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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] *1554 Ji set over de lütje Lü hen. - Bueren, 732; Hauskalender, III.

Ihr seht über die kleinen Leute hin, überseht, verachtet sie.

*1555 Leut' laden. (Oberösterreich.)

Leute laden. Es thue dies der Bräutigam und der "schöne Mann", eine der Hauptpersonen bei der Hochzeit. Als solche werden in Oberösterreich überhaupt, wenn auch nicht überall genannt: Bräutke (Braut), Zua Bräutke (Zu- Braut), schena Man, schens Weib oder auch schena Bue, schens Mensch, je nachdem die Betreffenden verehelicht sind oder nicht. (Baumgarten, III.)

*1556 Man muss solchen Leuth auss dem Weg räumen. - Chaos, 313.

Vor Dieben muss man seine Sachen schützen.

*1557 Op alle Lüd' wat weten, sech selfs dobei vergeten. (Meurs.)

*1558 'S eis wi ormer Loite Getraide. (Sprottau.) - Firmenich, II, 298, 25.

D. h. ärmlich, spärlich.

*1559 Schmieriger Leute Trosttag. (Breslau.)

Nämlich der Sonnabend; da nimmt man es ihnen nicht übel, wenn sie unsauber sind.

*1560 Se is so mit den Lüden. - Dähnert, 286b.

Sie ist sanft und gesprächig im Umgange.

*1561 Settig Leut' sett me könne anderst zweien. - Sutermeister, 85.

*1562 Sich grossen Leuten an die Seite setzen.

*1563 Sich in die Leute schicken.

*1564 Sie lässt alle Leute über ihre Zunge laufen. (Meiningen.)

*1565 Solche Leute gibt's zum Streuen und Vorlegen.

*1566 Solche Leute wachsen wie die Pilze.

Lat.: Fungus una nocte nascitur. (Philippi, I, 165.)

*1567 Solche Leuth lauffen mit den Hasen und jagen mit den Hunden.

Lat.: Claudicat et semper titubat pede Pontius uno, Hexametrum in gressu Pentametrumque refert. (Chaos, 289.)

*1568 Ut anner Lüd Büdl tärn. (Altmark.) - Danneil, 221.

Auf fremde Unkosten leben.

*1569 Vor gelehrten Leuten Latein reden.

Frz.: Il veut parler latin devant les cordeliers. (Kritzinger, 173b.) - Parler latin devant les Clercs. (Kritzinger, 147b.)

It.: Vuol persuader l'acqua al pesce. (Kritzinger, 173b.)

*1570 War kon derfür, doss em de Loithe grom seyn. - Robinson, 395.

*1571 Was geht das die Leute an!

Lat.: Id populus curat scilicet. (Terenz.) (Philippi, I, 185.)

*1572 Was werden die Leute dazu sagen. - Struve, II, 2; Parömiakon, 1601.

In Pommern: Wat warden de Lüde seggen. (Dähnert, 286b.) Was wird davon überall geurtheilt werden? Zu viel Gleichgültigkeit gegen das Urtheil der Welt kann den Menschen zu einem Bösewicht, zu viel ängstliche Achtung zu einem ganz schwachen Menschen machen. Auch hier ist die Mittelstrasse die goldene.

*1573 Wer kann vor böse Leute!

*1574 Wie die Leute nun heutzutage sind. - Eiselein, 421.

Lat.: Ut nunc sunt homines. (Plautus.) (Binder II, 3444; Erasm., 200; Eiselein, 421.)

*1575 Wo anger Löck et Hätz hand, do hät hä kene Sten. (Bedburg.)

*1576 Wöllst Lied gröte on Stener stete. (Dönhofstädt.)

Wenn jemand unnöthigerweise nach der Stadt gehen will.


Leuteangumper.

* Er isch e Lüt-Agumper. (Solothurn.) - Schild, 88, 347.

Ein Verehrer des schönen Geschlechts. Gumpen = muthwillig hüpfen, springen. Zur Bezeichnung männlicher Personen, die auf leichtsinnigen Abwegen oder Freiersfüssen u. s. w. wandeln, hat man in der Schweiz eine grosse Anzahl Ausdrücke. Man sagt von einem solchen: Er ist en Buebedroht, en Dingeler, en Grüsel, en Hundel, en Lust, a Maitlaholder, a Meitlischmöcker, en Niggel, en wüeste Pfüdi, en Schürzefründ, en Uhund, en Soubantli, en Souniggel, en Söuruedi, e Söuhut, en Wuest.


Leuterschrecken.

* Der könnt' beim hellen Tag ins Leuterschrecken gehen.


[Spaltenumbruch]
Leuteschinder.

* Er ist ein rechter Leuteschinder.

Frz.: C'est un ecorcheur. (Kritzinger, 285b.)


Leutfresser.

1 Leutfresser find't wol Eisenfresser. - Körte, 3839; Simrock, 6376.

Der Starke einen Stärkern.

Frz.: L'araignee mange la mouche et le lezard l'araignee. (Masson, 707.)

*2 Es hat ein leutfresser einn eisenbeisser gefressen. - Franck, I, 160b.


Leutlein.

1 Kleine Leutlein, holder treutlein. - Gruter, III, 59; Lehmann, II, 323, 79; Petri, II, 923; Eiselein, 422; Simrock, 5753.

2 Kleine Leutlein sind bald in Harnisch. - Simrock, 5752.

3 Kleine Leutli, Teufels Häutli. - Körte, 3833; Sutermeister, 140.

4 Rothi Lütli, Tüfelshütli. - Sutermeister, 140.


Leuwering (s. Lerche).

Seu lange äs de Leuwering1 vöer Peiterdag singet, seu lange mot hei noe Peiterdag wier2 inbucken3. (S. Lerche 24.) (Marsberg.) - Firmenich, I, 321, 12.

1) Lerche.

2) Wieder.

3) Auf dem Boden bleiben.


Levi.

* Sie ist aus dem Stamme Levi.

Im Deutschen hörte ich die Redensart in dem Sinne anwenden: Sie ist eine Jüdin. Harrebomee bemerkt, es sei ein Wortspiel mit dem lateinischen levis und werde spottweiss von einer leichtsinnigen Person gebraucht.

Holl.: Zij is uit den stam Levi. (Harrebomee, II, 21.)


Leviathan.

Wenn sich der Leviathan (jüdisch: Livjosen) rührt, zittert die Welt. - Tendlau, 1083.


Leviten.

1 Wenn man einem die Leviten liest, so können seine Nachbarn zuhören.

Lat.: Unum qui castigat, centum emendat. (Philippi, II, 234.)

*2 Einem die Leviten lesen. - Eiselein, 422; Wurzbach II, 247; Körte, 3839a; Lohrengel, II, 195; Braun I, 2281; fränkisch bei Frommann, VI, 320, 259; für Holstein: Schütze, III, 29; Eichwald, 1177; Lauremberg, Anhang 2, v. 159.

Ihm ernste Vorhaltungen machen, ihm derb die Wahrheit sagen. Eigentlich die Levitenmesse, weil bei allen geistlichen Stiftern der Vorstand das Sittenrichteramt im Kapitelhause über die jüngere Geistlichkeit ausübte und er, was er in dieser Hinsicht zu bemerken hatte, nach der Messe sagte, die in grössern Stiftern täglich von einem Diakon gehalten wurde. Der disciplinarische Act, welcher der Messe folgte, wurde die "Levitenmesse" genannt. Man nannte die Diakonen der christlichen Kirche früher auch Leviten. "Sie soll die drüsse vnd peulle bestehen, ik wil jn die Leuiten lesen, sollen sagen, ich sey dagewesen." (Johannes Römoldt, herausgegeben von K. Goedeke in der Zeitschrift für Niedersachsen, 1852, S. 311 u. 389.) Im Sinne der obigen Redensart sagt man in Warschau jüdisch-deutsch: Er hot mir gegeben, die Welt zü sehen.

Frz.: Faire une mercuriale a quelqu'un. (Lendroy, 1585.)

Holl.: Iemand de Leviten lezen. (Harrebomee, II, 21.)


Lewin.

Wer geht durch Lewin und sieht ein Kind, kommt über den Hummel und geht kein Wind, gelangt durch Reinerz ohne Schand' und Spott, hat grosse Gnad' vor Gott. (Grafsch. Glatz.)

Lewin hat der Kinder nun viele, Reinerz der Spott- und Schmähsüchtigen nur wenig; über den Hummel aber geht nicht nur noch derselbe Wind, sondern ging auch in den vierziger Jahren noch ein elender Weg.


Lex.

Wo Lex voran, da Fraus Gespan. - Henisch, 1192, 42; Eiselein, 422; Simrock, 6379.

Bei Petri (II, 808) mit dem Zusatz: "das Obrigkeit offt nicht bestraffen kann." Wie sorgfältig ein Gesetz auch alle Verhältnisse, für die es bestimmt ist, erwogen zu haben glaubt, so finden sich immer noch Lücken darin, die zum Misbrauch desselben reizen; darum folgt dem neuen Gesetze neuer Betrug (Uebertretung, Umgehung). Sailer (134) bemerkt: "Eine Satire auf die schlechten Advocaten, oder auf die Vervielfältigung der Gesetze. Gehört zu den Sprichwörtern, die aus den lateinischen Schulen ausgegangen und sich unter den Gelehrten fortgeerbt haben, die aber wegen der lateinischen Wörter nie zur Courantmünze des deutschen Volks werden können." Ist aber auch gar nicht nothwendig; es muss ja nicht alles Geld "Courantmünze" sein.

[Spaltenumbruch] *1554 Ji sêt over de lütje Lü hen.Bueren, 732; Hauskalender, III.

Ihr seht über die kleinen Leute hin, überseht, verachtet sie.

*1555 Leut' laden. (Oberösterreich.)

Leute laden. Es thue dies der Bräutigam und der „schöne Mann“, eine der Hauptpersonen bei der Hochzeit. Als solche werden in Oberösterreich überhaupt, wenn auch nicht überall genannt: Bräutke (Braut), Zua Bräutke (Zu- Braut), schena Man, schens Weib oder auch schena Bue, schens Mensch, je nachdem die Betreffenden verehelicht sind oder nicht. (Baumgarten, III.)

*1556 Man muss solchen Leuth auss dem Weg räumen.Chaos, 313.

Vor Dieben muss man seine Sachen schützen.

*1557 Op alle Lüd' wat wêten, sech selfs dobei vergêten. (Meurs.)

*1558 'S eis wi ormer Loite Getraide. (Sprottau.) – Firmenich, II, 298, 25.

D. h. ärmlich, spärlich.

*1559 Schmieriger Leute Trosttag. (Breslau.)

Nämlich der Sonnabend; da nimmt man es ihnen nicht übel, wenn sie unsauber sind.

*1560 Se is so mit den Lüden.Dähnert, 286b.

Sie ist sanft und gesprächig im Umgange.

*1561 Settig Leut' sett me könne anderst zweien.Sutermeister, 85.

*1562 Sich grossen Leuten an die Seite setzen.

*1563 Sich in die Leute schicken.

*1564 Sie lässt alle Leute über ihre Zunge laufen. (Meiningen.)

*1565 Solche Leute gibt's zum Streuen und Vorlegen.

*1566 Solche Leute wachsen wie die Pilze.

Lat.: Fungus una nocte nascitur. (Philippi, I, 165.)

*1567 Solche Leuth lauffen mit den Hasen und jagen mit den Hunden.

Lat.: Claudicat et semper titubat pede Pontius uno, Hexametrum in gressu Pentametrumque refert. (Chaos, 289.)

*1568 Ut anner Lüd Büdl tärn. (Altmark.) – Danneil, 221.

Auf fremde Unkosten leben.

*1569 Vor gelehrten Leuten Latein reden.

Frz.: Il veut parler latin devant les cordeliers. (Kritzinger, 173b.) – Parler latin devant les Clercs. (Kritzinger, 147b.)

It.: Vuol persuader l'acqua al pesce. (Kritzinger, 173b.)

*1570 War kon derfür, doss em de Loithe grom seyn.Robinson, 395.

*1571 Was geht das die Leute an!

Lat.: Id populus curat scilicet. (Terenz.) (Philippi, I, 185.)

*1572 Was werden die Leute dazu sagen.Struve, II, 2; Parömiakon, 1601.

In Pommern: Wat warden de Lüde seggen. (Dähnert, 286b.) Was wird davon überall geurtheilt werden? Zu viel Gleichgültigkeit gegen das Urtheil der Welt kann den Menschen zu einem Bösewicht, zu viel ängstliche Achtung zu einem ganz schwachen Menschen machen. Auch hier ist die Mittelstrasse die goldene.

*1573 Wer kann vor böse Leute!

*1574 Wie die Leute nun heutzutage sind.Eiselein, 421.

Lat.: Ut nunc sunt homines. (Plautus.) (Binder II, 3444; Erasm., 200; Eiselein, 421.)

*1575 Wo anger Löck et Hätz hand, do hät hä kêne Stên. (Bedburg.)

*1576 Wöllst Lied gröte on Stêner stête. (Dönhofstädt.)

Wenn jemand unnöthigerweise nach der Stadt gehen will.


Leuteangumper.

* Er isch e Lüt-Agumper. (Solothurn.) – Schild, 88, 347.

Ein Verehrer des schönen Geschlechts. Gumpen = muthwillig hüpfen, springen. Zur Bezeichnung männlicher Personen, die auf leichtsinnigen Abwegen oder Freiersfüssen u. s. w. wandeln, hat man in der Schweiz eine grosse Anzahl Ausdrücke. Man sagt von einem solchen: Er ist en Buebedroht, en Dingeler, en Grüsel, en Hundel, en Lust, a Maitlaholder, a Meitlischmöcker, en Niggel, en wüeste Pfüdi, en Schürzefründ, en Uhund, en Soubantli, en Souniggel, en Söuruedi, e Söuhut, en Wuest.


Leuterschrecken.

* Der könnt' beim hellen Tag ins Leuterschrecken gehen.


[Spaltenumbruch]
Leuteschinder.

* Er ist ein rechter Leuteschinder.

Frz.: C'est un écorcheur. (Kritzinger, 285b.)


Leutfresser.

1 Leutfresser find't wol Eisenfresser.Körte, 3839; Simrock, 6376.

Der Starke einen Stärkern.

Frz.: L'araignée mange la mouche et le lézard l'araignée. (Masson, 707.)

*2 Es hat ein leutfresser einn eisenbeisser gefressen.Franck, I, 160b.


Leutlein.

1 Kleine Leutlein, holder treutlein.Gruter, III, 59; Lehmann, II, 323, 79; Petri, II, 923; Eiselein, 422; Simrock, 5753.

2 Kleine Leutlein sind bald in Harnisch.Simrock, 5752.

3 Kleine Leutli, Teufels Häutli.Körte, 3833; Sutermeister, 140.

4 Rothi Lütli, Tüfelshütli.Sutermeister, 140.


Leuwering (s. Lerche).

Seu lange äs de Leuwering1 vöer Peiterdag singet, seu lange mot hei noe Peiterdag wier2 inbucken3. (S. Lerche 24.) (Marsberg.) – Firmenich, I, 321, 12.

1) Lerche.

2) Wieder.

3) Auf dem Boden bleiben.


Levi.

* Sie ist aus dem Stamme Levi.

Im Deutschen hörte ich die Redensart in dem Sinne anwenden: Sie ist eine Jüdin. Harrebomée bemerkt, es sei ein Wortspiel mit dem lateinischen levis und werde spottweiss von einer leichtsinnigen Person gebraucht.

Holl.: Zij is uit den stam Levi. (Harrebomée, II, 21.)


Leviathan.

Wenn sich der Leviathan (jüdisch: Livjosen) rührt, zittert die Welt.Tendlau, 1083.


Leviten.

1 Wenn man einem die Leviten liest, so können seine Nachbarn zuhören.

Lat.: Unum qui castigat, centum emendat. (Philippi, II, 234.)

*2 Einem die Leviten lesen.Eiselein, 422; Wurzbach II, 247; Körte, 3839a; Lohrengel, II, 195; Braun I, 2281; fränkisch bei Frommann, VI, 320, 259; für Holstein: Schütze, III, 29; Eichwald, 1177; Lauremberg, Anhang 2, v. 159.

Ihm ernste Vorhaltungen machen, ihm derb die Wahrheit sagen. Eigentlich die Levitenmesse, weil bei allen geistlichen Stiftern der Vorstand das Sittenrichteramt im Kapitelhause über die jüngere Geistlichkeit ausübte und er, was er in dieser Hinsicht zu bemerken hatte, nach der Messe sagte, die in grössern Stiftern täglich von einem Diakon gehalten wurde. Der disciplinarische Act, welcher der Messe folgte, wurde die „Levitenmesse“ genannt. Man nannte die Diakonen der christlichen Kirche früher auch Leviten. „Sie soll die drüsse vnd peulle bestehen, ik wil jn die Leuiten lesen, sollen sagen, ich sey dagewesen.“ (Johannes Römoldt, herausgegeben von K. Goedeke in der Zeitschrift für Niedersachsen, 1852, S. 311 u. 389.) Im Sinne der obigen Redensart sagt man in Warschau jüdisch-deutsch: Er hot mir gegeben, die Welt zü sehen.

Frz.: Faire une mercuriale a quelqu'un. (Lendroy, 1585.)

Holl.: Iemand de Leviten lezen. (Harrebomée, II, 21.)


Lewin.

Wer geht durch Lewin und sieht ein Kind, kommt über den Hummel und geht kein Wind, gelangt durch Reinerz ohne Schand' und Spott, hat grosse Gnad' vor Gott. (Grafsch. Glatz.)

Lewin hat der Kinder nun viele, Reinerz der Spott- und Schmähsüchtigen nur wenig; über den Hummel aber geht nicht nur noch derselbe Wind, sondern ging auch in den vierziger Jahren noch ein elender Weg.


Lex.

Wo Lex voran, da Fraus Gespan.Henisch, 1192, 42; Eiselein, 422; Simrock, 6379.

Bei Petri (II, 808) mit dem Zusatz: „das Obrigkeit offt nicht bestraffen kann.“ Wie sorgfältig ein Gesetz auch alle Verhältnisse, für die es bestimmt ist, erwogen zu haben glaubt, so finden sich immer noch Lücken darin, die zum Misbrauch desselben reizen; darum folgt dem neuen Gesetze neuer Betrug (Uebertretung, Umgehung). Sailer (134) bemerkt: „Eine Satire auf die schlechten Advocaten, oder auf die Vervielfältigung der Gesetze. Gehört zu den Sprichwörtern, die aus den lateinischen Schulen ausgegangen und sich unter den Gelehrten fortgeerbt haben, die aber wegen der lateinischen Wörter nie zur Courantmünze des deutschen Volks werden können.“ Ist aber auch gar nicht nothwendig; es muss ja nicht alles Geld „Courantmünze“ sein.

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[[55]/0069] *1554 Ji sêt over de lütje Lü hen. – Bueren, 732; Hauskalender, III. Ihr seht über die kleinen Leute hin, überseht, verachtet sie. *1555 Leut' laden. (Oberösterreich.) Leute laden. Es thue dies der Bräutigam und der „schöne Mann“, eine der Hauptpersonen bei der Hochzeit. Als solche werden in Oberösterreich überhaupt, wenn auch nicht überall genannt: Bräutke (Braut), Zua Bräutke (Zu- Braut), schena Man, schens Weib oder auch schena Bue, schens Mensch, je nachdem die Betreffenden verehelicht sind oder nicht. (Baumgarten, III.) *1556 Man muss solchen Leuth auss dem Weg räumen. – Chaos, 313. Vor Dieben muss man seine Sachen schützen. *1557 Op alle Lüd' wat wêten, sech selfs dobei vergêten. (Meurs.) *1558 'S eis wi ormer Loite Getraide. (Sprottau.) – Firmenich, II, 298, 25. D. h. ärmlich, spärlich. *1559 Schmieriger Leute Trosttag. (Breslau.) Nämlich der Sonnabend; da nimmt man es ihnen nicht übel, wenn sie unsauber sind. *1560 Se is so mit den Lüden. – Dähnert, 286b. Sie ist sanft und gesprächig im Umgange. *1561 Settig Leut' sett me könne anderst zweien. – Sutermeister, 85. *1562 Sich grossen Leuten an die Seite setzen. *1563 Sich in die Leute schicken. *1564 Sie lässt alle Leute über ihre Zunge laufen. (Meiningen.) *1565 Solche Leute gibt's zum Streuen und Vorlegen. *1566 Solche Leute wachsen wie die Pilze. Lat.: Fungus una nocte nascitur. (Philippi, I, 165.) *1567 Solche Leuth lauffen mit den Hasen und jagen mit den Hunden. Lat.: Claudicat et semper titubat pede Pontius uno, Hexametrum in gressu Pentametrumque refert. (Chaos, 289.) *1568 Ut anner Lüd Büdl tärn. (Altmark.) – Danneil, 221. Auf fremde Unkosten leben. *1569 Vor gelehrten Leuten Latein reden. Frz.: Il veut parler latin devant les cordeliers. (Kritzinger, 173b.) – Parler latin devant les Clercs. (Kritzinger, 147b.) It.: Vuol persuader l'acqua al pesce. (Kritzinger, 173b.) *1570 War kon derfür, doss em de Loithe grom seyn. – Robinson, 395. *1571 Was geht das die Leute an! Lat.: Id populus curat scilicet. (Terenz.) (Philippi, I, 185.) *1572 Was werden die Leute dazu sagen. – Struve, II, 2; Parömiakon, 1601. In Pommern: Wat warden de Lüde seggen. (Dähnert, 286b.) Was wird davon überall geurtheilt werden? Zu viel Gleichgültigkeit gegen das Urtheil der Welt kann den Menschen zu einem Bösewicht, zu viel ängstliche Achtung zu einem ganz schwachen Menschen machen. Auch hier ist die Mittelstrasse die goldene. *1573 Wer kann vor böse Leute! *1574 Wie die Leute nun heutzutage sind. – Eiselein, 421. Lat.: Ut nunc sunt homines. (Plautus.) (Binder II, 3444; Erasm., 200; Eiselein, 421.) *1575 Wo anger Löck et Hätz hand, do hät hä kêne Stên. (Bedburg.) *1576 Wöllst Lied gröte on Stêner stête. (Dönhofstädt.) Wenn jemand unnöthigerweise nach der Stadt gehen will. Leuteangumper. * Er isch e Lüt-Agumper. (Solothurn.) – Schild, 88, 347. Ein Verehrer des schönen Geschlechts. Gumpen = muthwillig hüpfen, springen. Zur Bezeichnung männlicher Personen, die auf leichtsinnigen Abwegen oder Freiersfüssen u. s. w. wandeln, hat man in der Schweiz eine grosse Anzahl Ausdrücke. Man sagt von einem solchen: Er ist en Buebedroht, en Dingeler, en Grüsel, en Hundel, en Lust, a Maitlaholder, a Meitlischmöcker, en Niggel, en wüeste Pfüdi, en Schürzefründ, en Uhund, en Soubantli, en Souniggel, en Söuruedi, e Söuhut, en Wuest. Leuterschrecken. * Der könnt' beim hellen Tag ins Leuterschrecken gehen. Leuteschinder. * Er ist ein rechter Leuteschinder. Frz.: C'est un écorcheur. (Kritzinger, 285b.) Leutfresser. 1 Leutfresser find't wol Eisenfresser. – Körte, 3839; Simrock, 6376. Der Starke einen Stärkern. Frz.: L'araignée mange la mouche et le lézard l'araignée. (Masson, 707.) *2 Es hat ein leutfresser einn eisenbeisser gefressen. – Franck, I, 160b. Leutlein. 1 Kleine Leutlein, holder treutlein. – Gruter, III, 59; Lehmann, II, 323, 79; Petri, II, 923; Eiselein, 422; Simrock, 5753. 2 Kleine Leutlein sind bald in Harnisch. – Simrock, 5752. 3 Kleine Leutli, Teufels Häutli. – Körte, 3833; Sutermeister, 140. 4 Rothi Lütli, Tüfelshütli. – Sutermeister, 140. Leuwering (s. Lerche). Seu lange äs de Leuwering1 vöer Peiterdag singet, seu lange mot hei noe Peiterdag wier2 inbucken3. (S. Lerche 24.) (Marsberg.) – Firmenich, I, 321, 12. 1) Lerche. 2) Wieder. 3) Auf dem Boden bleiben. Levi. * Sie ist aus dem Stamme Levi. Im Deutschen hörte ich die Redensart in dem Sinne anwenden: Sie ist eine Jüdin. Harrebomée bemerkt, es sei ein Wortspiel mit dem lateinischen levis und werde spottweiss von einer leichtsinnigen Person gebraucht. Holl.: Zij is uit den stam Levi. (Harrebomée, II, 21.) Leviathan. Wenn sich der Leviathan (jüdisch: Livjosen) rührt, zittert die Welt. – Tendlau, 1083. Leviten. 1 Wenn man einem die Leviten liest, so können seine Nachbarn zuhören. Lat.: Unum qui castigat, centum emendat. (Philippi, II, 234.) *2 Einem die Leviten lesen. – Eiselein, 422; Wurzbach II, 247; Körte, 3839a; Lohrengel, II, 195; Braun I, 2281; fränkisch bei Frommann, VI, 320, 259; für Holstein: Schütze, III, 29; Eichwald, 1177; Lauremberg, Anhang 2, v. 159. Ihm ernste Vorhaltungen machen, ihm derb die Wahrheit sagen. Eigentlich die Levitenmesse, weil bei allen geistlichen Stiftern der Vorstand das Sittenrichteramt im Kapitelhause über die jüngere Geistlichkeit ausübte und er, was er in dieser Hinsicht zu bemerken hatte, nach der Messe sagte, die in grössern Stiftern täglich von einem Diakon gehalten wurde. Der disciplinarische Act, welcher der Messe folgte, wurde die „Levitenmesse“ genannt. Man nannte die Diakonen der christlichen Kirche früher auch Leviten. „Sie soll die drüsse vnd peulle bestehen, ik wil jn die Leuiten lesen, sollen sagen, ich sey dagewesen.“ (Johannes Römoldt, herausgegeben von K. Goedeke in der Zeitschrift für Niedersachsen, 1852, S. 311 u. 389.) Im Sinne der obigen Redensart sagt man in Warschau jüdisch-deutsch: Er hot mir gegeben, die Welt zü sehen. Frz.: Faire une mercuriale a quelqu'un. (Lendroy, 1585.) Holl.: Iemand de Leviten lezen. (Harrebomée, II, 21.) Lewin. Wer geht durch Lewin und sieht ein Kind, kommt über den Hummel und geht kein Wind, gelangt durch Reinerz ohne Schand' und Spott, hat grosse Gnad' vor Gott. (Grafsch. Glatz.) Lewin hat der Kinder nun viele, Reinerz der Spott- und Schmähsüchtigen nur wenig; über den Hummel aber geht nicht nur noch derselbe Wind, sondern ging auch in den vierziger Jahren noch ein elender Weg. Lex. Wo Lex voran, da Fraus Gespan. – Henisch, 1192, 42; Eiselein, 422; Simrock, 6379. Bei Petri (II, 808) mit dem Zusatz: „das Obrigkeit offt nicht bestraffen kann.“ Wie sorgfältig ein Gesetz auch alle Verhältnisse, für die es bestimmt ist, erwogen zu haben glaubt, so finden sich immer noch Lücken darin, die zum Misbrauch desselben reizen; darum folgt dem neuen Gesetze neuer Betrug (Uebertretung, Umgehung). Sailer (134) bemerkt: „Eine Satire auf die schlechten Advocaten, oder auf die Vervielfältigung der Gesetze. Gehört zu den Sprichwörtern, die aus den lateinischen Schulen ausgegangen und sich unter den Gelehrten fortgeerbt haben, die aber wegen der lateinischen Wörter nie zur Courantmünze des deutschen Volks werden können.“ Ist aber auch gar nicht nothwendig; es muss ja nicht alles Geld „Courantmünze“ sein.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [55]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/69>, abgerufen am 28.03.2024.