

*67 Das Gras müsste sehr kurz sein, wenn er keine Weide finden sollte.

Es müsste schlimm sein, wenn er sein Brot nicht fände.

*68 Das Gras wächst ihm auf dem Herde. - Körte, 2411.

Es steht schlimm mit seiner Küche. Die Dänen sagen, um das Daniederliegen alles Verkehrs zu schildern: Es wächst Gras auf der Landstrasse. (Der groer graes paa alfare veye. Prov. dan., 252.)

*69 Der wird a ball (auch bald) 'nei 's Groas beiss'n möss'n. (Franken.) - Frommann, 163, 125.

*70 Einem das Gras unter den Füssen wegschneiden.

Ihn eines sehr naheliegenden Vortheils berauben, ihm etwas vor der Nase, vom Munde wegnehmen.

Frz.: Couper l'herbe sous le pied. (Leroux, I, 50.)

Holl.: Hij heeft hem het gras voor de voeten weg gemaaid. (Harrebomee, I, 257.)

*71 Einen ins Gras beissen lassen. - Eiselein, 599.

*72 Er geht auff dem letzsten gras. - Franck, II, 57a.

*73 Er höret auch das Grass wachsen. (S. Floh 62.) - Franck, II, 97b; Tappius, 35a; Lehmann, II, 134, 28; Frischbier2, 1662; Hennig, 89; Lohrengel, II, 303.

[Spaltenumbruch] Diese Rede ist sehr alt. Nach der Edda hört Heimdaller das Gras wachsen und die Wolle auf dem Vlies der Lämmer.

Lat.: Scit, quod Juno fabulata est cum Jove. (Plautus.) - Scit, quomodo Jupiter duxerit Junonem. (Binder II, 3049; Philippi, II, 170; Tappius, 34b.)

*74 Er hört das Gras in den elysischen Feldern wachsen. - Parömiakon, 2893.

*75 Er hört das Gras wachsen und den Klee besonders. - Murner, Nb., 48; Müller, 34, 8; Körte, 2411 u. 2981; Frischbier, 335; Hennig, 89.

Von Ueberklugen.

Frz.: Escouter les aveines lever. (Bovill, III, 138.)

Holl.: Hij is zoo wije, dat hij het gras kan zien wassen. (Harrebomee, I, 257.)

Lat.: Scit quid Jupiter Junoni in aurem dixerit. (Seybold, 544.) - Surgentes auscultare avenas. (Bovill, III, 138.)

*76 Er hört das Gras wachsen und die Mücken (an der Wand) niesen. - Schottel, 1115a; Sailer, 297; Braun, I, 976.

Im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1855, theilt Stöber (320) mit, wo und wie man des Kaisers Bart kann wachsen hören. (Vgl. Frommann, IV, 361.)

*77 Er lässt kein Gras unter sich wachsen.

*78 Er lott's Gras nit unger de Fingere wachse. (Solothurn.) - Schild, 82, 287.

Er ist arbeitsam.

*79 Er meint, er sehe das Gras wachsen und höre die Flöhe husten. - Kirchhofer, 159.

*80 Gräs onder de Füessa wachsa lo. - Tobler, 206.

Sein Geschäft vernachlässigen.

*81 Gras über etwas wachsen lassen.

An etwas nicht mehr gedenken, ea in Vergessenheit stellen.

Frz.: Passer l'eponge sur quelque action. (Kritzinger, 283b.)

*82 He kan Gras wassen hören. (Altmark.) - Danneil, 277; für Appenzell: Tobler, 234; für Köln: Firmenich, I, 475, 202.

*83 Ins Gras beissen. - Eiselein, 257; Wurzbach II, 146; Braun, I, 977; Lohrengel, II, 348.

Fallen, sterben im Kriege; von der Bedensart: Er beisste, d. h. sprang infolge einer Verwundung von dem Rosse hernieder auf das Land. Das Wort "beissen" ist nach Weigand nichts als mittelhochdeutsch beizen (althochdeutsch beizen) = absteigen und dann so viel als unterliegen. "Da beyszt Wolf Dietriche wol nieder in das Gras." (Heldenbuch, Bl. 144; vgl. auch Weigand, Wörterbuch der deutschen Synonymen, I, XX; Sartorius, 162.) Des beissigen Lugans Befinden wollt ihr wissen? Der beissige Lugan hat jüngst ins Gras gebissen. (Lessing.) Eine andere Erklärung dieser Redensart gibt Berthold Seemann in Hannöversche Sitten und Gebräuche in ihrer Beziehung zur Pflanzenwelt; populäre Vorträge (Leipzig 1862). Dort heisst es S. 53: "Es gab eine Zeit, wo weltliche Fürsten es ihren Unterthanen zur Pflicht machten, als äusseres Zeichen vollständiger Unterwerfung im wahren Sinne des Wortes ins Gras zu beissen. Selbst der edle Cid war, wie aus Vers 2030-34 erhellt, genöthigt, König Alfonso auf diese Weise seine Huldigung darzubringen. Schätzen wir uns glücklich, dass unsere Väter uns das >ins Gras beissen< vor den weltlichen, wie das >zu Kreuze kriechen< vor den geistlichen Herren nur als blosse Redeformen überlieferten. Um jedoch - heisst es weiter - dem eigentlichen Ursprung des >ins Gras beissen<, näher zu kommen, wären Studien nöthig, wie sie die Gebrüder Grimm über ähnliche Redefiguren angestellt haben, Ueberliefert uns vielleicht unsere Volkssprache hier zugleich eine Erinnerung an jene Schreckenszeiten, wo die Hungersnoth verheerend durchs Land zog, wo Unglückliche, wie noch vor wenigen Jahren in Irland, als letztes Mittel zur Verlängerung ihres elenden Daseins auf die Felder flüchteten und morgens als Leichen noch mit den Spuren des genossenen Grases im Munde angetroffen wurden?"

Frz.: Mordre de poussiere.

*84 Jemand ins Grass schlagen. - Luther's Tischreden, 251b.

Ihn verachten oder verächtlich behandeln.

*85 Wüchse das Gras wie Untreu und Hass, so hätten Schaf' und Rinder stets guten Winter. - Brandt, Nsch., 53.

*86 Man lässt ihm kein Gras unter den Füssen wachsen. - Kirchhofer, 138.

*87 Mer misse gour eist Gräss biessen. - Schuster, 820.

*88 Sein Gras wird bald zu Heu. - Parömiakon, 1508.

Auf seine schönen Versprechungen kann man sich nicht verlassen. Oder: Er ändert, seine Meinungen geschwind.


[Spaltenumbruch] einen grossen –. Die Portugiesen: Mit der Blüte im Januar füllt noch niemand, den Speicher (Keller). (Reinsberg VIII, 65.)

48 Wer Gras mähen will, den dürfen die Wiesenblumen nicht erbarmen.

49 Wer im Grase schläft, hat frische (grüne) Träume.Altmann VI, 463.

50 Wer kans gras wachsen hören!Henisch, 1726, 42; Petri, II, 707.

51 Wer sich ins Gras bettet, schläft im Grünen.

Auch russisch Altmann VI, 450.

52 Wer sich ins Gras legt nieder, hüte vor Schlangen die Glieder.

53 Wer sich vor dem Grase fürchtet, muss auf keiner Wiese schlafen (über keine Wiese gehen).

54 Wer sich zu Gras macht, den fressen die Ziegen.

It.: Fatti herba, ti mangiarà la capra. (Pazzaglia, 156, 3.)

55 Wier det Gräss wuossen hîrt, hîrt de Schnôken näse.Schuster, 1058.

56 Wo das Gras nicht wachsen soll, da gedeiht (wächst) es am besten.

57 Wo Gras über Unrath gewachsen ist, da lass keine Kuh weiden.

Vermeide alles, was alte Zwiste wieder erneuen könnte.

58 Wo man dass gras häget, da wächset es.Henisch, 1728, 18; Petri, II, 811; Körte, 2406; Simrock, 4026.

59 Wo saures Gras wächst, da kann kein süsses aufkommen.

Der Mensch ist süsses Gras, das auf sumpfigem Boden nicht gedeiht. Vgl. den Artikel: Was kann der Gewerbestand von der Cholera lernen? von K. Müller in Die Natur (Halle 1865), Nr. 48, S. 378.

60 Zum ersten das Gras, dann die Aehren, danach der volle Weizen in den Aehren, dann das Einsammeln in die Scheune.

*61 A hot hieren 's Grass wachsen.Gomolcke, 80; für Franken: Frommam, VI, 168, 126.

*62 A wird müssen eiss Groass beissen.Robinson, 268; Gomolcke, 249.

*63 Aus dem Grase ist Heu geworden.Parömiakon, 439.

Die Sache hat sich ungünstig verändert.

*64 Dä lot sich 's Gras nit ungere Füsse wachse. (Emmenthal.) – Schweiz, I, 143, 34.

Holl.: Hij laat geen gras onder de voeten groeijen. (Harrebomée, I, 257.)

*65 Dar wasset wol Gras öwer.Eichwald, 670.

*66 Darüber ist schon Gras gewachsen.Körte, 2411; Lohrengel, II, 64; für Franken: Frommann, VI, 168, 127; Eiselein, 257; Tendlau, 502; Braun, I, 978; Herberger, I, 525; für Würzburg: Sartorius, 162.

Ist längst vergessen. Erinnert auch an die bekannte Verjährungsfrist „Jahr und Tag“, wenn angedeutet werden soll, dass die Dauer eines Zustandes diesem gewissermassen eine rechtliche Eigenschaft verliehen habe. (Vgl. Graf, 101.)

Frz.: Cette chose est au rang des péchés oubliés. (Lendroy, 1286.)

Holl.: Dat is reeds lang met gras begroeid. – Het gras is erover gewassen. (Harrebomée, I, 257.)

*67 Das Gras müsste sehr kurz sein, wenn er keine Weide finden sollte.

Es müsste schlimm sein, wenn er sein Brot nicht fände.

*68 Das Gras wächst ihm auf dem Herde.Körte, 2411.

Es steht schlimm mit seiner Küche. Die Dänen sagen, um das Daniederliegen alles Verkehrs zu schildern: Es wächst Gras auf der Landstrasse. (Der groer græs paa alfare veye. Prov. dan., 252.)

*69 Der wird a ball (auch bald) 'nei 's Groas beiss'n möss'n. (Franken.) – Frommann, 163, 125.

*70 Einem das Gras unter den Füssen wegschneiden.

Ihn eines sehr naheliegenden Vortheils berauben, ihm etwas vor der Nase, vom Munde wegnehmen.

Frz.: Couper l'herbe sous le pied. (Leroux, I, 50.)

Holl.: Hij heeft hem het gras voor de voeten weg gemaaid. (Harrebomée, I, 257.)

*71 Einen ins Gras beissen lassen.Eiselein, 599.

*72 Er geht auff dem letzsten gras.Franck, II, 57a.

*73 Er höret auch das Grass wachsen. (S. Floh 62.) – Franck, II, 97b; Tappius, 35a; Lehmann, II, 134, 28; Frischbier2, 1662; Hennig, 89; Lohrengel, II, 303.

[Spaltenumbruch] Diese Rede ist sehr alt. Nach der Edda hört Heimdaller das Gras wachsen und die Wolle auf dem Vlies der Lämmer.

Lat.: Scit, quod Juno fabulata est cum Jove. (Plautus.) – Scit, quomodo Jupiter duxerit Junonem. (Binder II, 3049; Philippi, II, 170; Tappius, 34b.)

*74 Er hört das Gras in den elysischen Feldern wachsen.Parömiakon, 2893.

*75 Er hört das Gras wachsen und den Klee besonders.Murner, Nb., 48; Müller, 34, 8; Körte, 2411 u. 2981; Frischbier, 335; Hennig, 89.

Von Ueberklugen.

Frz.: Escouter les aveines lever. (Bovill, III, 138.)

Holl.: Hij is zoo wije, dat hij het gras kan zien wassen. (Harrebomée, I, 257.)

Lat.: Scit quid Jupiter Junoni in aurem dixerit. (Seybold, 544.) – Surgentes auscultare avenas. (Bovill, III, 138.)

*76 Er hört das Gras wachsen und die Mücken (an der Wand) niesen.Schottel, 1115a; Sailer, 297; Braun, I, 976.

Im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1855, theilt Stöber (320) mit, wo und wie man des Kaisers Bart kann wachsen hören. (Vgl. Frommann, IV, 361.)

*77 Er lässt kein Gras unter sich wachsen.

*78 Er lott's Gras nit unger de Fingere wachse. (Solothurn.) – Schild, 82, 287.

Er ist arbeitsam.

*79 Er meint, er sehe das Gras wachsen und höre die Flöhe husten.Kirchhofer, 159.

*80 Gräs onder de Füessa wachsa lô.Tobler, 206.

Sein Geschäft vernachlässigen.

*81 Gras über etwas wachsen lassen.

An etwas nicht mehr gedenken, ea in Vergessenheit stellen.

Frz.: Passer l'éponge sur quelque action. (Kritzinger, 283b.)

*82 He kan Gras wassen hören. (Altmark.) – Danneil, 277; für Appenzell: Tobler, 234; für Köln: Firmenich, I, 475, 202.

*83 Ins Gras beissen.Eiselein, 257; Wurzbach II, 146; Braun, I, 977; Lohrengel, II, 348.

Fallen, sterben im Kriege; von der Bedensart: Er beisste, d. h. sprang infolge einer Verwundung von dem Rosse hernieder auf das Land. Das Wort „beissen“ ist nach Weigand nichts als mittelhochdeutsch beizen (althochdeutsch beizên) = absteigen und dann so viel als unterliegen. „Da beyszt Wolf Dietriche wol nieder in das Gras.“ (Heldenbuch, Bl. 144; vgl. auch Weigand, Wörterbuch der deutschen Synonymen, I, XX; Sartorius, 162.) Des beissigen Lugans Befinden wollt ihr wissen? Der beissige Lugan hat jüngst ins Gras gebissen. (Lessing.) Eine andere Erklärung dieser Redensart gibt Berthold Seemann in Hannöversche Sitten und Gebräuche in ihrer Beziehung zur Pflanzenwelt; populäre Vorträge (Leipzig 1862). Dort heisst es S. 53: „Es gab eine Zeit, wo weltliche Fürsten es ihren Unterthanen zur Pflicht machten, als äusseres Zeichen vollständiger Unterwerfung im wahren Sinne des Wortes ins Gras zu beissen. Selbst der edle Cid war, wie aus Vers 2030-34 erhellt, genöthigt, König Alfonso auf diese Weise seine Huldigung darzubringen. Schätzen wir uns glücklich, dass unsere Väter uns das ›ins Gras beissen‹ vor den weltlichen, wie das ›zu Kreuze kriechen‹ vor den geistlichen Herren nur als blosse Redeformen überlieferten. Um jedoch – heisst es weiter – dem eigentlichen Ursprung des ›ins Gras beissen‹, näher zu kommen, wären Studien nöthig, wie sie die Gebrüder Grimm über ähnliche Redefiguren angestellt haben, Ueberliefert uns vielleicht unsere Volkssprache hier zugleich eine Erinnerung an jene Schreckenszeiten, wo die Hungersnoth verheerend durchs Land zog, wo Unglückliche, wie noch vor wenigen Jahren in Irland, als letztes Mittel zur Verlängerung ihres elenden Daseins auf die Felder flüchteten und morgens als Leichen noch mit den Spuren des genossenen Grases im Munde angetroffen wurden?“

Frz.: Mordre de poussière.

*84 Jemand ins Grass schlagen.Luther's Tischreden, 251b.

Ihn verachten oder verächtlich behandeln.

*85 Wüchse das Gras wie Untreu und Hass, so hätten Schaf' und Rinder stets guten Winter.Brandt, Nsch., 53.

*86 Man lässt ihm kein Gras unter den Füssen wachsen.Kirchhofer, 138.

*87 Mer misse gour îst Gräss biessen.Schuster, 820.

*88 Sein Gras wird bald zu Heu.Parömiakon, 1508.

Auf seine schönen Versprechungen kann man sich nicht verlassen. Oder: Er ändert, seine Meinungen geschwind.


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[[63]/0069] einen grossen –. Die Portugiesen: Mit der Blüte im Januar füllt noch niemand, den Speicher (Keller). (Reinsberg VIII, 65.) 48 Wer Gras mähen will, den dürfen die Wiesenblumen nicht erbarmen. 49 Wer im Grase schläft, hat frische (grüne) Träume. – Altmann VI, 463. 50 Wer kans gras wachsen hören! – Henisch, 1726, 42; Petri, II, 707. 51 Wer sich ins Gras bettet, schläft im Grünen. Auch russisch Altmann VI, 450. 52 Wer sich ins Gras legt nieder, hüte vor Schlangen die Glieder. 53 Wer sich vor dem Grase fürchtet, muss auf keiner Wiese schlafen (über keine Wiese gehen). 54 Wer sich zu Gras macht, den fressen die Ziegen. It.: Fatti herba, ti mangiarà la capra. (Pazzaglia, 156, 3.) 55 Wier det Gräss wuossen hîrt, hîrt de Schnôken näse. – Schuster, 1058. 56 Wo das Gras nicht wachsen soll, da gedeiht (wächst) es am besten. 57 Wo Gras über Unrath gewachsen ist, da lass keine Kuh weiden. Vermeide alles, was alte Zwiste wieder erneuen könnte. 58 Wo man dass gras häget, da wächset es. – Henisch, 1728, 18; Petri, II, 811; Körte, 2406; Simrock, 4026. 59 Wo saures Gras wächst, da kann kein süsses aufkommen. Der Mensch ist süsses Gras, das auf sumpfigem Boden nicht gedeiht. Vgl. den Artikel: Was kann der Gewerbestand von der Cholera lernen? von K. Müller in Die Natur (Halle 1865), Nr. 48, S. 378. 60 Zum ersten das Gras, dann die Aehren, danach der volle Weizen in den Aehren, dann das Einsammeln in die Scheune. *61 A hot hieren 's Grass wachsen. – Gomolcke, 80; für Franken: Frommam, VI, 168, 126. *62 A wird müssen eiss Groass beissen. – Robinson, 268; Gomolcke, 249. *63 Aus dem Grase ist Heu geworden. – Parömiakon, 439. Die Sache hat sich ungünstig verändert. *64 Dä lot sich 's Gras nit ungere Füsse wachse. (Emmenthal.) – Schweiz, I, 143, 34. Holl.: Hij laat geen gras onder de voeten groeijen. (Harrebomée, I, 257.) *65 Dar wasset wol Gras öwer. – Eichwald, 670. *66 Darüber ist schon Gras gewachsen. – Körte, 2411; Lohrengel, II, 64; für Franken: Frommann, VI, 168, 127; Eiselein, 257; Tendlau, 502; Braun, I, 978; Herberger, I, 525; für Würzburg: Sartorius, 162. Ist längst vergessen. Erinnert auch an die bekannte Verjährungsfrist „Jahr und Tag“, wenn angedeutet werden soll, dass die Dauer eines Zustandes diesem gewissermassen eine rechtliche Eigenschaft verliehen habe. (Vgl. Graf, 101.) Frz.: Cette chose est au rang des péchés oubliés. (Lendroy, 1286.) Holl.: Dat is reeds lang met gras begroeid. – Het gras is erover gewassen. (Harrebomée, I, 257.) *67 Das Gras müsste sehr kurz sein, wenn er keine Weide finden sollte. Es müsste schlimm sein, wenn er sein Brot nicht fände. *68 Das Gras wächst ihm auf dem Herde. – Körte, 2411. Es steht schlimm mit seiner Küche. Die Dänen sagen, um das Daniederliegen alles Verkehrs zu schildern: Es wächst Gras auf der Landstrasse. (Der groer græs paa alfare veye. Prov. dan., 252.) *69 Der wird a ball (auch bald) 'nei 's Groas beiss'n möss'n. (Franken.) – Frommann, 163, 125. *70 Einem das Gras unter den Füssen wegschneiden. Ihn eines sehr naheliegenden Vortheils berauben, ihm etwas vor der Nase, vom Munde wegnehmen. Frz.: Couper l'herbe sous le pied. (Leroux, I, 50.) Holl.: Hij heeft hem het gras voor de voeten weg gemaaid. (Harrebomée, I, 257.) *71 Einen ins Gras beissen lassen. – Eiselein, 599. *72 Er geht auff dem letzsten gras. – Franck, II, 57a. *73 Er höret auch das Grass wachsen. (S. Floh 62.) – Franck, II, 97b; Tappius, 35a; Lehmann, II, 134, 28; Frischbier2, 1662; Hennig, 89; Lohrengel, II, 303. Diese Rede ist sehr alt. Nach der Edda hört Heimdaller das Gras wachsen und die Wolle auf dem Vlies der Lämmer. Lat.: Scit, quod Juno fabulata est cum Jove. (Plautus.) – Scit, quomodo Jupiter duxerit Junonem. (Binder II, 3049; Philippi, II, 170; Tappius, 34b.) *74 Er hört das Gras in den elysischen Feldern wachsen. – Parömiakon, 2893. *75 Er hört das Gras wachsen und den Klee besonders. – Murner, Nb., 48; Müller, 34, 8; Körte, 2411 u. 2981; Frischbier, 335; Hennig, 89. Von Ueberklugen. Frz.: Escouter les aveines lever. (Bovill, III, 138.) Holl.: Hij is zoo wije, dat hij het gras kan zien wassen. (Harrebomée, I, 257.) Lat.: Scit quid Jupiter Junoni in aurem dixerit. (Seybold, 544.) – Surgentes auscultare avenas. (Bovill, III, 138.) *76 Er hört das Gras wachsen und die Mücken (an der Wand) niesen. – Schottel, 1115a; Sailer, 297; Braun, I, 976. Im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1855, theilt Stöber (320) mit, wo und wie man des Kaisers Bart kann wachsen hören. (Vgl. Frommann, IV, 361.) *77 Er lässt kein Gras unter sich wachsen. *78 Er lott's Gras nit unger de Fingere wachse. (Solothurn.) – Schild, 82, 287. Er ist arbeitsam. *79 Er meint, er sehe das Gras wachsen und höre die Flöhe husten. – Kirchhofer, 159. *80 Gräs onder de Füessa wachsa lô. – Tobler, 206. Sein Geschäft vernachlässigen. *81 Gras über etwas wachsen lassen. An etwas nicht mehr gedenken, ea in Vergessenheit stellen. Frz.: Passer l'éponge sur quelque action. (Kritzinger, 283b.) *82 He kan Gras wassen hören. (Altmark.) – Danneil, 277; für Appenzell: Tobler, 234; für Köln: Firmenich, I, 475, 202. *83 Ins Gras beissen. – Eiselein, 257; Wurzbach II, 146; Braun, I, 977; Lohrengel, II, 348. Fallen, sterben im Kriege; von der Bedensart: Er beisste, d. h. sprang infolge einer Verwundung von dem Rosse hernieder auf das Land. Das Wort „beissen“ ist nach Weigand nichts als mittelhochdeutsch beizen (althochdeutsch beizên) = absteigen und dann so viel als unterliegen. „Da beyszt Wolf Dietriche wol nieder in das Gras.“ (Heldenbuch, Bl. 144; vgl. auch Weigand, Wörterbuch der deutschen Synonymen, I, XX; Sartorius, 162.) Des beissigen Lugans Befinden wollt ihr wissen? Der beissige Lugan hat jüngst ins Gras gebissen. (Lessing.) Eine andere Erklärung dieser Redensart gibt Berthold Seemann in Hannöversche Sitten und Gebräuche in ihrer Beziehung zur Pflanzenwelt; populäre Vorträge (Leipzig 1862). Dort heisst es S. 53: „Es gab eine Zeit, wo weltliche Fürsten es ihren Unterthanen zur Pflicht machten, als äusseres Zeichen vollständiger Unterwerfung im wahren Sinne des Wortes ins Gras zu beissen. Selbst der edle Cid war, wie aus Vers 2030-34 erhellt, genöthigt, König Alfonso auf diese Weise seine Huldigung darzubringen. Schätzen wir uns glücklich, dass unsere Väter uns das ›ins Gras beissen‹ vor den weltlichen, wie das ›zu Kreuze kriechen‹ vor den geistlichen Herren nur als blosse Redeformen überlieferten. Um jedoch – heisst es weiter – dem eigentlichen Ursprung des ›ins Gras beissen‹, näher zu kommen, wären Studien nöthig, wie sie die Gebrüder Grimm über ähnliche Redefiguren angestellt haben, Ueberliefert uns vielleicht unsere Volkssprache hier zugleich eine Erinnerung an jene Schreckenszeiten, wo die Hungersnoth verheerend durchs Land zog, wo Unglückliche, wie noch vor wenigen Jahren in Irland, als letztes Mittel zur Verlängerung ihres elenden Daseins auf die Felder flüchteten und morgens als Leichen noch mit den Spuren des genossenen Grases im Munde angetroffen wurden?“ Frz.: Mordre de poussière. *84 Jemand ins Grass schlagen. – Luther's Tischreden, 251b. Ihn verachten oder verächtlich behandeln. *85 Wüchse das Gras wie Untreu und Hass, so hätten Schaf' und Rinder stets guten Winter. – Brandt, Nsch., 53. *86 Man lässt ihm kein Gras unter den Füssen wachsen. – Kirchhofer, 138. *87 Mer misse gour îst Gräss biessen. – Schuster, 820. *88 Sein Gras wird bald zu Heu. – Parömiakon, 1508. Auf seine schönen Versprechungen kann man sich nicht verlassen. Oder: Er ändert, seine Meinungen geschwind.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [63]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/69>, abgerufen am 25.04.2024.