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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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Ungefäll.

In deinem vngefell vnd schmertzen, so hast ein solchen trost zu hertzen, dass mancher hat viel mehr zu klagen, vnd viel ein grösser creutz zu tragen.

Lat.: Vt mala prudenter tua portes et sapienter inspice maiores aliorum saepe dolores. (Loci comm., 154.)


Ungefälligkeit.

Ungefälligkeit und unzeitige Dienstfertigkeit sind Nachbarskinder.

Lat.: Benevolentia importuna non differt ab odio. (Philippi, I, 59.)


Ungefreit.

Ungefreit, unverworren. - Simrock, 10647; Körte, 6140; Grubb, 184.

Lat.: Libero lecto nihil est jucundius. (Cicero.) (Philippi, I, 225.)

Schwed.: Ofrijad hals för frijhet. (Grubb, 609.)


Ungeheissen.

Wer ungeheissen dazu geht, geht ungedankt davon. - Gaal, 2458.

Lat.: Servitu offerta non e mai stimata. (Suringar, CXVIII, 34.)


Ungehobelt.

* Er ist ungehobelt.

Böhm.: Necepovany. (Celakovsky, 565.)


Ungekeit.

* Lass mich ungekeit.

In dem Sinne von: ungeschoren.


Ungeladen.

1 Ungeladen geht man nicht zur Hochzeit.

Frz.: On ne va point aux noces sans prier.

2 Ungeladen sitzt hinter der Thür aus Gnaden.

Lat.: Assideat portae non invitatus honeste.

3 Wer ungeladen kommt ins Haus, geht geladen wieder 'naus.

D. h. er wird hinausgewiesen.

Lat.: Deviat a sede non invitatus in ede. (Reuterdahl, 216.)

Schwed.: Hwar skal obudhin sithia. (Reuterdahl, 216.)

*4 Er kommt ungeladen wie ins Korn der Raden.


Ungeld.

* Es ist Ungeld.

In den Zeiten, als nur wenig Menschen schreiben konnten, wurden die Steuern auf ein Kerbholz eingeschnitten, und auch viel später hiessen die auf Papier gefertigten Belege Kerfzettel. Im Latein des Mittelalters lautet der Ausdruck für diese Kerben bald tullia, bald cisa. Insbesondere wurden die Grundsteuern gern tullia, cisa und Kerben benannt; aber auch andere Abgaben, namentlich die von Wein und Bier empfingen diesen Namen, wie z. B. in Köln um das Jahr 1270 eine Zise vom Wein erwähnt wird. Ausser der unmittelbaren Steuer, welche man vor Gewinnung des Weins oder vor Brauen des Biers bezahlen musste, legte man später noch eine unmittelbare Steuer für den Verbrauch oder für das Verzapfen der Getränke auf, gleichsam eine Zusatzsteuer und nannte sie Ad cisa (verschmolzen oder assimilirt Accisa), Ad tallia (Attallia). Der Unwille über diese unmittelbare Steuer ist so alt, als die Steuern selbst, und er hat sich laut an den Tag gegeben durch die Bezeichnung mala tolta, mala touta, in England evil toilt. Die Deutschen waren, wie es scheint, geduldiger als ihre Nachbarn in den Niederlanden; denn mit Gelassenheit ertrugen sie die erste oder unmittelbare Steuer, Cisa, Zise, und die zweite oder mittelbare, Accise (Ad cisa); als aber noch eine dritte Steuer oder ein Zoll für Dinge hinzukam, die man von aussenher bezog und den Thorzoll benannte, so fuhr Michel auf, voll Ingrimm und schalt diese Steuer das Unrecht oder das Ungeld. "Zoll, so man Ungeld nennt." "Ungeld, der Zoll unter dem Thore." Die Regierung war sehr aufgebracht darüber, dass man die neue Steuer durch diesen Ausdruck beschimpfe; allein das Wort war da, und kein Verbot konnte es entfernen; die Regenten sahen sich sogar genöthigt, den Ausdruck selbst anzuwenden, wenn sie verstanden sein wollten. So bediente sich Markgraf Albert von Brandenburg im Jahre 1208 für Bezeichnung dieser Abgabe des Worts "Unrecht" (indebitum.). Wenn später Steuererheber, Zöllner u. s. w. diese Abgabe auf ihren Steuerzetteln Umgeld oder Ohmgeld nannten, so ist dies entweder aus Unkenntniss geschehen, oder um dem misliebigen Ausdruck eine verhüllende Form zu geben. An die Vorsilbe "un" knüpft sich in sehr vielen Wörtern die Vorstellung des Unnatürlichen, Verkehrten, Verhassten, Widerwärtigen, mit einem Worte von etwas Schlimmern, als durch das Grundwort in seinem vermeinten Begriff bezeichnet wird. Unglück ist schlimmer als kein Glück. Aehnliches gilt von Unwetter, Unkraut, Unthier, Unmensch u. s. w. (Vgl. Eiselein, 608-611.)


Ungelegenheit.

Vier vngelegenheiten oder schaden erfolgen fürnämlich dem Alter: entschittung der sinnen, [Spaltenumbruch] ernsthafftige karghait der kröfften vnd laster dempfung, vergebne forchtsamheit besorgung. - Rasch, Biij.


Ungelehrt.

1 Je ungelehrter, je hoffärtiger (kecker). - Simrock, 10649; Körte, 6141; Petri, II, 396.

"Inschrift auf Kapuzinerzipfel." (Klosterspiegel, 18, 11.)

Lat.: Ruditas confidens. (Seybold, 532.)

2 Sie sind nicht alle vngelehrt, die mit vngelehrten zu thun haben. - Petri, II, 523.

3 Ungelehrt steht am besten. - Petri, II, 558.

4 Ungelehrt - unbeschwert. - Grubb, 146.

*5 Vngelehrter als ein Mönch. - Zinkgref, IV, 81.

Lat.: Monacho indoctior.


Ungelehrter.

1 Der Vngelehrte hasset allezeit den Gelehrten. - Lehmann, II, 67, 192.

2 Die Ungelehrten - die Bethörten.

Steht im Motto der kleinen Schrift: Die Gelehrten die Verkehrten. (S. Gelehrter.)

3 Die Ungelehrten sitzen oft oben am Bret.

Holl.: De ongeleerde wordt dikwijls geeerd boven den geleerde. (Harrebomee, II, 136a.)

4 Ein Ungelehrter bei den Gelehrten ist ebenso wie ein Vieh bei den Menschen.

Bei Tunnicius (146): Ein ungelert by den gelerden is gelyk als ein beist by den minschen. (Tam rudis edocto, Paolo quam belua cedit.)

5 Ein vngelehrter kan keinen gelehrten loben. - Henisch, 1458, 40.

6 Kein Vngelahrter kan wol regieren. - Büttner, F, 4b.


Ungemach.

1 An ausgestanden (überwunden) Ungemach ist zu denken leichte Sach'.

Lat.: Quod fuit durum pate, meminisse dulce est. (Seybold, 506.)

2 Bei fremdem Ungemach trocknet bald der Thränenbach.

Lat.: Cito arescit lachryma, praesertim in alienis malis. (Seybold, 76.)

3 Ein vngemach bringt das ander auffm rücken. - Lehmann, 829, 9.

Engl.: One misfortune comes on the neck of an other. (Gaal, 1574.)

Ung.: Nem jar tars nelkül a' szerentsetlenseg. (Gaal, 1574.)

4 Im Ungemach erkennt man seine Freunde.

Böhm.: Bez nehod pritele nepozoas. (Celakovsky, 231.)

Lat.: Ipsae amicos res optimae pariunt adversae e probant. - Tempore felici non cognoscuntur amici; sorte patet misera, quae sit dilectio vera.

Poln.: Nieszezescie pokazuje, kto prawdziwie miluje. - Przygoda pewna przyjaciot i nieprzyjaciot proba. (Celakovsky, 231.)

5 Jeder fühlt allein sein Ungemach und gaffet auf des andern gut Gemach. - Heuseler, 203.

6 Ungemach ist eine natürliche Sach'.

Holl.: Natuurlijke ongemakken kleven aan de menschheid. (Harrebomee, II, 137.)

7 Ungemach kommt mit Pfunden und geht mit Quentchen. (S. Böses 11 und Unglück.)

Holl.: Het kwaad komt met ponden, en het gaat weg met oncen. (Harrebomee, II, 139a.)

8 Ungemach schützt nicht vor Schmach.

Lat.: Nec aspera terrent. (Egeria, 149.)

9 Vor Ungemach sei jeder wach.

Jeder sei auf der Hut, dass ein Uebel ihn treffe.

Böhm.: Bed se kazdy chran, nezli prijdou nan. (Celakovsky, 248.)

10 Wenn das Ungemach überwunden ist, denkt man gern daran zurück.

Lat.: Quod fuit durum pati, meminisse dulce est. (Gaal, 1587.)

11 Wer das Ungemach fürchtet, muss daheim bleiben. - Simrock, 10847c.

Lat.: Domi manere oportet belle fortunatum. (Seybold, 134.)

12 Wer kein Ungemach ertragen kann, der wird nie ein glücklich Mann.

Mhd.: Swer niht lidet ungemach dem wart nie mit gemach wol. (Lambel, Erz. und Schwänke, 207, 255.)

13 Wer Ungemach ertragen kann, ist auch für gute Tag der Mann.

It.: Chi sa ben soffrire le disgrazie, sa anche goder il buon tempo. (Pazzaglia, 334.)

[Spaltenumbruch]
Ungefäll.

In deinem vngefell vnd schmertzen, so hast ein solchen trost zu hertzen, dass mancher hat viel mehr zu klagen, vnd viel ein grösser creutz zu tragen.

Lat.: Vt mala prudenter tua portes et sapienter inspice maiores aliorum saepe dolores. (Loci comm., 154.)


Ungefälligkeit.

Ungefälligkeit und unzeitige Dienstfertigkeit sind Nachbarskinder.

Lat.: Benevolentia importuna non differt ab odio. (Philippi, I, 59.)


Ungefreit.

Ungefreit, unverworren.Simrock, 10647; Körte, 6140; Grubb, 184.

Lat.: Libero lecto nihil est jucundius. (Cicero.) (Philippi, I, 225.)

Schwed.: Ofrijad håls för frijhet. (Grubb, 609.)


Ungeheissen.

Wer ungeheissen dazu geht, geht ungedankt davon.Gaal, 2458.

Lat.: Servitu offerta non e mai stimata. (Suringar, CXVIII, 34.)


Ungehobelt.

* Er ist ungehobelt.

Böhm.: Necepovaný. (Čelakovsky, 565.)


Ungekeit.

* Lass mich ungekeit.

In dem Sinne von: ungeschoren.


Ungeladen.

1 Ungeladen geht man nicht zur Hochzeit.

Frz.: On ne va point aux noces sans prier.

2 Ungeladen sitzt hinter der Thür aus Gnaden.

Lat.: Assideat portae non invitatus honeste.

3 Wer ungeladen kommt ins Haus, geht geladen wieder 'naus.

D. h. er wird hinausgewiesen.

Lat.: Deviat a sede non invitatus in ede. (Reuterdahl, 216.)

Schwed.: Hwar skal obudhin sithia. (Reuterdahl, 216.)

*4 Er kommt ungeladen wie ins Korn der Raden.


Ungeld.

* Es ist Ungeld.

In den Zeiten, als nur wenig Menschen schreiben konnten, wurden die Steuern auf ein Kerbholz eingeschnitten, und auch viel später hiessen die auf Papier gefertigten Belege Kerfzettel. Im Latein des Mittelalters lautet der Ausdruck für diese Kerben bald tullia, bald cisa. Insbesondere wurden die Grundsteuern gern tullia, cisa und Kerben benannt; aber auch andere Abgaben, namentlich die von Wein und Bier empfingen diesen Namen, wie z. B. in Köln um das Jahr 1270 eine Zise vom Wein erwähnt wird. Ausser der unmittelbaren Steuer, welche man vor Gewinnung des Weins oder vor Brauen des Biers bezahlen musste, legte man später noch eine unmittelbare Steuer für den Verbrauch oder für das Verzapfen der Getränke auf, gleichsam eine Zusatzsteuer und nannte sie Ad cisa (verschmolzen oder assimilirt Accisa), Ad tallia (Attallia). Der Unwille über diese unmittelbare Steuer ist so alt, als die Steuern selbst, und er hat sich laut an den Tag gegeben durch die Bezeichnung mala tolta, mala touta, in England evil toilt. Die Deutschen waren, wie es scheint, geduldiger als ihre Nachbarn in den Niederlanden; denn mit Gelassenheit ertrugen sie die erste oder unmittelbare Steuer, Cisa, Zise, und die zweite oder mittelbare, Accise (Ad cisa); als aber noch eine dritte Steuer oder ein Zoll für Dinge hinzukam, die man von aussenher bezog und den Thorzoll benannte, so fuhr Michel auf, voll Ingrimm und schalt diese Steuer das Unrecht oder das Ungeld. „Zoll, so man Ungeld nennt.“ „Ungeld, der Zoll unter dem Thore.“ Die Regierung war sehr aufgebracht darüber, dass man die neue Steuer durch diesen Ausdruck beschimpfe; allein das Wort war da, und kein Verbot konnte es entfernen; die Regenten sahen sich sogar genöthigt, den Ausdruck selbst anzuwenden, wenn sie verstanden sein wollten. So bediente sich Markgraf Albert von Brandenburg im Jahre 1208 für Bezeichnung dieser Abgabe des Worts „Unrecht“ (indebitum.). Wenn später Steuererheber, Zöllner u. s. w. diese Abgabe auf ihren Steuerzetteln Umgeld oder Ohmgeld nannten, so ist dies entweder aus Unkenntniss geschehen, oder um dem misliebigen Ausdruck eine verhüllende Form zu geben. An die Vorsilbe „un“ knüpft sich in sehr vielen Wörtern die Vorstellung des Unnatürlichen, Verkehrten, Verhassten, Widerwärtigen, mit einem Worte von etwas Schlimmern, als durch das Grundwort in seinem vermeinten Begriff bezeichnet wird. Unglück ist schlimmer als kein Glück. Aehnliches gilt von Unwetter, Unkraut, Unthier, Unmensch u. s. w. (Vgl. Eiselein, 608-611.)


Ungelegenheit.

Vier vngelegenheiten oder schaden erfolgen fürnämlich dem Alter: entschittung der sinnen, [Spaltenumbruch] ernsthafftige karghait der kröfften vnd laster dempfung, vergebne forchtsamheit besorgung.Rasch, Biij.


Ungelehrt.

1 Je ungelehrter, je hoffärtiger (kecker).Simrock, 10649; Körte, 6141; Petri, II, 396.

„Inschrift auf Kapuzinerzipfel.“ (Klosterspiegel, 18, 11.)

Lat.: Ruditas confidens. (Seybold, 532.)

2 Sie sind nicht alle vngelehrt, die mit vngelehrten zu thun haben.Petri, II, 523.

3 Ungelehrt steht am besten.Petri, II, 558.

4 Ungelehrt – unbeschwert.Grubb, 146.

*5 Vngelehrter als ein Mönch.Zinkgref, IV, 81.

Lat.: Monacho indoctior.


Ungelehrter.

1 Der Vngelehrte hasset allezeit den Gelehrten.Lehmann, II, 67, 192.

2 Die Ungelehrten – die Bethörten.

Steht im Motto der kleinen Schrift: Die Gelehrten die Verkehrten. (S. Gelehrter.)

3 Die Ungelehrten sitzen oft oben am Bret.

Holl.: De ongeleerde wordt dikwijls geëerd boven den geleerde. (Harrebomée, II, 136a.)

4 Ein Ungelehrter bei den Gelehrten ist ebenso wie ein Vieh bei den Menschen.

Bei Tunnicius (146): Ein ungelêrt by den gelêrden is gelyk als ein beist by den minschen. (Tam rudis edocto, Paolo quam belua cedit.)

5 Ein vngelehrter kan keinen gelehrten loben.Henisch, 1458, 40.

6 Kein Vngelahrter kan wol regieren.Büttner, F, 4b.


Ungemach.

1 An ausgestanden (überwunden) Ungemach ist zu denken leichte Sach'.

Lat.: Quod fuit durum pate, meminisse dulce est. (Seybold, 506.)

2 Bei fremdem Ungemach trocknet bald der Thränenbach.

Lat.: Cito arescit lachryma, praesertim in alienis malis. (Seybold, 76.)

3 Ein vngemach bringt das ander auffm rücken.Lehmann, 829, 9.

Engl.: One misfortune comes on the neck of an other. (Gaal, 1574.)

Ung.: Nem jár társ nélkül a' szerentsétlenség. (Gaal, 1574.)

4 Im Ungemach erkennt man seine Freunde.

Böhm.: Bez nehod přitele nepozoás. (Čelakovsky, 231.)

Lat.: Ipsae amicos res optimae pariunt adversae e probant. – Tempore felici non cognoscuntur amici; sorte patet misera, quae sit dilectio vera.

Poln.: Nieszezęście pokazuje, kto prawdziwie miłuje. – Przygoda pewna przyjaciot i nieprzyjaciot proba. (Čelakovsky, 231.)

5 Jeder fühlt allein sein Ungemach und gaffet auf des andern gut Gemach.Heuseler, 203.

6 Ungemach ist eine natürliche Sach'.

Holl.: Natuurlijke ongemakken kleven aan de menschheid. (Harrebomée, II, 137.)

7 Ungemach kommt mit Pfunden und geht mit Quentchen. (S. Böses 11 und Unglück.)

Holl.: Het kwaad komt met ponden, en het gaat weg met oncen. (Harrebomée, II, 139a.)

8 Ungemach schützt nicht vor Schmach.

Lat.: Nec aspera terrent. (Egeria, 149.)

9 Vor Ungemach sei jeder wach.

Jeder sei auf der Hut, dass ein Uebel ihn treffe.

Böhm.: Bĕd se každy chraň, nežli přijdou naň. (Čelakovsky, 248.)

10 Wenn das Ungemach überwunden ist, denkt man gern daran zurück.

Lat.: Quod fuit durum pati, meminisse dulce est. (Gaal, 1587.)

11 Wer das Ungemach fürchtet, muss daheim bleiben.Simrock, 10847c.

Lat.: Domi manere oportet belle fortunatum. (Seybold, 134.)

12 Wer kein Ungemach ertragen kann, der wird nie ein glücklich Mann.

Mhd.: Swer niht lidet ungemach dem wart nie mit gemach wol. (Lambel, Erz. und Schwänke, 207, 255.)

13 Wer Ungemach ertragen kann, ist auch für gute Tag der Mann.

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[[716]/0722] Ungefäll. In deinem vngefell vnd schmertzen, so hast ein solchen trost zu hertzen, dass mancher hat viel mehr zu klagen, vnd viel ein grösser creutz zu tragen. Lat.: Vt mala prudenter tua portes et sapienter inspice maiores aliorum saepe dolores. (Loci comm., 154.) Ungefälligkeit. Ungefälligkeit und unzeitige Dienstfertigkeit sind Nachbarskinder. Lat.: Benevolentia importuna non differt ab odio. (Philippi, I, 59.) Ungefreit. Ungefreit, unverworren. – Simrock, 10647; Körte, 6140; Grubb, 184. Lat.: Libero lecto nihil est jucundius. (Cicero.) (Philippi, I, 225.) Schwed.: Ofrijad håls för frijhet. (Grubb, 609.) Ungeheissen. Wer ungeheissen dazu geht, geht ungedankt davon. – Gaal, 2458. Lat.: Servitu offerta non e mai stimata. (Suringar, CXVIII, 34.) Ungehobelt. * Er ist ungehobelt. Böhm.: Necepovaný. (Čelakovsky, 565.) Ungekeit. * Lass mich ungekeit. In dem Sinne von: ungeschoren. Ungeladen. 1 Ungeladen geht man nicht zur Hochzeit. Frz.: On ne va point aux noces sans prier. 2 Ungeladen sitzt hinter der Thür aus Gnaden. Lat.: Assideat portae non invitatus honeste. 3 Wer ungeladen kommt ins Haus, geht geladen wieder 'naus. D. h. er wird hinausgewiesen. Lat.: Deviat a sede non invitatus in ede. (Reuterdahl, 216.) Schwed.: Hwar skal obudhin sithia. (Reuterdahl, 216.) *4 Er kommt ungeladen wie ins Korn der Raden. Ungeld. * Es ist Ungeld. In den Zeiten, als nur wenig Menschen schreiben konnten, wurden die Steuern auf ein Kerbholz eingeschnitten, und auch viel später hiessen die auf Papier gefertigten Belege Kerfzettel. Im Latein des Mittelalters lautet der Ausdruck für diese Kerben bald tullia, bald cisa. Insbesondere wurden die Grundsteuern gern tullia, cisa und Kerben benannt; aber auch andere Abgaben, namentlich die von Wein und Bier empfingen diesen Namen, wie z. B. in Köln um das Jahr 1270 eine Zise vom Wein erwähnt wird. Ausser der unmittelbaren Steuer, welche man vor Gewinnung des Weins oder vor Brauen des Biers bezahlen musste, legte man später noch eine unmittelbare Steuer für den Verbrauch oder für das Verzapfen der Getränke auf, gleichsam eine Zusatzsteuer und nannte sie Ad cisa (verschmolzen oder assimilirt Accisa), Ad tallia (Attallia). Der Unwille über diese unmittelbare Steuer ist so alt, als die Steuern selbst, und er hat sich laut an den Tag gegeben durch die Bezeichnung mala tolta, mala touta, in England evil toilt. Die Deutschen waren, wie es scheint, geduldiger als ihre Nachbarn in den Niederlanden; denn mit Gelassenheit ertrugen sie die erste oder unmittelbare Steuer, Cisa, Zise, und die zweite oder mittelbare, Accise (Ad cisa); als aber noch eine dritte Steuer oder ein Zoll für Dinge hinzukam, die man von aussenher bezog und den Thorzoll benannte, so fuhr Michel auf, voll Ingrimm und schalt diese Steuer das Unrecht oder das Ungeld. „Zoll, so man Ungeld nennt.“ „Ungeld, der Zoll unter dem Thore.“ Die Regierung war sehr aufgebracht darüber, dass man die neue Steuer durch diesen Ausdruck beschimpfe; allein das Wort war da, und kein Verbot konnte es entfernen; die Regenten sahen sich sogar genöthigt, den Ausdruck selbst anzuwenden, wenn sie verstanden sein wollten. So bediente sich Markgraf Albert von Brandenburg im Jahre 1208 für Bezeichnung dieser Abgabe des Worts „Unrecht“ (indebitum.). Wenn später Steuererheber, Zöllner u. s. w. diese Abgabe auf ihren Steuerzetteln Umgeld oder Ohmgeld nannten, so ist dies entweder aus Unkenntniss geschehen, oder um dem misliebigen Ausdruck eine verhüllende Form zu geben. An die Vorsilbe „un“ knüpft sich in sehr vielen Wörtern die Vorstellung des Unnatürlichen, Verkehrten, Verhassten, Widerwärtigen, mit einem Worte von etwas Schlimmern, als durch das Grundwort in seinem vermeinten Begriff bezeichnet wird. Unglück ist schlimmer als kein Glück. Aehnliches gilt von Unwetter, Unkraut, Unthier, Unmensch u. s. w. (Vgl. Eiselein, 608-611.) Ungelegenheit. Vier vngelegenheiten oder schaden erfolgen fürnämlich dem Alter: entschittung der sinnen, ernsthafftige karghait der kröfften vnd laster dempfung, vergebne forchtsamheit besorgung. – Rasch, Biij. Ungelehrt. 1 Je ungelehrter, je hoffärtiger (kecker). – Simrock, 10649; Körte, 6141; Petri, II, 396. „Inschrift auf Kapuzinerzipfel.“ (Klosterspiegel, 18, 11.) Lat.: Ruditas confidens. (Seybold, 532.) 2 Sie sind nicht alle vngelehrt, die mit vngelehrten zu thun haben. – Petri, II, 523. 3 Ungelehrt steht am besten. – Petri, II, 558. 4 Ungelehrt – unbeschwert. – Grubb, 146. *5 Vngelehrter als ein Mönch. – Zinkgref, IV, 81. Lat.: Monacho indoctior. Ungelehrter. 1 Der Vngelehrte hasset allezeit den Gelehrten. – Lehmann, II, 67, 192. 2 Die Ungelehrten – die Bethörten. Steht im Motto der kleinen Schrift: Die Gelehrten die Verkehrten. (S. Gelehrter.) 3 Die Ungelehrten sitzen oft oben am Bret. Holl.: De ongeleerde wordt dikwijls geëerd boven den geleerde. (Harrebomée, II, 136a.) 4 Ein Ungelehrter bei den Gelehrten ist ebenso wie ein Vieh bei den Menschen. Bei Tunnicius (146): Ein ungelêrt by den gelêrden is gelyk als ein beist by den minschen. (Tam rudis edocto, Paolo quam belua cedit.) 5 Ein vngelehrter kan keinen gelehrten loben. – Henisch, 1458, 40. 6 Kein Vngelahrter kan wol regieren. – Büttner, F, 4b. Ungemach. 1 An ausgestanden (überwunden) Ungemach ist zu denken leichte Sach'. Lat.: Quod fuit durum pate, meminisse dulce est. (Seybold, 506.) 2 Bei fremdem Ungemach trocknet bald der Thränenbach. Lat.: Cito arescit lachryma, praesertim in alienis malis. (Seybold, 76.) 3 Ein vngemach bringt das ander auffm rücken. – Lehmann, 829, 9. Engl.: One misfortune comes on the neck of an other. (Gaal, 1574.) Ung.: Nem jár társ nélkül a' szerentsétlenség. (Gaal, 1574.) 4 Im Ungemach erkennt man seine Freunde. Böhm.: Bez nehod přitele nepozoás. (Čelakovsky, 231.) Lat.: Ipsae amicos res optimae pariunt adversae e probant. – Tempore felici non cognoscuntur amici; sorte patet misera, quae sit dilectio vera. Poln.: Nieszezęście pokazuje, kto prawdziwie miłuje. – Przygoda pewna przyjaciot i nieprzyjaciot proba. (Čelakovsky, 231.) 5 Jeder fühlt allein sein Ungemach und gaffet auf des andern gut Gemach. – Heuseler, 203. 6 Ungemach ist eine natürliche Sach'. Holl.: Natuurlijke ongemakken kleven aan de menschheid. (Harrebomée, II, 137.) 7 Ungemach kommt mit Pfunden und geht mit Quentchen. (S. Böses 11 und Unglück.) Holl.: Het kwaad komt met ponden, en het gaat weg met oncen. (Harrebomée, II, 139a.) 8 Ungemach schützt nicht vor Schmach. Lat.: Nec aspera terrent. (Egeria, 149.) 9 Vor Ungemach sei jeder wach. Jeder sei auf der Hut, dass ein Uebel ihn treffe. Böhm.: Bĕd se každy chraň, nežli přijdou naň. (Čelakovsky, 248.) 10 Wenn das Ungemach überwunden ist, denkt man gern daran zurück. Lat.: Quod fuit durum pati, meminisse dulce est. (Gaal, 1587.) 11 Wer das Ungemach fürchtet, muss daheim bleiben. – Simrock, 10847c. Lat.: Domi manere oportet belle fortunatum. (Seybold, 134.) 12 Wer kein Ungemach ertragen kann, der wird nie ein glücklich Mann. Mhd.: Swer niht lidet ungemach dem wart nie mit gemach wol. (Lambel, Erz. und Schwänke, 207, 255.) 13 Wer Ungemach ertragen kann, ist auch für gute Tag der Mann. It.: Chi sà ben soffrire le disgrazie, sà anche goder il buon tempo. (Pazzaglia, 334.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [716]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/722>, abgerufen am 29.03.2024.