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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] *16 Den Staat von der Kirche trennen.

Scherzhaft für Kirchendiebstahl, wenn angenommen wird, dass weltliche Güter für die Kirche nur Luxus sind. Auf die Frage des Untersuchungsrichters: "Sie sollen die goldenen Borten von den Messgewändern getrennt haben, was haben Sie darauf zu sagen?" antwortete der Angeschuldigte: "Ich glaube damit nichts Unrechtes gethan zu haben, da ich immer höre, dass der Staat von der Kirche getrennt werden müsse." Im ernsten Sinne aber versteht man darunter solche Einrichtungen, durch welche die Kirche vom Staate unabhängig wird und sich selbst regiert. Es leuchtet ein, dass dies eine Unmöglichkeit ist, denn zwei Regenten im Haus, triebe einer den andern hinaus. Die Bildungsanstalt Kirche darf keine Auflösung und Zerstörung für den Staat werden.

*17 Der Staat der Intelligenz.

Es.ist damit der preussische gemeint. Man hat ihn so genannt, nicht um zu sagen, dass er die Intelligenz vorzugsweise oder gar ausschliesslich besitze, sondern um auszudrücken, dass die geistige Bildung gleichmässiger als in andern Staaten durch alle Volksklassen verbreitet sei. Wer den sprichwörtlich gewordenen und häufig ironisch angewandten Ausdruck zuerst gebraucht habe, ist auch von Büchmann (Geflügelte Worte, 1874) noch nicht nachgewiesen.

*18 Es kann sich nicht jeder einen eigenen Staat machen.

Frz.: Chascun veut prendre estats nouveaux. (Cahier, 637.)


Staatschamäleon.

Ein Staatschamäleon kommt glücklich durch die Rebellion.


Staatsform.

Die Staatsformen wechseln, aber die Forellen bleiben. - Gutzkow, Ritter vom Geist, I, 187.


Staatshändel.

Wer sich in Staatshändel mengt, der wird gar oft bedrängt.

Holl.: Steek u in geene staats zaken. (Harrebomee, II, 297b.)


Staatsrock.

* Er ist im Staatsrock.


Staatswesen.

Zu einem guten Staatswesen gehört Bawr vnd Bürger, Artzt vnd Rechtsprecher. - Petri, II, 823.


Stab.

1 Auf einem Stab geritten, ist halb gegangen. - Eiselein, 576; Simrock, 9795.

Mhd.: AUf einem stab geriten ist halb gangen. (Diutisca.) (Zingerle, 141.)

2 Auf Einen Stab können zwei sich nicht stützen.

Frz.: Deux sappuyer sur ung baston.

Lat.: Baculo vni duos inviti. (Bovill, II, 168.)

3 Der Stab des Hirten soll an beiden Enden ein spitzes Eisen haben.

Eine alte Rechtsvorschrift, um auszudrücken, dass der Hirt nie schlafen soll. "Der stillstehende Hirt", heisst es vorsorglich, "soll stets die eine Spitze unter das Kinn, die andere auf den Fuss thun, damit ihn das Eisen steche, wenn er einschlafe." (Gierke, Humor im deutschen Recht.)

4 Der Stab ist gebrochen, das Urteil gesprochen.

5 Ein goldener Stab, ein hölzerner Hirt.

6 Ein Stab ist das Postpferd zur Ewigkeit.

7 Einen Stab schneidet man, um sich darauf zu stützen.

8 Jeder Stab hat am Ende einen Knopf.

9 Mit einem kurzen Stabe kann man nicht weit springen. - Petri, II, 476.

Dän.: Stakket stav gjör stakket spring. (Prov. dan., 529.)

Lat.: Si brevior baculus, erit hinc tibi brevior saltus. - Transiliisse potest nullus procul absque bacillo.

10 Nicht jeder Stab ist ein Bischofsstab.

Aehnlich russisch Altmann V, 81.

11 Ohne Stab ist nicht gut weit springen. - Simrock, 9797; Körte, 5681.

Dän.: Det er ondt at springe langt uden stav. (Prov. dan., 527.)

Holl.: Zonder staf is 't kwaad verte springen. (Harrebomee, II, 298b.)

12 So weit der Stab zu gebieten hat, ist es ein rechtes Gericht. (S. Flur 1 und Stadt.) - Graf, 236, 287.

Mhd.: Also verre der stab zu gebietten hatt das ist ein habinde gerichte. (Grimm, Weisth., I, 413.)

13 Vnder dem krummen Stabe1 vnnd vnder eine Grauen ist gut wohnen. - Agricola II, 190; Egenolff,[Spaltenumbruch] 22a; Petri, II, 563; Lehmann, II, 792, 112; Latendorf II, 27; J. P. Kress, Unter dem krummen Stab ist gut wohnen (Jena 1720); Brauser, Unter dem krummen Stabe ist gut wohnen (Jena 1736); Blum, 761; Nopitsch, 158.

1) Bischöflicher Regierung. (S. Krummstab 4.)

14 Wen der Stab begreift, der wird antworten. - Graf, 437, 297.

Jeder muss den Ladungen des zuständigen Richters Folge leisten.

Mhd.: Wen der stap begriffet der würt antworten. (Grimm, Weisth., I, 415.)

15 Wer ein staab hat, der kan auch hernach kommen. - Lehmann, 853, 6.

*16 An den weissen Stab kommen.

Zum Bettler werden.

*17 Den Stab in den Boden senken.

Symbolisch erklären: Bis hierher und nicht weiter.

*18 Den Stab über einen brechen. - Braun, I, 4240.

Eigentlich ihn zum Tode verurtheilen. Von einer frühern Form, bei Verkündung des Todesurtheils, wobei ein Stab gebrochen wurde; dann aber allgemein über jemand in irgendeiner Sache ungünstig urtheilen.

Holl.: Den staf over iemand breken. (Harrebomee, II, 298b.)

*19 Der Stab ist über ihm gebrochen. - Eiselein, 576; Körte, 5692.

Zeichen des unwiderruflich ausgesprochenen Todesurtheils; wobei über den Verurtheilten ein Stab entzweigebrochen und ihm dann vor die Füsse geworfen wurde. Uneigentlich, ein hartes Urtheil über jemand fällen.

*20 Es kommt an Stab. - Eiselein, 576.

Zur Gant.

*21 Hette mancher einen Stab, so könte er auch hinvber springen. - Lehmann, 376, 41; Simrock, 9782.

*22 Mit dem grosse Stabe laufe. (Luzern.)

Zu Gevatter bitten.

*23 Mit dem weissen Stabe zum Pfarrer gehen.

Der Vater des neugeborenen Kindes (in Schlesien: "Kindelvater") scheint sich beim Gange zur Bestellung des Taufens früher, eines weissen Stabes bedient zu haben. (Neue schles. Provinzialbl., 1864, S. 134.)

*24 Mit dem weissen Stabe zum Thore hinausgehen. - Körte, 5682.

Wer mit seinem Hab und Gut fertig ist oder wer mit leeren Händen aus seinem Amt, seinem Wirkungskreise tritt. Manche lassen auch andern den weissen Stab zurück, nachdem sie deren Vermögen durchgebracht oder mitgenommen haben, wie dies ein holländisches Sprichwort ausspricht.

Frz.: Il a ete reduit de sortir da sa maison, de son emploi, le baton blanc a la main.

Holl.: Hij is gesprongen en heeft ons den staf gelaten. (Harrebomee, II, 298b.)

*25 Mit Stab und Stange. (S. Stecken.)

"Alles das stab und stange getragen mag." (Grimm, Rechtsalt., 35 u. 295.) D. h. alle waffenfähige Mannschaft.

*26 Sie geht des Morgens ohne Stab.

Die Redensart kommt in Pfeiffer's Classiker des Mittelalters (XII) oder in Lambel's Erzählungen und Schwänke (S. 174) vor, wo sie lautet: "Des morgens gie si ane stap und starp niht von derselben not." In der Germania (XV, 317) wird sie als ein Scherz nachgewiesen, womit man junge Frauen nach der Hochzeit neckte.


Staben.

* Er ist g'stabet. - Sutermeister, 107.

Gestorben. (S. Petrus 31.)


Staberlwächter.

* Es ist ein Staberlwoachter. - Hügel, 154a.

Ein Burgwächter bei Hofe.


Stäblein.

*1 Er macht Stäbli uf und Stäbli ab. (Luzern.)

Er redet bald so, bald so.

*2 I möcht di nid mit eme Stäbli arüere. (Luzern.)

Von einer ekligen, widerwärtigen Person.

*3 Mit einem weissen Stäblein ziehen. - Eiselein, 503.

"Der weisse Stab war ein Symbol der Ergebung auf Gnade und Ungnade." (Haltaus, Glossar, 1711.)

*4 'S is vur a Stable zu rechnen.

"He, doss mer nich ibel wird, su a kle umpern bissel, 's is og vur a Stable zu rechnen." (Keller, 171b.)


Stabskanali.

* Es ist ein Stoabskanali. - Hügel, 154b.

In Wien Schimpfname für die Dirnen der Kaserne; auch eine diebische, blosgestellte Dirne.


Stachel.

1 Der Stachel des Dorns ist klein, aber es schmerzt, wo er eindringt.

It.: E picciola la punta de la spina, ma chi sente il dolore non se ne dimentica. (Bohn I, 97.)

[Spaltenumbruch] *16 Den Staat von der Kirche trennen.

Scherzhaft für Kirchendiebstahl, wenn angenommen wird, dass weltliche Güter für die Kirche nur Luxus sind. Auf die Frage des Untersuchungsrichters: „Sie sollen die goldenen Borten von den Messgewändern getrennt haben, was haben Sie darauf zu sagen?“ antwortete der Angeschuldigte: „Ich glaube damit nichts Unrechtes gethan zu haben, da ich immer höre, dass der Staat von der Kirche getrennt werden müsse.“ Im ernsten Sinne aber versteht man darunter solche Einrichtungen, durch welche die Kirche vom Staate unabhängig wird und sich selbst regiert. Es leuchtet ein, dass dies eine Unmöglichkeit ist, denn zwei Regenten im Haus, triebe einer den andern hinaus. Die Bildungsanstalt Kirche darf keine Auflösung und Zerstörung für den Staat werden.

*17 Der Staat der Intelligenz.

Es.ist damit der preussische gemeint. Man hat ihn so genannt, nicht um zu sagen, dass er die Intelligenz vorzugsweise oder gar ausschliesslich besitze, sondern um auszudrücken, dass die geistige Bildung gleichmässiger als in andern Staaten durch alle Volksklassen verbreitet sei. Wer den sprichwörtlich gewordenen und häufig ironisch angewandten Ausdruck zuerst gebraucht habe, ist auch von Büchmann (Geflügelte Worte, 1874) noch nicht nachgewiesen.

*18 Es kann sich nicht jeder einen eigenen Staat machen.

Frz.: Chascun veut prendre estats nouveaux. (Cahier, 637.)


Staatschamäleon.

Ein Staatschamäleon kommt glücklich durch die Rebellion.


Staatsform.

Die Staatsformen wechseln, aber die Forellen bleiben.Gutzkow, Ritter vom Geist, I, 187.


Staatshändel.

Wer sich in Staatshändel mengt, der wird gar oft bedrängt.

Holl.: Steek u in geene staats zaken. (Harrebomée, II, 297b.)


Staatsrock.

* Er ist im Staatsrock.


Staatswesen.

Zu einem guten Staatswesen gehört Bawr vnd Bürger, Artzt vnd Rechtsprecher.Petri, II, 823.


Stab.

1 Auf einem Stab geritten, ist halb gegangen.Eiselein, 576; Simrock, 9795.

Mhd.: Ûf einem stab geriten ist halb gangen. (Diutisca.) (Zingerle, 141.)

2 Auf Einen Stab können zwei sich nicht stützen.

Frz.: Deux sappuyer sur ung baston.

Lat.: Baculo vni duos inviti. (Bovill, II, 168.)

3 Der Stab des Hirten soll an beiden Enden ein spitzes Eisen haben.

Eine alte Rechtsvorschrift, um auszudrücken, dass der Hirt nie schlafen soll. „Der stillstehende Hirt“, heisst es vorsorglich, „soll stets die eine Spitze unter das Kinn, die andere auf den Fuss thun, damit ihn das Eisen steche, wenn er einschlafe.“ (Gierke, Humor im deutschen Recht.)

4 Der Stab ist gebrochen, das Urteil gesprochen.

5 Ein goldener Stab, ein hölzerner Hirt.

6 Ein Stab ist das Postpferd zur Ewigkeit.

7 Einen Stab schneidet man, um sich darauf zu stützen.

8 Jeder Stab hat am Ende einen Knopf.

9 Mit einem kurzen Stabe kann man nicht weit springen.Petri, II, 476.

Dän.: Stakket stav gjør stakket spring. (Prov. dan., 529.)

Lat.: Si brevior baculus, erit hinc tibi brevior saltus. – Transiliisse potest nullus procul absque bacillo.

10 Nicht jeder Stab ist ein Bischofsstab.

Aehnlich russisch Altmann V, 81.

11 Ohne Stab ist nicht gut weit springen.Simrock, 9797; Körte, 5681.

Dän.: Det er ondt at springe langt uden stav. (Prov. dan., 527.)

Holl.: Zonder staf is 't kwaad verte springen. (Harrebomée, II, 298b.)

12 So weit der Stab zu gebieten hat, ist es ein rechtes Gericht. (S. Flur 1 und Stadt.) – Graf, 236, 287.

Mhd.: Also verre der stab zu gebietten hatt das ist ein habinde gerichte. (Grimm, Weisth., I, 413.)

13 Vnder dem krummen Stabe1 vnnd vnder eine Grauen ist gut wohnen.Agricola II, 190; Egenolff,[Spaltenumbruch] 22a; Petri, II, 563; Lehmann, II, 792, 112; Latendorf II, 27; J. P. Kress, Unter dem krummen Stab ist gut wohnen (Jena 1720); Brauser, Unter dem krummen Stabe ist gut wohnen (Jena 1736); Blum, 761; Nopitsch, 158.

1) Bischöflicher Regierung. (S. Krummstab 4.)

14 Wen der Stab begreift, der wird antworten.Graf, 437, 297.

Jeder muss den Ladungen des zuständigen Richters Folge leisten.

Mhd.: Wen der stap begriffet der würt antworten. (Grimm, Weisth., I, 415.)

15 Wer ein staab hat, der kan auch hernach kommen.Lehmann, 853, 6.

*16 An den weissen Stab kommen.

Zum Bettler werden.

*17 Den Stab in den Boden senken.

Symbolisch erklären: Bis hierher und nicht weiter.

*18 Den Stab über einen brechen.Braun, I, 4240.

Eigentlich ihn zum Tode verurtheilen. Von einer frühern Form, bei Verkündung des Todesurtheils, wobei ein Stab gebrochen wurde; dann aber allgemein über jemand in irgendeiner Sache ungünstig urtheilen.

Holl.: Den staf over iemand breken. (Harrebomée, II, 298b.)

*19 Der Stab ist über ihm gebrochen.Eiselein, 576; Körte, 5692.

Zeichen des unwiderruflich ausgesprochenen Todesurtheils; wobei über den Verurtheilten ein Stab entzweigebrochen und ihm dann vor die Füsse geworfen wurde. Uneigentlich, ein hartes Urtheil über jemand fällen.

*20 Es kommt an Stab.Eiselein, 576.

Zur Gant.

*21 Hette mancher einen Stab, so könte er auch hinvber springen.Lehmann, 376, 41; Simrock, 9782.

*22 Mit dem grosse Stabe laufe. (Luzern.)

Zu Gevatter bitten.

*23 Mit dem weissen Stabe zum Pfarrer gehen.

Der Vater des neugeborenen Kindes (in Schlesien: „Kindelvater“) scheint sich beim Gange zur Bestellung des Taufens früher, eines weissen Stabes bedient zu haben. (Neue schles. Provinzialbl., 1864, S. 134.)

*24 Mit dem weissen Stabe zum Thore hinausgehen.Körte, 5682.

Wer mit seinem Hab und Gut fertig ist oder wer mit leeren Händen aus seinem Amt, seinem Wirkungskreise tritt. Manche lassen auch andern den weissen Stab zurück, nachdem sie deren Vermögen durchgebracht oder mitgenommen haben, wie dies ein holländisches Sprichwort ausspricht.

Frz.: Il a été reduit de sortir da sa maison, de son emploi, le bâton blanc à la main.

Holl.: Hij is gesprongen en heeft ons den staf gelaten. (Harrebomée, II, 298b.)

*25 Mit Stab und Stange. (S. Stecken.)

„Alles das stab und stange getragen mag.“ (Grimm, Rechtsalt., 35 u. 295.) D. h. alle waffenfähige Mannschaft.

*26 Sie geht des Morgens ohne Stab.

Die Redensart kommt in Pfeiffer's Classiker des Mittelalters (XII) oder in Lambel's Erzählungen und Schwänke (S. 174) vor, wo sie lautet: „Des morgens gie si âne stap und starp niht von derselben nôt.“ In der Germania (XV, 317) wird sie als ein Scherz nachgewiesen, womit man junge Frauen nach der Hochzeit neckte.


Staben.

* Er ist g'stabet.Sutermeister, 107.

Gestorben. (S. Petrus 31.)


Staberlwächter.

* Es ist ein Staberlwoachter.Hügel, 154a.

Ein Burgwächter bei Hofe.


Stäblein.

*1 Er macht Stäbli uf und Stäbli ab. (Luzern.)

Er redet bald so, bald so.

*2 I möcht di nid mit eme Stäbli arüere. (Luzern.)

Von einer ekligen, widerwärtigen Person.

*3 Mit einem weissen Stäblein ziehen.Eiselein, 503.

„Der weisse Stab war ein Symbol der Ergebung auf Gnade und Ungnade.“ (Haltaus, Glossar, 1711.)

*4 'S is vur a Stable zu rechnen.

„He, doss mer nich ibel wird, su a kle umpern bissel, 's is og vur a Stable zu rechnen.“ (Keller, 171b.)


Stabskanali.

* Es ist ein Stoabskanali.Hügel, 154b.

In Wien Schimpfname für die Dirnen der Kaserne; auch eine diebische, blosgestellte Dirne.


Stachel.

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[[379]/0385] *16 Den Staat von der Kirche trennen. Scherzhaft für Kirchendiebstahl, wenn angenommen wird, dass weltliche Güter für die Kirche nur Luxus sind. Auf die Frage des Untersuchungsrichters: „Sie sollen die goldenen Borten von den Messgewändern getrennt haben, was haben Sie darauf zu sagen?“ antwortete der Angeschuldigte: „Ich glaube damit nichts Unrechtes gethan zu haben, da ich immer höre, dass der Staat von der Kirche getrennt werden müsse.“ Im ernsten Sinne aber versteht man darunter solche Einrichtungen, durch welche die Kirche vom Staate unabhängig wird und sich selbst regiert. Es leuchtet ein, dass dies eine Unmöglichkeit ist, denn zwei Regenten im Haus, triebe einer den andern hinaus. Die Bildungsanstalt Kirche darf keine Auflösung und Zerstörung für den Staat werden. *17 Der Staat der Intelligenz. Es.ist damit der preussische gemeint. Man hat ihn so genannt, nicht um zu sagen, dass er die Intelligenz vorzugsweise oder gar ausschliesslich besitze, sondern um auszudrücken, dass die geistige Bildung gleichmässiger als in andern Staaten durch alle Volksklassen verbreitet sei. Wer den sprichwörtlich gewordenen und häufig ironisch angewandten Ausdruck zuerst gebraucht habe, ist auch von Büchmann (Geflügelte Worte, 1874) noch nicht nachgewiesen. *18 Es kann sich nicht jeder einen eigenen Staat machen. Frz.: Chascun veut prendre estats nouveaux. (Cahier, 637.) Staatschamäleon. Ein Staatschamäleon kommt glücklich durch die Rebellion. Staatsform. Die Staatsformen wechseln, aber die Forellen bleiben. – Gutzkow, Ritter vom Geist, I, 187. Staatshändel. Wer sich in Staatshändel mengt, der wird gar oft bedrängt. Holl.: Steek u in geene staats zaken. (Harrebomée, II, 297b.) Staatsrock. * Er ist im Staatsrock. Staatswesen. Zu einem guten Staatswesen gehört Bawr vnd Bürger, Artzt vnd Rechtsprecher. – Petri, II, 823. Stab. 1 Auf einem Stab geritten, ist halb gegangen. – Eiselein, 576; Simrock, 9795. Mhd.: Ûf einem stab geriten ist halb gangen. (Diutisca.) (Zingerle, 141.) 2 Auf Einen Stab können zwei sich nicht stützen. Frz.: Deux sappuyer sur ung baston. Lat.: Baculo vni duos inviti. (Bovill, II, 168.) 3 Der Stab des Hirten soll an beiden Enden ein spitzes Eisen haben. Eine alte Rechtsvorschrift, um auszudrücken, dass der Hirt nie schlafen soll. „Der stillstehende Hirt“, heisst es vorsorglich, „soll stets die eine Spitze unter das Kinn, die andere auf den Fuss thun, damit ihn das Eisen steche, wenn er einschlafe.“ (Gierke, Humor im deutschen Recht.) 4 Der Stab ist gebrochen, das Urteil gesprochen. 5 Ein goldener Stab, ein hölzerner Hirt. 6 Ein Stab ist das Postpferd zur Ewigkeit. 7 Einen Stab schneidet man, um sich darauf zu stützen. 8 Jeder Stab hat am Ende einen Knopf. 9 Mit einem kurzen Stabe kann man nicht weit springen. – Petri, II, 476. Dän.: Stakket stav gjør stakket spring. (Prov. dan., 529.) Lat.: Si brevior baculus, erit hinc tibi brevior saltus. – Transiliisse potest nullus procul absque bacillo. 10 Nicht jeder Stab ist ein Bischofsstab. Aehnlich russisch Altmann V, 81. 11 Ohne Stab ist nicht gut weit springen. – Simrock, 9797; Körte, 5681. Dän.: Det er ondt at springe langt uden stav. (Prov. dan., 527.) Holl.: Zonder staf is 't kwaad verte springen. (Harrebomée, II, 298b.) 12 So weit der Stab zu gebieten hat, ist es ein rechtes Gericht. (S. Flur 1 und Stadt.) – Graf, 236, 287. Mhd.: Also verre der stab zu gebietten hatt das ist ein habinde gerichte. (Grimm, Weisth., I, 413.) 13 Vnder dem krummen Stabe1 vnnd vnder eine Grauen ist gut wohnen. – Agricola II, 190; Egenolff, 22a; Petri, II, 563; Lehmann, II, 792, 112; Latendorf II, 27; J. P. Kress, Unter dem krummen Stab ist gut wohnen (Jena 1720); Brauser, Unter dem krummen Stabe ist gut wohnen (Jena 1736); Blum, 761; Nopitsch, 158. 1) Bischöflicher Regierung. (S. Krummstab 4.) 14 Wen der Stab begreift, der wird antworten. – Graf, 437, 297. Jeder muss den Ladungen des zuständigen Richters Folge leisten. Mhd.: Wen der stap begriffet der würt antworten. (Grimm, Weisth., I, 415.) 15 Wer ein staab hat, der kan auch hernach kommen. – Lehmann, 853, 6. *16 An den weissen Stab kommen. Zum Bettler werden. *17 Den Stab in den Boden senken. Symbolisch erklären: Bis hierher und nicht weiter. *18 Den Stab über einen brechen. – Braun, I, 4240. Eigentlich ihn zum Tode verurtheilen. Von einer frühern Form, bei Verkündung des Todesurtheils, wobei ein Stab gebrochen wurde; dann aber allgemein über jemand in irgendeiner Sache ungünstig urtheilen. Holl.: Den staf over iemand breken. (Harrebomée, II, 298b.) *19 Der Stab ist über ihm gebrochen. – Eiselein, 576; Körte, 5692. Zeichen des unwiderruflich ausgesprochenen Todesurtheils; wobei über den Verurtheilten ein Stab entzweigebrochen und ihm dann vor die Füsse geworfen wurde. Uneigentlich, ein hartes Urtheil über jemand fällen. *20 Es kommt an Stab. – Eiselein, 576. Zur Gant. *21 Hette mancher einen Stab, so könte er auch hinvber springen. – Lehmann, 376, 41; Simrock, 9782. *22 Mit dem grosse Stabe laufe. (Luzern.) Zu Gevatter bitten. *23 Mit dem weissen Stabe zum Pfarrer gehen. Der Vater des neugeborenen Kindes (in Schlesien: „Kindelvater“) scheint sich beim Gange zur Bestellung des Taufens früher, eines weissen Stabes bedient zu haben. (Neue schles. Provinzialbl., 1864, S. 134.) *24 Mit dem weissen Stabe zum Thore hinausgehen. – Körte, 5682. Wer mit seinem Hab und Gut fertig ist oder wer mit leeren Händen aus seinem Amt, seinem Wirkungskreise tritt. Manche lassen auch andern den weissen Stab zurück, nachdem sie deren Vermögen durchgebracht oder mitgenommen haben, wie dies ein holländisches Sprichwort ausspricht. Frz.: Il a été reduit de sortir da sa maison, de son emploi, le bâton blanc à la main. Holl.: Hij is gesprongen en heeft ons den staf gelaten. (Harrebomée, II, 298b.) *25 Mit Stab und Stange. (S. Stecken.) „Alles das stab und stange getragen mag.“ (Grimm, Rechtsalt., 35 u. 295.) D. h. alle waffenfähige Mannschaft. *26 Sie geht des Morgens ohne Stab. Die Redensart kommt in Pfeiffer's Classiker des Mittelalters (XII) oder in Lambel's Erzählungen und Schwänke (S. 174) vor, wo sie lautet: „Des morgens gie si âne stap und starp niht von derselben nôt.“ In der Germania (XV, 317) wird sie als ein Scherz nachgewiesen, womit man junge Frauen nach der Hochzeit neckte. Staben. * Er ist g'stabet. – Sutermeister, 107. Gestorben. (S. Petrus 31.) Staberlwächter. * Es ist ein Staberlwoachter. – Hügel, 154a. Ein Burgwächter bei Hofe. Stäblein. *1 Er macht Stäbli uf und Stäbli ab. (Luzern.) Er redet bald so, bald so. *2 I möcht di nid mit eme Stäbli arüere. (Luzern.) Von einer ekligen, widerwärtigen Person. *3 Mit einem weissen Stäblein ziehen. – Eiselein, 503. „Der weisse Stab war ein Symbol der Ergebung auf Gnade und Ungnade.“ (Haltaus, Glossar, 1711.) *4 'S is vur a Stable zu rechnen. „He, doss mer nich ibel wird, su a kle umpern bissel, 's is og vur a Stable zu rechnen.“ (Keller, 171b.) Stabskanali. * Es ist ein Stoabskanali. – Hügel, 154b. In Wien Schimpfname für die Dirnen der Kaserne; auch eine diebische, blosgestellte Dirne. Stachel. 1 Der Stachel des Dorns ist klein, aber es schmerzt, wo er eindringt. It.: E picciola la punta de la spina, ma chi sente il dolore non se ne dimentica. (Bohn I, 97.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [379]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/385>, abgerufen am 25.04.2024.