Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] *2 Oever de Schreve gohn. (Holst.) - Schütze, IV, 72; Eichwald, 1689.

1) Linie, Richtschnur, Strich. (Richey, 241.) - Ueber die Schnur (s. d.) gehen.


Schrift.

1 Alle Schrift muss durch römisch Sieb und Beutel gehen. - Eiselein, 555.

2 An der Schrift erkennt man den Schreiber.

Holl.: Men ziet aan het schrijven wel, wat klerken het zijn. (Harrebomee, I, 414a.)

3 Blosse Schrift ohne Siegel gilt nicht. - Petri, II, 48.

4 Die heil. Schrift ist ein sölch wasser, darinnen ein grosser elephant schwimmen muss, aber ein lämmlein mit füssen dadurch gehen kann. - Aus einer Handschrift von 1624.

5 Machen der Schrifft ein wächsinn nass, heut ist es diss, biss morgen das. - Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, Bl. 5b.

6 Man muss nicht blos die Schriften führen, man muss sie auch recht allegiren. - Körte, 5400.

7 Müsste man jeder Schrift glauben, so könnte ein Mann sich leicht reich schreiben. - Graf, 458, 546.

Um zu sagen, dass nicht jedes Schriftstück als glaubwürdige Urkunde zu betrachten sei. So galten einseitige Aufzeichnungen schon nichts, wenn sie ein Geständniss enthielten, noch weniger, wenn sie den Vortheil des Schreibenden zum Zweck hatten.

Altfries.: Schelma een sliucht scrift lyowa, so mochte een man hym selff haest ryck scrywe. (Hettema, XVII, 15 [130].)

8 Schreben Schrift blift. - Bücking, 330; Hauskalender, III.

Bei den alten Römern hiess es nach Cicero (ep. 89): Die Schrift erröthet nicht. Auch bei uns wird sie nicht roth, wie oft ihr auch Veranlassung dazu geboten wird.

9 Schrift klivt (klebt, haftet, bleibt). (Oldenburg.) - Eichwald, 1690; Frommann, IV, 143, 365.

Holl.: Het geschrift spreekt, als de mond zwijgt. (Harrebomee, I, 231.)

10 Wenn die Schrifft sagt von katzen, so verstehen die Romanisten Aentvögel. - Zinkgref, IV, 75.

11 Wenn man die Schrift (die Heilige) zu sehr drückt, so drückt man statt Milch Blut heraus. - Sailer, 314.

Dies Wort wird dem Bischof Ulrich zu Augsburg zugeschrieben.

*12 Da muss die Schrift lügen.

Zu ergänzen: wenn das nicht so ist. Betheurungsformel, besonders kirchlicher Reden.

*13 Der Schrift ein wächsene nuss machen. - Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, 1584.

*14 Die Schrift sammt dem Wachs herauskratzen.

Etwas ganz vertilgen, dass auch keine Erinnerung an das Vergangene übrigbleibt. Von dem frühern Schreiben auf Wachstafeln entlehnt.

*15 Er ist der heil. Schrift so froh, als wenn ich kaute Bohnenstroh.

"Vnd sind der heylgen gschrifft so fro als wenn ich kauwet bonenstro." (Murner, Nb., in. Kloster, IV, S. 633.)

*16 Ueber die Schrift laufen, wie eine Wasserspinne übers Wasser.


Schriftgelehrter.

1 De Schriftgelehrten, de Pennlicker, de Blackschiter, se wet nich, wat 'n Bauren dent. - Goldschmidt, 89.

2 De Schriftgelehrten sind de ärgsten Weltverkehrten. (Göttingen.) - Schambach, II, 335.

Die Gelehrten stehen in keinem besonders gutem Ruf. Es wird ihnen verkehrtes Wesen vorgeworfen, was wol daher kommen mag, dass sie häufig in Dingen des gemeinen, täglichen Lebens eine auffallende Unanstelligkeit, Unbeholfenheit und Verkehrtheit an den Tag zu legen pflegen. Bei der Entstehung des obigen Sprichworts mögen wol auch die biblischen Schriftgelehrten vorgeschwebt haben. In den Händen der letztern lag die Fortbildung von Gesetz und Recht im palästinischen Staate der Juden; sie sitzen dem Neuen Testament zufolge auf dem Sessel Mosis. Doch hatte das Wort "Schriftgelehrter" zu verschiedenen Zeiten verschiedene Bedeutungen. In der mündlichen Compilation des talmudischen Gesetzbuchs gibt es drei Stufen, von denen jede ihren Namen nach einer besondern Klasse von Gelehrten führte. Die Aufgabe der ersten Klasse dieser Lehrer bestand vor allem darin, über die Erhaltung des [Spaltenumbruch] heiligen Textes zu wachen, wie er nach vielen Misgeschicken vorhanden geblieben war. Es sind dies die vorzugsweise sogenannten Schriftgelehrten. Sie zählten nicht blos die Gebote, sondern auch die Wörter, die Buchstaben, die Zeichen der heiligen Schrift, und bewahrten sie dadurch vor allen künftigen Einschaltungen und Verdeckungen. Sie errichteten ferner auf eigene Autorität hin gewisse Schutzmauern, d. h. sie erliessen solche neue Befehle, die sie blos für die bessere Aufrechthaltung der alten Gebote für nothwendig erachteten. Die ganze Arbeit dieser Männer (Männer der grossen Synagoge) ist in dem Sprichwort zusammengefasst: Tragt Sorge im Gesetz, Entscheidungen, sendet viele Schüler aus und schafft eine Schutzmauer um das Gesetz. (Vgl. die Pharisäer und die Schriftgelehrten der Bibel im Ausland, 1867, Nr. 49, S. 1169.)

3 Die Schriftgelehrten zeigten den Weisen aus dem Morgenlande den Weg, aber sie blieben daheim. - Gutzkow, IV, 1, 374.


Schriftsass.

Wer ein Schriftsass ist, hat auch einen Landesfürsten. - Eisenhart, 644; Simrock, 9205; Pistor., X, 80.

Unter Schriftsassen, im Gegensatz zu den Amtssassen, die in erster Instanz unter einem Amte standen, sind diejenigen Adelichen gemeint, denen die Befehle unmittelbar aus der landesherrlichen Kanzlei zugefertigt wurden. Das Sprichwort will daher sagen, dass die, welche als Schriftsassen der Kanzlei eines Landesfürsten unterworfen, auch dessen Unterthanen sind.


Schriss.

* Si het Schreiss. - Sutermeisler, 101.

1) Von schreissen, Verstärkung von reissen, besonders in dem Sinne, ein Mädchen zum Wein ins Wirthshaus führen. Man nennt es deswegen schreissen, weil die Landmädchen öfters die Rolle der Spröden spielen und die jungen Burschen dann dieselben beim Kleide fassen und sie gleichsam mit sich fortreissen. - Von einem erwachsenen Mädchen, das sehr beliebt und gesucht ist. (Stalder, IV, 351.)


Schritt.

1 All Schritt und Tritt zu deiner Ehr' geschiht von mir, mein Gott und Herr.

Inschrift an einer Kapelle im Hallthal.

2 Auch wer einen festen Schritt hat, kann stolpern.

3 Bei jedem Schritt folgt sein Unglück mit.

Sein Unstern verfolgt ihn in allem, was er thut.

4 Der erste Schritt ist der schwerste.

Frz.: Il n'y a que le premier pas qui coaute. (Bohn I, 26.)

5 Der erste Schritt thut die andern mit.

D. h. er nöthigt zu den andern.

Frz.: Le premier pas engage au second. (Bohn I, 33.)

6 Der grösste (schwerste) Schritt ist der aus der Thür (oder: über die Schwelle). - Körte, 5402; Simrock, 9209; Braun, I, 3975.

Er kostet am meisten Ueberwindung. So auch der von einer Partei zum Anschluss an eine andere.

Engl.: The beginnings are always hard.

Frz.: Ce n'est que le premier pas qui coaute.

It.: Il piu duro passo e quello della soglia. (Bohn I, 103.)

Poln.: Poczatek kazdej rzeczy jest trudny. (Bohn I, 103.)

7 Erst der letzte Schritt bringt auf die Spitze des Berges.

Die Tataren in der Krim: Erst mit dem letzten Schritt ist der Tschatyr-Dag erstiegen. (Altmann III.)

8 Hast du den ersten Schritt gethan, dann rüstig vorwärts, Mann!

9 Ich gieh meinen Schritt, warum hott' ihr mich gemitt (gemiethet), sagte die faule Magd.

10 Jeder Schritt bringt uns dem Kirchhofe näher.

Holl.: Elke trede is eene nadering tot den dood. (Harrebomee, II, 116a.)

11 Jeder Schritt hett sinen Tritt, jeder Tritt hett sinen Stoff, jeder Stoff hett sinen Platz. - Diermissen, 255.

12 Lange Schritte machen den Weg kurz.

Holl.: Lange stappen korten den weg.

13 Man muss die Schritte nach den Beinen (Füssen) machen. - Chaos, 114; Winckler, XII, 58.

Frz.: Selon ta bourse gouverne ta bouche. (Kritzinger, 642b.)

It.: Bisogna fare i passi secondo le gambe. (Kritzinger, 642b.)

14 Mit dem letzten Schritt kommt man erst auf die Koppe. (Schles.)

15 Nur der erste Schritt kommt schwer an.

16 Nur der erste Schritt kostet Ueberwindung.

17 Schritt für Schritt geht man auf bösem (schlechtem) Wege mit.

Holl.: Voetje voor voetje leert men het verkeerde pad bewandelen. (Harrebomee, II, 167b.)

[Spaltenumbruch] *2 Oever de Schreve gohn. (Holst.) – Schütze, IV, 72; Eichwald, 1689.

1) Linie, Richtschnur, Strich. (Richey, 241.) – Ueber die Schnur (s. d.) gehen.


Schrift.

1 Alle Schrift muss durch römisch Sieb und Beutel gehen.Eiselein, 555.

2 An der Schrift erkennt man den Schreiber.

Holl.: Men ziet aan het schrijven wel, wat klerken het zijn. (Harrebomée, I, 414a.)

3 Blosse Schrift ohne Siegel gilt nicht.Petri, II, 48.

4 Die heil. Schrift ist ein sölch wasser, darinnen ein grosser elephant schwimmen muss, aber ein lämmlein mit füssen dadurch gehen kann.Aus einer Handschrift von 1624.

5 Machen der Schrifft ein wächsinn nass, heut ist es diss, biss morgen das.Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, Bl. 5b.

6 Man muss nicht blos die Schriften führen, man muss sie auch recht allegiren.Körte, 5400.

7 Müsste man jeder Schrift glauben, so könnte ein Mann sich leicht reich schreiben.Graf, 458, 546.

Um zu sagen, dass nicht jedes Schriftstück als glaubwürdige Urkunde zu betrachten sei. So galten einseitige Aufzeichnungen schon nichts, wenn sie ein Geständniss enthielten, noch weniger, wenn sie den Vortheil des Schreibenden zum Zweck hatten.

Altfries.: Schelma een sliucht scrift lyowa, so mochte een man hym selff haest ryck scrywe. (Hettema, XVII, 15 [130].)

8 Schreben Schrift blift.Bücking, 330; Hauskalender, III.

Bei den alten Römern hiess es nach Cicero (ep. 89): Die Schrift erröthet nicht. Auch bei uns wird sie nicht roth, wie oft ihr auch Veranlassung dazu geboten wird.

9 Schrift klivt (klebt, haftet, bleibt). (Oldenburg.) – Eichwald, 1690; Frommann, IV, 143, 365.

Holl.: Het geschrift spreekt, als de mond zwijgt. (Harrebomée, I, 231.)

10 Wenn die Schrifft sagt von katzen, so verstehen die Romanisten Aentvögel.Zinkgref, IV, 75.

11 Wenn man die Schrift (die Heilige) zu sehr drückt, so drückt man statt Milch Blut heraus.Sailer, 314.

Dies Wort wird dem Bischof Ulrich zu Augsburg zugeschrieben.

*12 Da muss die Schrift lügen.

Zu ergänzen: wenn das nicht so ist. Betheurungsformel, besonders kirchlicher Reden.

*13 Der Schrift ein wächsene nuss machen.Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, 1584.

*14 Die Schrift sammt dem Wachs herauskratzen.

Etwas ganz vertilgen, dass auch keine Erinnerung an das Vergangene übrigbleibt. Von dem frühern Schreiben auf Wachstafeln entlehnt.

*15 Er ist der heil. Schrift so froh, als wenn ich kaute Bohnenstroh.

„Vnd sind der heylgen gschrifft so fro als wenn ich kauwet bonenstro.“ (Murner, Nb., in. Kloster, IV, S. 633.)

*16 Ueber die Schrift laufen, wie eine Wasserspinne übers Wasser.


Schriftgelehrter.

1 De Schriftgelehrten, de Pennlicker, de Blackschiter, se wêt nich, wat 'n Bûren dênt.Goldschmidt, 89.

2 De Schriftgelehrten sind de ärgsten Weltverkehrten. (Göttingen.) – Schambach, II, 335.

Die Gelehrten stehen in keinem besonders gutem Ruf. Es wird ihnen verkehrtes Wesen vorgeworfen, was wol daher kommen mag, dass sie häufig in Dingen des gemeinen, täglichen Lebens eine auffallende Unanstelligkeit, Unbeholfenheit und Verkehrtheit an den Tag zu legen pflegen. Bei der Entstehung des obigen Sprichworts mögen wol auch die biblischen Schriftgelehrten vorgeschwebt haben. In den Händen der letztern lag die Fortbildung von Gesetz und Recht im palästinischen Staate der Juden; sie sitzen dem Neuen Testament zufolge auf dem Sessel Mosis. Doch hatte das Wort „Schriftgelehrter“ zu verschiedenen Zeiten verschiedene Bedeutungen. In der mündlichen Compilation des talmudischen Gesetzbuchs gibt es drei Stufen, von denen jede ihren Namen nach einer besondern Klasse von Gelehrten führte. Die Aufgabe der ersten Klasse dieser Lehrer bestand vor allem darin, über die Erhaltung des [Spaltenumbruch] heiligen Textes zu wachen, wie er nach vielen Misgeschicken vorhanden geblieben war. Es sind dies die vorzugsweise sogenannten Schriftgelehrten. Sie zählten nicht blos die Gebote, sondern auch die Wörter, die Buchstaben, die Zeichen der heiligen Schrift, und bewahrten sie dadurch vor allen künftigen Einschaltungen und Verdeckungen. Sie errichteten ferner auf eigene Autorität hin gewisse Schutzmauern, d. h. sie erliessen solche neue Befehle, die sie blos für die bessere Aufrechthaltung der alten Gebote für nothwendig erachteten. Die ganze Arbeit dieser Männer (Männer der grossen Synagoge) ist in dem Sprichwort zusammengefasst: Tragt Sorge im Gesetz, Entscheidungen, sendet viele Schüler aus und schafft eine Schutzmauer um das Gesetz. (Vgl. die Pharisäer und die Schriftgelehrten der Bibel im Ausland, 1867, Nr. 49, S. 1169.)

3 Die Schriftgelehrten zeigten den Weisen aus dem Morgenlande den Weg, aber sie blieben daheim.Gutzkow, IV, 1, 374.


Schriftsass.

Wer ein Schriftsass ist, hat auch einen Landesfürsten.Eisenhart, 644; Simrock, 9205; Pistor., X, 80.

Unter Schriftsassen, im Gegensatz zu den Amtssassen, die in erster Instanz unter einem Amte standen, sind diejenigen Adelichen gemeint, denen die Befehle unmittelbar aus der landesherrlichen Kanzlei zugefertigt wurden. Das Sprichwort will daher sagen, dass die, welche als Schriftsassen der Kanzlei eines Landesfürsten unterworfen, auch dessen Unterthanen sind.


Schriss.

* Si het Schrîss.Sutermeisler, 101.

1) Von schrîssen, Verstärkung von reissen, besonders in dem Sinne, ein Mädchen zum Wein ins Wirthshaus führen. Man nennt es deswegen schreissen, weil die Landmädchen öfters die Rolle der Spröden spielen und die jungen Burschen dann dieselben beim Kleide fassen und sie gleichsam mit sich fortreissen. – Von einem erwachsenen Mädchen, das sehr beliebt und gesucht ist. (Stalder, IV, 351.)


Schritt.

1 All Schritt und Tritt zu deiner Ehr' geschiht von mir, mein Gott und Herr.

Inschrift an einer Kapelle im Hallthal.

2 Auch wer einen festen Schritt hat, kann stolpern.

3 Bei jedem Schritt folgt sein Unglück mit.

Sein Unstern verfolgt ihn in allem, was er thut.

4 Der erste Schritt ist der schwerste.

Frz.: Il n'y a que le premier pas qui coûte. (Bohn I, 26.)

5 Der erste Schritt thut die andern mit.

D. h. er nöthigt zu den andern.

Frz.: Le premier pas engage au second. (Bohn I, 33.)

6 Der grösste (schwerste) Schritt ist der aus der Thür (oder: über die Schwelle).Körte, 5402; Simrock, 9209; Braun, I, 3975.

Er kostet am meisten Ueberwindung. So auch der von einer Partei zum Anschluss an eine andere.

Engl.: The beginnings are always hard.

Frz.: Ce n'est que le premier pas qui coûte.

It.: Il più duro passo è quello della soglia. (Bohn I, 103.)

Poln.: Początek każdéj rzeczy jest trudny. (Bohn I, 103.)

7 Erst der letzte Schritt bringt auf die Spitze des Berges.

Die Tataren in der Krim: Erst mit dem letzten Schritt ist der Tschatyr-Dag erstiegen. (Altmann III.)

8 Hast du den ersten Schritt gethan, dann rüstig vorwärts, Mann!

9 Ich gieh meinen Schritt, warum hott' ihr mich gemitt (gemiethet), sagte die faule Magd.

10 Jeder Schritt bringt uns dem Kirchhofe näher.

Holl.: Elke trede is eene nadering tot den dood. (Harrebomée, II, 116a.)

11 Jeder Schritt hett sinen Tritt, jeder Tritt hett sinen Stoff, jeder Stoff hett sinen Platz.Diermissen, 255.

12 Lange Schritte machen den Weg kurz.

Holl.: Lange stappen korten den weg.

13 Man muss die Schritte nach den Beinen (Füssen) machen.Chaos, 114; Winckler, XII, 58.

Frz.: Selon ta bourse gouverne ta bouche. (Kritzinger, 642b.)

It.: Bisogna fare i passi secondo le gambe. (Kritzinger, 642b.)

14 Mit dem letzten Schritt kommt man erst auf die Koppe. (Schles.)

15 Nur der erste Schritt kommt schwer an.

16 Nur der erste Schritt kostet Ueberwindung.

17 Schritt für Schritt geht man auf bösem (schlechtem) Wege mit.

Holl.: Voetje voor voetje leert men het verkeerde pad bewandelen. (Harrebomée, II, 167b.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0178" n="[172]"/><cb n="343"/>
*2 Oever de Schreve gohn.</hi> (<hi rendition="#i">Holst.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schütze, IV, 72; Eichwald, 1689.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Linie, Richtschnur, Strich. (<hi rendition="#i">Richey, 241.</hi>) &#x2013; Ueber die  Schnur (s. d.) gehen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schrift.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Alle Schrift muss durch römisch Sieb und Beutel gehen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 555.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 An der Schrift erkennt man den Schreiber.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Men ziet aan het schrijven wel, wat klerken het zijn. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 414<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Blosse Schrift ohne Siegel gilt nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 48.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Die heil. Schrift ist ein sölch wasser, darinnen ein grosser elephant schwimmen muss, aber ein lämmlein mit füssen dadurch gehen kann.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Aus einer Handschrift von 1624.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Machen der Schrifft ein wächsinn nass, heut ist es diss, biss morgen das.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, Bl. 5<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Man muss nicht blos die Schriften führen, man muss sie auch recht allegiren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 5400.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Müsste man jeder Schrift glauben, so könnte ein Mann sich leicht reich schreiben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 458, 546.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Um zu sagen, dass nicht jedes Schriftstück als glaubwürdige Urkunde zu betrachten sei. So galten einseitige Aufzeichnungen schon nichts, wenn sie ein Geständniss enthielten, noch weniger, wenn sie den Vortheil des Schreibenden zum Zweck hatten.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Altfries.</hi>: Schelma een sliucht scrift lyowa, so mochte een man hym selff haest ryck scrywe. (<hi rendition="#i">Hettema, XVII, 15 [130].</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Schreben Schrift blift.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Bücking, 330; Hauskalender, III.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Bei den alten Römern hiess es nach <hi rendition="#i">Cicero</hi> (ep. 89): Die Schrift erröthet nicht. Auch bei uns wird sie nicht roth, wie oft ihr auch Veranlassung dazu geboten wird.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Schrift klivt (klebt, haftet, bleibt).</hi> (<hi rendition="#i">Oldenburg.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Eichwald, 1690; Frommann, IV, 143, 365.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Het geschrift spreekt, als de mond zwijgt. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 231.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Wenn die Schrifft sagt von katzen, so verstehen die Romanisten Aentvögel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Zinkgref, IV, 75.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Wenn man die Schrift (die Heilige) zu sehr drückt, so drückt man statt Milch Blut heraus.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sailer, 314.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Dies Wort wird dem Bischof Ulrich zu Augsburg zugeschrieben.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*12 Da muss die Schrift lügen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Zu ergänzen: wenn das nicht so ist. Betheurungsformel, besonders kirchlicher Reden.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*13 Der Schrift ein wächsene nuss machen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, 1584.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*14 Die Schrift sammt dem Wachs herauskratzen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Etwas ganz vertilgen, dass auch keine Erinnerung an das Vergangene übrigbleibt. Von dem frühern Schreiben auf Wachstafeln entlehnt.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*15 Er ist der heil. Schrift so froh, als wenn ich kaute Bohnenstroh.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Vnd sind der heylgen gschrifft so fro als wenn ich kauwet bonenstro.&#x201C; (<hi rendition="#i">Murner, Nb., in. Kloster, IV, S. 633.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*16 Ueber die Schrift laufen, wie eine Wasserspinne übers Wasser.</hi> </p><lb/>
          <p/><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schriftgelehrter.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 De Schriftgelehrten, de Pennlicker, de Blackschiter, se wêt nich, wat 'n Bûren dênt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Goldschmidt, 89.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 De Schriftgelehrten sind de ärgsten Weltverkehrten.</hi> (<hi rendition="#i">Göttingen.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schambach, II, 335.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Gelehrten stehen in keinem besonders gutem Ruf. Es wird ihnen verkehrtes Wesen vorgeworfen, was wol daher kommen mag, dass sie häufig in Dingen des gemeinen, täglichen Lebens eine auffallende Unanstelligkeit, Unbeholfenheit und Verkehrtheit an den Tag zu legen pflegen. Bei der Entstehung des obigen Sprichworts mögen wol auch die biblischen Schriftgelehrten vorgeschwebt haben. In den Händen der letztern lag die Fortbildung von Gesetz und Recht im palästinischen Staate der Juden; sie sitzen dem <hi rendition="#i">Neuen Testament</hi> zufolge auf dem Sessel Mosis. Doch hatte das Wort &#x201E;Schriftgelehrter&#x201C; zu verschiedenen Zeiten verschiedene Bedeutungen. In der mündlichen Compilation des talmudischen Gesetzbuchs gibt es drei Stufen, von denen jede ihren Namen nach einer besondern Klasse von Gelehrten führte. Die Aufgabe der ersten Klasse dieser Lehrer bestand vor allem darin, über die Erhaltung des <cb n="344"/>
heiligen Textes zu wachen, wie er nach vielen Misgeschicken vorhanden geblieben war. Es sind dies die vorzugsweise sogenannten Schriftgelehrten. Sie zählten nicht blos die Gebote, sondern auch die Wörter, die Buchstaben, die Zeichen der heiligen Schrift, und bewahrten sie dadurch vor allen künftigen Einschaltungen und Verdeckungen. Sie errichteten ferner auf eigene Autorität hin gewisse Schutzmauern, d. h. sie erliessen solche neue Befehle, die sie blos für die bessere Aufrechthaltung der alten Gebote für nothwendig erachteten. Die ganze Arbeit dieser Männer (Männer der grossen Synagoge) ist in dem Sprichwort zusammengefasst: Tragt Sorge im Gesetz, Entscheidungen, sendet viele Schüler aus und schafft eine Schutzmauer um das Gesetz. (Vgl. <hi rendition="#i">die Pharisäer und die Schriftgelehrten der Bibel im Ausland, 1867, Nr. 49, S. 1169.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Die Schriftgelehrten zeigten den Weisen aus dem Morgenlande den Weg, aber sie blieben daheim.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gutzkow, IV, 1, 374.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schriftsass.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Wer ein Schriftsass ist, hat auch einen Landesfürsten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eisenhart, 644; Simrock, 9205; Pistor., X, 80.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Unter Schriftsassen, im Gegensatz zu den Amtssassen, die in erster Instanz unter einem Amte standen, sind diejenigen Adelichen gemeint, denen die Befehle unmittelbar aus der landesherrlichen Kanzlei zugefertigt wurden. Das Sprichwort will daher sagen, dass die, welche als Schriftsassen der Kanzlei eines Landesfürsten unterworfen, auch dessen Unterthanen sind.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schriss.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Si het Schrîss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutermeisler, 101.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Von schrîssen, Verstärkung von reissen, besonders in dem Sinne, ein Mädchen zum Wein ins Wirthshaus führen. Man nennt es deswegen schreissen, weil die Landmädchen öfters die Rolle der Spröden spielen und die jungen Burschen dann dieselben beim Kleide fassen und sie gleichsam mit sich fortreissen. &#x2013; Von einem erwachsenen Mädchen, das sehr beliebt und gesucht ist. (<hi rendition="#i">Stalder, IV, 351.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schritt.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 All Schritt und Tritt zu deiner Ehr' geschiht von mir, mein Gott und Herr.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Inschrift an einer Kapelle im Hallthal.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Auch wer einen festen Schritt hat, kann stolpern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Bei jedem Schritt folgt sein Unglück mit.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Sein Unstern verfolgt ihn in allem, was er thut.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Der erste Schritt ist der schwerste.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il n'y a que le premier pas qui coûte. (<hi rendition="#i">Bohn I, 26.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Der erste Schritt thut die andern mit.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">D. h. er nöthigt zu den andern.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Le premier pas engage au second. (<hi rendition="#i">Bohn I, 33.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Der grösste (schwerste) Schritt ist der aus der Thür (oder: über die Schwelle).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 5402; Simrock, 9209; Braun, I, 3975.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Er kostet am meisten Ueberwindung. So auch der von einer Partei zum Anschluss an eine andere.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: The beginnings are always hard.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Ce n'est que le premier pas qui coûte.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Il più duro passo è quello della soglia. (<hi rendition="#i">Bohn I, 103.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Pocz&#x0105;tek ka&#x017C;déj rzeczy jest trudny. (<hi rendition="#i">Bohn I, 103.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Erst der letzte Schritt bringt auf die Spitze des Berges.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Tataren in der Krim: Erst mit dem letzten Schritt ist der Tschatyr-Dag erstiegen. (<hi rendition="#i">Altmann III.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Hast du den ersten Schritt gethan, dann rüstig vorwärts, Mann!</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Ich gieh meinen Schritt, warum hott' ihr mich gemitt (gemiethet), sagte die faule Magd.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Jeder Schritt bringt uns dem Kirchhofe näher.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Elke trede is eene nadering tot den dood. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 116<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Jeder Schritt hett sinen Tritt, jeder Tritt hett sinen Stoff, jeder Stoff hett sinen Platz.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Diermissen, 255.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Lange Schritte machen den Weg kurz.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Lange stappen korten den weg.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Man muss die Schritte nach den Beinen (Füssen) machen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Chaos, 114; Winckler, XII, 58.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Selon ta bourse gouverne ta bouche. (<hi rendition="#i">Kritzinger, 642<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Bisogna fare i passi secondo le gambe. (<hi rendition="#i">Kritzinger, 642<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Mit dem letzten Schritt kommt man erst auf die Koppe.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">15 Nur der erste Schritt kommt schwer an.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">16 Nur der erste Schritt kostet Ueberwindung.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">17 Schritt für Schritt geht man auf bösem (schlechtem) Wege mit.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Voetje voor voetje leert men het verkeerde pad bewandelen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 167<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[172]/0178] *2 Oever de Schreve gohn. (Holst.) – Schütze, IV, 72; Eichwald, 1689. 1) Linie, Richtschnur, Strich. (Richey, 241.) – Ueber die Schnur (s. d.) gehen. Schrift. 1 Alle Schrift muss durch römisch Sieb und Beutel gehen. – Eiselein, 555. 2 An der Schrift erkennt man den Schreiber. Holl.: Men ziet aan het schrijven wel, wat klerken het zijn. (Harrebomée, I, 414a.) 3 Blosse Schrift ohne Siegel gilt nicht. – Petri, II, 48. 4 Die heil. Schrift ist ein sölch wasser, darinnen ein grosser elephant schwimmen muss, aber ein lämmlein mit füssen dadurch gehen kann. – Aus einer Handschrift von 1624. 5 Machen der Schrifft ein wächsinn nass, heut ist es diss, biss morgen das. – Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, Bl. 5b. 6 Man muss nicht blos die Schriften führen, man muss sie auch recht allegiren. – Körte, 5400. 7 Müsste man jeder Schrift glauben, so könnte ein Mann sich leicht reich schreiben. – Graf, 458, 546. Um zu sagen, dass nicht jedes Schriftstück als glaubwürdige Urkunde zu betrachten sei. So galten einseitige Aufzeichnungen schon nichts, wenn sie ein Geständniss enthielten, noch weniger, wenn sie den Vortheil des Schreibenden zum Zweck hatten. Altfries.: Schelma een sliucht scrift lyowa, so mochte een man hym selff haest ryck scrywe. (Hettema, XVII, 15 [130].) 8 Schreben Schrift blift. – Bücking, 330; Hauskalender, III. Bei den alten Römern hiess es nach Cicero (ep. 89): Die Schrift erröthet nicht. Auch bei uns wird sie nicht roth, wie oft ihr auch Veranlassung dazu geboten wird. 9 Schrift klivt (klebt, haftet, bleibt). (Oldenburg.) – Eichwald, 1690; Frommann, IV, 143, 365. Holl.: Het geschrift spreekt, als de mond zwijgt. (Harrebomée, I, 231.) 10 Wenn die Schrifft sagt von katzen, so verstehen die Romanisten Aentvögel. – Zinkgref, IV, 75. 11 Wenn man die Schrift (die Heilige) zu sehr drückt, so drückt man statt Milch Blut heraus. – Sailer, 314. Dies Wort wird dem Bischof Ulrich zu Augsburg zugeschrieben. *12 Da muss die Schrift lügen. Zu ergänzen: wenn das nicht so ist. Betheurungsformel, besonders kirchlicher Reden. *13 Der Schrift ein wächsene nuss machen. – Fischart, Die Gelehrten, die Verkehrten, 1584. *14 Die Schrift sammt dem Wachs herauskratzen. Etwas ganz vertilgen, dass auch keine Erinnerung an das Vergangene übrigbleibt. Von dem frühern Schreiben auf Wachstafeln entlehnt. *15 Er ist der heil. Schrift so froh, als wenn ich kaute Bohnenstroh. „Vnd sind der heylgen gschrifft so fro als wenn ich kauwet bonenstro.“ (Murner, Nb., in. Kloster, IV, S. 633.) *16 Ueber die Schrift laufen, wie eine Wasserspinne übers Wasser. Schriftgelehrter. 1 De Schriftgelehrten, de Pennlicker, de Blackschiter, se wêt nich, wat 'n Bûren dênt. – Goldschmidt, 89. 2 De Schriftgelehrten sind de ärgsten Weltverkehrten. (Göttingen.) – Schambach, II, 335. Die Gelehrten stehen in keinem besonders gutem Ruf. Es wird ihnen verkehrtes Wesen vorgeworfen, was wol daher kommen mag, dass sie häufig in Dingen des gemeinen, täglichen Lebens eine auffallende Unanstelligkeit, Unbeholfenheit und Verkehrtheit an den Tag zu legen pflegen. Bei der Entstehung des obigen Sprichworts mögen wol auch die biblischen Schriftgelehrten vorgeschwebt haben. In den Händen der letztern lag die Fortbildung von Gesetz und Recht im palästinischen Staate der Juden; sie sitzen dem Neuen Testament zufolge auf dem Sessel Mosis. Doch hatte das Wort „Schriftgelehrter“ zu verschiedenen Zeiten verschiedene Bedeutungen. In der mündlichen Compilation des talmudischen Gesetzbuchs gibt es drei Stufen, von denen jede ihren Namen nach einer besondern Klasse von Gelehrten führte. Die Aufgabe der ersten Klasse dieser Lehrer bestand vor allem darin, über die Erhaltung des heiligen Textes zu wachen, wie er nach vielen Misgeschicken vorhanden geblieben war. Es sind dies die vorzugsweise sogenannten Schriftgelehrten. Sie zählten nicht blos die Gebote, sondern auch die Wörter, die Buchstaben, die Zeichen der heiligen Schrift, und bewahrten sie dadurch vor allen künftigen Einschaltungen und Verdeckungen. Sie errichteten ferner auf eigene Autorität hin gewisse Schutzmauern, d. h. sie erliessen solche neue Befehle, die sie blos für die bessere Aufrechthaltung der alten Gebote für nothwendig erachteten. Die ganze Arbeit dieser Männer (Männer der grossen Synagoge) ist in dem Sprichwort zusammengefasst: Tragt Sorge im Gesetz, Entscheidungen, sendet viele Schüler aus und schafft eine Schutzmauer um das Gesetz. (Vgl. die Pharisäer und die Schriftgelehrten der Bibel im Ausland, 1867, Nr. 49, S. 1169.) 3 Die Schriftgelehrten zeigten den Weisen aus dem Morgenlande den Weg, aber sie blieben daheim. – Gutzkow, IV, 1, 374. Schriftsass. Wer ein Schriftsass ist, hat auch einen Landesfürsten. – Eisenhart, 644; Simrock, 9205; Pistor., X, 80. Unter Schriftsassen, im Gegensatz zu den Amtssassen, die in erster Instanz unter einem Amte standen, sind diejenigen Adelichen gemeint, denen die Befehle unmittelbar aus der landesherrlichen Kanzlei zugefertigt wurden. Das Sprichwort will daher sagen, dass die, welche als Schriftsassen der Kanzlei eines Landesfürsten unterworfen, auch dessen Unterthanen sind. Schriss. * Si het Schrîss. – Sutermeisler, 101. 1) Von schrîssen, Verstärkung von reissen, besonders in dem Sinne, ein Mädchen zum Wein ins Wirthshaus führen. Man nennt es deswegen schreissen, weil die Landmädchen öfters die Rolle der Spröden spielen und die jungen Burschen dann dieselben beim Kleide fassen und sie gleichsam mit sich fortreissen. – Von einem erwachsenen Mädchen, das sehr beliebt und gesucht ist. (Stalder, IV, 351.) Schritt. 1 All Schritt und Tritt zu deiner Ehr' geschiht von mir, mein Gott und Herr. Inschrift an einer Kapelle im Hallthal. 2 Auch wer einen festen Schritt hat, kann stolpern. 3 Bei jedem Schritt folgt sein Unglück mit. Sein Unstern verfolgt ihn in allem, was er thut. 4 Der erste Schritt ist der schwerste. Frz.: Il n'y a que le premier pas qui coûte. (Bohn I, 26.) 5 Der erste Schritt thut die andern mit. D. h. er nöthigt zu den andern. Frz.: Le premier pas engage au second. (Bohn I, 33.) 6 Der grösste (schwerste) Schritt ist der aus der Thür (oder: über die Schwelle). – Körte, 5402; Simrock, 9209; Braun, I, 3975. Er kostet am meisten Ueberwindung. So auch der von einer Partei zum Anschluss an eine andere. Engl.: The beginnings are always hard. Frz.: Ce n'est que le premier pas qui coûte. It.: Il più duro passo è quello della soglia. (Bohn I, 103.) Poln.: Początek każdéj rzeczy jest trudny. (Bohn I, 103.) 7 Erst der letzte Schritt bringt auf die Spitze des Berges. Die Tataren in der Krim: Erst mit dem letzten Schritt ist der Tschatyr-Dag erstiegen. (Altmann III.) 8 Hast du den ersten Schritt gethan, dann rüstig vorwärts, Mann! 9 Ich gieh meinen Schritt, warum hott' ihr mich gemitt (gemiethet), sagte die faule Magd. 10 Jeder Schritt bringt uns dem Kirchhofe näher. Holl.: Elke trede is eene nadering tot den dood. (Harrebomée, II, 116a.) 11 Jeder Schritt hett sinen Tritt, jeder Tritt hett sinen Stoff, jeder Stoff hett sinen Platz. – Diermissen, 255. 12 Lange Schritte machen den Weg kurz. Holl.: Lange stappen korten den weg. 13 Man muss die Schritte nach den Beinen (Füssen) machen. – Chaos, 114; Winckler, XII, 58. Frz.: Selon ta bourse gouverne ta bouche. (Kritzinger, 642b.) It.: Bisogna fare i passi secondo le gambe. (Kritzinger, 642b.) 14 Mit dem letzten Schritt kommt man erst auf die Koppe. (Schles.) 15 Nur der erste Schritt kommt schwer an. 16 Nur der erste Schritt kostet Ueberwindung. 17 Schritt für Schritt geht man auf bösem (schlechtem) Wege mit. Holl.: Voetje voor voetje leert men het verkeerde pad bewandelen. (Harrebomée, II, 167b.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/178
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [172]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/178>, abgerufen am 16.04.2024.