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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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Verb.

1 Du hast wol in verbalibus, doch fehlt es in realibus.

*2 Er ist ein anomales (unregelmässiges) Verb.

So pflegte Luther die Männer zu nennen, welche das Regiment in ihren Häusern nicht führen. (Einfälle, 300.)


Verballhornen.

* Es ist verballhornt. - Büchmann, 8. Aufl., S. 99.

Joh. Ballhorn war ein lübeckischer Buchdrucker, der im 16. Jahrhundert lebte und ein hohes Alter erreichte, oder einen Sohn gleichen Namens hatte, der des Vaters Geschäft fortsetzte; denn schon im Jahre 1531 ging aus seiner Druckerei Die neue lütecker Kirchenrede und 1599 ein Passional hervor. Beide Schriften tragen keine Spur einer verkehrten Verbesserung an sich, die man Verballhornung nennt. Die Sage, als habe Ballhorn dem Hahn in der Kinderfibel einen Korb mit Eiern beigefügt und so die Veranlassung zu dem Sprichwort gegeben (s. Ballhorn), ist ohne Grund, da der Fibelhahn erst im 18. Jahrhundert erfunden ist. Schuppius in seinen deutschen Schriften sucht die Entstehung der Redensart in einer von dem genannten Buchdrucker ausgegangenen Vermehrung des deutschen Alphabets durch die Doppelbuchstaben: ff, ll, ss, aber es findet sich nicht einmal ein von Joh. Ballhorn gedrucktes Abc-Buch. Ebenso unbegründet ist die Vermuthung des Professor Heumann, der in seinem Poecile behauptet, dass einige Lückenbüsserstellen aus Cicero und Quinctilian, mit denen Ballhorn eine leere Seite in J. Rivii Epitome in verborum et rerum copiam ausgefüllt hat, jene Redensart veranlasst habe. Eine neue Erklärung gibt der Braunschweig. Anzeiger (1764, Nr. 73), die auch Siebenkees(Jur. Magazin, I, 528) wieder abdrucken liess; allein dass das im Jahre 1586 erschienene Lübecker Stadtrecht den Zusatz getragen habe: "Vermehrt und verbessert durch Joh. Ballhorn" ist trotzdem, was E. I. Bahring (In clave diplom., S. 19) behauptet und dann in Siebenkees' Magazin zur Entschuldigung hinzugefügt wird, durchaus erdichtet. Aber dessenungeachtet scheint dies revidirte lübecker Stadtrecht, das Joh. Ballhorn zuerst (1556) druckte, die Quelle zu sein, die des Buchdruckers Namen ohne sein Verschulden in Verruf gebracht hat. Man war mit der Revision des Stadtrechts, so sehr man sie gewünscht, als einer verfehlten Arbeit allgemein unzufrieden. Die Holsteiner und Mecklenburger hätten nun wol ihren Vorwurf auf den Senator von Stieten, der die Revision ausgeführt, schleudern sollen; allein sie wälzten die Schuld auf den Unschuldigsten, auf den Buchdrucker Ballhorn, weil dessen Name auf dem Titelblatt stand. Mit Unrecht führt Gasser (In praelectionibus ad codic., S. 260) den Buchdrucker Joh. Ballhorn unter den Commentatoren des lübecker Stadtrechts auf; aber die Schmach, die den Namen des letztern getroffen, trägt er unverschuldet.


Verbalmunden.

* Etwas verbalmunden (veruntreuen). (S. Balmund.) - Eiselein, 623.


Verband.

* Dat is 'n ewig Verband, as Jan Elers sin Kattblock1, mit ver (vier) eisern Hörnbande2. - Frommann, II, 538, 170; Bueren, 356; Eichwald, 491b; Kern, 141.

1) Katzblock, Ramme.

2) Eckband, ein über die Ecken gezogenes Band.


Verbauern.

Besser verbauert als versauert. (Nassau.)


Verbeinen.

* Verbaint vnd wol geniet sein. - Franck, I, 161b.

Verbeinen heisst eigentlich zu Bein, zu Knochen werden. Uneigentlich nennt man aber im Oesterreichischen einen verbeinten Menschen einen festen, wie auch einen verstockten. (Vgl. Campe, Wb., V, 265b.)


Verbeissen.

*1 Einem etwas zu verbeissen geben. (Preussen.)

Bedeutet dort so viel, als dem Gaste vor der ordentlichen Mahlzeit etwas vorsetzen, damit er nicht zu lange hungern dürfe. Die preussischen Bauern sollen oft so viel zu verbeissen auftragen, dass sich der Gast drei Tage damit behelfen könnte.

*2 Man muss oft etwas verbeissen.

"Wer nit verbeissen etwas kann, nehm sich des Regiments nicht an, sonst schadt er ihm und jedermann; denn wer mit Ruhe herrschen will, der muss nachsehen ziemlich vil, sonst überschreit't er offt das Ziel." (Chaos, 975.) In demselben oder verwandtem Sinne sagt man auch: Man muss die Achsel darüber schupfen, gross Brocken schlucken, durch die Finger schauen, kampeln und zwagen lassen, über das Leberle laufen, die Schuhe drücken lassen u. s. w.

Lat.: Mollibus assuetus loricam ferre recusat cervici tenerae ferre cassis obest. (Chaos, 728.)


Verbergen.

1 Alles lässt sich verbergen, nur nöt de Lungl1 im Häherl und die Lieb im Haus. (Rott-Thal.)

1) Die Lunge bläht sich im Sieden auf.

[Spaltenumbruch] 2 Niemand kan sich für jhm selbst verbergen. - Petri, II, 495.

3 Wer sich nicht zu verbergen weiss, kann auch nicht stehlen.

Dän.: Han kand ikke stiele, som ikke kand fide. (Prov. dan., 531.)

4 Wer sich verbergen will, geht auf keinen Berg.

5 Wer sich verbergen will, sucht sich einen Winkel.

Dän.: Brug den vegge der gaae vil. (Prov. dan., 92.)

Lat.: Nitimur in vetitum.


Verbessern.

1 Wer meint, sich zu verbessern, der kriegt offt humeln für fliegen vnd zuletzt Horneten für humelen. - Henisch, 1147, 5; Petri, II, 853.

2 Wer verbessern will, muss beim Kopfe anfangen.

*3 Dat is verbetert dör Jan Balhorn. - Kern, 136; Eichwald, 83; hochdeutsch bei Simrock, 713.

*4 Er hat sich verbessert vom Pferde auf den Esel.

Schwed.: Han förbättras i fran hästen til asnan. (Grubb, 295.)


Verbesserung.

Verbesserung ist keine Sünde.

Holl.: Verbetering is geene zonde. (Harrebomee, III, 369b.)


Verbeugung.

* Er macht seine Verbeugung aufwärts.

Von einem Menschen, der mit vornehmer Manier einen Gruss erwidert.


Verbiestert.

* Er ist verbiestert wie Krischen Fuchs im Hafer. (Samland.) - Frischbier2, 3887.


Verbieten.

1 Es ist überall verboten zu sündigen, aber nirgends, sich zu bessern.

Schwed.: Allom är förbjudet att bryta, men ingen att bättra sig. (Wensell, 7.)

2 Ist es nicht verboten, so ist es auch nicht unrecht. - Graf, 286, 10.

Mhd.: Ist is nicht vorboten, so ist is ouch nicht unrecht. (Daniels, 35.)

3 Was man eim verbeut, das geliebt jhm am meisten. - Petri, II, 603; Eiselein, 616; Simrock, 10824.

Mhd.: Beschlossen prot, wie süse du pist. (Ring.) - Waz man uns wert, daz wolle wir haben. (Renner.) (Zingerle, 158.)

Lat.: Nitimur in vetitum, semper cupimusque negata. - Vetitum per nefas ruere. (Eiselein, 616.)

4 Was man einem verbeut, das thut er am ersten. - Pauli, Schimpff, 90.

5 Was man verbeut, dass thun die Leut. - Lehmann, 268, 3; Eiselein, 660; Simrock, 10823; Braun, I, 4720.

"Was man verbeut, dass thun erst die Leut, darumb man sie treibet vnd trübet, dasselb jhnen geliebet. Nitimur in vetitum. Wir schwimmen gern wider den Strom." (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 533.) - "Das Sprichwort ist wahr: Was man eim erbeut, das liebt jn erst." (Pauli, Schimpff, LIIIb.)

Frz.: Chose defendue, chose desiree.

6 Was nicht verboten, ist erlaubt. - Hillebrand, 10; Reyscher, Das gemeine würtemberg. Privatrecht, 2. Ausgabe, §. 76.

"Was im Rechten nicht ist verbotten, das ist zu thun iederman befugt." (Lehmann, 790, 9.) Allein nicht blos positive Gesetze, sondern auch Herkommen und Gewohnheit verbieten manches.

Lat.: Permissa putantur omnia, quae non sunt prohibita. (Binder II, 2558.) - Quae lex non prohibet, debent permissa videri. (Binder II, 2701.)

7 Was uns verboten ist, thut man am liebsten. - Grubb, 769.

Die Russen: Verbiete das Theeressen, und die Theerhändler sind gesegnete Leute. (Altmann VI, 497.) Bei Tunnicius (978): Dat uns vorboden is, dat doe wy weist. (Quod nobis vetitum cupimus, quod triste vocamus.)

8 Was verboten ist, dawider thut man gern. - Luther's Tischr., 140b; Petri, II, 611.

*9 Das verbietet sich von selbst.

Dän.: Det forbyder sig vel selv, det kand ei skee. (Prov. dan., 175.)


Verbittern.

1 Es ist alles verbittert. - Franck, II, 19b.

*2 He öss so verböttert, wie de Bock op sin Moder. - Frischbier2, 3888.


Verblarren.

* Er ist verblarrt. (Ulm.)

Er hat den Glotzer.


[Spaltenumbruch]
Verb.

1 Du hast wol in verbalibus, doch fehlt es in realibus.

*2 Er ist ein anomales (unregelmässiges) Verb.

So pflegte Luther die Männer zu nennen, welche das Regiment in ihren Häusern nicht führen. (Einfälle, 300.)


Verballhornen.

* Es ist verballhornt.Büchmann, 8. Aufl., S. 99.

Joh. Ballhorn war ein lübeckischer Buchdrucker, der im 16. Jahrhundert lebte und ein hohes Alter erreichte, oder einen Sohn gleichen Namens hatte, der des Vaters Geschäft fortsetzte; denn schon im Jahre 1531 ging aus seiner Druckerei Die neue lütecker Kirchenrede und 1599 ein Passional hervor. Beide Schriften tragen keine Spur einer verkehrten Verbesserung an sich, die man Verballhornung nennt. Die Sage, als habe Ballhorn dem Hahn in der Kinderfibel einen Korb mit Eiern beigefügt und so die Veranlassung zu dem Sprichwort gegeben (s. Ballhorn), ist ohne Grund, da der Fibelhahn erst im 18. Jahrhundert erfunden ist. Schuppius in seinen deutschen Schriften sucht die Entstehung der Redensart in einer von dem genannten Buchdrucker ausgegangenen Vermehrung des deutschen Alphabets durch die Doppelbuchstaben: ff, ll, ss, aber es findet sich nicht einmal ein von Joh. Ballhorn gedrucktes Abc-Buch. Ebenso unbegründet ist die Vermuthung des Professor Heumann, der in seinem Poecile behauptet, dass einige Lückenbüsserstellen aus Cicero und Quinctilian, mit denen Ballhorn eine leere Seite in J. Rivii Epitome in verborum et rerum copiam ausgefüllt hat, jene Redensart veranlasst habe. Eine neue Erklärung gibt der Braunschweig. Anzeiger (1764, Nr. 73), die auch Siebenkees(Jur. Magazin, I, 528) wieder abdrucken liess; allein dass das im Jahre 1586 erschienene Lübecker Stadtrecht den Zusatz getragen habe: „Vermehrt und verbessert durch Joh. Ballhorn“ ist trotzdem, was E. I. Bahring (In clave diplom., S. 19) behauptet und dann in Siebenkees' Magazin zur Entschuldigung hinzugefügt wird, durchaus erdichtet. Aber dessenungeachtet scheint dies revidirte lübecker Stadtrecht, das Joh. Ballhorn zuerst (1556) druckte, die Quelle zu sein, die des Buchdruckers Namen ohne sein Verschulden in Verruf gebracht hat. Man war mit der Revision des Stadtrechts, so sehr man sie gewünscht, als einer verfehlten Arbeit allgemein unzufrieden. Die Holsteiner und Mecklenburger hätten nun wol ihren Vorwurf auf den Senator von Stieten, der die Revision ausgeführt, schleudern sollen; allein sie wälzten die Schuld auf den Unschuldigsten, auf den Buchdrucker Ballhorn, weil dessen Name auf dem Titelblatt stand. Mit Unrecht führt Gasser (In praelectionibus ad codic., S. 260) den Buchdrucker Joh. Ballhorn unter den Commentatoren des lübecker Stadtrechts auf; aber die Schmach, die den Namen des letztern getroffen, trägt er unverschuldet.


Verbalmunden.

* Etwas verbalmunden (veruntreuen). (S. Balmund.) – Eiselein, 623.


Verband.

* Dat is 'n ewig Verband, as Jan Elers sin Kattblock1, mit vêr (vier) îsern Hörnbande2.Frommann, II, 538, 170; Bueren, 356; Eichwald, 491b; Kern, 141.

1) Katzblock, Ramme.

2) Eckband, ein über die Ecken gezogenes Band.


Verbauern.

Besser verbauert als versauert. (Nassau.)


Verbeinen.

* Verbaint vnd wol geniet sein.Franck, I, 161b.

Verbeinen heisst eigentlich zu Bein, zu Knochen werden. Uneigentlich nennt man aber im Oesterreichischen einen verbeinten Menschen einen festen, wie auch einen verstockten. (Vgl. Campe, Wb., V, 265b.)


Verbeissen.

*1 Einem etwas zu verbeissen geben. (Preussen.)

Bedeutet dort so viel, als dem Gaste vor der ordentlichen Mahlzeit etwas vorsetzen, damit er nicht zu lange hungern dürfe. Die preussischen Bauern sollen oft so viel zu verbeissen auftragen, dass sich der Gast drei Tage damit behelfen könnte.

*2 Man muss oft etwas verbeissen.

„Wer nit verbeissen etwas kann, nehm sich des Regiments nicht an, sonst schadt er ihm und jedermann; denn wer mit Ruhe herrschen will, der muss nachsehen ziemlich vil, sonst überschreit't er offt das Ziel.“ (Chaos, 975.) In demselben oder verwandtem Sinne sagt man auch: Man muss die Achsel darüber schupfen, gross Brocken schlucken, durch die Finger schauen, kampeln und zwagen lassen, über das Leberle laufen, die Schuhe drücken lassen u. s. w.

Lat.: Mollibus assuetus loricam ferre recusat cervici tenerae ferre cassis obest. (Chaos, 728.)


Verbergen.

1 Alles lässt sich verbergen, nur nöt de Lungl1 im Häherl und die Lieb im Hûs. (Rott-Thal.)

1) Die Lunge bläht sich im Sieden auf.

[Spaltenumbruch] 2 Niemand kan sich für jhm selbst verbergen.Petri, II, 495.

3 Wer sich nicht zu verbergen weiss, kann auch nicht stehlen.

Dän.: Han kand ikke stiele, som ikke kand fide. (Prov. dan., 531.)

4 Wer sich verbergen will, geht auf keinen Berg.

5 Wer sich verbergen will, sucht sich einen Winkel.

Dän.: Brug den vegge der gaae vil. (Prov. dan., 92.)

Lat.: Nitimur in vetitum.


Verbessern.

1 Wer meint, sich zu verbessern, der kriegt offt humeln für fliegen vnd zuletzt Horneten für humelen.Henisch, 1147, 5; Petri, II, 853.

2 Wer verbessern will, muss beim Kopfe anfangen.

*3 Dat is verbetert dör Jan Balhorn.Kern, 136; Eichwald, 83; hochdeutsch bei Simrock, 713.

*4 Er hat sich verbessert vom Pferde auf den Esel.

Schwed.: Han förbättras i från hästen til åsnan. (Grubb, 295.)


Verbesserung.

Verbesserung ist keine Sünde.

Holl.: Verbetering is geene zonde. (Harrebomée, III, 369b.)


Verbeugung.

* Er macht seine Verbeugung aufwärts.

Von einem Menschen, der mit vornehmer Manier einen Gruss erwidert.


Verbiestert.

* Er ist verbiestert wie Krischen Fuchs im Hafer. (Samland.) – Frischbier2, 3887.


Verbieten.

1 Es ist überall verboten zu sündigen, aber nirgends, sich zu bessern.

Schwed.: Allom är förbjudet att bryta, men ingen att bättra sig. (Wensell, 7.)

2 Ist es nicht verboten, so ist es auch nicht unrecht.Graf, 286, 10.

Mhd.: Ist is nicht vorboten, so ist is ouch nicht unrecht. (Daniels, 35.)

3 Was man eim verbeut, das geliebt jhm am meisten.Petri, II, 603; Eiselein, 616; Simrock, 10824.

Mhd.: Beschlossen prot, wie süse du pist. (Ring.) – Waz man uns wert, daz wolle wir haben. (Renner.) (Zingerle, 158.)

Lat.: Nitimur in vetitum, semper cupimusque negata. – Vetitum per nefas ruere. (Eiselein, 616.)

4 Was man einem verbeut, das thut er am ersten.Pauli, Schimpff, 90.

5 Was man verbeut, dass thun die Leut.Lehmann, 268, 3; Eiselein, 660; Simrock, 10823; Braun, I, 4720.

„Was man verbeut, dass thun erst die Leut, darumb man sie treibet vnd trübet, dasselb jhnen geliebet. Nitimur in vetitum. Wir schwimmen gern wider den Strom.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 533.) – „Das Sprichwort ist wahr: Was man eim erbeut, das liebt jn erst.“ (Pauli, Schimpff, LIIIb.)

Frz.: Chose défendue, chose desirée.

6 Was nicht verboten, ist erlaubt.Hillebrand, 10; Reyscher, Das gemeine würtemberg. Privatrecht, 2. Ausgabe, §. 76.

„Was im Rechten nicht ist verbotten, das ist zu thun iederman befugt.“ (Lehmann, 790, 9.) Allein nicht blos positive Gesetze, sondern auch Herkommen und Gewohnheit verbieten manches.

Lat.: Permissa putantur omnia, quae non sunt prohibita. (Binder II, 2558.) – Quae lex non prohibet, debent permissa videri. (Binder II, 2701.)

7 Was uns verboten ist, thut man am liebsten.Grubb, 769.

Die Russen: Verbiete das Theeressen, und die Theerhändler sind gesegnete Leute. (Altmann VI, 497.) Bei Tunnicius (978): Dat uns vorboden is, dat doe wy weist. (Quod nobis vetitum cupimus, quod triste vocamus.)

8 Was verboten ist, dawider thut man gern.Luther's Tischr., 140b; Petri, II, 611.

*9 Das verbietet sich von selbst.

Dän.: Det forbyder sig vel selv, det kand ei skee. (Prov. dan., 175.)


Verbittern.

1 Es ist alles verbittert.Franck, II, 19b.

*2 He öss so verböttert, wie de Bock op sin Moder.Frischbier2, 3888.


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* Er ist verblarrt. (Ulm.)

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[[765]/0771] Verb. 1 Du hast wol in verbalibus, doch fehlt es in realibus. *2 Er ist ein anomales (unregelmässiges) Verb. So pflegte Luther die Männer zu nennen, welche das Regiment in ihren Häusern nicht führen. (Einfälle, 300.) Verballhornen. * Es ist verballhornt. – Büchmann, 8. Aufl., S. 99. Joh. Ballhorn war ein lübeckischer Buchdrucker, der im 16. Jahrhundert lebte und ein hohes Alter erreichte, oder einen Sohn gleichen Namens hatte, der des Vaters Geschäft fortsetzte; denn schon im Jahre 1531 ging aus seiner Druckerei Die neue lütecker Kirchenrede und 1599 ein Passional hervor. Beide Schriften tragen keine Spur einer verkehrten Verbesserung an sich, die man Verballhornung nennt. Die Sage, als habe Ballhorn dem Hahn in der Kinderfibel einen Korb mit Eiern beigefügt und so die Veranlassung zu dem Sprichwort gegeben (s. Ballhorn), ist ohne Grund, da der Fibelhahn erst im 18. Jahrhundert erfunden ist. Schuppius in seinen deutschen Schriften sucht die Entstehung der Redensart in einer von dem genannten Buchdrucker ausgegangenen Vermehrung des deutschen Alphabets durch die Doppelbuchstaben: ff, ll, ss, aber es findet sich nicht einmal ein von Joh. Ballhorn gedrucktes Abc-Buch. Ebenso unbegründet ist die Vermuthung des Professor Heumann, der in seinem Poecile behauptet, dass einige Lückenbüsserstellen aus Cicero und Quinctilian, mit denen Ballhorn eine leere Seite in J. Rivii Epitome in verborum et rerum copiam ausgefüllt hat, jene Redensart veranlasst habe. Eine neue Erklärung gibt der Braunschweig. Anzeiger (1764, Nr. 73), die auch Siebenkees(Jur. Magazin, I, 528) wieder abdrucken liess; allein dass das im Jahre 1586 erschienene Lübecker Stadtrecht den Zusatz getragen habe: „Vermehrt und verbessert durch Joh. Ballhorn“ ist trotzdem, was E. I. Bahring (In clave diplom., S. 19) behauptet und dann in Siebenkees' Magazin zur Entschuldigung hinzugefügt wird, durchaus erdichtet. Aber dessenungeachtet scheint dies revidirte lübecker Stadtrecht, das Joh. Ballhorn zuerst (1556) druckte, die Quelle zu sein, die des Buchdruckers Namen ohne sein Verschulden in Verruf gebracht hat. Man war mit der Revision des Stadtrechts, so sehr man sie gewünscht, als einer verfehlten Arbeit allgemein unzufrieden. Die Holsteiner und Mecklenburger hätten nun wol ihren Vorwurf auf den Senator von Stieten, der die Revision ausgeführt, schleudern sollen; allein sie wälzten die Schuld auf den Unschuldigsten, auf den Buchdrucker Ballhorn, weil dessen Name auf dem Titelblatt stand. Mit Unrecht führt Gasser (In praelectionibus ad codic., S. 260) den Buchdrucker Joh. Ballhorn unter den Commentatoren des lübecker Stadtrechts auf; aber die Schmach, die den Namen des letztern getroffen, trägt er unverschuldet. Verbalmunden. * Etwas verbalmunden (veruntreuen). (S. Balmund.) – Eiselein, 623. Verband. * Dat is 'n ewig Verband, as Jan Elers sin Kattblock1, mit vêr (vier) îsern Hörnbande2. – Frommann, II, 538, 170; Bueren, 356; Eichwald, 491b; Kern, 141. 1) Katzblock, Ramme. 2) Eckband, ein über die Ecken gezogenes Band. Verbauern. Besser verbauert als versauert. (Nassau.) Verbeinen. * Verbaint vnd wol geniet sein. – Franck, I, 161b. Verbeinen heisst eigentlich zu Bein, zu Knochen werden. Uneigentlich nennt man aber im Oesterreichischen einen verbeinten Menschen einen festen, wie auch einen verstockten. (Vgl. Campe, Wb., V, 265b.) Verbeissen. *1 Einem etwas zu verbeissen geben. (Preussen.) Bedeutet dort so viel, als dem Gaste vor der ordentlichen Mahlzeit etwas vorsetzen, damit er nicht zu lange hungern dürfe. Die preussischen Bauern sollen oft so viel zu verbeissen auftragen, dass sich der Gast drei Tage damit behelfen könnte. *2 Man muss oft etwas verbeissen. „Wer nit verbeissen etwas kann, nehm sich des Regiments nicht an, sonst schadt er ihm und jedermann; denn wer mit Ruhe herrschen will, der muss nachsehen ziemlich vil, sonst überschreit't er offt das Ziel.“ (Chaos, 975.) In demselben oder verwandtem Sinne sagt man auch: Man muss die Achsel darüber schupfen, gross Brocken schlucken, durch die Finger schauen, kampeln und zwagen lassen, über das Leberle laufen, die Schuhe drücken lassen u. s. w. Lat.: Mollibus assuetus loricam ferre recusat cervici tenerae ferre cassis obest. (Chaos, 728.) Verbergen. 1 Alles lässt sich verbergen, nur nöt de Lungl1 im Häherl und die Lieb im Hûs. (Rott-Thal.) 1) Die Lunge bläht sich im Sieden auf. 2 Niemand kan sich für jhm selbst verbergen. – Petri, II, 495. 3 Wer sich nicht zu verbergen weiss, kann auch nicht stehlen. Dän.: Han kand ikke stiele, som ikke kand fide. (Prov. dan., 531.) 4 Wer sich verbergen will, geht auf keinen Berg. 5 Wer sich verbergen will, sucht sich einen Winkel. Dän.: Brug den vegge der gaae vil. (Prov. dan., 92.) Lat.: Nitimur in vetitum. Verbessern. 1 Wer meint, sich zu verbessern, der kriegt offt humeln für fliegen vnd zuletzt Horneten für humelen. – Henisch, 1147, 5; Petri, II, 853. 2 Wer verbessern will, muss beim Kopfe anfangen. *3 Dat is verbetert dör Jan Balhorn. – Kern, 136; Eichwald, 83; hochdeutsch bei Simrock, 713. *4 Er hat sich verbessert vom Pferde auf den Esel. Schwed.: Han förbättras i från hästen til åsnan. (Grubb, 295.) Verbesserung. Verbesserung ist keine Sünde. Holl.: Verbetering is geene zonde. (Harrebomée, III, 369b.) Verbeugung. * Er macht seine Verbeugung aufwärts. Von einem Menschen, der mit vornehmer Manier einen Gruss erwidert. Verbiestert. * Er ist verbiestert wie Krischen Fuchs im Hafer. (Samland.) – Frischbier2, 3887. Verbieten. 1 Es ist überall verboten zu sündigen, aber nirgends, sich zu bessern. Schwed.: Allom är förbjudet att bryta, men ingen att bättra sig. (Wensell, 7.) 2 Ist es nicht verboten, so ist es auch nicht unrecht. – Graf, 286, 10. Mhd.: Ist is nicht vorboten, so ist is ouch nicht unrecht. (Daniels, 35.) 3 Was man eim verbeut, das geliebt jhm am meisten. – Petri, II, 603; Eiselein, 616; Simrock, 10824. Mhd.: Beschlossen prot, wie süse du pist. (Ring.) – Waz man uns wert, daz wolle wir haben. (Renner.) (Zingerle, 158.) Lat.: Nitimur in vetitum, semper cupimusque negata. – Vetitum per nefas ruere. (Eiselein, 616.) 4 Was man einem verbeut, das thut er am ersten. – Pauli, Schimpff, 90. 5 Was man verbeut, dass thun die Leut. – Lehmann, 268, 3; Eiselein, 660; Simrock, 10823; Braun, I, 4720. „Was man verbeut, dass thun erst die Leut, darumb man sie treibet vnd trübet, dasselb jhnen geliebet. Nitimur in vetitum. Wir schwimmen gern wider den Strom.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 533.) – „Das Sprichwort ist wahr: Was man eim erbeut, das liebt jn erst.“ (Pauli, Schimpff, LIIIb.) Frz.: Chose défendue, chose desirée. 6 Was nicht verboten, ist erlaubt. – Hillebrand, 10; Reyscher, Das gemeine würtemberg. Privatrecht, 2. Ausgabe, §. 76. „Was im Rechten nicht ist verbotten, das ist zu thun iederman befugt.“ (Lehmann, 790, 9.) Allein nicht blos positive Gesetze, sondern auch Herkommen und Gewohnheit verbieten manches. Lat.: Permissa putantur omnia, quae non sunt prohibita. (Binder II, 2558.) – Quae lex non prohibet, debent permissa videri. (Binder II, 2701.) 7 Was uns verboten ist, thut man am liebsten. – Grubb, 769. Die Russen: Verbiete das Theeressen, und die Theerhändler sind gesegnete Leute. (Altmann VI, 497.) Bei Tunnicius (978): Dat uns vorboden is, dat doe wy weist. (Quod nobis vetitum cupimus, quod triste vocamus.) 8 Was verboten ist, dawider thut man gern. – Luther's Tischr., 140b; Petri, II, 611. *9 Das verbietet sich von selbst. Dän.: Det forbyder sig vel selv, det kand ei skee. (Prov. dan., 175.) Verbittern. 1 Es ist alles verbittert. – Franck, II, 19b. *2 He öss so verböttert, wie de Bock op sin Moder. – Frischbier2, 3888. Verblarren. * Er ist verblarrt. (Ulm.) Er hat den Glotzer.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [765]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/771>, abgerufen am 25.04.2024.