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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] *8 Da müsste ich doch Tinte getrunken (gesoffen) haben. - Lohrengel, II, 62; Birlinger, 4046; Frischbier2, 3764.

Wird gebraucht, um die Möglichkeit, etwas Ungeeignetes gethan zu haben, abzulehnen. Schwerlich dürfte die Redensart aber wie Bechstein, (Villa Carlotte, Weimar 1852, S. 184) meint, dem Vino tinto, den er in Brescia getrunken, und der ihm so wenig gemundet hat, ihren Ursprung verdanken.

*9 Du hast wol Tinte getrunken (gesoffen)?

Dass du so etwas thust, denkst, sagst.

*10 Einen in die Tinte tauchen. - Frischbier2, 3765.

In dem Sinne: ihn in die Patsche führen, in die Klemme treiben.

*11 Er ist (sitzt) in der Tinte. - Eiselein, 121.

*12 Er ist mer in der Tinte. - Sutermeister, 97.

D. h. steht bei mir im Schuldbuch.

*13 Er (es) ist mit Tinte rein gewaschen.

Man hat ihn vor Gericht entlassen, weil es an überführenden Beweisen fehlte. Ab instantia absolvirt.

*14 Er kann die Tinte nicht halten.

G. Chr. Lichtenberg scherzhaft von einem Vielschreiber, den Satz: Er kann das Wasser nicht halten, parodirend.

*15 Er säuft keine Tinte und beisst keine Ofenschrauben ab.

Eine seelensgute Haut von einem Menschen.

*16 Er steckt in der Tinte bis über die Hutschnur. (Köthen.)

*17 In die Tinte fallen (gerathen, kommen). - Hermes, I, 459; Trachsel, 58; Hennig, 275; Gotthelf, Erzählungen, III, 82; Frischbier2, 3766.

*18 Sich mit Tinte waschen.

Etwas schöner machen wollen und dadurch verderben, auch von Entschuldigungen, welche nicht rein, sondern fleckiger machen.

Lat.: Etur atramento cande facere. (Plautus.) (Frob., 170; Philippi, I, 130.)

*19 Tief in der Tinte stecken. - Basler Chronik, CXCVI.

In grosser Verlegenheit sein. A. von Seld (Sechzig Jahre u. s. w., S. 54) sagt: "Der Hass gegen Frankreich machte sich auf jede Weise, unter anderm auch durch eine Anzahl Caricaturen Luft. So erinnere ich mich eines Schreibzeugs; aus dem Tintenfass ragte der Kopf Napoleon's I., aus der Streusandbüchse der Kopf des Königs von Preussen hervor. Beide waren einander zugewandt und Napoleon sprach: Wenn ich nur nicht so in der Tinte steckte, ich würde dich schon aus deiner Streusandbüchse herausjagen."

*20 Viel Tinte vergiessen. - Lohrengel, II, 482.


Tintenfass.

1 Das Tintenfass steht auf des Kaisers Tisch. - Mathesy, I, 63b; Sailer, 187; Simrock, 1640; Sprichwort, 643.

Achtung der Wissenschaft, Ehre dem Gelehrten, dem Manne von Bildung.

Lat.: Cedant arma togae, concedat laurea linguae. (Gaal, 433.)

2 Wer mit dem Tintenfasse umgegangen, lasse das Jagdzeug hangen.

Holl.: Die zich met den inktpot geneert, moet den koker aan de regte zijde hangen. (Harrebomee, I, 361.)

*3 Mit dem Tintenfass antworten.

Entweder schriftlich oder dass man sich des Tintenfassers selbst als Wurfgeschoss bedient, etwa wie Luther gegen den Teufel oder der Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz in Bezug auf den bairischen Gesandten Oettler.

*4 Sein Tintenfass ist umgefallen.

Er hat Amt oder Stellung verloren. "Felt das Dintenfessel vmb, dann müssen sie offt wider schwitzen, das sie gewonnen yn mit spitzen." (Murner, Nb., in Kloster, IV, 694.)


Tintenfleck.

Kratzt man ein Dinten Fleck auss, so geht das Papier mit. - Lehmann, 50, 28.

"Hüte dich vor vielem Mediciniren, willst du nicht deine besten Kräfte verlieren."


Tintenfresser.

*1 Er ist unter die Tintenfresser gegangen.

Ist ein Schreiber geworden.

*2 Es ist ein Tintenfresser.

Scherzhaft oder verächtlich für Schreiber, librariolus, scholasticus. (Vgl. Grimm, Wb., II, 1182.) "Mich dünckt, dieser Dintenfresser folget wie ein anderer Gesell." (Köhler, 102, 15.)


Tintenklecks.

1 Tintenklecks (Diplomat) und Kamaschenheld bringt alles Unheil in die Welt.

"Tintenpolitik und Kamaschenstrategie sind die erbärmlichsten Producte unserer Zeit." (Welt und Zeit.)

[Spaltenumbruch] *2 Es ist ein Tintenklecks.

Uneigentlich und verächtlich von einem Schreiber. (Campe, Wb., I, 723b.)


Tintenkleckser.

* Es ist ein Tintenkleckser.

Sprichwörtlich von einem Schreiber überhaupt, dann von einem, der die Tinte unnütz verschreibt. (Campe Wb., I, 723b.) Friedrich Wilhelm I. von Preussen pflegte die Gelehrten bald Tintenkleckser, bald Schmierer zu nennen, wie König Ernst August von Hannover den bekannten sieben göttinger Professoren, die gegen den Verfassungsbrach protestirten, den Titel Federvieh ertheilte. (Vgl. Buch der Welt, 1872, S. 80.)

Dän.: Blek-spilder (blek-skider) som overmaler papiiret med det. (Prov. dan., 73.)


Tintenlecker.

* Es ist ein Tintenlecker. - Tendlau, 156.

Von einseitigen Gelehrten. (S. Bankrutscher.)


Tipfelchen.

* Da darf auch kein Tipfelchen daran fehlen. - Wurzbach II, 205.

Es darf nicht das Geringste, auch nicht ein Stäubchen davon abgehen.


Tipp.

* He is licht up de Tipp treden (getreten). (Ostfries.) - Bueren, 677; Frommann, V, 523, 577; Eichwald, 1933; Stürenburg, 283a; Kern, 1553.

Ist leicht beleidigt. Tipp = Punkt, Tupf; Spitze eines Dinges = Gipfel, Fingerspitze, Fusszehe.


Tippel.

1 A Tippel, anna Kreigel anna Puckel vull Preigel. (Schles.)

Scherzhafte Antwort auf die Frage: Was wirst du mir schenken; ein Töpflein und ein Krügel und den Buckel voll Prügel.

*2 Den rechten Tippel treffen. (Ostpreuss.)

Den rechten Punkt, die rechte Stelle.

*3 'S kleine Tippel1 im grossen und einen werchnen Sod drüber. (Schreiberhau.)

1) Schlesisch für Töpfchen, Töpflein. - Scherzhafte Antwort auf die Frage: Was werden wir heute kochen.


Tippeln.

* Es hot getippelt. - Lohrengel, II, 267.


Tippholz.

* Einen aufs Tippholz führen.

D. h. auf den rechten entscheidenden Punkt. Das Tippholz ist am Sprenkel das kurze Hölzchen, auf dem die Schlinge liegt.


Tipphölzchen.

* Jemand auf dem Tipphölzchen haben. - Körte, 5984.

Ist er da, so ist er auch bald in der Schlinge.


Tiritariwerk.

* Er macht Tiritariwärch. (S. Thorenbubenarbeit.) - Sutermeister, 89.


Tirol (s. Tyrol).

Tirol ist ein grober Bauernkittel, hält aber trefflich warm.


Tisch.

1 Am tisch sei frölich, nicht hader mach, zu afterred sey nicht vrsach.

Lat.: Absint a mensa, detractio, murmur et ira, sed cum laedicia, sumatur potus et esca. (Loci comm., 126.)

2 Am Tisch sol man keines Haders gedencken. - Petri, II, 14.

3 Am Tische hat das Weib recht, im Bett der Mann. - Altmann VI, 505.

4 Am Tische sei frölich, frisch vnd freundlich. - Petri, II, 14.

5 An dem frembden tisch dein reden spar, so wird lob schier offenbar.

Lat.: Dum conuiuaris, caueas ne multa loquaris. (Loci comm., 126.)

6 An dem Tisch vnd auff dem Bette soll sich niemand schämen. - Lehmann, II, 28, 47; Henisch, 343, 1.

7 An diesem Tische hat kein Afterredner Statt.

Augustus hatte über seinen Speisetisch geschrieben: Quisquis amat dictis absentum rodere famam, hanc mensam vetitam noverit esse sibi. (Binder II, 2852; Lehmann, 231, 24; Seybold, 499.)

Lat.: Absint offensae, cum fit celebratio mensae. (Binder II, 34; Neander, 526.)

8 An einem runden Tische ist jeder Platz der erste.

Engl.: At a round table there's no dispute of place. (Bohn II, 129.)

Frz.: Ronde table ote le debat.

It.: A tavola ronda non si contende del luoco.

[Spaltenumbruch] *8 Da müsste ich doch Tinte getrunken (gesoffen) haben.Lohrengel, II, 62; Birlinger, 4046; Frischbier2, 3764.

Wird gebraucht, um die Möglichkeit, etwas Ungeeignetes gethan zu haben, abzulehnen. Schwerlich dürfte die Redensart aber wie Bechstein, (Villa Carlotte, Weimar 1852, S. 184) meint, dem Vino tinto, den er in Brescia getrunken, und der ihm so wenig gemundet hat, ihren Ursprung verdanken.

*9 Du hast wol Tinte getrunken (gesoffen)?

Dass du so etwas thust, denkst, sagst.

*10 Einen in die Tinte tauchen.Frischbier2, 3765.

In dem Sinne: ihn in die Patsche führen, in die Klemme treiben.

*11 Er ist (sitzt) in der Tinte.Eiselein, 121.

*12 Er ist mer in der Tinte.Sutermeister, 97.

D. h. steht bei mir im Schuldbuch.

*13 Er (es) ist mit Tinte rein gewaschen.

Man hat ihn vor Gericht entlassen, weil es an überführenden Beweisen fehlte. Ab instantia absolvirt.

*14 Er kann die Tinte nicht halten.

G. Chr. Lichtenberg scherzhaft von einem Vielschreiber, den Satz: Er kann das Wasser nicht halten, parodirend.

*15 Er säuft keine Tinte und beisst keine Ofenschrauben ab.

Eine seelensgute Haut von einem Menschen.

*16 Er steckt in der Tinte bis über die Hutschnur. (Köthen.)

*17 In die Tinte fallen (gerathen, kommen).Hermes, I, 459; Trachsel, 58; Hennig, 275; Gotthelf, Erzählungen, III, 82; Frischbier2, 3766.

*18 Sich mit Tinte waschen.

Etwas schöner machen wollen und dadurch verderben, auch von Entschuldigungen, welche nicht rein, sondern fleckiger machen.

Lat.: Etur atramento cande facere. (Plautus.) (Frob., 170; Philippi, I, 130.)

*19 Tief in der Tinte stecken.Basler Chronik, CXCVI.

In grosser Verlegenheit sein. A. von Seld (Sechzig Jahre u. s. w., S. 54) sagt: „Der Hass gegen Frankreich machte sich auf jede Weise, unter anderm auch durch eine Anzahl Caricaturen Luft. So erinnere ich mich eines Schreibzeugs; aus dem Tintenfass ragte der Kopf Napoleon's I., aus der Streusandbüchse der Kopf des Königs von Preussen hervor. Beide waren einander zugewandt und Napoleon sprach: Wenn ich nur nicht so in der Tinte steckte, ich würde dich schon aus deiner Streusandbüchse herausjagen.“

*20 Viel Tinte vergiessen.Lohrengel, II, 482.


Tintenfass.

1 Das Tintenfass steht auf des Kaisers Tisch.Mathesy, I, 63b; Sailer, 187; Simrock, 1640; Sprichwort, 643.

Achtung der Wissenschaft, Ehre dem Gelehrten, dem Manne von Bildung.

Lat.: Cedant arma togae, concedat laurea linguae. (Gaal, 433.)

2 Wer mit dem Tintenfasse umgegangen, lasse das Jagdzeug hangen.

Holl.: Die zich met den inktpot geneert, moet den koker aan de regte zijde hangen. (Harrebomée, I, 361.)

*3 Mit dem Tintenfass antworten.

Entweder schriftlich oder dass man sich des Tintenfassers selbst als Wurfgeschoss bedient, etwa wie Luther gegen den Teufel oder der Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz in Bezug auf den bairischen Gesandten Oettler.

*4 Sein Tintenfass ist umgefallen.

Er hat Amt oder Stellung verloren. „Felt das Dintenfessel vmb, dann müssen sie offt wider schwitzen, das sie gewonnen yn mit spitzen.“ (Murner, Nb., in Kloster, IV, 694.)


Tintenfleck.

Kratzt man ein Dinten Fleck auss, so geht das Papier mit.Lehmann, 50, 28.

„Hüte dich vor vielem Mediciniren, willst du nicht deine besten Kräfte verlieren.“


Tintenfresser.

*1 Er ist unter die Tintenfresser gegangen.

Ist ein Schreiber geworden.

*2 Es ist ein Tintenfresser.

Scherzhaft oder verächtlich für Schreiber, librariolus, scholasticus. (Vgl. Grimm, Wb., II, 1182.) „Mich dünckt, dieser Dintenfresser folget wie ein anderer Gesell.“ (Köhler, 102, 15.)


Tintenklecks.

1 Tintenklecks (Diplomat) und Kamaschenheld bringt alles Unheil in die Welt.

„Tintenpolitik und Kamaschenstrategie sind die erbärmlichsten Producte unserer Zeit.“ (Welt und Zeit.)

[Spaltenumbruch] *2 Es ist ein Tintenklecks.

Uneigentlich und verächtlich von einem Schreiber. (Campe, Wb., I, 723b.)


Tintenkleckser.

* Es ist ein Tintenkleckser.

Sprichwörtlich von einem Schreiber überhaupt, dann von einem, der die Tinte unnütz verschreibt. (Campe Wb., I, 723b.) Friedrich Wilhelm I. von Preussen pflegte die Gelehrten bald Tintenkleckser, bald Schmierer zu nennen, wie König Ernst August von Hannover den bekannten sieben göttinger Professoren, die gegen den Verfassungsbrach protestirten, den Titel Federvieh ertheilte. (Vgl. Buch der Welt, 1872, S. 80.)

Dän.: Blek-spilder (blek-skider) som overmaler papiiret med det. (Prov. dan., 73.)


Tintenlecker.

* Es ist ein Tintenlecker.Tendlau, 156.

Von einseitigen Gelehrten. (S. Bankrutscher.)


Tipfelchen.

* Da darf auch kein Tipfelchen daran fehlen.Wurzbach II, 205.

Es darf nicht das Geringste, auch nicht ein Stäubchen davon abgehen.


Tipp.

* He is licht up de Tipp treden (getreten). (Ostfries.) – Bueren, 677; Frommann, V, 523, 577; Eichwald, 1933; Stürenburg, 283a; Kern, 1553.

Ist leicht beleidigt. Tipp = Punkt, Tupf; Spitze eines Dinges = Gipfel, Fingerspitze, Fusszehe.


Tippel.

1 A Tippel, anna Krîgel anna Puckel vull Prîgel. (Schles.)

Scherzhafte Antwort auf die Frage: Was wirst du mir schenken; ein Töpflein und ein Krügel und den Buckel voll Prügel.

*2 Den rechten Tippel treffen. (Ostpreuss.)

Den rechten Punkt, die rechte Stelle.

*3 'S kleine Tippel1 im grossen und einen werchnen Sod drüber. (Schreiberhau.)

1) Schlesisch für Töpfchen, Töpflein. – Scherzhafte Antwort auf die Frage: Was werden wir heute kochen.


Tippeln.

* Es hot getippelt.Lohrengel, II, 267.


Tippholz.

* Einen aufs Tippholz führen.

D. h. auf den rechten entscheidenden Punkt. Das Tippholz ist am Sprenkel das kurze Hölzchen, auf dem die Schlinge liegt.


Tipphölzchen.

* Jemand auf dem Tipphölzchen haben.Körte, 5984.

Ist er da, so ist er auch bald in der Schlinge.


Tiritariwerk.

* Er macht Tiritariwärch. (S. Thorenbubenarbeit.) – Sutermeister, 89.


Tirol (s. Tyrol).

Tirol ist ein grober Bauernkittel, hält aber trefflich warm.


Tisch.

1 Am tisch sei frölich, nicht hader mach, zu afterred sey nicht vrsach.

Lat.: Absint a mensa, detractio, murmur et ira, sed cum laedicia, sumatur potus et esca. (Loci comm., 126.)

2 Am Tisch sol man keines Haders gedencken.Petri, II, 14.

3 Am Tische hat das Weib recht, im Bett der Mann.Altmann VI, 505.

4 Am Tische sei frölich, frisch vnd freundlich.Petri, II, 14.

5 An dem frembden tisch dein reden spar, so wird lob schier offenbar.

Lat.: Dum conuiuaris, caueas ne multa loquaris. (Loci comm., 126.)

6 An dem Tisch vnd auff dem Bette soll sich niemand schämen.Lehmann, II, 28, 47; Henisch, 343, 1.

7 An diesem Tische hat kein Afterredner Statt.

Augustus hatte über seinen Speisetisch geschrieben: Quisquis amat dictis absentum rodere famam, hanc mensam vetitam noverit esse sibi. (Binder II, 2852; Lehmann, 231, 24; Seybold, 499.)

Lat.: Absint offensae, cum fit celebratio mensae. (Binder II, 34; Neander, 526.)

8 An einem runden Tische ist jeder Platz der erste.

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[[604]/0610] *8 Da müsste ich doch Tinte getrunken (gesoffen) haben. – Lohrengel, II, 62; Birlinger, 4046; Frischbier2, 3764. Wird gebraucht, um die Möglichkeit, etwas Ungeeignetes gethan zu haben, abzulehnen. Schwerlich dürfte die Redensart aber wie Bechstein, (Villa Carlotte, Weimar 1852, S. 184) meint, dem Vino tinto, den er in Brescia getrunken, und der ihm so wenig gemundet hat, ihren Ursprung verdanken. *9 Du hast wol Tinte getrunken (gesoffen)? Dass du so etwas thust, denkst, sagst. *10 Einen in die Tinte tauchen. – Frischbier2, 3765. In dem Sinne: ihn in die Patsche führen, in die Klemme treiben. *11 Er ist (sitzt) in der Tinte. – Eiselein, 121. *12 Er ist mer in der Tinte. – Sutermeister, 97. D. h. steht bei mir im Schuldbuch. *13 Er (es) ist mit Tinte rein gewaschen. Man hat ihn vor Gericht entlassen, weil es an überführenden Beweisen fehlte. Ab instantia absolvirt. *14 Er kann die Tinte nicht halten. G. Chr. Lichtenberg scherzhaft von einem Vielschreiber, den Satz: Er kann das Wasser nicht halten, parodirend. *15 Er säuft keine Tinte und beisst keine Ofenschrauben ab. Eine seelensgute Haut von einem Menschen. *16 Er steckt in der Tinte bis über die Hutschnur. (Köthen.) *17 In die Tinte fallen (gerathen, kommen). – Hermes, I, 459; Trachsel, 58; Hennig, 275; Gotthelf, Erzählungen, III, 82; Frischbier2, 3766. *18 Sich mit Tinte waschen. Etwas schöner machen wollen und dadurch verderben, auch von Entschuldigungen, welche nicht rein, sondern fleckiger machen. Lat.: Etur atramento cande facere. (Plautus.) (Frob., 170; Philippi, I, 130.) *19 Tief in der Tinte stecken. – Basler Chronik, CXCVI. In grosser Verlegenheit sein. A. von Seld (Sechzig Jahre u. s. w., S. 54) sagt: „Der Hass gegen Frankreich machte sich auf jede Weise, unter anderm auch durch eine Anzahl Caricaturen Luft. So erinnere ich mich eines Schreibzeugs; aus dem Tintenfass ragte der Kopf Napoleon's I., aus der Streusandbüchse der Kopf des Königs von Preussen hervor. Beide waren einander zugewandt und Napoleon sprach: Wenn ich nur nicht so in der Tinte steckte, ich würde dich schon aus deiner Streusandbüchse herausjagen.“ *20 Viel Tinte vergiessen. – Lohrengel, II, 482. Tintenfass. 1 Das Tintenfass steht auf des Kaisers Tisch. – Mathesy, I, 63b; Sailer, 187; Simrock, 1640; Sprichwort, 643. Achtung der Wissenschaft, Ehre dem Gelehrten, dem Manne von Bildung. Lat.: Cedant arma togae, concedat laurea linguae. (Gaal, 433.) 2 Wer mit dem Tintenfasse umgegangen, lasse das Jagdzeug hangen. Holl.: Die zich met den inktpot geneert, moet den koker aan de regte zijde hangen. (Harrebomée, I, 361.) *3 Mit dem Tintenfass antworten. Entweder schriftlich oder dass man sich des Tintenfassers selbst als Wurfgeschoss bedient, etwa wie Luther gegen den Teufel oder der Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz in Bezug auf den bairischen Gesandten Oettler. *4 Sein Tintenfass ist umgefallen. Er hat Amt oder Stellung verloren. „Felt das Dintenfessel vmb, dann müssen sie offt wider schwitzen, das sie gewonnen yn mit spitzen.“ (Murner, Nb., in Kloster, IV, 694.) Tintenfleck. Kratzt man ein Dinten Fleck auss, so geht das Papier mit. – Lehmann, 50, 28. „Hüte dich vor vielem Mediciniren, willst du nicht deine besten Kräfte verlieren.“ Tintenfresser. *1 Er ist unter die Tintenfresser gegangen. Ist ein Schreiber geworden. *2 Es ist ein Tintenfresser. Scherzhaft oder verächtlich für Schreiber, librariolus, scholasticus. (Vgl. Grimm, Wb., II, 1182.) „Mich dünckt, dieser Dintenfresser folget wie ein anderer Gesell.“ (Köhler, 102, 15.) Tintenklecks. 1 Tintenklecks (Diplomat) und Kamaschenheld bringt alles Unheil in die Welt. „Tintenpolitik und Kamaschenstrategie sind die erbärmlichsten Producte unserer Zeit.“ (Welt und Zeit.) *2 Es ist ein Tintenklecks. Uneigentlich und verächtlich von einem Schreiber. (Campe, Wb., I, 723b.) Tintenkleckser. * Es ist ein Tintenkleckser. Sprichwörtlich von einem Schreiber überhaupt, dann von einem, der die Tinte unnütz verschreibt. (Campe Wb., I, 723b.) Friedrich Wilhelm I. von Preussen pflegte die Gelehrten bald Tintenkleckser, bald Schmierer zu nennen, wie König Ernst August von Hannover den bekannten sieben göttinger Professoren, die gegen den Verfassungsbrach protestirten, den Titel Federvieh ertheilte. (Vgl. Buch der Welt, 1872, S. 80.) Dän.: Blek-spilder (blek-skider) som overmaler papiiret med det. (Prov. dan., 73.) Tintenlecker. * Es ist ein Tintenlecker. – Tendlau, 156. Von einseitigen Gelehrten. (S. Bankrutscher.) Tipfelchen. * Da darf auch kein Tipfelchen daran fehlen. – Wurzbach II, 205. Es darf nicht das Geringste, auch nicht ein Stäubchen davon abgehen. Tipp. * He is licht up de Tipp treden (getreten). (Ostfries.) – Bueren, 677; Frommann, V, 523, 577; Eichwald, 1933; Stürenburg, 283a; Kern, 1553. Ist leicht beleidigt. Tipp = Punkt, Tupf; Spitze eines Dinges = Gipfel, Fingerspitze, Fusszehe. Tippel. 1 A Tippel, anna Krîgel anna Puckel vull Prîgel. (Schles.) Scherzhafte Antwort auf die Frage: Was wirst du mir schenken; ein Töpflein und ein Krügel und den Buckel voll Prügel. *2 Den rechten Tippel treffen. (Ostpreuss.) Den rechten Punkt, die rechte Stelle. *3 'S kleine Tippel1 im grossen und einen werchnen Sod drüber. (Schreiberhau.) 1) Schlesisch für Töpfchen, Töpflein. – Scherzhafte Antwort auf die Frage: Was werden wir heute kochen. Tippeln. * Es hot getippelt. – Lohrengel, II, 267. Tippholz. * Einen aufs Tippholz führen. D. h. auf den rechten entscheidenden Punkt. Das Tippholz ist am Sprenkel das kurze Hölzchen, auf dem die Schlinge liegt. Tipphölzchen. * Jemand auf dem Tipphölzchen haben. – Körte, 5984. Ist er da, so ist er auch bald in der Schlinge. Tiritariwerk. * Er macht Tiritariwärch. (S. Thorenbubenarbeit.) – Sutermeister, 89. Tirol (s. Tyrol). Tirol ist ein grober Bauernkittel, hält aber trefflich warm. Tisch. 1 Am tisch sei frölich, nicht hader mach, zu afterred sey nicht vrsach. Lat.: Absint a mensa, detractio, murmur et ira, sed cum laedicia, sumatur potus et esca. (Loci comm., 126.) 2 Am Tisch sol man keines Haders gedencken. – Petri, II, 14. 3 Am Tische hat das Weib recht, im Bett der Mann. – Altmann VI, 505. 4 Am Tische sei frölich, frisch vnd freundlich. – Petri, II, 14. 5 An dem frembden tisch dein reden spar, so wird lob schier offenbar. Lat.: Dum conuiuaris, caueas ne multa loquaris. (Loci comm., 126.) 6 An dem Tisch vnd auff dem Bette soll sich niemand schämen. – Lehmann, II, 28, 47; Henisch, 343, 1. 7 An diesem Tische hat kein Afterredner Statt. Augustus hatte über seinen Speisetisch geschrieben: Quisquis amat dictis absentum rodere famam, hanc mensam vetitam noverit esse sibi. (Binder II, 2852; Lehmann, 231, 24; Seybold, 499.) Lat.: Absint offensae, cum fit celebratio mensae. (Binder II, 34; Neander, 526.) 8 An einem runden Tische ist jeder Platz der erste. Engl.: At a round table there's no dispute of place. (Bohn II, 129.) Frz.: Ronde table ôte le debat. It.: A tavola ronda non si contende del luoco.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [604]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/610>, abgerufen am 25.04.2024.