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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] Abt seines Amtes und ernannte den Nachfolger, welcher die Inschrift durch eine angemessene Satzzeichnung berichtigte. Dem obigen Verse wurde ein zweiter, der folgende, beigefügt: Pro solo puncto curuit Martinus Azello. Da das Wort Azello (Name der Abtei) einen Doppelsinn hat, indem es einen kleinen Esel und eine Abtei bezeichnet, so hat man ihm im Sprichwort die erstere gegeben. - Wie Martin durch ein unrichtig gesetztes Komma um seine Abtei kam, so rettete ein Mitglied des höchsten Rathes im Lande durch ein vorsichtig gesetztes sein Leben. Man sammelte Stimmen zur Verurtheilung gewisser Personen, und man unterschrieb mit leidenschaftlicher Hitze das End- und Todesurtheil. Keiner wagte, sich auszuschliessen; aber der Vorsichtigste dabei unterschrieb: Si omnes consentiunt, - ego non, dissentio. Dies Strichlein rettete ihm den Kopf, den die andern verloren. (Witzfunken, IIa, 172.)

7 Wer auf Einem Punkte bohrt, macht bald ein Loch.

8 Wer in Einem Punkte nachgibt, muss es auch in den übrigen.

9 Zwischen zwei Punkten kann man nur Eine gerade Linie ziehen.

Lat.: Inter puncta duo rectas producere velle duas. (Bovill, I, 159.)

*10 Den (rechten) Punkt (nicht) treffen. - Eiselein, 516.

*11 Einem den Punkt über das i machen.

Ihm etwas verständlich machen, was sich von selbst versteht.

Frz.: Mettre a quelqu'un les points sur les i. (Starschedel, 436.)

*12 Er ist der Punkt auf dem i. - Braun, I, 3389.

So klein, wie wesentlich nothwendig und unentbehrlich, da der Punkt erst die vorhandenen Schriftzüge zu einem i macht. Ein i ohne Punkt ist kein i.

*13 Er kann den rechten Punkt nicht treffen.

*14 Er kann keinen Punkt übers i setzen.

Wer zu nichts in der Welt taugt.

*15 Er setzt den Punkt aufs i.

Bringt die Sache zum Abschluss.

Holl.: Hij zet de punten op de I's. (Harrebomee, II, 205a.)

*16 Er sieht schwarze Punkte.

Diese Redensart ist, wenn sie auch schon früher dagewesen sein mag, erst seit der Rede, die Napoleon III, im August 1867 (s. 17) gehalten, zur häufigen Anwendung gelangt. Man wird hierbei an die Parodie auf den kaufmännischen Briefstil erinnert. "In Ihrem Allerwerthesten habe einen dunkeln Punkt bemerkt." (Vgl. Sachsenspiegel.)

*17 Es gibt dunkle (schwarze) Punkte am Himmel (Horizont).

Die "schwarzen Punkte" sind seit dem 27. August 1867 sprichwörtlich geworden; sie befinden sich in der Rede, mit der an diesem Tage der Kaiser Napoleon die Begrüssung des Bürgermeisters zu Lille beantwortete. Die Stelle, zu der indess der Grundtext mir nicht vorliegt, heisst: "Seit den letzten vierzehn Jahren sind zwar viele meiner Hoffnungen in Erfüllung gegangen und grosse Fortschritte erreicht worden; allein auch dunkle Punkte haben unsern Horizont umwölkt." Schon am nächsten Tage brachten die pariser Blätter ironische oder klagende Artikel, meist mit der Ueberschrift: Die schwarzen Punkte, die nämlich nicht am Horizont, sondern näher dem Mittelpunkte zu finden wären. In der Ansprache, die der Maire von Strasburg beim dasigen Schützenfeste am 27. Juni 1868 zur Begrüssung der Schützen aus Baden hielt, sagte er: "Zwischen uns bestehen keine andern >schwarzen Punkte< als die unserer Zielscheiben." (Schles. Zeitung, 1868, Nr. 307.) In der Rede, welche der österreichische Reichskanzler Graf Beust (Juli 1871) in der Delegation über das Kriegsbudget hielt, heisst es: "Ich beabsichtige keineswegs etwa durch Schilderungen von >schwarzen Punkten<, die übrigens gegenwärtig nicht vorhanden sind, Nutzen für das Kriegsbudget zu ziehen." (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 323.) - "Als wider sein (Napoleon III.) Erwarten das ganze deutsche Volk sich (Juli 1870) erhob, da zogen schwarze Punkte am Himmel des gallischen Kaisers empor." (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 329.)

*18 Weder Punkt noch fingersbreit.

Lat.: Ne punctum quidem aut unguem transversum. (Hieronymus.)

*19 Wenn er den Punkt1 fände, er brächte die Erde aus der Bahn.

1) Nämlich den des Archimedes.

Holl.: Kon hij den hemel beklonteren, hij draaide, met Jan Vos, den aardkloot om de zon. (Harrebomee, I, 356b.)


Pünktlein.

1 Ein Pünktlein macht die ganze Ehre schwarz. - Sprichwörtergarten, 115.

J. Weber (Demokritos, I, 229), indem er von der Wirkung des Contrastes spricht, sagt: "Der Contrast macht, [Spaltenumbruch] dass ein einziger Fehler des bisher unbescholtensten Mannes mehr Aufsehen macht als alle Bubenstücke eines vollendeten Schurken. Auf weissem Tuche sieht man einen Floh leichter als auf einem schwarzen, und Schwarze sprechen dann vom Floh, wie von einem Elefanten."

*2 Es darf kein Pünktlein fehlen.

*3 Ein Pünktlein auf der Nase haben.

*4 Ein Pünktlein kann ausfallen.

Frz.: Faute d'un point, Martin son ane. (Lendroy, 42.)

Lat.: Ob solum punctum caruit Robertus Asello. (Binder II, 2332.)

*5 Es fehlt nicht das Pünktlein auf dem i. - Braun, I, 1608.

Holl.: Geen puntje op de I vergeten. (Harrebomee, II, 205a.)


Pünktlich.

1 Pünktlich wie ein Chronometer. - A. Baudissin, Soldatengeschichten (Hannover 1863).

2 Pünktlich wie ein Maurer.

Nämlich im Aufhören mit der Arbeit.


Pünktlichkeit.

1 Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige.

Ludwig XVIII. soll Urheber dieses Ausspruchs sein: L'exactitude est la politesse des rois. (Büchmann, 6. Aufl., 220.)

2 Pünktlichkeit ist mein Leben, sagte die Schnecke, die zur Taufe eingeladen war und zum Traueressen ankam.


Punktum.

*1 Punktum (finale) und Streusand darauf. - Eiselein, 516; Frischbier, 596; Frischbier2, 3036; Braun, I, 3388.

Wenn man ein Geschäft beendigt hat oder Feierabend macht.

Lat.: Colophonem addere. (Binder II, 527; Seybold, 86; Eiselein, 516; Philippi, I, 86.)

*2 Und damit Punktum!


Punzke.

Punzke, freu di, Soldate kame. (Braunsberg.)


Punzmaule.

Oemmes Punzmaule konn' wie nich, Bradefretersch bruk wi nich. (Einlage bei Elbing.)


Pupen.

Mennich ment he will pupen1 un bedeit de ganze brok2. - Lübben.

1) Pupen oder purten = winden, sich von einer Blähung befreien (crepitum edere).

2) Hose. (Richey, 195.)


Pupillengeld.

* Er hat den Pupillengeldern geschröpft. - Chaos, 190.

Von einem, der durch untreue Verwaltung zu Vermögen gelangt ist. (S. Leute 1513.)


Pupke.

* Das ist unterm Pupke. - Frischbier2, 3037.

Auch unterm Schiss.


Puppe.

1 Bring' Puppen mit, willst du mit Puppen spielen.

2 Jeder hält seine Puppe für die schönste.

Holl.: Elk dunkt zijn popje 't schoonst. (Harrebomee, II, 194a.)

3 Jeder hat seine Puppe, mit der er spielt.

Holl.: Elk heeft zijn popje, daar hij mee speelt. (Harrebomee, II, 194a.)

4 Jeder kleidet seine Puppe, wie es ihm gefällt.

Holl.: Elk kleedt zijne pop naar zijn fatsoen. (Harrebomee, II, 194a.)

5 Jeder spielt mit seiner (liebkost seine) Puppe nach seiner Weise.

Holl.: Elk huldigt zijn popje op zijne manier. (Harrebomee, II, 194a.)

*6 Das geht bis an (über) die Puppen. (Berlin.)

Die Redensart rührt von den Sandsteinfiguren am sogenannten Grossen Stern im Thiergarten zu Berlin, welche früher dort standen und bezog sich lediglich auf die Entfernung. Fuhr man, so kam diese nicht in Betracht. Beim Gehen wurde sie als beträchtlich bezeichnet und bald auf andere Entfernungen übertragen, später in der jetzigen Bedeutung gebraucht. In älter er Zeit wurden jene Figuren Puppen genannt. In einer handschriftlichen Mittheilung eines geborenen Berliners (Dr. W. Führböter, gestorben 13. Febr. 1872 in Hirschberg), der aber seit 40 Jahren seine Vaterstadt und die Puppen nicht mehr gesehen hat, heisst es: "Von Berlin nach Charlottenburg führt durch den Thiergarten eine Chaussee." Etwas über der Hälfte des Wegs befindet sich ein mit Bänken besetzter runder Platz, der jetzt unter dem Namen "der grosse Stern" bekannt ist, die der

[Spaltenumbruch] Abt seines Amtes und ernannte den Nachfolger, welcher die Inschrift durch eine angemessene Satzzeichnung berichtigte. Dem obigen Verse wurde ein zweiter, der folgende, beigefügt: Pro solo puncto curuit Martinus Azello. Da das Wort Azello (Name der Abtei) einen Doppelsinn hat, indem es einen kleinen Esel und eine Abtei bezeichnet, so hat man ihm im Sprichwort die erstere gegeben. – Wie Martin durch ein unrichtig gesetztes Komma um seine Abtei kam, so rettete ein Mitglied des höchsten Rathes im Lande durch ein vorsichtig gesetztes sein Leben. Man sammelte Stimmen zur Verurtheilung gewisser Personen, und man unterschrieb mit leidenschaftlicher Hitze das End- und Todesurtheil. Keiner wagte, sich auszuschliessen; aber der Vorsichtigste dabei unterschrieb: Si omnes consentiunt, – ego non, dissentio. Dies Strichlein rettete ihm den Kopf, den die andern verloren. (Witzfunken, IIa, 172.)

7 Wer auf Einem Punkte bohrt, macht bald ein Loch.

8 Wer in Einem Punkte nachgibt, muss es auch in den übrigen.

9 Zwischen zwei Punkten kann man nur Eine gerade Linie ziehen.

Lat.: Inter puncta duo rectas producere velle duas. (Bovill, I, 159.)

*10 Den (rechten) Punkt (nicht) treffen.Eiselein, 516.

*11 Einem den Punkt über das i machen.

Ihm etwas verständlich machen, was sich von selbst versteht.

Frz.: Mettre à quelqu'un les points sur les i. (Starschedel, 436.)

*12 Er ist der Punkt auf dem i.Braun, I, 3389.

So klein, wie wesentlich nothwendig und unentbehrlich, da der Punkt erst die vorhandenen Schriftzüge zu einem i macht. Ein i ohne Punkt ist kein i.

*13 Er kann den rechten Punkt nicht treffen.

*14 Er kann keinen Punkt übers i setzen.

Wer zu nichts in der Welt taugt.

*15 Er setzt den Punkt aufs i.

Bringt die Sache zum Abschluss.

Holl.: Hij zet de punten op de I's. (Harrebomée, II, 205a.)

*16 Er sieht schwarze Punkte.

Diese Redensart ist, wenn sie auch schon früher dagewesen sein mag, erst seit der Rede, die Napoleon III, im August 1867 (s. 17) gehalten, zur häufigen Anwendung gelangt. Man wird hierbei an die Parodie auf den kaufmännischen Briefstil erinnert. „In Ihrem Allerwerthesten habe einen dunkeln Punkt bemerkt.“ (Vgl. Sachsenspiegel.)

*17 Es gibt dunkle (schwarze) Punkte am Himmel (Horizont).

Die „schwarzen Punkte“ sind seit dem 27. August 1867 sprichwörtlich geworden; sie befinden sich in der Rede, mit der an diesem Tage der Kaiser Napoleon die Begrüssung des Bürgermeisters zu Lille beantwortete. Die Stelle, zu der indess der Grundtext mir nicht vorliegt, heisst: „Seit den letzten vierzehn Jahren sind zwar viele meiner Hoffnungen in Erfüllung gegangen und grosse Fortschritte erreicht worden; allein auch dunkle Punkte haben unsern Horizont umwölkt.“ Schon am nächsten Tage brachten die pariser Blätter ironische oder klagende Artikel, meist mit der Ueberschrift: Die schwarzen Punkte, die nämlich nicht am Horizont, sondern näher dem Mittelpunkte zu finden wären. In der Ansprache, die der Maire von Strasburg beim dasigen Schützenfeste am 27. Juni 1868 zur Begrüssung der Schützen aus Baden hielt, sagte er: „Zwischen uns bestehen keine andern ›schwarzen Punkte‹ als die unserer Zielscheiben.“ (Schles. Zeitung, 1868, Nr. 307.) In der Rede, welche der österreichische Reichskanzler Graf Beust (Juli 1871) in der Delegation über das Kriegsbudget hielt, heisst es: „Ich beabsichtige keineswegs etwa durch Schilderungen von ›schwarzen Punkten‹, die übrigens gegenwärtig nicht vorhanden sind, Nutzen für das Kriegsbudget zu ziehen.“ (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 323.) – „Als wider sein (Napoleon III.) Erwarten das ganze deutsche Volk sich (Juli 1870) erhob, da zogen schwarze Punkte am Himmel des gallischen Kaisers empor.“ (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 329.)

*18 Weder Punkt noch fingersbreit.

Lat.: Ne punctum quidem aut unguem transversum. (Hieronymus.)

*19 Wenn er den Punkt1 fände, er brächte die Erde aus der Bahn.

1) Nämlich den des Archimedes.

Holl.: Kon hij den hemel beklonteren, hij draaide, met Jan Vos, den aardkloot om de zon. (Harrebomée, I, 356b.)


Pünktlein.

1 Ein Pünktlein macht die ganze Ehre schwarz.Sprichwörtergarten, 115.

J. Weber (Demokritos, I, 229), indem er von der Wirkung des Contrastes spricht, sagt: „Der Contrast macht, [Spaltenumbruch] dass ein einziger Fehler des bisher unbescholtensten Mannes mehr Aufsehen macht als alle Bubenstücke eines vollendeten Schurken. Auf weissem Tuche sieht man einen Floh leichter als auf einem schwarzen, und Schwarze sprechen dann vom Floh, wie von einem Elefanten.“

*2 Es darf kein Pünktlein fehlen.

*3 Ein Pünktlein auf der Nase haben.

*4 Ein Pünktlein kann ausfallen.

Frz.: Faute d'un point, Martin son âne. (Lendroy, 42.)

Lat.: Ob solum punctum caruit Robertus Asello. (Binder II, 2332.)

*5 Es fehlt nicht das Pünktlein auf dem i.Braun, I, 1608.

Holl.: Geen puntje op de I vergeten. (Harrebomée, II, 205a.)


Pünktlich.

1 Pünktlich wie ein Chronometer.A. Baudissin, Soldatengeschichten (Hannover 1863).

2 Pünktlich wie ein Maurer.

Nämlich im Aufhören mit der Arbeit.


Pünktlichkeit.

1 Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige.

Ludwig XVIII. soll Urheber dieses Ausspruchs sein: L'exactitude est la politesse des rois. (Büchmann, 6. Aufl., 220.)

2 Pünktlichkeit ist mein Leben, sagte die Schnecke, die zur Taufe eingeladen war und zum Traueressen ankam.


Punktum.

*1 Punktum (finale) und Streusand darauf.Eiselein, 516; Frischbier, 596; Frischbier2, 3036; Braun, I, 3388.

Wenn man ein Geschäft beendigt hat oder Feierabend macht.

Lat.: Colophonem addere. (Binder II, 527; Seybold, 86; Eiselein, 516; Philippi, I, 86.)

*2 Und damit Punktum!


Punzke.

Punzke, freu di, Soldate kame. (Braunsberg.)


Punzmûle.

Oemmes Punzmûle konn' wie nich, Bradefretersch bruk wi nich. (Einlage bei Elbing.)


Pupen.

Mennich mênt he will pupen1 un bedeit de ganze brôk2.Lübben.

1) Pupen oder purten = winden, sich von einer Blähung befreien (crepitum edere).

2) Hose. (Richey, 195.)


Pupillengeld.

* Er hat den Pupillengeldern geschröpft.Chaos, 190.

Von einem, der durch untreue Verwaltung zu Vermögen gelangt ist. (S. Leute 1513.)


Pupke.

* Das ist unterm Pupke.Frischbier2, 3037.

Auch unterm Schiss.


Puppe.

1 Bring' Puppen mit, willst du mit Puppen spielen.

2 Jeder hält seine Puppe für die schönste.

Holl.: Elk dunkt zijn popje 't schoonst. (Harrebomée, II, 194a.)

3 Jeder hat seine Puppe, mit der er spielt.

Holl.: Elk heeft zijn popje, daar hij meê speelt. (Harrebomée, II, 194a.)

4 Jeder kleidet seine Puppe, wie es ihm gefällt.

Holl.: Elk kleedt zijne pop naar zijn fatsoen. (Harrebomée, II, 194a.)

5 Jeder spielt mit seiner (liebkost seine) Puppe nach seiner Weise.

Holl.: Elk huldigt zijn popje op zijne manier. (Harrebomée, II, 194a.)

*6 Das geht bis an (über) die Puppen. (Berlin.)

Die Redensart rührt von den Sandsteinfiguren am sogenannten Grossen Stern im Thiergarten zu Berlin, welche früher dort standen und bezog sich lediglich auf die Entfernung. Fuhr man, so kam diese nicht in Betracht. Beim Gehen wurde sie als beträchtlich bezeichnet und bald auf andere Entfernungen übertragen, später in der jetzigen Bedeutung gebraucht. In älter er Zeit wurden jene Figuren Puppen genannt. In einer handschriftlichen Mittheilung eines geborenen Berliners (Dr. W. Führböter, gestorben 13. Febr. 1872 in Hirschberg), der aber seit 40 Jahren seine Vaterstadt und die Puppen nicht mehr gesehen hat, heisst es: „Von Berlin nach Charlottenburg führt durch den Thiergarten eine Chaussee.“ Etwas über der Hälfte des Wegs befindet sich ein mit Bänken besetzter runder Platz, der jetzt unter dem Namen „der grosse Stern“ bekannt ist, die der

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[[713]/0727] Abt seines Amtes und ernannte den Nachfolger, welcher die Inschrift durch eine angemessene Satzzeichnung berichtigte. Dem obigen Verse wurde ein zweiter, der folgende, beigefügt: Pro solo puncto curuit Martinus Azello. Da das Wort Azello (Name der Abtei) einen Doppelsinn hat, indem es einen kleinen Esel und eine Abtei bezeichnet, so hat man ihm im Sprichwort die erstere gegeben. – Wie Martin durch ein unrichtig gesetztes Komma um seine Abtei kam, so rettete ein Mitglied des höchsten Rathes im Lande durch ein vorsichtig gesetztes sein Leben. Man sammelte Stimmen zur Verurtheilung gewisser Personen, und man unterschrieb mit leidenschaftlicher Hitze das End- und Todesurtheil. Keiner wagte, sich auszuschliessen; aber der Vorsichtigste dabei unterschrieb: Si omnes consentiunt, – ego non, dissentio. Dies Strichlein rettete ihm den Kopf, den die andern verloren. (Witzfunken, IIa, 172.) 7 Wer auf Einem Punkte bohrt, macht bald ein Loch. 8 Wer in Einem Punkte nachgibt, muss es auch in den übrigen. 9 Zwischen zwei Punkten kann man nur Eine gerade Linie ziehen. Lat.: Inter puncta duo rectas producere velle duas. (Bovill, I, 159.) *10 Den (rechten) Punkt (nicht) treffen. – Eiselein, 516. *11 Einem den Punkt über das i machen. Ihm etwas verständlich machen, was sich von selbst versteht. Frz.: Mettre à quelqu'un les points sur les i. (Starschedel, 436.) *12 Er ist der Punkt auf dem i. – Braun, I, 3389. So klein, wie wesentlich nothwendig und unentbehrlich, da der Punkt erst die vorhandenen Schriftzüge zu einem i macht. Ein i ohne Punkt ist kein i. *13 Er kann den rechten Punkt nicht treffen. *14 Er kann keinen Punkt übers i setzen. Wer zu nichts in der Welt taugt. *15 Er setzt den Punkt aufs i. Bringt die Sache zum Abschluss. Holl.: Hij zet de punten op de I's. (Harrebomée, II, 205a.) *16 Er sieht schwarze Punkte. Diese Redensart ist, wenn sie auch schon früher dagewesen sein mag, erst seit der Rede, die Napoleon III, im August 1867 (s. 17) gehalten, zur häufigen Anwendung gelangt. Man wird hierbei an die Parodie auf den kaufmännischen Briefstil erinnert. „In Ihrem Allerwerthesten habe einen dunkeln Punkt bemerkt.“ (Vgl. Sachsenspiegel.) *17 Es gibt dunkle (schwarze) Punkte am Himmel (Horizont). Die „schwarzen Punkte“ sind seit dem 27. August 1867 sprichwörtlich geworden; sie befinden sich in der Rede, mit der an diesem Tage der Kaiser Napoleon die Begrüssung des Bürgermeisters zu Lille beantwortete. Die Stelle, zu der indess der Grundtext mir nicht vorliegt, heisst: „Seit den letzten vierzehn Jahren sind zwar viele meiner Hoffnungen in Erfüllung gegangen und grosse Fortschritte erreicht worden; allein auch dunkle Punkte haben unsern Horizont umwölkt.“ Schon am nächsten Tage brachten die pariser Blätter ironische oder klagende Artikel, meist mit der Ueberschrift: Die schwarzen Punkte, die nämlich nicht am Horizont, sondern näher dem Mittelpunkte zu finden wären. In der Ansprache, die der Maire von Strasburg beim dasigen Schützenfeste am 27. Juni 1868 zur Begrüssung der Schützen aus Baden hielt, sagte er: „Zwischen uns bestehen keine andern ›schwarzen Punkte‹ als die unserer Zielscheiben.“ (Schles. Zeitung, 1868, Nr. 307.) In der Rede, welche der österreichische Reichskanzler Graf Beust (Juli 1871) in der Delegation über das Kriegsbudget hielt, heisst es: „Ich beabsichtige keineswegs etwa durch Schilderungen von ›schwarzen Punkten‹, die übrigens gegenwärtig nicht vorhanden sind, Nutzen für das Kriegsbudget zu ziehen.“ (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 323.) – „Als wider sein (Napoleon III.) Erwarten das ganze deutsche Volk sich (Juli 1870) erhob, da zogen schwarze Punkte am Himmel des gallischen Kaisers empor.“ (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 329.) *18 Weder Punkt noch fingersbreit. Lat.: Ne punctum quidem aut unguem transversum. (Hieronymus.) *19 Wenn er den Punkt1 fände, er brächte die Erde aus der Bahn. 1) Nämlich den des Archimedes. Holl.: Kon hij den hemel beklonteren, hij draaide, met Jan Vos, den aardkloot om de zon. (Harrebomée, I, 356b.) Pünktlein. 1 Ein Pünktlein macht die ganze Ehre schwarz. – Sprichwörtergarten, 115. J. Weber (Demokritos, I, 229), indem er von der Wirkung des Contrastes spricht, sagt: „Der Contrast macht, dass ein einziger Fehler des bisher unbescholtensten Mannes mehr Aufsehen macht als alle Bubenstücke eines vollendeten Schurken. Auf weissem Tuche sieht man einen Floh leichter als auf einem schwarzen, und Schwarze sprechen dann vom Floh, wie von einem Elefanten.“ *2 Es darf kein Pünktlein fehlen. *3 Ein Pünktlein auf der Nase haben. *4 Ein Pünktlein kann ausfallen. Frz.: Faute d'un point, Martin son âne. (Lendroy, 42.) Lat.: Ob solum punctum caruit Robertus Asello. (Binder II, 2332.) *5 Es fehlt nicht das Pünktlein auf dem i. – Braun, I, 1608. Holl.: Geen puntje op de I vergeten. (Harrebomée, II, 205a.) Pünktlich. 1 Pünktlich wie ein Chronometer. – A. Baudissin, Soldatengeschichten (Hannover 1863). 2 Pünktlich wie ein Maurer. Nämlich im Aufhören mit der Arbeit. Pünktlichkeit. 1 Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige. Ludwig XVIII. soll Urheber dieses Ausspruchs sein: L'exactitude est la politesse des rois. (Büchmann, 6. Aufl., 220.) 2 Pünktlichkeit ist mein Leben, sagte die Schnecke, die zur Taufe eingeladen war und zum Traueressen ankam. Punktum. *1 Punktum (finale) und Streusand darauf. – Eiselein, 516; Frischbier, 596; Frischbier2, 3036; Braun, I, 3388. Wenn man ein Geschäft beendigt hat oder Feierabend macht. Lat.: Colophonem addere. (Binder II, 527; Seybold, 86; Eiselein, 516; Philippi, I, 86.) *2 Und damit Punktum! Punzke. Punzke, freu di, Soldate kame. (Braunsberg.) Punzmûle. Oemmes Punzmûle konn' wie nich, Bradefretersch bruk wi nich. (Einlage bei Elbing.) Pupen. Mennich mênt he will pupen1 un bedeit de ganze brôk2. – Lübben. 1) Pupen oder purten = winden, sich von einer Blähung befreien (crepitum edere). 2) Hose. (Richey, 195.) Pupillengeld. * Er hat den Pupillengeldern geschröpft. – Chaos, 190. Von einem, der durch untreue Verwaltung zu Vermögen gelangt ist. (S. Leute 1513.) Pupke. * Das ist unterm Pupke. – Frischbier2, 3037. Auch unterm Schiss. Puppe. 1 Bring' Puppen mit, willst du mit Puppen spielen. 2 Jeder hält seine Puppe für die schönste. Holl.: Elk dunkt zijn popje 't schoonst. (Harrebomée, II, 194a.) 3 Jeder hat seine Puppe, mit der er spielt. Holl.: Elk heeft zijn popje, daar hij meê speelt. (Harrebomée, II, 194a.) 4 Jeder kleidet seine Puppe, wie es ihm gefällt. Holl.: Elk kleedt zijne pop naar zijn fatsoen. (Harrebomée, II, 194a.) 5 Jeder spielt mit seiner (liebkost seine) Puppe nach seiner Weise. Holl.: Elk huldigt zijn popje op zijne manier. (Harrebomée, II, 194a.) *6 Das geht bis an (über) die Puppen. (Berlin.) Die Redensart rührt von den Sandsteinfiguren am sogenannten Grossen Stern im Thiergarten zu Berlin, welche früher dort standen und bezog sich lediglich auf die Entfernung. Fuhr man, so kam diese nicht in Betracht. Beim Gehen wurde sie als beträchtlich bezeichnet und bald auf andere Entfernungen übertragen, später in der jetzigen Bedeutung gebraucht. In älter er Zeit wurden jene Figuren Puppen genannt. In einer handschriftlichen Mittheilung eines geborenen Berliners (Dr. W. Führböter, gestorben 13. Febr. 1872 in Hirschberg), der aber seit 40 Jahren seine Vaterstadt und die Puppen nicht mehr gesehen hat, heisst es: „Von Berlin nach Charlottenburg führt durch den Thiergarten eine Chaussee.“ Etwas über der Hälfte des Wegs befindet sich ein mit Bänken besetzter runder Platz, der jetzt unter dem Namen „der grosse Stern“ bekannt ist, die der

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [713]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/727>, abgerufen am 25.04.2024.