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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] bekannte Architekt Freiherr von Knobelsdorff mit französischen Hecken umgab und an deren acht einmündenden Alleen er mythologische Statuen aufstellte, die man, ich weiss nicht aus welchem Grunde, Puppen nannte. "In den Sonnabenden macht der Berliner gern einen Spaziergang bis nach den >Puppen<, und, reichen die Kräfte, auch noch weiter, darüber hinaus." Kehrte er ermüdet zurück, so klagte er, er sei noch hinter den Puppen gewesen. Wollte man nun im geselligen Verkehr etwas räumlich oder geistig Fernliegendes bezeichnen; so sagte man: Das geht ja hinter oder über die Puppen (hinaus). - Seit Aufstellung der Marmorstatuen auf der Schlossbrücke zu Berlin, die vom Volke auch Puppen genannt werden, hat man von der alten Redensart noch eine andere Anwendung gemacht. Man nahm bekanntlich an der ungewohnten Aufstellung der nackten Figuren Anstoss. Ging nun ein Mädchen sehr frei gekleidet, so hiess es, das geht noch über die Puppen. (Büchmann, 6. Aufl., 231.)

*7 Die Puppen sind im Tanzen.

Es geht durcheinander.

Holl.: De poppe zijn on 't danse. (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 228.)

*8 Enn Poppe, womit he spält, will de Minsch hebben. - Volksbote, X.

*9 Jetzt sind de Poppen am Dangsen. (Bedburg.)

Um den (übeln) Ausgang einer Angelegenheit oder die Entwickelung derselben eigentlich oder ironisch zu bezeichnen, wozu für die verschiedenen Fälle dieser Art auch folgende sinnverwandte Redensarten gebraucht werden: Nu ess der Bock fett. Jetz ess et Füer om Dach. Jetz kratz hä sich henge de Uhren. Et ess im an der Box hangn blevven. Nu ess et Dreiten am Dokter un et lecken am Apetheker.

*10 Nu häff wi de Puppen am danssen. (Recklinghausen.) - Firmenich, I, 373, 7.

Da haben wir's, jetzt ist's so weit. Die Sache ist im Gange.

Holl.: De poeppe zijn en 't danse. (Mone, Anzeiger, 1836, S. 228: Antwerpener Redensarten.)

*11 Sie ist eine Puppe.

Holl.: Zij is eene regte pop. (Harrebomee, II, 194b.)


Puppen.

*1 Dei puppt ok von elf Ueren nit, of hei hät en juje Molteid gedohn. (Deutz.)

Der ist so geizig, dass er nicht einmal einen Wind abgibt, wenn er nicht vorher einen guten Verdienst gehabt hat.

*2 Pupp, pupp, holt jo nich up. - Bueren, 969.


Puppendreck.

* Einen zu Puppendreck schlagen. (Nürtingen.)


Puppenheilige.

* Es sind Puppenheilige.

"Wie wir Puppenheiligen thun." (Luther's Werke, V, 82.)


Puppenspiel.

Wenn das Puppenspiel aus ist, kriegt der Hanswurst Prügel.


Pur.

Pur vnd rund. - Dietrich, 500.


Purgiren.

1 Mit purgiren vnd bessern erregt man offt Krankheiten vnd Vnruhe. - Lehmann, 50, 38 u. 85, 20.

2 Purgiren schwecht die Krafft. - Lehmann, 50, 38.

*3 Er hat sich 'naus purgirt. - Mayer, I, 51.

In dem Sinne von rein gewaschen, weiss gebrannt.


Purim.

1 A schlechter Purim is a guter Schüschen- Pürem. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Am Purimfeste kommen die Armen, das sogenannte Purimgeld einzusammeln. Wer also an der allgemeinen Lustigkeit nicht theilnimmt, weil er mit dem Geldsammeln beschäftigt ist, der kann, wenn die Ernte eine gute war, das Versäumte am folgenden Tage, dem Susa- Purim, nachholen und sich gütlich thun. - Die alten Griechen sagten in ähnlicher Weise: Ueber die Oelbäume hinaus gehen, allerdings in dem Sinne: die vorgeschriebene Grenze überschreiten oder etwas thun, was zur Sache nicht gehört. Die Rennbahnen für Wettläufer waren durch reihenweis gesetzte Oelbäume auf beiden Seiten umzäunt, welche zu überschreiten nicht erlaubt war.

2 Am Purim1 sind alle Schickerim2 nüchtern. (Jüd.-deutsch. Brody.)

1) Purimfeste.

2) Trunkenbold. (S. Schicker.)

3 Purim dankt man nicht. - Blass, 17.

Will sagen, dass man an diesem Freudentage jede Förmlichkeit (Etikette) beiseitelassen und sich in ungezwungener Fröhlichkeit ergehen solle.

4 Pürim is kein Jontef, ün Kaduches is kein Kränk. - Blass, 17.

Purim ist ein jüdischer Freudentag zur Erinnerung an die Errettung des Volks von Haman's bösen Anschlägen. [Spaltenumbruch] Die Redensart wird angewandt, wenn man irgendeine Sache nicht beim rechten Namen nennt. Der Purim wird nämlich nicht als voller Feiertag (Jontef) betrachtet, weil am Tage gearbeitet werden darf. Das Fieber (Kaduches) ist insofern keine Krankheit zu nennen, als der damit Behaftete je einen Tag dazwischen gesund bleibt. (Bernstein's Ms.)

5 Wie der Purim1, so ist die Leil Schimurim2. (Jüd.-deutsch.)

1) Jüdische Fastnacht.

2) Die erste jüdische Osternacht. Um zu sagen: Wenn die Frau an Purim menstruirt, wird dies auch in der ersten Osterwoche geschehen, da Purim und Ostern gerade vier Wochen auseinanderliegen.


Purimmahl.

* Bleibst du am Purimmahl sitzen? - Tendlau, 193.

Wenn jemand nicht vom Tische aufsteht, um an die Arbeit zu gehen. Am Purimfest gab sich jeder Jude in Sorglosigkeit der Lebenslust hin.


Purmelle.

* He öss ut Purmelle, wo de Hund möt dem Narsch bellen. (S. Pröbbernau.) - Frischbier2, 3038.

Purmellen, ein Dorf eine Meile von Memel.


Purpur.

1 Purpur gegen Purpur, ehe man kauft.

Das Werthurtheil bildet sich aus Vergleichung.

2 Wen weder Purpur noch Bettelstab drückt, der ist beglückt.


Purpurbett.

1 Auf Purpurbetten liegt man hart. - Körte, 4861; Simrock, 8033.

2 Purpurbett vnd Pflaumfeder lassen nit schlaffen. - Franck, I, 117b.


Purpurkleid.

Das Purpurkleid ist oft gefüttert mit Herzeleid.


Purpurmantel.

An Purpurmänteln und Bauernkitteln, ist's dem Winde gleich zu schütteln. - Parömiakon, 1973.


Pürschen.

Wer pürschet, dem ist damit wohl. - Eiselein, 516.

So waren z. B. Melanion und Hyppolytos, die sich mit Leidenschaft der Jagd ergaben, von allen Sorgen der Liebe gänzlich frei.


Purten, s. Pupen.

Purzel.

* Er (sie) ist ein Purzel. - Frischbier2, 3039.

Eine kleine dicke Person.


Purzeln.

1 Do porzelt das Ding, warum hesst der Dreck au Porzelan, sagte der Bauer, als er eine Vase umstiess, die in viele Stücke sprang.

2 Mancher Porzelt lieber vber Stock vnd Stein, als dass er jhm ein Licht liess vortragen. - Lehmann, 610, 10.

*3 'S purzlet wie gauklet. (Schwaben.)

In dem Sinne wie: gehüpft wie gesprungen.


Paus.

'N moje Paus (Katze), 'n mojet Für un 'n mojet Weif is 'n Zierrath forr't Haus. (Oldenburg.) - Weserzeitung, 4077.

Dem Worte "schön", das im oldenburgischen Plattdeutsch fehlt, steht am nächsten "moje"; aber es sagt nichts mehr als hübsch, niedlich. Das Hochdeutsche "schöner Mann" kann nicht durch "'n mojen Kerl" sondern nur durch "'n fixen Kerl" übersetzt werden, da in Oldenburg nur das Werthvolle und Nützliche für schön gilt, ein schöner Mann also nur ein kräftiger und rüstiger ist. Ein "mojet Wär" nennt der Land- oder Seemann immer das Wetter, das gerade so ist, wie er es für den vorliegenden Zweck bedarf, mag es regnen oder mag die Sonne scheinen; "'n moje Koh" ist eine Kuh, die Milch gibt, und ein "'n mojet Swin" ist ein fettes, schlachtbares Schwein.


Puskedudel.

* Er ist ein Puskedudel. - Frischbier2, 3040.

Ein kleiner dicker Knirps.


Pussek.

A Pussek (Spruch) mit a Stecken. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Pflegt auf Leute angewandt zu werden, die Nummer Sicher gehen. Die Juden haben (2 Mos. 11, 7) einen Spruch, der Schutz gegen das Anfallen von Hunden gewähren oder sie unschädlich machen soll. Wer aber ganz sicher gehen will, verlässt sich nicht auf diesen Spruch allein, sondern nimmt noch einen Stecken mit. (Tendlau, 80.) (S. Spruch.)


Pussjohann.

* Hei öss e Pussjehann. (Ostpreuss.)

Einer der gern Mädchen küsst.


[Spaltenumbruch] bekannte Architekt Freiherr von Knobelsdorff mit französischen Hecken umgab und an deren acht einmündenden Alleen er mythologische Statuen aufstellte, die man, ich weiss nicht aus welchem Grunde, Puppen nannte. „In den Sonnabenden macht der Berliner gern einen Spaziergang bis nach den ›Puppen‹, und, reichen die Kräfte, auch noch weiter, darüber hinaus.“ Kehrte er ermüdet zurück, so klagte er, er sei noch hinter den Puppen gewesen. Wollte man nun im geselligen Verkehr etwas räumlich oder geistig Fernliegendes bezeichnen; so sagte man: Das geht ja hinter oder über die Puppen (hinaus). – Seit Aufstellung der Marmorstatuen auf der Schlossbrücke zu Berlin, die vom Volke auch Puppen genannt werden, hat man von der alten Redensart noch eine andere Anwendung gemacht. Man nahm bekanntlich an der ungewohnten Aufstellung der nackten Figuren Anstoss. Ging nun ein Mädchen sehr frei gekleidet, so hiess es, das geht noch über die Puppen. (Büchmann, 6. Aufl., 231.)

*7 Die Puppen sind im Tanzen.

Es geht durcheinander.

Holl.: De poppe zijn on 't danse. (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 228.)

*8 Enn Poppe, womit he spält, will de Minsch hebben.Volksbote, X.

*9 Jetzt sind de Poppen am Dangsen. (Bedburg.)

Um den (übeln) Ausgang einer Angelegenheit oder die Entwickelung derselben eigentlich oder ironisch zu bezeichnen, wozu für die verschiedenen Fälle dieser Art auch folgende sinnverwandte Redensarten gebraucht werden: Nu ess der Bock fett. Jetz ess et Füer om Dâch. Jetz kratz hä sich henge de Uhren. Et ess im an der Box hangn blevven. Nu ess et Drîten am Dokter un et lecken am Apetheker.

*10 Nu häff wi de Puppen am danssen. (Recklinghausen.) – Firmenich, I, 373, 7.

Da haben wir's, jetzt ist's so weit. Die Sache ist im Gange.

Holl.: De poeppe zijn en 't danse. (Mone, Anzeiger, 1836, S. 228: Antwerpener Redensarten.)

*11 Sie ist eine Puppe.

Holl.: Zij is eene regte pop. (Harrebomée, II, 194b.)


Puppen.

*1 Dei puppt ok von elf Ueren nit, of hei hät en juje Moltîd gedohn. (Deutz.)

Der ist so geizig, dass er nicht einmal einen Wind abgibt, wenn er nicht vorher einen guten Verdienst gehabt hat.

*2 Pupp, pupp, holt jo nich up.Bueren, 969.


Puppendreck.

* Einen zu Puppendreck schlagen. (Nürtingen.)


Puppenheilige.

* Es sind Puppenheilige.

„Wie wir Puppenheiligen thun.“ (Luther's Werke, V, 82.)


Puppenspiel.

Wenn das Puppenspiel aus ist, kriegt der Hanswurst Prügel.


Pur.

Pur vnd rund.Dietrich, 500.


Purgiren.

1 Mit purgiren vnd bessern erregt man offt Krankheiten vnd Vnruhe.Lehmann, 50, 38 u. 85, 20.

2 Purgiren schwecht die Krafft.Lehmann, 50, 38.

*3 Er hat sich 'naus purgirt.Mayer, I, 51.

In dem Sinne von rein gewaschen, weiss gebrannt.


Purim.

1 A schlechter Purim is a guter Schüschen- Pürem. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Am Purimfeste kommen die Armen, das sogenannte Purimgeld einzusammeln. Wer also an der allgemeinen Lustigkeit nicht theilnimmt, weil er mit dem Geldsammeln beschäftigt ist, der kann, wenn die Ernte eine gute war, das Versäumte am folgenden Tage, dem Susa- Purim, nachholen und sich gütlich thun. – Die alten Griechen sagten in ähnlicher Weise: Ueber die Oelbäume hinaus gehen, allerdings in dem Sinne: die vorgeschriebene Grenze überschreiten oder etwas thun, was zur Sache nicht gehört. Die Rennbahnen für Wettläufer waren durch reihenweis gesetzte Oelbäume auf beiden Seiten umzäunt, welche zu überschreiten nicht erlaubt war.

2 Am Purim1 sind alle Schickerim2 nüchtern. (Jüd.-deutsch. Brody.)

1) Purimfeste.

2) Trunkenbold. (S. Schicker.)

3 Purim dankt man nicht.Blass, 17.

Will sagen, dass man an diesem Freudentage jede Förmlichkeit (Etikette) beiseitelassen und sich in ungezwungener Fröhlichkeit ergehen solle.

4 Pürim is kein Jontef, ün Kaduches is kein Kränk.Blass, 17.

Purim ist ein jüdischer Freudentag zur Erinnerung an die Errettung des Volks von Haman's bösen Anschlägen. [Spaltenumbruch] Die Redensart wird angewandt, wenn man irgendeine Sache nicht beim rechten Namen nennt. Der Purim wird nämlich nicht als voller Feiertag (Jontef) betrachtet, weil am Tage gearbeitet werden darf. Das Fieber (Kaduches) ist insofern keine Krankheit zu nennen, als der damit Behaftete je einen Tag dazwischen gesund bleibt. (Bernstein's Ms.)

5 Wie der Purim1, so ist die Leïl Schimurim2. (Jüd.-deutsch.)

1) Jüdische Fastnacht.

2) Die erste jüdische Osternacht. Um zu sagen: Wenn die Frau an Purim menstruirt, wird dies auch in der ersten Osterwoche geschehen, da Purim und Ostern gerade vier Wochen auseinanderliegen.


Purimmahl.

* Bleibst du am Purimmahl sitzen?Tendlau, 193.

Wenn jemand nicht vom Tische aufsteht, um an die Arbeit zu gehen. Am Purimfest gab sich jeder Jude in Sorglosigkeit der Lebenslust hin.


Purmelle.

* He öss ut Purmelle, wo de Hund möt dem Narsch bellen. (S. Pröbbernau.) – Frischbier2, 3038.

Purmellen, ein Dorf eine Meile von Memel.


Purpur.

1 Purpur gegen Purpur, ehe man kauft.

Das Werthurtheil bildet sich aus Vergleichung.

2 Wen weder Purpur noch Bettelstab drückt, der ist beglückt.


Purpurbett.

1 Auf Purpurbetten liegt man hart.Körte, 4861; Simrock, 8033.

2 Purpurbett vnd Pflaumfeder lassen nit schlaffen.Franck, I, 117b.


Purpurkleid.

Das Purpurkleid ist oft gefüttert mit Herzeleid.


Purpurmantel.

An Purpurmänteln und Bauernkitteln, ist's dem Winde gleich zu schütteln.Parömiakon, 1973.


Pürschen.

Wer pürschet, dem ist damit wohl.Eiselein, 516.

So waren z. B. Melanion und Hyppolytos, die sich mit Leidenschaft der Jagd ergaben, von allen Sorgen der Liebe gänzlich frei.


Purten, s. Pupen.

Purzel.

* Er (sie) ist ein Purzel.Frischbier2, 3039.

Eine kleine dicke Person.


Purzeln.

1 Do porzelt das Ding, warum hêsst der Dreck au Porzelan, sagte der Bauer, als er eine Vase umstiess, die in viele Stücke sprang.

2 Mancher Porzelt lieber vber Stock vnd Stein, als dass er jhm ein Licht liess vortragen.Lehmann, 610, 10.

*3 'S purzlet wie gauklet. (Schwaben.)

In dem Sinne wie: gehüpft wie gesprungen.


Pûs.

'N moje Pûs (Katze), 'n mojet Für un 'n mojet Wîf is 'n Zierrath forr't Hûs. (Oldenburg.) – Weserzeitung, 4077.

Dem Worte „schön“, das im oldenburgischen Plattdeutsch fehlt, steht am nächsten „moje“; aber es sagt nichts mehr als hübsch, niedlich. Das Hochdeutsche „schöner Mann“ kann nicht durch „'n mojen Kêrl“ sondern nur durch „'n fixen Kêrl“ übersetzt werden, da in Oldenburg nur das Werthvolle und Nützliche für schön gilt, ein schöner Mann also nur ein kräftiger und rüstiger ist. Ein „mojet Wär“ nennt der Land- oder Seemann immer das Wetter, das gerade so ist, wie er es für den vorliegenden Zweck bedarf, mag es regnen oder mag die Sonne scheinen; „'n moje Koh“ ist eine Kuh, die Milch gibt, und ein „'n mojet Swin“ ist ein fettes, schlachtbares Schwein.


Puskedudel.

* Er ist ein Puskedudel.Frischbier2, 3040.

Ein kleiner dicker Knirps.


Pussek.

A Pussek (Spruch) mit a Stecken. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Pflegt auf Leute angewandt zu werden, die Nummer Sicher gehen. Die Juden haben (2 Mos. 11, 7) einen Spruch, der Schutz gegen das Anfallen von Hunden gewähren oder sie unschädlich machen soll. Wer aber ganz sicher gehen will, verlässt sich nicht auf diesen Spruch allein, sondern nimmt noch einen Stecken mit. (Tendlau, 80.) (S. Spruch.)


Pussjohann.

* Hei öss e Pussjehann. (Ostpreuss.)

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[[714]/0728] bekannte Architekt Freiherr von Knobelsdorff mit französischen Hecken umgab und an deren acht einmündenden Alleen er mythologische Statuen aufstellte, die man, ich weiss nicht aus welchem Grunde, Puppen nannte. „In den Sonnabenden macht der Berliner gern einen Spaziergang bis nach den ›Puppen‹, und, reichen die Kräfte, auch noch weiter, darüber hinaus.“ Kehrte er ermüdet zurück, so klagte er, er sei noch hinter den Puppen gewesen. Wollte man nun im geselligen Verkehr etwas räumlich oder geistig Fernliegendes bezeichnen; so sagte man: Das geht ja hinter oder über die Puppen (hinaus). – Seit Aufstellung der Marmorstatuen auf der Schlossbrücke zu Berlin, die vom Volke auch Puppen genannt werden, hat man von der alten Redensart noch eine andere Anwendung gemacht. Man nahm bekanntlich an der ungewohnten Aufstellung der nackten Figuren Anstoss. Ging nun ein Mädchen sehr frei gekleidet, so hiess es, das geht noch über die Puppen. (Büchmann, 6. Aufl., 231.) *7 Die Puppen sind im Tanzen. Es geht durcheinander. Holl.: De poppe zijn on 't danse. (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 228.) *8 Enn Poppe, womit he spält, will de Minsch hebben. – Volksbote, X. *9 Jetzt sind de Poppen am Dangsen. (Bedburg.) Um den (übeln) Ausgang einer Angelegenheit oder die Entwickelung derselben eigentlich oder ironisch zu bezeichnen, wozu für die verschiedenen Fälle dieser Art auch folgende sinnverwandte Redensarten gebraucht werden: Nu ess der Bock fett. Jetz ess et Füer om Dâch. Jetz kratz hä sich henge de Uhren. Et ess im an der Box hangn blevven. Nu ess et Drîten am Dokter un et lecken am Apetheker. *10 Nu häff wi de Puppen am danssen. (Recklinghausen.) – Firmenich, I, 373, 7. Da haben wir's, jetzt ist's so weit. Die Sache ist im Gange. Holl.: De poeppe zijn en 't danse. (Mone, Anzeiger, 1836, S. 228: Antwerpener Redensarten.) *11 Sie ist eine Puppe. Holl.: Zij is eene regte pop. (Harrebomée, II, 194b.) Puppen. *1 Dei puppt ok von elf Ueren nit, of hei hät en juje Moltîd gedohn. (Deutz.) Der ist so geizig, dass er nicht einmal einen Wind abgibt, wenn er nicht vorher einen guten Verdienst gehabt hat. *2 Pupp, pupp, holt jo nich up. – Bueren, 969. Puppendreck. * Einen zu Puppendreck schlagen. (Nürtingen.) Puppenheilige. * Es sind Puppenheilige. „Wie wir Puppenheiligen thun.“ (Luther's Werke, V, 82.) Puppenspiel. Wenn das Puppenspiel aus ist, kriegt der Hanswurst Prügel. Pur. Pur vnd rund. – Dietrich, 500. Purgiren. 1 Mit purgiren vnd bessern erregt man offt Krankheiten vnd Vnruhe. – Lehmann, 50, 38 u. 85, 20. 2 Purgiren schwecht die Krafft. – Lehmann, 50, 38. *3 Er hat sich 'naus purgirt. – Mayer, I, 51. In dem Sinne von rein gewaschen, weiss gebrannt. Purim. 1 A schlechter Purim is a guter Schüschen- Pürem. (Jüd.-deutsch. Warschau.) Am Purimfeste kommen die Armen, das sogenannte Purimgeld einzusammeln. Wer also an der allgemeinen Lustigkeit nicht theilnimmt, weil er mit dem Geldsammeln beschäftigt ist, der kann, wenn die Ernte eine gute war, das Versäumte am folgenden Tage, dem Susa- Purim, nachholen und sich gütlich thun. – Die alten Griechen sagten in ähnlicher Weise: Ueber die Oelbäume hinaus gehen, allerdings in dem Sinne: die vorgeschriebene Grenze überschreiten oder etwas thun, was zur Sache nicht gehört. Die Rennbahnen für Wettläufer waren durch reihenweis gesetzte Oelbäume auf beiden Seiten umzäunt, welche zu überschreiten nicht erlaubt war. 2 Am Purim1 sind alle Schickerim2 nüchtern. (Jüd.-deutsch. Brody.) 1) Purimfeste. 2) Trunkenbold. (S. Schicker.) 3 Purim dankt man nicht. – Blass, 17. Will sagen, dass man an diesem Freudentage jede Förmlichkeit (Etikette) beiseitelassen und sich in ungezwungener Fröhlichkeit ergehen solle. 4 Pürim is kein Jontef, ün Kaduches is kein Kränk. – Blass, 17. Purim ist ein jüdischer Freudentag zur Erinnerung an die Errettung des Volks von Haman's bösen Anschlägen. Die Redensart wird angewandt, wenn man irgendeine Sache nicht beim rechten Namen nennt. Der Purim wird nämlich nicht als voller Feiertag (Jontef) betrachtet, weil am Tage gearbeitet werden darf. Das Fieber (Kaduches) ist insofern keine Krankheit zu nennen, als der damit Behaftete je einen Tag dazwischen gesund bleibt. (Bernstein's Ms.) 5 Wie der Purim1, so ist die Leïl Schimurim2. (Jüd.-deutsch.) 1) Jüdische Fastnacht. 2) Die erste jüdische Osternacht. Um zu sagen: Wenn die Frau an Purim menstruirt, wird dies auch in der ersten Osterwoche geschehen, da Purim und Ostern gerade vier Wochen auseinanderliegen. Purimmahl. * Bleibst du am Purimmahl sitzen? – Tendlau, 193. Wenn jemand nicht vom Tische aufsteht, um an die Arbeit zu gehen. Am Purimfest gab sich jeder Jude in Sorglosigkeit der Lebenslust hin. Purmelle. * He öss ut Purmelle, wo de Hund möt dem Narsch bellen. (S. Pröbbernau.) – Frischbier2, 3038. Purmellen, ein Dorf eine Meile von Memel. Purpur. 1 Purpur gegen Purpur, ehe man kauft. Das Werthurtheil bildet sich aus Vergleichung. 2 Wen weder Purpur noch Bettelstab drückt, der ist beglückt. Purpurbett. 1 Auf Purpurbetten liegt man hart. – Körte, 4861; Simrock, 8033. 2 Purpurbett vnd Pflaumfeder lassen nit schlaffen. – Franck, I, 117b. Purpurkleid. Das Purpurkleid ist oft gefüttert mit Herzeleid. Purpurmantel. An Purpurmänteln und Bauernkitteln, ist's dem Winde gleich zu schütteln. – Parömiakon, 1973. Pürschen. Wer pürschet, dem ist damit wohl. – Eiselein, 516. So waren z. B. Melanion und Hyppolytos, die sich mit Leidenschaft der Jagd ergaben, von allen Sorgen der Liebe gänzlich frei. Purten, s. Pupen. Purzel. * Er (sie) ist ein Purzel. – Frischbier2, 3039. Eine kleine dicke Person. Purzeln. 1 Do porzelt das Ding, warum hêsst der Dreck au Porzelan, sagte der Bauer, als er eine Vase umstiess, die in viele Stücke sprang. 2 Mancher Porzelt lieber vber Stock vnd Stein, als dass er jhm ein Licht liess vortragen. – Lehmann, 610, 10. *3 'S purzlet wie gauklet. (Schwaben.) In dem Sinne wie: gehüpft wie gesprungen. Pûs. 'N moje Pûs (Katze), 'n mojet Für un 'n mojet Wîf is 'n Zierrath forr't Hûs. (Oldenburg.) – Weserzeitung, 4077. Dem Worte „schön“, das im oldenburgischen Plattdeutsch fehlt, steht am nächsten „moje“; aber es sagt nichts mehr als hübsch, niedlich. Das Hochdeutsche „schöner Mann“ kann nicht durch „'n mojen Kêrl“ sondern nur durch „'n fixen Kêrl“ übersetzt werden, da in Oldenburg nur das Werthvolle und Nützliche für schön gilt, ein schöner Mann also nur ein kräftiger und rüstiger ist. Ein „mojet Wär“ nennt der Land- oder Seemann immer das Wetter, das gerade so ist, wie er es für den vorliegenden Zweck bedarf, mag es regnen oder mag die Sonne scheinen; „'n moje Koh“ ist eine Kuh, die Milch gibt, und ein „'n mojet Swin“ ist ein fettes, schlachtbares Schwein. Puskedudel. * Er ist ein Puskedudel. – Frischbier2, 3040. Ein kleiner dicker Knirps. Pussek. A Pussek (Spruch) mit a Stecken. (Jüd.-deutsch. Warschau.) Pflegt auf Leute angewandt zu werden, die Nummer Sicher gehen. Die Juden haben (2 Mos. 11, 7) einen Spruch, der Schutz gegen das Anfallen von Hunden gewähren oder sie unschädlich machen soll. Wer aber ganz sicher gehen will, verlässt sich nicht auf diesen Spruch allein, sondern nimmt noch einen Stecken mit. (Tendlau, 80.) (S. Spruch.) Pussjohann. * Hei öss e Pussjehann. (Ostpreuss.) Einer der gern Mädchen küsst.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [714]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/728>, abgerufen am 18.04.2024.