Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 3 Sünter Lucigge gät (gehen) dai Dage to digge1. (Arnsberg.) - Firmenich, I, 351, 3.

1) Die Tage gedeihen, nehmen zu. - Auch andere Völker lassen von Sanct-Lucia an die Nacht ab- und die Tage bereits wieder zunehmen. Die Spanier sagen: Sanct-Lucia nimmt ab die Nacht und wächst der Tag. Die Czechen: Heilige Lucia trinkt die Nächte ab. Oder: Am Tag der heiligen Lucie trinkt sie schon die Nächte ab. Die Franzosen: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs. Nach Ansicht der Toscaner wächst der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnschritt. In der Picardie: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs, an Sanct-Thomas um den Schritt eines Pferdes. (Orakel, 456-460.) In Venetien: Von Sanct- Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphania um ein Stündchen. In Portugal glaubt man: Von Sanct-Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um eine Spanne. (Orakel, 962.) Auf Sardinien: um den Schritt eines Küchleins. (Orakel, 961.) Auf Sicilien heisst es: Von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hundeschritt; von Weihnacht bis Neujahr um einen Menschenschritt. (Reinsberg VIII, 97 u. 199.) In Venedig verlängert sich der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphanias um ein Brevierchen. Der Tag wird aber auch an verschiedenen Orten zur Bestimmung der Witterung benutzt. In Sardinien bestimmt man nach der Witterung des Lucientags die des Christtags; man sagt: Lucia hell, Weihnacht dunkel (mit Schnee); Lucia mit Schnee, Weihnacht klar. In Oberitalien hält man den Tag für empfindlich kalt. In Mailand heisst es in dieser Beziehung: An Sanct-Lucia beisst die Kälte. (Orakel, 963-966.) In Venetien: An Sanct-Lucia martert die Kälte.

4 Wenn Luciä die Gans geht im Dreck, so geht sie am Christtag auf Eis. - Boebel, 55.


Lucifer.

* Hat doch Lucifer im Himmel gestolpert.


Lucke.

*1 Lucke, belegg mi dat. - Eichwald, 1225.

*2 Lucke, se belurt di. - Eichwald, 1226.


Lücke.

1 Man muss die Lück wider flicken. - Lehmann, 694, 53.

D. i. die Scharte wieder auswetzen.

2 Wer die Lücke im Zaun hat, der hat auch den Schaden.

3 Wer sein lück nicht versehen kan, der soll des Weibs müssig gan. - Lehmann, 143, 49.

4 Wer sein Lück nit vertretten kan, der soll sich dern nicht massen an (oder: der soll ein andern dass best thun lan). - Lehmann, 143, 53.

Allgemeiner Sinn: Man soll sich nicht in Lagen bringen, denen man mit seiner Kraft nicht gewachsen ist. Bei Lehmann in dem Abschnitt, der die Frage zur Ueberschrift hat: "Ob jede Manssperson soll Heyraten."

*5 Ein lucken durch den Zaun machen. - Theatrum Diabolorum, 139a.

*6 Eine Lücke auf-, die ander zumachen. - Sutermeister, 872.

Schulden mit neuen Schulden bezahlen. (S. Loch.)

Lat.: Versuram facere. (Seybold, 627.)

7 Vor d' Lucke stahn. (Oberösterreich.)

Etwa in dem Sinne, wie etwas vertuschen, vertreten, den Sündenbock machen.


Lückenbüsser.

* Das dient nur als Lückenbüsser.


Lucretia.

* Die Lucretia spielen.

Zurückhaltend thun, sich spröde stellen.


Luder.

1 Beide, Luder und Spiel sind Leibes und der Seele Fall.

2 Das Luder und das Doppelspiel sammt Würfel verzehren viel. - Eiselein, 435.

3 Luder, Muthwill' und Spiel machen freier Buben viel. - Eiselein, 435.

4 Was einmal Luder ist, das bleibt Luder. (Böhmen.)

5 Wer kein Luder am Angel hat, fischt umsonst. - Winckler, XIX, 71.

*6 Du bist ä Luder, Barchewitz.

In einem der Gefechte, die der Schlacht von Sedan vorangingen, schoss ein sächsischer Soldat unmittelbar nacheinander zwei Franzosen nieder. "Du bist ä Luder, Barchewitz," rief ihm sein Nebenmann zu, und mit Windesschnelle verbreitete sich das Wort durch [Spaltenumbruch] die Reihen der Sachsen, indem es bei jedem fernern Schusse wiederholt wurde, und bald durch die Zeitungen auch durch ganz Deutschland. Die sprichwörtlich gewordene Redensart ist einem Gedicht entlehnt, in dem ein invalider leipziger Stadtsoldat, Namens Barchewitz, seine Thaten aus der Schlacht bei Dresden 1813 erzählt. Nachdem er berichtet, dass er "schonst unterm ollen Fritz einst zwee Terken bald erschossen habe", kommt er später mit Napoleon I. in Berührung, der ihm, dem Kanonier, den Auftrag gibt, nach einem bestimmten Punkte zu schiessen, sieht dann durch sein Fernrohr und ruft entzückt: "Nee, Barchewitz, du bist ä Luder, der Schuss war werklich schene, weesst de, was de geschossen hast? das waren Moreau's Bene." (Hirschberger Zeitung, Nr. 644 u. 649.)

*7 Er ist ein damliges (verdrehtes) Luder. - Frischbier2, 2471.

*8 Es ist noch unterm Luder.

Masslos schlecht, unter aller Kritik. In Würzburg: Unterm Luader. (Sartorius, 172.)

*9 Halb Luder und halb Racker. (S. Gelb 9.)

*10 Im Luder liegen. - Chemnitius, I, 455; Theatrum Diabolorum, 474; Eiselein, 495.

Von Schlemmern.

*11 Man muss ein Luder legen. - Lehmann, 289, 16.

Ein Reizmittel, wenn man fangen will. (S. Speck und Wurm.)

*12 Sich um das Luder ziehen.

Sich um die Lockspeise, den Köder gegenseitig herumziehen oder reissen. (Vgl. Lappenberg; Murner, Ulenspiegel, Leipzig 1854, S. 231.)


Luderbauer.

* Es sind Luderbauern.

Von Leuten, die ein genusssüchtiges, ausschweifendes Leben (s. Luderleben) führen. "Das heissen nicht züchtige Jungfrauen, sondern Luderpauern, die allenthalben Klapperbänklein (s. d.) aufschlagen und die Augen hin und herwerfen." (Luther's Kirchenpostille, 583c.)


Lüderitz.

Vor Lüderitz und Köckeritz, vor Hagens und vor Itzenplitz bewahr' uns, lieber Herre Gott. - Westdeutsche Zeitung (Köln 1849), Nr. 111.


Luderleben.

* Ein Luderleben führen.

"Die Christen sollen nicht solch ruchlos Luderleben führen in Fressen, Saufen, Schlemmen und Temmen." (Luther's Kirchenpostille, II, 98e.)


Luderseuche.

Manche Luderseuche frisst den, der voll Gesundheit ist.


Ludwig.

1 Ach, du, mein Ludewig, komm her und nudle mich. (Pommern.)

2 Ach, liebste Madam Ludewig, ne, so was dut der Peter nich. (Stettin.)


Ludwigsburg.

In Ludwigsburg1 werden die Pfannkuchen nur auf Einer Seite gebacken.

1) Ludwigsburg bei Stuttgart bestand früher nur aus Einer Reihe von Häusern.


Luft (s. Lucht).

1 Auf schwüle Luft folgt Donnerwetter.

2 Aus Luft wird kein Speck. - Sprichwörtergarten, 455.

3 Dat die de Loft vergeit, seggt de Bunkus, wenn he en Kopp afhaut. - Frischbier2, 2473.

Bunkus war Scharfrichter in Danzig.

4 Dat gaw Luft, sä(de) de Dern, un kreg twe Kinner up'n mal. - Eichwald, 310; Schlingmann, 276; Frommann, II, 539, 197; Hoefer, 237; Schütze, III, 31.

n Königslutter: Dat givt Luft, seggte de Fru, un kre Drillinge.

5 Dat gifft Luft, seggt Lünk (s. Loch 13), donn söll he 'n Gosei legg'n. - Schiller, II, 15b.

6 De Loch ess esu mälk, mer kriggen hück nog Rähn genog, et Rähnvüggelchen hät sich og höre losse. (Köln.) - Firmenich, I, 475, 170.

7 Die Luft bläht die Sackpfeife auf und Hoffart den Narren. - Sailer, 175; Simrock, 4835.

8 Die Luft im Rheingau macht frei. - Reinsberg VI, 127.

Weil die Bewohner des Rheingaus zwar den Erzbischof von Mainz als ihren Herrn anerkannten, aber weder leibeigen, noch hörig, noch zu irgendeinem Leibzins oder Frondienst verpflichtet waren.

9 Die Luft kann niemand verbieten.

Lat.: Aura patet cunctis. (Seybold, 46.)

[Spaltenumbruch] 3 Sünter Lucigge gät (gehen) dai Dage to digge1. (Arnsberg.) – Firmenich, I, 351, 3.

1) Die Tage gedeihen, nehmen zu. – Auch andere Völker lassen von Sanct-Lucia an die Nacht ab- und die Tage bereits wieder zunehmen. Die Spanier sagen: Sanct-Lucia nimmt ab die Nacht und wächst der Tag. Die Czechen: Heilige Lucia trinkt die Nächte ab. Oder: Am Tag der heiligen Lucie trinkt sie schon die Nächte ab. Die Franzosen: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs. Nach Ansicht der Toscaner wächst der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnschritt. In der Picardie: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs, an Sanct-Thomas um den Schritt eines Pferdes. (Orakel, 456-460.) In Venetien: Von Sanct- Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphania um ein Stündchen. In Portugal glaubt man: Von Sanct-Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um eine Spanne. (Orakel, 962.) Auf Sardinien: um den Schritt eines Küchleins. (Orakel, 961.) Auf Sicilien heisst es: Von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hundeschritt; von Weihnacht bis Neujahr um einen Menschenschritt. (Reinsberg VIII, 97 u. 199.) In Venedig verlängert sich der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphanias um ein Brevierchen. Der Tag wird aber auch an verschiedenen Orten zur Bestimmung der Witterung benutzt. In Sardinien bestimmt man nach der Witterung des Lucientags die des Christtags; man sagt: Lucia hell, Weihnacht dunkel (mit Schnee); Lucia mit Schnee, Weihnacht klar. In Oberitalien hält man den Tag für empfindlich kalt. In Mailand heisst es in dieser Beziehung: An Sanct-Lucia beisst die Kälte. (Orakel, 963-966.) In Venetien: An Sanct-Lucia martert die Kälte.

4 Wenn Luciä die Gans geht im Dreck, so geht sie am Christtag auf Eis.Boebel, 55.


Lucifer.

* Hat doch Lucifer im Himmel gestolpert.


Lucke.

*1 Lucke, belegg mi dat.Eichwald, 1225.

*2 Lucke, se belurt di.Eichwald, 1226.


Lücke.

1 Man muss die Lück wider flicken.Lehmann, 694, 53.

D. i. die Scharte wieder auswetzen.

2 Wer die Lücke im Zaun hat, der hat auch den Schaden.

3 Wer sein lück nicht versehen kan, der soll des Weibs müssig gan.Lehmann, 143, 49.

4 Wer sein Lück nit vertretten kan, der soll sich dern nicht massen an (oder: der soll ein andern dass best thun lan).Lehmann, 143, 53.

Allgemeiner Sinn: Man soll sich nicht in Lagen bringen, denen man mit seiner Kraft nicht gewachsen ist. Bei Lehmann in dem Abschnitt, der die Frage zur Ueberschrift hat: „Ob jede Manssperson soll Heyraten.“

*5 Ein lucken durch den Zaun machen.Theatrum Diabolorum, 139a.

*6 Eine Lücke auf-, die ander zumachen.Sutermeister, 872.

Schulden mit neuen Schulden bezahlen. (S. Loch.)

Lat.: Versuram facere. (Seybold, 627.)

7 Vor d' Lucke stahn. (Oberösterreich.)

Etwa in dem Sinne, wie etwas vertuschen, vertreten, den Sündenbock machen.


Lückenbüsser.

* Das dient nur als Lückenbüsser.


Lucretia.

* Die Lucretia spielen.

Zurückhaltend thun, sich spröde stellen.


Luder.

1 Beide, Luder und Spiel sind Leibes und der Seele Fall.

2 Das Luder und das Doppelspiel sammt Würfel verzehren viel.Eiselein, 435.

3 Luder, Muthwill' und Spiel machen freier Buben viel.Eiselein, 435.

4 Was einmal Luder ist, das bleibt Luder. (Böhmen.)

5 Wer kein Luder am Angel hat, fischt umsonst.Winckler, XIX, 71.

*6 Du bist ä Luder, Barchewitz.

In einem der Gefechte, die der Schlacht von Sedan vorangingen, schoss ein sächsischer Soldat unmittelbar nacheinander zwei Franzosen nieder. „Du bist ä Luder, Barchewitz,“ rief ihm sein Nebenmann zu, und mit Windesschnelle verbreitete sich das Wort durch [Spaltenumbruch] die Reihen der Sachsen, indem es bei jedem fernern Schusse wiederholt wurde, und bald durch die Zeitungen auch durch ganz Deutschland. Die sprichwörtlich gewordene Redensart ist einem Gedicht entlehnt, in dem ein invalider leipziger Stadtsoldat, Namens Barchewitz, seine Thaten aus der Schlacht bei Dresden 1813 erzählt. Nachdem er berichtet, dass er „schonst unterm ollen Fritz einst zwee Terken bald erschossen habe“, kommt er später mit Napoleon I. in Berührung, der ihm, dem Kanonier, den Auftrag gibt, nach einem bestimmten Punkte zu schiessen, sieht dann durch sein Fernrohr und ruft entzückt: „Nee, Barchewitz, du bist ä Luder, der Schuss war werklich schêne, weesst de, was de geschossen hast? das waren Moreau's Bêne.“ (Hirschberger Zeitung, Nr. 644 u. 649.)

*7 Er ist ein damliges (verdrehtes) Luder.Frischbier2, 2471.

*8 Es ist noch unterm Luder.

Masslos schlecht, unter aller Kritik. In Würzburg: Unterm Luader. (Sartorius, 172.)

*9 Halb Luder und halb Racker. (S. Gelb 9.)

*10 Im Luder liegen.Chemnitius, I, 455; Theatrum Diabolorum, 474; Eiselein, 495.

Von Schlemmern.

*11 Man muss ein Luder legen.Lehmann, 289, 16.

Ein Reizmittel, wenn man fangen will. (S. Speck und Wurm.)

*12 Sich um das Luder ziehen.

Sich um die Lockspeise, den Köder gegenseitig herumziehen oder reissen. (Vgl. Lappenberg; Murner, Ulenspiegel, Leipzig 1854, S. 231.)


Luderbauer.

* Es sind Luderbauern.

Von Leuten, die ein genusssüchtiges, ausschweifendes Leben (s. Luderleben) führen. „Das heissen nicht züchtige Jungfrauen, sondern Luderpauern, die allenthalben Klapperbänklein (s. d.) aufschlagen und die Augen hin und herwerfen.“ (Luther's Kirchenpostille, 583c.)


Lüderitz.

Vor Lüderitz und Köckeritz, vor Hagens und vor Itzenplitz bewahr' uns, lieber Herre Gott.Westdeutsche Zeitung (Köln 1849), Nr. 111.


Luderleben.

* Ein Luderleben führen.

„Die Christen sollen nicht solch ruchlos Luderleben führen in Fressen, Saufen, Schlemmen und Temmen.“ (Luther's Kirchenpostille, II, 98e.)


Luderseuche.

Manche Luderseuche frisst den, der voll Gesundheit ist.


Ludwig.

1 Ach, du, mein Ludewig, komm her und nudle mich. (Pommern.)

2 Ach, liebste Madam Ludewig, ne, so was dut der Peter nich. (Stettin.)


Ludwigsburg.

In Ludwigsburg1 werden die Pfannkuchen nur auf Einer Seite gebacken.

1) Ludwigsburg bei Stuttgart bestand früher nur aus Einer Reihe von Häusern.


Luft (s. Lucht).

1 Auf schwüle Luft folgt Donnerwetter.

2 Aus Luft wird kein Speck.Sprichwörtergarten, 455.

3 Dat die de Loft vergeit, seggt de Bunkus, wenn he en Kopp afhaut.Frischbier2, 2473.

Bunkus war Scharfrichter in Danzig.

4 Dat gaw Luft, sä(de) de Dêrn, un krêg twe Kinner up'n mâl.Eichwald, 310; Schlingmann, 276; Frommann, II, 539, 197; Hoefer, 237; Schütze, III, 31.

n Königslutter: Dat givt Luft, seggte de Fru, un krê Drillinge.

5 Dat gifft Luft, seggt Lünk (s. Loch 13), donn söll he 'n Gôsei legg'n.Schiller, II, 15b.

6 De Lôch ess esu mälk, mer kriggen hück nog Rähn genôg, et Rähnvüggelchen hät sich og höre losse. (Köln.) – Firmenich, I, 475, 170.

7 Die Luft bläht die Sackpfeife auf und Hoffart den Narren.Sailer, 175; Simrock, 4835.

8 Die Luft im Rheingau macht frei.Reinsberg VI, 127.

Weil die Bewohner des Rheingaus zwar den Erzbischof von Mainz als ihren Herrn anerkannten, aber weder leibeigen, noch hörig, noch zu irgendeinem Leibzins oder Frondienst verpflichtet waren.

9 Die Luft kann niemand verbieten.

Lat.: Aura patet cunctis. (Seybold, 46.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0138" n="[124]"/><cb n="247"/>
3 Sünter Lucigge gät (gehen) dai Dage to digge<hi rendition="#sup">1</hi>.</hi> (<hi rendition="#i">Arnsberg.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, I, 351, 3.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Die Tage gedeihen, nehmen zu. &#x2013; Auch andere Völker lassen von Sanct-Lucia an die Nacht ab- und die Tage bereits wieder zunehmen. Die Spanier sagen: Sanct-Lucia nimmt ab die Nacht und wächst der Tag. Die Czechen: Heilige Lucia trinkt die Nächte ab. Oder: Am Tag der heiligen Lucie trinkt sie schon die Nächte ab. Die Franzosen: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs. Nach Ansicht der Toscaner wächst der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnschritt. In der Picardie: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs, an Sanct-Thomas um den Schritt eines Pferdes. (<hi rendition="#i">Orakel, 456-460.</hi>) In Venetien: Von Sanct- Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphania um ein Stündchen. In Portugal glaubt man: Von Sanct-Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um eine Spanne. (<hi rendition="#i">Orakel, 962.</hi>) Auf Sardinien: um den Schritt eines Küchleins. (<hi rendition="#i">Orakel, 961.</hi>) Auf Sicilien heisst es: Von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hundeschritt; von Weihnacht bis Neujahr um einen Menschenschritt. (<hi rendition="#i">Reinsberg VIII, 97 u. 199.</hi>) In Venedig verlängert sich der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphanias um ein Brevierchen. Der Tag wird aber auch an verschiedenen Orten zur Bestimmung der Witterung benutzt. In Sardinien bestimmt man nach der Witterung des Lucientags die des Christtags; man sagt: Lucia hell, Weihnacht dunkel (mit Schnee); Lucia mit Schnee, Weihnacht klar. In Oberitalien hält man den Tag für empfindlich kalt. In Mailand heisst es in dieser Beziehung: An Sanct-Lucia beisst die Kälte. (<hi rendition="#i">Orakel, 963-966.</hi>) In Venetien: An Sanct-Lucia martert die Kälte.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Wenn Luciä die Gans geht im Dreck, so geht sie am Christtag auf Eis.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Boebel, 55.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Lucifer.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Hat doch Lucifer im Himmel gestolpert.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Lucke.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Lucke, belegg mi dat.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eichwald, 1225.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Lucke, se belurt di.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eichwald, 1226.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Lücke.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Man muss die Lück wider flicken.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 694, 53.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">D. i. die Scharte wieder auswetzen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Wer die Lücke im Zaun hat, der hat auch den Schaden.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Wer sein lück nicht versehen kan, der soll des Weibs müssig gan.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 143, 49.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Wer sein Lück nit vertretten kan, der soll sich dern nicht massen an (oder: der soll ein andern dass best thun lan).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 143, 53.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Allgemeiner Sinn: Man soll sich nicht in Lagen bringen, denen man mit seiner Kraft nicht gewachsen ist. Bei <hi rendition="#i">Lehmann</hi> in dem Abschnitt, der die Frage zur Ueberschrift hat: &#x201E;Ob jede Manssperson soll Heyraten.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*5 Ein lucken durch den Zaun machen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Theatrum Diabolorum, 139<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*6 Eine Lücke auf-, die ander zumachen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeister, 872.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Schulden mit neuen Schulden bezahlen. (S.  Loch.)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Versuram facere. (<hi rendition="#i">Seybold, 627.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Vor d' Lucke stahn.</hi> (<hi rendition="#i">Oberösterreich.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Etwa in dem Sinne, wie etwas vertuschen, vertreten, den Sündenbock machen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Lückenbüsser.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Das dient nur als Lückenbüsser.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Lucretia.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Die Lucretia spielen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Zurückhaltend thun, sich spröde stellen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Luder.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Beide, Luder und Spiel sind Leibes und der Seele Fall.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Das Luder und das Doppelspiel sammt Würfel verzehren viel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 435.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Luder, Muthwill' und Spiel machen freier Buben viel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 435.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Was einmal Luder ist, das bleibt Luder.</hi> (<hi rendition="#i">Böhmen.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Wer kein Luder am Angel hat, fischt umsonst.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Winckler, XIX, 71.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*6 Du bist ä Luder, Barchewitz.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In einem der Gefechte, die der Schlacht von Sedan vorangingen, schoss ein sächsischer Soldat unmittelbar nacheinander zwei Franzosen nieder. &#x201E;Du bist ä Luder, Barchewitz,&#x201C; rief ihm sein Nebenmann zu, und mit Windesschnelle verbreitete sich das Wort durch <cb n="248"/>
die Reihen der Sachsen, indem es bei jedem fernern Schusse wiederholt wurde, und bald durch die Zeitungen auch durch ganz Deutschland. Die sprichwörtlich gewordene Redensart ist einem Gedicht entlehnt, in dem ein invalider leipziger Stadtsoldat, Namens Barchewitz, seine Thaten aus der Schlacht bei Dresden 1813 erzählt. Nachdem er berichtet, dass er &#x201E;schonst unterm ollen Fritz einst zwee Terken bald erschossen habe&#x201C;, kommt er später mit Napoleon I. in Berührung, der ihm, dem Kanonier, den Auftrag gibt, nach einem bestimmten Punkte zu schiessen, sieht dann durch sein Fernrohr und ruft entzückt: &#x201E;Nee, Barchewitz, du bist ä Luder, der Schuss war werklich schêne, weesst de, was de geschossen hast? das waren Moreau's Bêne.&#x201C; (<hi rendition="#i">Hirschberger Zeitung, Nr. 644 u. 649.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*7 Er ist ein damliges (verdrehtes) Luder.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 2471.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*8 Es ist noch unterm Luder.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Masslos schlecht, unter aller Kritik. In Würzburg: Unterm Luader. (<hi rendition="#i">Sartorius, 172.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*9 Halb Luder und halb Racker.</hi> (S.  Gelb 9.)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*10 Im Luder liegen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Chemnitius, I, 455; Theatrum Diabolorum, 474; Eiselein, 495.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von Schlemmern.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*11 Man muss ein Luder legen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 289, 16.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein Reizmittel, wenn man fangen will. (S.  Speck und  Wurm.)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*12 Sich um das Luder ziehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Sich um die Lockspeise, den Köder gegenseitig herumziehen oder reissen. (Vgl. <hi rendition="#i">Lappenberg; Murner, Ulenspiegel, Leipzig 1854, S. 231.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Luderbauer.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Es sind Luderbauern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Von Leuten, die ein genusssüchtiges, ausschweifendes Leben (s.  Luderleben) führen. &#x201E;Das heissen nicht züchtige Jungfrauen, sondern Luderpauern, die allenthalben  Klapperbänklein (s. d.) aufschlagen und die Augen hin und herwerfen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Luther's Kirchenpostille, 583<hi rendition="#sup">c</hi>.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Lüderitz.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Vor Lüderitz und Köckeritz, vor Hagens und vor Itzenplitz bewahr' uns, lieber Herre Gott.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Westdeutsche Zeitung (Köln 1849), Nr. 111.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Luderleben.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Ein Luderleben führen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die Christen sollen nicht solch ruchlos Luderleben führen in Fressen, Saufen, Schlemmen und Temmen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Luther's Kirchenpostille, II, 98<hi rendition="#sup">e</hi>.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Luderseuche.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Manche Luderseuche frisst den, der voll Gesundheit ist.</hi> </p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ludwig.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Ach, du, mein Ludewig, komm her und nudle mich.</hi> (<hi rendition="#i">Pommern.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Ach, liebste Madam Ludewig, ne, so was dut der Peter nich.</hi> (<hi rendition="#i">Stettin.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ludwigsburg.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">In Ludwigsburg<hi rendition="#sup">1</hi> werden die Pfannkuchen nur auf Einer Seite gebacken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Ludwigsburg bei Stuttgart bestand früher nur aus Einer Reihe von Häusern.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Luft</hi> (s.  Lucht).</head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Auf schwüle Luft folgt Donnerwetter.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Aus Luft wird kein Speck.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sprichwörtergarten, 455.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Dat die de Loft vergeit, seggt de Bunkus, wenn he en Kopp afhaut.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 2473.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Bunkus war Scharfrichter in Danzig.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Dat gaw Luft, sä(de) de Dêrn, un krêg twe Kinner up'n mâl.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eichwald, 310; Schlingmann, 276; Frommann, II, 539, 197; Hoefer, 237; Schütze, III, 31.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">n Königslutter: Dat givt Luft, seggte de Fru, un krê Drillinge.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Dat gifft Luft, seggt Lünk (s.  Loch 13), donn söll he 'n Gôsei legg'n.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schiller, II, 15<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 De Lôch ess esu mälk, mer kriggen hück nog Rähn genôg, et Rähnvüggelchen hät sich og höre losse.</hi> (<hi rendition="#i">Köln.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, I, 475, 170.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Die Luft bläht die Sackpfeife auf und Hoffart den Narren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sailer, 175; Simrock, 4835.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Die Luft im Rheingau macht frei.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Reinsberg VI, 127.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Weil die Bewohner des Rheingaus zwar den Erzbischof von Mainz als ihren Herrn anerkannten, aber weder leibeigen, noch hörig, noch zu irgendeinem Leibzins oder Frondienst verpflichtet waren.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Die Luft kann niemand verbieten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Aura patet cunctis. (<hi rendition="#i">Seybold, 46.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[124]/0138] 3 Sünter Lucigge gät (gehen) dai Dage to digge1. (Arnsberg.) – Firmenich, I, 351, 3. 1) Die Tage gedeihen, nehmen zu. – Auch andere Völker lassen von Sanct-Lucia an die Nacht ab- und die Tage bereits wieder zunehmen. Die Spanier sagen: Sanct-Lucia nimmt ab die Nacht und wächst der Tag. Die Czechen: Heilige Lucia trinkt die Nächte ab. Oder: Am Tag der heiligen Lucie trinkt sie schon die Nächte ab. Die Franzosen: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs. Nach Ansicht der Toscaner wächst der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnschritt. In der Picardie: An Sanct-Lucia wachsen die Tage um den Sprung eines Flohs, an Sanct-Thomas um den Schritt eines Pferdes. (Orakel, 456-460.) In Venetien: Von Sanct- Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphania um ein Stündchen. In Portugal glaubt man: Von Sanct-Lucia bis Weihnachten wächst der Tag um eine Spanne. (Orakel, 962.) Auf Sardinien: um den Schritt eines Küchleins. (Orakel, 961.) Auf Sicilien heisst es: Von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hundeschritt; von Weihnacht bis Neujahr um einen Menschenschritt. (Reinsberg VIII, 97 u. 199.) In Venedig verlängert sich der Tag von Sanct-Lucia bis Weihnacht um einen Hahnenfuss, von Weihnacht bis Epiphanias um ein Brevierchen. Der Tag wird aber auch an verschiedenen Orten zur Bestimmung der Witterung benutzt. In Sardinien bestimmt man nach der Witterung des Lucientags die des Christtags; man sagt: Lucia hell, Weihnacht dunkel (mit Schnee); Lucia mit Schnee, Weihnacht klar. In Oberitalien hält man den Tag für empfindlich kalt. In Mailand heisst es in dieser Beziehung: An Sanct-Lucia beisst die Kälte. (Orakel, 963-966.) In Venetien: An Sanct-Lucia martert die Kälte. 4 Wenn Luciä die Gans geht im Dreck, so geht sie am Christtag auf Eis. – Boebel, 55. Lucifer. * Hat doch Lucifer im Himmel gestolpert. Lucke. *1 Lucke, belegg mi dat. – Eichwald, 1225. *2 Lucke, se belurt di. – Eichwald, 1226. Lücke. 1 Man muss die Lück wider flicken. – Lehmann, 694, 53. D. i. die Scharte wieder auswetzen. 2 Wer die Lücke im Zaun hat, der hat auch den Schaden. 3 Wer sein lück nicht versehen kan, der soll des Weibs müssig gan. – Lehmann, 143, 49. 4 Wer sein Lück nit vertretten kan, der soll sich dern nicht massen an (oder: der soll ein andern dass best thun lan). – Lehmann, 143, 53. Allgemeiner Sinn: Man soll sich nicht in Lagen bringen, denen man mit seiner Kraft nicht gewachsen ist. Bei Lehmann in dem Abschnitt, der die Frage zur Ueberschrift hat: „Ob jede Manssperson soll Heyraten.“ *5 Ein lucken durch den Zaun machen. – Theatrum Diabolorum, 139a. *6 Eine Lücke auf-, die ander zumachen. – Sutermeister, 872. Schulden mit neuen Schulden bezahlen. (S. Loch.) Lat.: Versuram facere. (Seybold, 627.) 7 Vor d' Lucke stahn. (Oberösterreich.) Etwa in dem Sinne, wie etwas vertuschen, vertreten, den Sündenbock machen. Lückenbüsser. * Das dient nur als Lückenbüsser. Lucretia. * Die Lucretia spielen. Zurückhaltend thun, sich spröde stellen. Luder. 1 Beide, Luder und Spiel sind Leibes und der Seele Fall. 2 Das Luder und das Doppelspiel sammt Würfel verzehren viel. – Eiselein, 435. 3 Luder, Muthwill' und Spiel machen freier Buben viel. – Eiselein, 435. 4 Was einmal Luder ist, das bleibt Luder. (Böhmen.) 5 Wer kein Luder am Angel hat, fischt umsonst. – Winckler, XIX, 71. *6 Du bist ä Luder, Barchewitz. In einem der Gefechte, die der Schlacht von Sedan vorangingen, schoss ein sächsischer Soldat unmittelbar nacheinander zwei Franzosen nieder. „Du bist ä Luder, Barchewitz,“ rief ihm sein Nebenmann zu, und mit Windesschnelle verbreitete sich das Wort durch die Reihen der Sachsen, indem es bei jedem fernern Schusse wiederholt wurde, und bald durch die Zeitungen auch durch ganz Deutschland. Die sprichwörtlich gewordene Redensart ist einem Gedicht entlehnt, in dem ein invalider leipziger Stadtsoldat, Namens Barchewitz, seine Thaten aus der Schlacht bei Dresden 1813 erzählt. Nachdem er berichtet, dass er „schonst unterm ollen Fritz einst zwee Terken bald erschossen habe“, kommt er später mit Napoleon I. in Berührung, der ihm, dem Kanonier, den Auftrag gibt, nach einem bestimmten Punkte zu schiessen, sieht dann durch sein Fernrohr und ruft entzückt: „Nee, Barchewitz, du bist ä Luder, der Schuss war werklich schêne, weesst de, was de geschossen hast? das waren Moreau's Bêne.“ (Hirschberger Zeitung, Nr. 644 u. 649.) *7 Er ist ein damliges (verdrehtes) Luder. – Frischbier2, 2471. *8 Es ist noch unterm Luder. Masslos schlecht, unter aller Kritik. In Würzburg: Unterm Luader. (Sartorius, 172.) *9 Halb Luder und halb Racker. (S. Gelb 9.) *10 Im Luder liegen. – Chemnitius, I, 455; Theatrum Diabolorum, 474; Eiselein, 495. Von Schlemmern. *11 Man muss ein Luder legen. – Lehmann, 289, 16. Ein Reizmittel, wenn man fangen will. (S. Speck und Wurm.) *12 Sich um das Luder ziehen. Sich um die Lockspeise, den Köder gegenseitig herumziehen oder reissen. (Vgl. Lappenberg; Murner, Ulenspiegel, Leipzig 1854, S. 231.) Luderbauer. * Es sind Luderbauern. Von Leuten, die ein genusssüchtiges, ausschweifendes Leben (s. Luderleben) führen. „Das heissen nicht züchtige Jungfrauen, sondern Luderpauern, die allenthalben Klapperbänklein (s. d.) aufschlagen und die Augen hin und herwerfen.“ (Luther's Kirchenpostille, 583c.) Lüderitz. Vor Lüderitz und Köckeritz, vor Hagens und vor Itzenplitz bewahr' uns, lieber Herre Gott. – Westdeutsche Zeitung (Köln 1849), Nr. 111. Luderleben. * Ein Luderleben führen. „Die Christen sollen nicht solch ruchlos Luderleben führen in Fressen, Saufen, Schlemmen und Temmen.“ (Luther's Kirchenpostille, II, 98e.) Luderseuche. Manche Luderseuche frisst den, der voll Gesundheit ist. Ludwig. 1 Ach, du, mein Ludewig, komm her und nudle mich. (Pommern.) 2 Ach, liebste Madam Ludewig, ne, so was dut der Peter nich. (Stettin.) Ludwigsburg. In Ludwigsburg1 werden die Pfannkuchen nur auf Einer Seite gebacken. 1) Ludwigsburg bei Stuttgart bestand früher nur aus Einer Reihe von Häusern. Luft (s. Lucht). 1 Auf schwüle Luft folgt Donnerwetter. 2 Aus Luft wird kein Speck. – Sprichwörtergarten, 455. 3 Dat die de Loft vergeit, seggt de Bunkus, wenn he en Kopp afhaut. – Frischbier2, 2473. Bunkus war Scharfrichter in Danzig. 4 Dat gaw Luft, sä(de) de Dêrn, un krêg twe Kinner up'n mâl. – Eichwald, 310; Schlingmann, 276; Frommann, II, 539, 197; Hoefer, 237; Schütze, III, 31. n Königslutter: Dat givt Luft, seggte de Fru, un krê Drillinge. 5 Dat gifft Luft, seggt Lünk (s. Loch 13), donn söll he 'n Gôsei legg'n. – Schiller, II, 15b. 6 De Lôch ess esu mälk, mer kriggen hück nog Rähn genôg, et Rähnvüggelchen hät sich og höre losse. (Köln.) – Firmenich, I, 475, 170. 7 Die Luft bläht die Sackpfeife auf und Hoffart den Narren. – Sailer, 175; Simrock, 4835. 8 Die Luft im Rheingau macht frei. – Reinsberg VI, 127. Weil die Bewohner des Rheingaus zwar den Erzbischof von Mainz als ihren Herrn anerkannten, aber weder leibeigen, noch hörig, noch zu irgendeinem Leibzins oder Frondienst verpflichtet waren. 9 Die Luft kann niemand verbieten. Lat.: Aura patet cunctis. (Seybold, 46.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/138
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [124]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/138>, abgerufen am 28.03.2024.