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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] sie auch: Kein Sprichwort ohne Wahrheit. - Neni preslovibez prardy. (Skola, III, 39.) Die Entstehung betreffend, ist ihm nicht jede Rede ein Sprichwort. Ein einziges Feld ist keine Gegend, und des Betrunkenen Rede ist kein Sprichwort: Jedno pole neni okoli, a opileho rce neni prislovi. Ein anderes ihrer Sprichwörter sagt: Das Sprichwort kommt aus dem Verstande, und der Verstand aus dem Sprichwort: Prislovi jde z rozumu, a rozum za prislovim. (Skola, III, 39.) Und wieder ein anderes erklärt: Wie der Kopf, so das Sprichwort: Jakova hlava lakove prislovi. Auch die Polen haben dies Wort: Po glowie przyslowie. Das Sprichwort ist ihnen keine leere Rede; sie lassen es sagen: Das Märchen ist Dichtung, das Lied (besingt) eine Begebenheit, das Sprichwort ist nicht so obenhin: Pohadka smyslenka, pisen udalost, a prislovi ne ledacos. Ein anderes sagt: Das Sprichwort ist kein eitles Wort: Daremne slovo neni prislovi. Und: Ein Sprichwort ist keine dumme Rede: Hloupa rec neni prislovi. Es ist auch ihnen die Weisheit auf der Gasse. "Ein weises Wort", sagen sie, "liegt nicht im Kasten, sondern geht auf der Strasse einher." Und: Das Sprichwort schwankt nicht auf dem Gebüsch herum: Moudre slovo nelezi v truhlici, ale chodi po ulici. - Prislovi neklati se po krovi. In andern wird seine Ausdrucksform, sein Alter, sein allgemeiner Gebrauch, seine Wirkung u. s. w. geschildert. Seine Kürze: Das Sprichwort ist kürzer als der Schnabel des Vogels: Jest prislovi kraisi, nez zobecek placi. Seine Leichtverständlichkeit: Das Sprichwort sagt an (d. h. es legt die Worte in den Mund): Prislovi - napovi. Sein Alter, seine Dauer, Jahrhunderte, ja Jahrtausende hindurch: Das Sprichwort bricht in Ewigkeit nicht: Aere prislovi vecne se nezlomi. Sein allgemeiner Gebrauch: Ohne Sprichwort kommst du nicht durchs Leben: Bez prislovi vek neprozives. Man eignet sich die Sprichwörter im Leben mit andern an: Mit den Ohren kaufst du ein Sprichwort, eine gute Lehre am billigsten: Usima dobru vec najlacinejie kupis. Seine Wirkung im Gebrauch: Das Sprichwort wird nicht vergeblich ausgesprochen: Prislovi ne mimo se proslovi. (Vgl. Celakovsky, Das Sprichwort über Sprichwörter, S. 1.) Das Sprichwort kommt unter sehr verschiedenen Bezeichnungen vor. Mundartlich in Westfalen wird es durch Luatelwaart bezeichnet. Up den Karten stehet Krüüssi seggt'n wahr Luatelwaart (= Losungswort, Sprichwort). (Lyra, 29.) Auch Jeddewart, Lyra (40) heisst es: "'N ault Jeddewart seggt all met Geschick: Butke bi Butke." - Sehr reich an Ausdrücken für das Wort "Sprichwort" ist die ältere Literatur. C. Schultze, der gründliche Forscher auf diesem Gebiet, hat sich das Verdienst erworben, eine grosse Anzahl derselben zu sammeln und mit genauer Quellenangabe in Haupt's Zeitschrift (VIII, 376-384) zusammenzustellen. Des Weitern auf diesen Artikel verweisend, lasse ich sie auszüglich hier nach Vorausschickung der Einleitungsworte folgen. Schulze sagt: "Bei meinem seit Jahren betriebenen Quellenstudium der Sprichwörter suchte ich ein möglichst vollständiges Verzeichniss der für den Begriff Sprichwort vorkommenden Ausdrücke aufzustellen. Es erschien mir ein solches darum von Bedeutung, weil mir diese Ausdrücke zu bestätigen schienen, dass die Sprichwörter das Volksmässigste sind, was es überhaupt nächst der Sprache nur immer geben kann, weil aus ihnen die Entstehung, die Verbreitung, die Sinne, die Praktik und der Begriff des Sprichworts, welcher hierbei, wie schon Agricola und Franck thun, ziemlich weit zu fassen ist, zur Genüge ersichtlich wird." Der älteste Ausdruck für unser Sprichwort findet sich bei Ulfilas Joh. 16, 25 und ist Gleichniss (parabola). Bei Notker nach Graff (1, 1025) biwurti (Beiwort); "ein gemeinez biwurt"; bei Konrad von Würzburg beispel - Beispiel, auch larspella, ydelspella, godspella für Fabel, Sprichwort, Priamel und Gleichnissrede. Maere; danach wäre Sprichwort "ein gemaeretez Wort". Wort. Die Alten haben dieses "Wort" gebraucht, vorherrschend bei Agricola z. B. 314, 315 und 541 "als gemein, als dies Wort ist, also wahr ist es" (Agricola I, 406). Oft mit dem Zusatz: "daz ir dicke (oft) habt gehort". Auch geflügelt Wort: "ein wort, daz was weilent fiüske". (Frauenlob, 58.) "Es sind Flugreden." (Agricola I, 183). Wörtelin: diu liute hant ein wörtlin. (Tristan, 129a:) Spruch: gemeiner Spruch. (Agricola I, 551.) Sage: Ez ist ein alte war sage. (Keller, Schwänke, 21.) - Jehe: Es ist einer jene vil. (Tristan, 10.) - Lere: Diu alte lere. (Walther, 21, 3.) - Rede: tägliche rede vnser alteltern. (Agricola, 546.) - Rath: Ez ist ein altsprochen rat. (Oswald von Wolkenstein, 6, 1.) - Man seit, man sagt. Man seit dicken, ez ist vil war als man de saget. (Tristan, 12283.) Man sagt gemeiniglich bei Agricola sehr oft. - Man giht: Der weise man giht. (Diocletian, 1847.) - Si jehent: Ez jehent diu kint (Freidank, 136, 9), und si sprechent: die weisen sprechent. (Winsberg, 39.) - Man liset. Ich han gelesen. (Tristan.) - Si wellent: Alse die weisen wellent. (Iwein, 2702.) - Ich höre. Ich hab oft gehört. (Agricola I, 319.) - Ich hoere sagen: Ich hoere dicke sagen. (Freidank, 114, 25.) - Ich hoere jehen: Nu hoere ich weise liute jehen. (Haupt, Zeitschrift, VII, 258, 29.) - Ich hoere des vaters lere jehen. (Frauenlob, 392, 1.) Ich hoere sprechen: Ich hoere die weysen sprechen.[Spaltenumbruch] (Hätzlerin, 292a.) - Ich hoere lesen: Ich hab offt hoeren lesen. (Theuerdank, 11, 14.) - Ich hoerte ie sagen: Ich hein vil duche horen sagen. (Hag, Reimchronik, 1739.) - Ich hörte jehen: Ich han gehoeret jehen. (Biterolf, 2925.) - Ich han vernommen: Ich han lange har vernommen. (Winsbekin, 43.) - Ich waene. (Boner, 65, 30.) - Ez ist den weisen allen kunt: Daz ist vil manegem weisen kunt. (Frauenlob, 217, 7.) - Man siht: Man siht ouch dicke. (Boner, 94, 74.) Ez ist schein: Als ez nu hie ist worden schein. (Boner, 71, 60.) - Es geschiht: Ez was geschehen dicke. (Titurel, 3694.) Ez ist vil war als man da sage. (Tristan, 12283.)

6 Ein Sprichwort trügt nicht, der Himmel fällt nicht, Hochmuth währt nicht.

Frz.: Proverbe ne peut mentir. (Masson, 320.)

7 Es geht ein Sprichwort unter uns: der Adel ist ungestalt und Hässlichkeit ihm folget auf der Ferse.

8 Jedes Sprichwort muss einen Zipfel haben, wo man's anfasst. - Holtei, Eselsfresser, I, 183.

Holl.: Een spreekwoord een waar woord. (Harrebomee, II, 292b.)

9 Kein Sprichwort lügt, sein Sinn nur trügt. - Eiselein, 575.

10 Sprichwörter sind die Weisheit auf der Gasse.

Engl.: A proverb is the child of experience. - Proverbs are the wisdom of ages, of antiquity.

Holl.: Spreekwoorden zijn dochters der dagelijksche ondervinding. (Harrebomee, II, 293.)

11 Sprichwörter sind Schmetterlinge, einige werden gefangen, andere fliegen fort. - Altmann VI, 493.

12 Uch e Schprächweirt äs net äinjden e wor Weirt. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 1056.

13 Wir haben viel grobe Sprichwörter, aber gute Meinung.

*14 Er (es) ist (andern) zum Sprichwort geworden.

Lat.: Cessit in proverbium. (Plinius.) (Philippi, I, 81.)

*15 'S eis ok sau a Schprichwurt. (Schles.) - Frommann, III, 411, 32.


Sprichwörtlich.

* Es ist sprichwörtlich (geworden).


Spring.

Wo e Spröngken (Springquellchen) es, do mot men et Möngken (Mündchen) dran haulen (halten). (Solingen.)


Springen.

1 Besser gesprungen, als Bettellieder gesungen.

Port.: Mais val salto de mata, que rogos de homens bons. (Bohn I, 282.)

2 De weider (weiter) springen will, as sein Kluwstock reckt (reicht), fallt in 'n Slot (Graben). - Bueren, 398; Eichwald, 1813; Firmenich, I, 18, 16; Frommann, IV, 143, 373; Goldschmidt, 155.

Der Kluwstock ist ein langer Stock (Springstock mit einer eisernen Klaue, Kluwe) der namentlich in den Marschen gebraucht wird, um vermittels desselben über die vielen Gräben zu springen.

3 Erst spring', dann sing'.

4 Es ist böss, fern springen ohne Stäbe. - Lehmann, II, 129, 158; Henisch, 1072, 1; Petri, II, 257.

5 Gut gesprungen ist halb gelungen.

6 Ma muass net glei springe wölle, eh' ma kaum grattle ka(n). (Ulm.)

7 Man möt nich ähr springen, as bet man vör'n Graven is. (Rastede.) - Firmenich, III, 27, 37; für Oldenburg: Goldschmidt, 106.

Die Finnen: Springe nicht eher, als bis der Bach kommt. (Bertram, 49.)

8 Man mutt nich witer springen, as de Stock recken kann. (Ostfries.) - Hauskalender, I.

Holl.: Spring niet verder, dan uw stok lang is. (Harrebomee, II, 191b.)

9 Mancher springt über 'nen Besen und fällt über 'nen Hundedreck. - Simrock, 9783; Körte, 4050; Braun, I, 2517.

"Mancher springt öäwer'n Bessen un fällt öäver'n Hunneköätel." (Schlingmann, 997.)

10 Niemand kann weiter springen, als sein Springstock lang ist. - Simrock, 9781; Körte, 4563.

11 Nume nid g'sprängt, aber gäng hü. - Sutermeister, 147.

[Spaltenumbruch] sie auch: Kein Sprichwort ohne Wahrheit. – Není přéslovibez prardy. (Skola, III, 39.) Die Entstehung betreffend, ist ihm nicht jede Rede ein Sprichwort. Ein einziges Feld ist keine Gegend, und des Betrunkenen Rede ist kein Sprichwort: Jedno pole neni okoli, a opilého rčé není příslovi. Ein anderes ihrer Sprichwörter sagt: Das Sprichwort kommt aus dem Verstande, und der Verstand aus dem Sprichwort: Prísloví jde z rozumu, a rozum za příslovim. (Skola, III, 39.) Und wieder ein anderes erklärt: Wie der Kopf, so das Sprichwort: Jakova hlava lakové přísloví. Auch die Polen haben dies Wort: Po głowie przysłowie. Das Sprichwort ist ihnen keine leere Rede; sie lassen es sagen: Das Märchen ist Dichtung, das Lied (besingt) eine Begebenheit, das Sprichwort ist nicht so obenhin: Pohadka smyslenka, písen událost, a příslovi ne ledacos. Ein anderes sagt: Das Sprichwort ist kein eitles Wort: Daremné slovo není příslovi. Und: Ein Sprichwort ist keine dumme Rede: Hloupá řeč není příslovi. Es ist auch ihnen die Weisheit auf der Gasse. „Ein weises Wort“, sagen sie, „liegt nicht im Kasten, sondern geht auf der Strasse einher.“ Und: Das Sprichwort schwankt nicht auf dem Gebüsch herum: Moudré slovo neleži v truhlici, ale chodí po ulici. – Příslovi nekláti se po křoví. In andern wird seine Ausdrucksform, sein Alter, sein allgemeiner Gebrauch, seine Wirkung u. s. w. geschildert. Seine Kürze: Das Sprichwort ist kürzer als der Schnabel des Vogels: Jest přísloví kraisí, než zobéček płačí. Seine Leichtverständlichkeit: Das Sprichwort sagt an (d. h. es legt die Worte in den Mund): Přísloví – napovi. Sein Alter, seine Dauer, Jahrhunderte, ja Jahrtausende hindurch: Das Sprichwort bricht in Ewigkeit nicht: Aeré přísloví vĕčnĕ se nezlomi. Sein allgemeiner Gebrauch: Ohne Sprichwort kommst du nicht durchs Leben: Bez přísloví vĕk neproživeš. Man eignet sich die Sprichwörter im Leben mit andern an: Mit den Ohren kaufst du ein Sprichwort, eine gute Lehre am billigsten: Ušima dobrú več najlacinĕjíe kúpiš. Seine Wirkung im Gebrauch: Das Sprichwort wird nicht vergeblich ausgesprochen: Přísloví ne mimo se proslovi. (Vgl. Čelakovsky, Das Sprichwort über Sprichwörter, S. 1.) Das Sprichwort kommt unter sehr verschiedenen Bezeichnungen vor. Mundartlich in Westfalen wird es durch Luatelwaart bezeichnet. Up den Kârten stehet Krüüssi seggt'n wahr Luatelwaart (= Losungswort, Sprichwort). (Lyra, 29.) Auch Jeddewart, Lyra (40) heisst es: „'N ault Jeddewârt seggt all met Geschick: Butke bi Butke.“ – Sehr reich an Ausdrücken für das Wort „Sprichwort“ ist die ältere Literatur. C. Schultze, der gründliche Forscher auf diesem Gebiet, hat sich das Verdienst erworben, eine grosse Anzahl derselben zu sammeln und mit genauer Quellenangabe in Haupt's Zeitschrift (VIII, 376-384) zusammenzustellen. Des Weitern auf diesen Artikel verweisend, lasse ich sie auszüglich hier nach Vorausschickung der Einleitungsworte folgen. Schulze sagt: „Bei meinem seit Jahren betriebenen Quellenstudium der Sprichwörter suchte ich ein möglichst vollständiges Verzeichniss der für den Begriff Sprichwort vorkommenden Ausdrücke aufzustellen. Es erschien mir ein solches darum von Bedeutung, weil mir diese Ausdrücke zu bestätigen schienen, dass die Sprichwörter das Volksmässigste sind, was es überhaupt nächst der Sprache nur immer geben kann, weil aus ihnen die Entstehung, die Verbreitung, die Sinne, die Praktik und der Begriff des Sprichworts, welcher hierbei, wie schon Agricola und Franck thun, ziemlich weit zu fassen ist, zur Genüge ersichtlich wird.“ Der älteste Ausdruck für unser Sprichwort findet sich bei Ulfilas Joh. 16, 25 und ist Gleichniss (parabola). Bei Notker nach Graff (1, 1025) biwurti (Beiwort); „ein gemeinez biwurt“; bei Konrad von Würzburg bîspel – Beispiel, auch lârspella, ydelspella, godspella für Fabel, Sprichwort, Priamel und Gleichnissrede. Maere; danach wäre Sprichwort „ein gemaeretez Wort“. Wort. Die Alten haben dieses „Wort“ gebraucht, vorherrschend bei Agricola z. B. 314, 315 und 541 „als gemein, als dies Wort ist, also wahr ist es“ (Agricola I, 406). Oft mit dem Zusatz: „daz ir dicke (oft) habt gehôrt“. Auch geflügelt Wort: „ein wort, daz was wîlent fiüske“. (Frauenlob, 58.) „Es sind Flugreden.“ (Agricola I, 183). Wörtelin: diu liute hânt ein wörtlin. (Tristan, 129a:) Spruch: gemeiner Spruch. (Agricola I, 551.) Sage: Ez ist ein alte war sage. (Keller, Schwänke, 21.) – Jehe: Es ist einer jene vil. (Tristan, 10.) – Lêre: Diu alte lêre. (Walther, 21, 3.) – Rede: tägliche rede vnser alteltern. (Agricola, 546.) – Rath: Ez ist ein altsprochen rât. (Oswald von Wolkenstein, 6, 1.) – Man seit, man sagt. Man seit dicken, ez ist vil wâr als man dê saget. (Tristan, 12283.) Man sagt gemeiniglich bei Agricola sehr oft. – Man giht: Der wîse man giht. (Diocletian, 1847.) – Si jehent: Ez jehent diu kint (Freidank, 136, 9), und si sprechent: die wîsen sprechent. (Winsberg, 39.) - Man liset. Ich hân gelesen. (Tristan.) - Si wellent: Alse die wîsen wellent. (Iwein, 2702.) – Ich höre. Ich hab oft gehört. (Agricola I, 319.) – Ich hoere sagen: Ich hoere dicke sagen. (Freidank, 114, 25.) – Ich hoere jehen: Nu hoere ich wîse liute jehen. (Haupt, Zeitschrift, VII, 258, 29.) – Ich hoere des vaters lêre jehen. (Frauenlob, 392, 1.) Ich hoere sprechen: Ich hoere die weysen sprechen.[Spaltenumbruch] (Hätzlerin, 292a.) – Ich hoere lesen: Ich hab offt hoeren lesen. (Theuerdank, 11, 14.) – Ich hoerte ie sagen: Ich hein vil duche hôren sagen. (Hag, Reimchronik, 1739.) – Ich hörte jehen: Ich hân gehoeret jehen. (Biterolf, 2925.) – Ich han vernommen: Ich han lange har vernommen. (Winsbekin, 43.) – Ich waene. (Boner, 65, 30.) – Ez ist den wîsen allen kunt: Daz ist vil manegem wîsen kunt. (Frauenlob, 217, 7.) – Man siht: Man siht ouch dicke. (Boner, 94, 74.) Ez ist schîn: Als ez nu hie ist worden schîn. (Boner, 71, 60.) – Es geschiht: Ez was geschehen dicke. (Titurel, 3694.) Ez ist vil wâr als man dâ sage. (Tristan, 12283.)

6 Ein Sprichwort trügt nicht, der Himmel fällt nicht, Hochmuth währt nicht.

Frz.: Proverbe ne peut mentir. (Masson, 320.)

7 Es geht ein Sprichwort unter uns: der Adel ist ungestalt und Hässlichkeit ihm folget auf der Ferse.

8 Jedes Sprichwort muss einen Zipfel haben, wo man's anfasst.Holtei, Eselsfresser, I, 183.

Holl.: Een spreekwoord een waar woord. (Harrebomée, II, 292b.)

9 Kein Sprichwort lügt, sein Sinn nur trügt.Eiselein, 575.

10 Sprichwörter sind die Weisheit auf der Gasse.

Engl.: A proverb is the child of experience. – Proverbs are the wisdom of ages, of antiquity.

Holl.: Spreekwoorden zijn dochters der dagelijksche ondervinding. (Harrebomée, II, 293.)

11 Sprichwörter sind Schmetterlinge, einige werden gefangen, andere fliegen fort.Altmann VI, 493.

12 Uch e Schprächwîrt äs net äinjden e wôr Wîrt. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 1056.

13 Wir haben viel grobe Sprichwörter, aber gute Meinung.

*14 Er (es) ist (andern) zum Sprichwort geworden.

Lat.: Cessit in proverbium. (Plinius.) (Philippi, I, 81.)

*15 'S îs ok sû a Schprichwurt. (Schles.) – Frommann, III, 411, 32.


Sprichwörtlich.

* Es ist sprichwörtlich (geworden).


Spring.

Wo e Spröngken (Springquellchen) es, do mot men et Möngken (Mündchen) dran haulen (halten). (Solingen.)


Springen.

1 Besser gesprungen, als Bettellieder gesungen.

Port.: Mais val salto de mata, que rogos de homens bons. (Bohn I, 282.)

2 De wîder (weiter) springen will, as sîn Kluwstock reckt (reicht), fallt in 'n Slôt (Graben).Bueren, 398; Eichwald, 1813; Firmenich, I, 18, 16; Frommann, IV, 143, 373; Goldschmidt, 155.

Der Kluwstock ist ein langer Stock (Springstock mit einer eisernen Klaue, Kluwe) der namentlich in den Marschen gebraucht wird, um vermittels desselben über die vielen Gräben zu springen.

3 Erst spring', dann sing'.

4 Es ist böss, fern springen ohne Stäbe.Lehmann, II, 129, 158; Henisch, 1072, 1; Petri, II, 257.

5 Gut gesprungen ist halb gelungen.

6 Ma muass net glei springe wölle, eh' ma kaum grattle ka(n). (Ulm.)

7 Man möt nich ähr springen, as bet man vör'n Graven is. (Rastede.) – Firmenich, III, 27, 37; für Oldenburg: Goldschmidt, 106.

Die Finnen: Springe nicht eher, als bis der Bach kommt. (Bertram, 49.)

8 Man mutt nich witer springen, as de Stock recken kann. (Ostfries.) – Hauskalender, I.

Holl.: Spring niet verder, dan uw stok lang is. (Harrebomée, II, 191b.)

9 Mancher springt über 'nen Besen und fällt über 'nen Hundedreck.Simrock, 9783; Körte, 4050; Braun, I, 2517.

„Mancher springt öäwer'n Bessen un fällt öäver'n Hunneköätel.“ (Schlingmann, 997.)

10 Niemand kann weiter springen, als sein Springstock lang ist.Simrock, 9781; Körte, 4563.

11 Nume nid g'sprängt, aber gäng hü.Sutermeister, 147.

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Es erschien mir ein solches darum von Bedeutung, weil mir diese Ausdrücke zu bestätigen schienen, dass die Sprichwörter das Volksmässigste sind, was es überhaupt nächst der Sprache nur immer geben kann, weil aus ihnen die Entstehung, die Verbreitung, die Sinne, die Praktik und der Begriff des Sprichworts, welcher hierbei, wie schon <hi rendition="#i">Agricola</hi> und <hi rendition="#i">Franck</hi> thun, ziemlich weit zu fassen ist, zur Genüge ersichtlich wird.&#x201C; Der älteste Ausdruck für unser Sprichwort findet sich bei <hi rendition="#i">Ulfilas Joh.</hi> 16, 25 und ist <hi rendition="#i">Gleichniss</hi> (parabola). 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[[373]/0379] sie auch: Kein Sprichwort ohne Wahrheit. – Není přéslovibez prardy. (Skola, III, 39.) Die Entstehung betreffend, ist ihm nicht jede Rede ein Sprichwort. Ein einziges Feld ist keine Gegend, und des Betrunkenen Rede ist kein Sprichwort: Jedno pole neni okoli, a opilého rčé není příslovi. Ein anderes ihrer Sprichwörter sagt: Das Sprichwort kommt aus dem Verstande, und der Verstand aus dem Sprichwort: Prísloví jde z rozumu, a rozum za příslovim. (Skola, III, 39.) Und wieder ein anderes erklärt: Wie der Kopf, so das Sprichwort: Jakova hlava lakové přísloví. Auch die Polen haben dies Wort: Po głowie przysłowie. Das Sprichwort ist ihnen keine leere Rede; sie lassen es sagen: Das Märchen ist Dichtung, das Lied (besingt) eine Begebenheit, das Sprichwort ist nicht so obenhin: Pohadka smyslenka, písen událost, a příslovi ne ledacos. Ein anderes sagt: Das Sprichwort ist kein eitles Wort: Daremné slovo není příslovi. Und: Ein Sprichwort ist keine dumme Rede: Hloupá řeč není příslovi. Es ist auch ihnen die Weisheit auf der Gasse. „Ein weises Wort“, sagen sie, „liegt nicht im Kasten, sondern geht auf der Strasse einher.“ Und: Das Sprichwort schwankt nicht auf dem Gebüsch herum: Moudré slovo neleži v truhlici, ale chodí po ulici. – Příslovi nekláti se po křoví. In andern wird seine Ausdrucksform, sein Alter, sein allgemeiner Gebrauch, seine Wirkung u. s. w. geschildert. Seine Kürze: Das Sprichwort ist kürzer als der Schnabel des Vogels: Jest přísloví kraisí, než zobéček płačí. Seine Leichtverständlichkeit: Das Sprichwort sagt an (d. h. es legt die Worte in den Mund): Přísloví – napovi. Sein Alter, seine Dauer, Jahrhunderte, ja Jahrtausende hindurch: Das Sprichwort bricht in Ewigkeit nicht: Aeré přísloví vĕčnĕ se nezlomi. Sein allgemeiner Gebrauch: Ohne Sprichwort kommst du nicht durchs Leben: Bez přísloví vĕk neproživeš. Man eignet sich die Sprichwörter im Leben mit andern an: Mit den Ohren kaufst du ein Sprichwort, eine gute Lehre am billigsten: Ušima dobrú več najlacinĕjíe kúpiš. Seine Wirkung im Gebrauch: Das Sprichwort wird nicht vergeblich ausgesprochen: Přísloví ne mimo se proslovi. (Vgl. Čelakovsky, Das Sprichwort über Sprichwörter, S. 1.) Das Sprichwort kommt unter sehr verschiedenen Bezeichnungen vor. Mundartlich in Westfalen wird es durch Luatelwaart bezeichnet. Up den Kârten stehet Krüüssi seggt'n wahr Luatelwaart (= Losungswort, Sprichwort). (Lyra, 29.) Auch Jeddewart, Lyra (40) heisst es: „'N ault Jeddewârt seggt all met Geschick: Butke bi Butke.“ – Sehr reich an Ausdrücken für das Wort „Sprichwort“ ist die ältere Literatur. C. Schultze, der gründliche Forscher auf diesem Gebiet, hat sich das Verdienst erworben, eine grosse Anzahl derselben zu sammeln und mit genauer Quellenangabe in Haupt's Zeitschrift (VIII, 376-384) zusammenzustellen. Des Weitern auf diesen Artikel verweisend, lasse ich sie auszüglich hier nach Vorausschickung der Einleitungsworte folgen. Schulze sagt: „Bei meinem seit Jahren betriebenen Quellenstudium der Sprichwörter suchte ich ein möglichst vollständiges Verzeichniss der für den Begriff Sprichwort vorkommenden Ausdrücke aufzustellen. Es erschien mir ein solches darum von Bedeutung, weil mir diese Ausdrücke zu bestätigen schienen, dass die Sprichwörter das Volksmässigste sind, was es überhaupt nächst der Sprache nur immer geben kann, weil aus ihnen die Entstehung, die Verbreitung, die Sinne, die Praktik und der Begriff des Sprichworts, welcher hierbei, wie schon Agricola und Franck thun, ziemlich weit zu fassen ist, zur Genüge ersichtlich wird.“ Der älteste Ausdruck für unser Sprichwort findet sich bei Ulfilas Joh. 16, 25 und ist Gleichniss (parabola). Bei Notker nach Graff (1, 1025) biwurti (Beiwort); „ein gemeinez biwurt“; bei Konrad von Würzburg bîspel – Beispiel, auch lârspella, ydelspella, godspella für Fabel, Sprichwort, Priamel und Gleichnissrede. Maere; danach wäre Sprichwort „ein gemaeretez Wort“. Wort. Die Alten haben dieses „Wort“ gebraucht, vorherrschend bei Agricola z. B. 314, 315 und 541 „als gemein, als dies Wort ist, also wahr ist es“ (Agricola I, 406). Oft mit dem Zusatz: „daz ir dicke (oft) habt gehôrt“. Auch geflügelt Wort: „ein wort, daz was wîlent fiüske“. (Frauenlob, 58.) „Es sind Flugreden.“ (Agricola I, 183). Wörtelin: diu liute hânt ein wörtlin. (Tristan, 129a:) Spruch: gemeiner Spruch. (Agricola I, 551.) Sage: Ez ist ein alte war sage. (Keller, Schwänke, 21.) – Jehe: Es ist einer jene vil. (Tristan, 10.) – Lêre: Diu alte lêre. (Walther, 21, 3.) – Rede: tägliche rede vnser alteltern. (Agricola, 546.) – Rath: Ez ist ein altsprochen rât. (Oswald von Wolkenstein, 6, 1.) – Man seit, man sagt. Man seit dicken, ez ist vil wâr als man dê saget. (Tristan, 12283.) Man sagt gemeiniglich bei Agricola sehr oft. – Man giht: Der wîse man giht. (Diocletian, 1847.) – Si jehent: Ez jehent diu kint (Freidank, 136, 9), und si sprechent: die wîsen sprechent. (Winsberg, 39.) - Man liset. Ich hân gelesen. (Tristan.) - Si wellent: Alse die wîsen wellent. (Iwein, 2702.) – Ich höre. Ich hab oft gehört. (Agricola I, 319.) – Ich hoere sagen: Ich hoere dicke sagen. (Freidank, 114, 25.) – Ich hoere jehen: Nu hoere ich wîse liute jehen. (Haupt, Zeitschrift, VII, 258, 29.) – Ich hoere des vaters lêre jehen. (Frauenlob, 392, 1.) Ich hoere sprechen: Ich hoere die weysen sprechen. (Hätzlerin, 292a.) – Ich hoere lesen: Ich hab offt hoeren lesen. (Theuerdank, 11, 14.) – Ich hoerte ie sagen: Ich hein vil duche hôren sagen. (Hag, Reimchronik, 1739.) – Ich hörte jehen: Ich hân gehoeret jehen. (Biterolf, 2925.) – Ich han vernommen: Ich han lange har vernommen. (Winsbekin, 43.) – Ich waene. (Boner, 65, 30.) – Ez ist den wîsen allen kunt: Daz ist vil manegem wîsen kunt. (Frauenlob, 217, 7.) – Man siht: Man siht ouch dicke. (Boner, 94, 74.) Ez ist schîn: Als ez nu hie ist worden schîn. (Boner, 71, 60.) – Es geschiht: Ez was geschehen dicke. (Titurel, 3694.) Ez ist vil wâr als man dâ sage. (Tristan, 12283.) 6 Ein Sprichwort trügt nicht, der Himmel fällt nicht, Hochmuth währt nicht. Frz.: Proverbe ne peut mentir. (Masson, 320.) 7 Es geht ein Sprichwort unter uns: der Adel ist ungestalt und Hässlichkeit ihm folget auf der Ferse. 8 Jedes Sprichwort muss einen Zipfel haben, wo man's anfasst. – Holtei, Eselsfresser, I, 183. Holl.: Een spreekwoord een waar woord. (Harrebomée, II, 292b.) 9 Kein Sprichwort lügt, sein Sinn nur trügt. – Eiselein, 575. 10 Sprichwörter sind die Weisheit auf der Gasse. Engl.: A proverb is the child of experience. – Proverbs are the wisdom of ages, of antiquity. Holl.: Spreekwoorden zijn dochters der dagelijksche ondervinding. (Harrebomée, II, 293.) 11 Sprichwörter sind Schmetterlinge, einige werden gefangen, andere fliegen fort. – Altmann VI, 493. 12 Uch e Schprächwîrt äs net äinjden e wôr Wîrt. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 1056. 13 Wir haben viel grobe Sprichwörter, aber gute Meinung. *14 Er (es) ist (andern) zum Sprichwort geworden. Lat.: Cessit in proverbium. (Plinius.) (Philippi, I, 81.) *15 'S îs ok sû a Schprichwurt. (Schles.) – Frommann, III, 411, 32. Sprichwörtlich. * Es ist sprichwörtlich (geworden). Spring. Wo e Spröngken (Springquellchen) es, do mot men et Möngken (Mündchen) dran haulen (halten). (Solingen.) Springen. 1 Besser gesprungen, als Bettellieder gesungen. Port.: Mais val salto de mata, que rogos de homens bons. (Bohn I, 282.) 2 De wîder (weiter) springen will, as sîn Kluwstock reckt (reicht), fallt in 'n Slôt (Graben). – Bueren, 398; Eichwald, 1813; Firmenich, I, 18, 16; Frommann, IV, 143, 373; Goldschmidt, 155. Der Kluwstock ist ein langer Stock (Springstock mit einer eisernen Klaue, Kluwe) der namentlich in den Marschen gebraucht wird, um vermittels desselben über die vielen Gräben zu springen. 3 Erst spring', dann sing'. 4 Es ist böss, fern springen ohne Stäbe. – Lehmann, II, 129, 158; Henisch, 1072, 1; Petri, II, 257. 5 Gut gesprungen ist halb gelungen. 6 Ma muass net glei springe wölle, eh' ma kaum grattle ka(n). (Ulm.) 7 Man möt nich ähr springen, as bet man vör'n Graven is. (Rastede.) – Firmenich, III, 27, 37; für Oldenburg: Goldschmidt, 106. Die Finnen: Springe nicht eher, als bis der Bach kommt. (Bertram, 49.) 8 Man mutt nich witer springen, as de Stock recken kann. (Ostfries.) – Hauskalender, I. Holl.: Spring niet verder, dan uw stok lang is. (Harrebomée, II, 191b.) 9 Mancher springt über 'nen Besen und fällt über 'nen Hundedreck. – Simrock, 9783; Körte, 4050; Braun, I, 2517. „Mancher springt öäwer'n Bessen un fällt öäver'n Hunneköätel.“ (Schlingmann, 997.) 10 Niemand kann weiter springen, als sein Springstock lang ist. – Simrock, 9781; Körte, 4563. 11 Nume nid g'sprängt, aber gäng hü. – Sutermeister, 147.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [373]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/379>, abgerufen am 29.03.2024.