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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] *50 Und wann's Spiss und alta Weiba rägnat. (Oberösterreich.) - Baumgarten, 37.

*51 Und wenn's Spiesse schneite.

Zu ergänzen: will ich gehen, kommen, reisen u. s. w.

*52 Vom Spiess in den Mund.

*53 Was spiess vnd stangen tragen mag. (S. Narr 1264.) Franck, II, 56a.

Wenn alles zusammengerafft wird. Franck gebraucht die Redensart für die lateinische: "Ne Sannione aut colone domi relicto. Sannio heysst ein fatzman, ein schalksnarr."

*54 Wenn es auch Spiesse regnete mit der Spitze nach unten.

Die Notwendigkeit auszugehen ist unumgänglich.

Frz.: Quand il pleuvroit des halebardes la pointe en bas. (Kritzinger, 543a.)


Spiessbube.

* Sich zum Spiessbuben machen.

"Und macht sich R. Akiba, der alte Narr und Gauch, zum Trabanten oder Spiessbuben dem Kochab." (Luther's Werke, VIII, 91.)


Spiessbürger.

1 Es gibt mehr Spiessbürger auf dem Katheder, als auf dem Schemel, wo man verarbeitet das Leder.

*2 Es ist ein Spiessbürger.

Nachdem Heinrich I. (919-936) viel Städte hatte erbauen lassen, hiessen ihre Bewohner Bürger und vertheidigten die Stadt mit dem Spiess, daher Spiessbürger, während die Söldner als Vertheidigungswaffe Hellebarten trugen. Nachdem die Bedeutung und Anwendung des Sprichworts aufgehört und diese Bürgerklasse, welche seit Anwendung des Schiesspulvers meist nur aus beschränkten Persönlichkeiten bestand, erloschen, ist nur noch der Name zur Bezeichnung derjenigen Bürger der neuesten Zeit geblieben, welche an veralteten, einseitigen Ansichten und Gewohnheiten hängen. Spiessbürger haben nie einen Blick über die Mauern ihrer Stadt gethan, thun ihn auch nicht, wissen nicht, wie es anderwärts zugeht und fühlen sich in ihrer Beschränktheit nicht unbehaglich. Bei dem Ausdrucke "Spiessbürger" denkt man also an einen Menschen mit engherzigen Ansichten. Die beschränkte äussere Erscheinung ist auf das geistige Gebiet übertragen worden. (S. Nudeldrücker, Pelzbürger, Pfahlbürger und Profe 14.) Da Spiesse in der Studentensprache Geld bezeichnen, so könnte man unter einem Spiessbürger auch wol einen Mann verstehen, der Spiesse, d. h. Geld besitzt. In diesem Sinne schreibt H. Heine an Varnhagen (S. 167): "Mit meiner Familie stehe ich auf gutem Fuss; und meine spiessbürgerlichen Verhältnisse wären wol leidlich zu nennen."


Spiessen.

Erst gespiesst und dann gehangen.

"Die Juristen sind darüber nicht einig, ob ein Pressvergehen schon mit dem Drucke oder erst mit der Verbreitung begangen sei. Der Reichstag wird hoffentlich diesem: >Erst gespiesst und dann gehangen< seine Zustimmung nicht geben." (Bote aus dem Riesengebirge, 1873, Nr. 43, S. 795.) Das Scherzwort ist wahrscheinlich aus Mozart's Oper: "Belmonte und Konstanze" entlehnt, wo es oben heisst: "Er ist geköpft".


Spiesser.

Man kennt den Spiesser am Geweihe.


Spiessgeselle.

* Es sind Spiessgesellen.

Zur Zeit des Hussitenkriegs bestand die Infanterie aus Spiessgesellen, denn die Schiessgewehre waren noch sehr selten. Der Kurfürst von Brandenburg Friedrich I. versprach auf dem Reichstage zu Nürnberg 1431 zu stellen Lanzenknechte mit Spiessgesellen. (Vgl. Correspondent von und für Deutschland, 1816, Nr. 125.)


Spiessling.

* Er ist en Speisslig. - Sutermeister, 57.

Von einer hagern Person. (S. Mager 13.)


Spiessruthe.

1 Es gibt mehr Spiessruthen als Lorbern.

*2 Einen Spiessruthen laufen lassen.

Holl.: Door de spitsroeden dansen. - Jemand door de spitsroeden jagen. (Harrebomee, II, 591a.)

*3 Er verdient Spiessruthen laufen.

*4 Spiessruthen laufen müssen.

Durch der Leute Mäuler gehen, lieblos von ihnen beurtheilt werden, von der barbarischen Soldatenstrafe entlehnt.


Spiker.

* He kann wol 'n Speiker (Nagel) up twe Enden beiten. (Ostfries.) - Eichwald, 1805; Frommann, V, 525, 638.


Spille.

1 Die Spille muss der Hacken folgen.

Wenn der Mann arbeitet, darf das Weib nicht müssig gehen.

Frz.: Le fuseau doit suivre le hoyau. (Kritzinger, 338b.)

[Spaltenumbruch] 2 Ein spill im sack vnd ein meytlin im hus, vnd strow in Bottschuwen1 mögen sich nit verbergen. (S. Stroh.) - Alsatia, 1862-67, 421; Eiselein, 574.

1) Grobe Bauernschuhe von rohem Leder. - "Jeder Tumherr zu S. Adolff (in Neuweiler) erhielt alle jor einen Bottschuich oder drittehalb schilling pfenning." (Scherz. Gloss., 178.). Wahrscheinlich das Zinseinkommen eines dem Adolphi-Stift gehörigen Gutes.

Lat.: In sacco fusa, meritrix in aede reclusa, nequit occultari, nec stramen in sotulari. (Eiselein, 574.)

3 Mit silbernen Spillen ist gut spinnen.

Aber es gibt ein theures Webe.

*4 Das ist die Spille, um die sich alles dreht.

Holl.: Dat is de spil, waarop alles draait. (Harrebomee, II, 289b.)

*5 Die könnte man auf der Spille zerschütteln. - Klix, 84.

*6 Er dreht alles auf dieselbe Spille.

Holl.: Het draait daar altijd op eene zelfde spil. (Harrebomee, II, 289b.)

*7 Es schütt in 't Spill. (Oldenburg.) - Weserzeitung, 4057.

Eigentlich von Pflanzen gesagt, die, ohne Samen anzusetzen, stark ins Laub schiessen. Hier von Kindern, die ungewöhnlich stark wachsen und die Befürchtung eines frühen Todes wachrufen.

Holl.: Het is goed met de zilvernen spil te spinnen. (Harrebomee, II, 290 k.)

Schwed.: Spinna med gullteen gjör väfven dyr. (Grubb, 756.)


Spillegast.

E' Spillegast hott aach sei Last. (Kinzigthal in Kurhessen.)

Spille gehen heisst besuchen.


Spillen.

Wo watt is, da spillt1 watt, harr Gesche seggt, harrs twe Kinner hatt unn en wer davon sturwen. - Goldschmidt, 125; Peik, 127.

1) Verschüttet was, geht was verloren.


Spindel.

1 Auch die schlechte Spindel wird gelobt, ist der Faden gut gesponnen.

2 Die Spindel taugt nicht, wenn der Bart nicht darüber steht.

Gegen Weiberregiment.

Frz.: Le fuseau doibst suivre le garreau. (Leroux, II, 248.)

3 Man muss den die Spindel machen lassen, der's gewohnt ist.

It. Schweiz.: Begna taga fa al füs a chic a üs. (Schweiz, I, 234, 5.)

*4 Auf die Spindel (ein Weib) kommen. - Eiselein, 574.


Spinne.

1 De Spenn de spönnt, de lewe Gottke sönnt, wenn et doach nicht lang dure. - Frischbier2, 3569.

Bezieht sich auf den "fliegenden Sommer" im schönen Herbst.

2 Die fleissige Spinne hat ein grosses Gewebe. - Gaal, 469.

Holl.: De nijvere spin heeft een groot weefsel. (Harrebomee, II, 290a.)

Ung.: Szorgalom gazdagsag, henyeles szegenyseg. (Gaal, 469.)

3 Die Spinne fängt Fliegen, aber die Wespen lässt sie durch.

Die Russen: Wüchse der Spinne auch ein Horn, sie würde doch nur Fliegen damit stossen können. (Altmann VI, 441.)

Dän.: Ederkoppen fanger fluer, og lader bremsen fare. (Prov. dan., 134.)

Holl.: De spin eet de vlieg, en de haged is de spin. (Harrebomee, II, 290a.)

4 Die Spinne geht wol mit langen Beinen aus, doch ist sie kein Strauss.

Holl.: Alle spinnekoppen zijn geene struisvogels, schoon ze lange pooten hebben. (Harrebomee, II, 290a.)

5 Die Spinne ist über die Fliege, der Frosch über die Spinne, die Schlange über den Frosch und der Storch über die Schlange. - Altmann VI, 435.

6 Die Spinne saugt Gift, die Biene Honig aus der Blume. - Blum, 120; Simrock, 9752.

Es kommt alles auf den Gebrauch an, den man von einer Sache macht. Die Russen: Die Spinne saugt auch aus Rosen Gift. (Altmann VI, 410.)

[Spaltenumbruch] *50 Und wann's Spiss und alta Weiba rägnat. (Oberösterreich.) – Baumgarten, 37.

*51 Und wenn's Spiesse schneite.

Zu ergänzen: will ich gehen, kommen, reisen u. s. w.

*52 Vom Spiess in den Mund.

*53 Was spiess vnd stangen tragen mag. (S. Narr 1264.) Franck, II, 56a.

Wenn alles zusammengerafft wird. Franck gebraucht die Redensart für die lateinische: „Ne Sannione aut colone domi relicto. Sannio heysst ein fatzman, ein schalksnarr.“

*54 Wenn es auch Spiesse regnete mit der Spitze nach unten.

Die Notwendigkeit auszugehen ist unumgänglich.

Frz.: Quand il pleuvroit des halebardes la pointe en bas. (Kritzinger, 543a.)


Spiessbube.

* Sich zum Spiessbuben machen.

„Und macht sich R. Akiba, der alte Narr und Gauch, zum Trabanten oder Spiessbuben dem Kochab.“ (Luther's Werke, VIII, 91.)


Spiessbürger.

1 Es gibt mehr Spiessbürger auf dem Katheder, als auf dem Schemel, wo man verarbeitet das Leder.

*2 Es ist ein Spiessbürger.

Nachdem Heinrich I. (919-936) viel Städte hatte erbauen lassen, hiessen ihre Bewohner Bürger und vertheidigten die Stadt mit dem Spiess, daher Spiessbürger, während die Söldner als Vertheidigungswaffe Hellebarten trugen. Nachdem die Bedeutung und Anwendung des Sprichworts aufgehört und diese Bürgerklasse, welche seit Anwendung des Schiesspulvers meist nur aus beschränkten Persönlichkeiten bestand, erloschen, ist nur noch der Name zur Bezeichnung derjenigen Bürger der neuesten Zeit geblieben, welche an veralteten, einseitigen Ansichten und Gewohnheiten hängen. Spiessbürger haben nie einen Blick über die Mauern ihrer Stadt gethan, thun ihn auch nicht, wissen nicht, wie es anderwärts zugeht und fühlen sich in ihrer Beschränktheit nicht unbehaglich. Bei dem Ausdrucke „Spiessbürger“ denkt man also an einen Menschen mit engherzigen Ansichten. Die beschränkte äussere Erscheinung ist auf das geistige Gebiet übertragen worden. (S. Nudeldrücker, Pelzbürger, Pfahlbürger und Profe 14.) Da Spiesse in der Studentensprache Geld bezeichnen, so könnte man unter einem Spiessbürger auch wol einen Mann verstehen, der Spiesse, d. h. Geld besitzt. In diesem Sinne schreibt H. Heine an Varnhagen (S. 167): „Mit meiner Familie stehe ich auf gutem Fuss; und meine spiessbürgerlichen Verhältnisse wären wol leidlich zu nennen.“


Spiessen.

Erst gespiesst und dann gehangen.

„Die Juristen sind darüber nicht einig, ob ein Pressvergehen schon mit dem Drucke oder erst mit der Verbreitung begangen sei. Der Reichstag wird hoffentlich diesem: ›Erst gespiesst und dann gehangen‹ seine Zustimmung nicht geben.“ (Bote aus dem Riesengebirge, 1873, Nr. 43, S. 795.) Das Scherzwort ist wahrscheinlich aus Mozart's Oper: „Belmonte und Konstanze“ entlehnt, wo es oben heisst: „Er ist geköpft“.


Spiesser.

Man kennt den Spiesser am Geweihe.


Spiessgeselle.

* Es sind Spiessgesellen.

Zur Zeit des Hussitenkriegs bestand die Infanterie aus Spiessgesellen, denn die Schiessgewehre waren noch sehr selten. Der Kurfürst von Brandenburg Friedrich I. versprach auf dem Reichstage zu Nürnberg 1431 zu stellen Lanzenknechte mit Spiessgesellen. (Vgl. Correspondent von und für Deutschland, 1816, Nr. 125.)


Spiessling.

* Er ist en Spîsslig.Sutermeister, 57.

Von einer hagern Person. (S. Mager 13.)


Spiessruthe.

1 Es gibt mehr Spiessruthen als Lorbern.

*2 Einen Spiessruthen laufen lassen.

Holl.: Door de spitsroeden dansen. – Jemand door de spitsroeden jagen. (Harrebomée, II, 591a.)

*3 Er verdient Spiessruthen laufen.

*4 Spiessruthen laufen müssen.

Durch der Leute Mäuler gehen, lieblos von ihnen beurtheilt werden, von der barbarischen Soldatenstrafe entlehnt.


Spiker.

* He kann wol 'n Spîker (Nagel) up twê Enden bîten. (Ostfries.) – Eichwald, 1805; Frommann, V, 525, 638.


Spille.

1 Die Spille muss der Hacken folgen.

Wenn der Mann arbeitet, darf das Weib nicht müssig gehen.

Frz.: Le fuseau doit suivre le hoyau. (Kritzinger, 338b.)

[Spaltenumbruch] 2 Ein spill im sack vnd ein meytlin im hus, vnd strow in Bottschuwen1 mögen sich nit verbergen. (S. Stroh.) – Alsatia, 1862-67, 421; Eiselein, 574.

1) Grobe Bauernschuhe von rohem Leder. – „Jeder Tumherr zu S. Adolff (in Neuweiler) erhielt alle jor einen Bottschuich oder drittehalb schilling pfenning.“ (Scherz. Gloss., 178.). Wahrscheinlich das Zinseinkommen eines dem Adolphi-Stift gehörigen Gutes.

Lat.: In sacco fusa, meritrix in aede reclusa, nequit occultari, nec stramen in sotulari. (Eiselein, 574.)

3 Mit silbernen Spillen ist gut spinnen.

Aber es gibt ein theures Webe.

*4 Das ist die Spille, um die sich alles dreht.

Holl.: Dat is de spil, waarop alles draait. (Harrebomée, II, 289b.)

*5 Die könnte man auf der Spille zerschütteln.Klix, 84.

*6 Er dreht alles auf dieselbe Spille.

Holl.: Het draait daar altijd op eene zelfde spil. (Harrebomée, II, 289b.)

*7 Es schütt in 't Spill. (Oldenburg.) – Weserzeitung, 4057.

Eigentlich von Pflanzen gesagt, die, ohne Samen anzusetzen, stark ins Laub schiessen. Hier von Kindern, die ungewöhnlich stark wachsen und die Befürchtung eines frühen Todes wachrufen.

Holl.: Het is goed met de zilvernen spil te spinnen. (Harrebomée, II, 290 k.)

Schwed.: Spinna med gullteen gjör väfven dyr. (Grubb, 756.)


Spillegast.

E' Spillegast hott aach sei Last. (Kinzigthal in Kurhessen.)

Spille gehen heisst besuchen.


Spillen.

Wo watt is, da spillt1 watt, harr Gesche seggt, harrs twe Kinner hatt unn ên wêr davon sturwen.Goldschmidt, 125; Peik, 127.

1) Verschüttet was, geht was verloren.


Spindel.

1 Auch die schlechte Spindel wird gelobt, ist der Faden gut gesponnen.

2 Die Spindel taugt nicht, wenn der Bart nicht darüber steht.

Gegen Weiberregiment.

Frz.: Le fuseau doibst suivre le garreau. (Leroux, II, 248.)

3 Man muss den die Spindel machen lassen, der's gewohnt ist.

It. Schweiz.: Begna taga fa al füs a chic à üs. (Schweiz, I, 234, 5.)

*4 Auf die Spindel (ein Weib) kommen.Eiselein, 574.


Spinne.

1 De Spenn de spönnt, de lewe Gottke sönnt, wenn et doach nicht lang dure.Frischbier2, 3569.

Bezieht sich auf den „fliegenden Sommer“ im schönen Herbst.

2 Die fleissige Spinne hat ein grosses Gewebe.Gaal, 469.

Holl.: De nijvere spin heeft een groot weefsel. (Harrebomée, II, 290a.)

Ung.: Szorgalom gazdagság, henyélés szegénység. (Gaal, 469.)

3 Die Spinne fängt Fliegen, aber die Wespen lässt sie durch.

Die Russen: Wüchse der Spinne auch ein Horn, sie würde doch nur Fliegen damit stossen können. (Altmann VI, 441.)

Dän.: Ederkoppen fanger fluer, og lader bremsen fare. (Prov. dan., 134.)

Holl.: De spin eet de vlieg, en de haged is de spin. (Harrebomée, II, 290a.)

4 Die Spinne geht wol mit langen Beinen aus, doch ist sie kein Strauss.

Holl.: Alle spinnekoppen zijn geene struisvogels, schoon ze lange pooten hebben. (Harrebomée, II, 290a.)

5 Die Spinne ist über die Fliege, der Frosch über die Spinne, die Schlange über den Frosch und der Storch über die Schlange.Altmann VI, 435.

6 Die Spinne saugt Gift, die Biene Honig aus der Blume.Blum, 120; Simrock, 9752.

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[[358]/0364] *50 Und wann's Spiss und alta Weiba rägnat. (Oberösterreich.) – Baumgarten, 37. *51 Und wenn's Spiesse schneite. Zu ergänzen: will ich gehen, kommen, reisen u. s. w. *52 Vom Spiess in den Mund. *53 Was spiess vnd stangen tragen mag. (S. Narr 1264.) Franck, II, 56a. Wenn alles zusammengerafft wird. Franck gebraucht die Redensart für die lateinische: „Ne Sannione aut colone domi relicto. Sannio heysst ein fatzman, ein schalksnarr.“ *54 Wenn es auch Spiesse regnete mit der Spitze nach unten. Die Notwendigkeit auszugehen ist unumgänglich. Frz.: Quand il pleuvroit des halebardes la pointe en bas. (Kritzinger, 543a.) Spiessbube. * Sich zum Spiessbuben machen. „Und macht sich R. Akiba, der alte Narr und Gauch, zum Trabanten oder Spiessbuben dem Kochab.“ (Luther's Werke, VIII, 91.) Spiessbürger. 1 Es gibt mehr Spiessbürger auf dem Katheder, als auf dem Schemel, wo man verarbeitet das Leder. *2 Es ist ein Spiessbürger. Nachdem Heinrich I. (919-936) viel Städte hatte erbauen lassen, hiessen ihre Bewohner Bürger und vertheidigten die Stadt mit dem Spiess, daher Spiessbürger, während die Söldner als Vertheidigungswaffe Hellebarten trugen. Nachdem die Bedeutung und Anwendung des Sprichworts aufgehört und diese Bürgerklasse, welche seit Anwendung des Schiesspulvers meist nur aus beschränkten Persönlichkeiten bestand, erloschen, ist nur noch der Name zur Bezeichnung derjenigen Bürger der neuesten Zeit geblieben, welche an veralteten, einseitigen Ansichten und Gewohnheiten hängen. Spiessbürger haben nie einen Blick über die Mauern ihrer Stadt gethan, thun ihn auch nicht, wissen nicht, wie es anderwärts zugeht und fühlen sich in ihrer Beschränktheit nicht unbehaglich. Bei dem Ausdrucke „Spiessbürger“ denkt man also an einen Menschen mit engherzigen Ansichten. Die beschränkte äussere Erscheinung ist auf das geistige Gebiet übertragen worden. (S. Nudeldrücker, Pelzbürger, Pfahlbürger und Profe 14.) Da Spiesse in der Studentensprache Geld bezeichnen, so könnte man unter einem Spiessbürger auch wol einen Mann verstehen, der Spiesse, d. h. Geld besitzt. In diesem Sinne schreibt H. Heine an Varnhagen (S. 167): „Mit meiner Familie stehe ich auf gutem Fuss; und meine spiessbürgerlichen Verhältnisse wären wol leidlich zu nennen.“ Spiessen. Erst gespiesst und dann gehangen. „Die Juristen sind darüber nicht einig, ob ein Pressvergehen schon mit dem Drucke oder erst mit der Verbreitung begangen sei. Der Reichstag wird hoffentlich diesem: ›Erst gespiesst und dann gehangen‹ seine Zustimmung nicht geben.“ (Bote aus dem Riesengebirge, 1873, Nr. 43, S. 795.) Das Scherzwort ist wahrscheinlich aus Mozart's Oper: „Belmonte und Konstanze“ entlehnt, wo es oben heisst: „Er ist geköpft“. Spiesser. Man kennt den Spiesser am Geweihe. Spiessgeselle. * Es sind Spiessgesellen. Zur Zeit des Hussitenkriegs bestand die Infanterie aus Spiessgesellen, denn die Schiessgewehre waren noch sehr selten. Der Kurfürst von Brandenburg Friedrich I. versprach auf dem Reichstage zu Nürnberg 1431 zu stellen Lanzenknechte mit Spiessgesellen. (Vgl. Correspondent von und für Deutschland, 1816, Nr. 125.) Spiessling. * Er ist en Spîsslig. – Sutermeister, 57. Von einer hagern Person. (S. Mager 13.) Spiessruthe. 1 Es gibt mehr Spiessruthen als Lorbern. *2 Einen Spiessruthen laufen lassen. Holl.: Door de spitsroeden dansen. – Jemand door de spitsroeden jagen. (Harrebomée, II, 591a.) *3 Er verdient Spiessruthen laufen. *4 Spiessruthen laufen müssen. Durch der Leute Mäuler gehen, lieblos von ihnen beurtheilt werden, von der barbarischen Soldatenstrafe entlehnt. Spiker. * He kann wol 'n Spîker (Nagel) up twê Enden bîten. (Ostfries.) – Eichwald, 1805; Frommann, V, 525, 638. Spille. 1 Die Spille muss der Hacken folgen. Wenn der Mann arbeitet, darf das Weib nicht müssig gehen. Frz.: Le fuseau doit suivre le hoyau. (Kritzinger, 338b.) 2 Ein spill im sack vnd ein meytlin im hus, vnd strow in Bottschuwen1 mögen sich nit verbergen. (S. Stroh.) – Alsatia, 1862-67, 421; Eiselein, 574. 1) Grobe Bauernschuhe von rohem Leder. – „Jeder Tumherr zu S. Adolff (in Neuweiler) erhielt alle jor einen Bottschuich oder drittehalb schilling pfenning.“ (Scherz. Gloss., 178.). Wahrscheinlich das Zinseinkommen eines dem Adolphi-Stift gehörigen Gutes. Lat.: In sacco fusa, meritrix in aede reclusa, nequit occultari, nec stramen in sotulari. (Eiselein, 574.) 3 Mit silbernen Spillen ist gut spinnen. Aber es gibt ein theures Webe. *4 Das ist die Spille, um die sich alles dreht. Holl.: Dat is de spil, waarop alles draait. (Harrebomée, II, 289b.) *5 Die könnte man auf der Spille zerschütteln. – Klix, 84. *6 Er dreht alles auf dieselbe Spille. Holl.: Het draait daar altijd op eene zelfde spil. (Harrebomée, II, 289b.) *7 Es schütt in 't Spill. (Oldenburg.) – Weserzeitung, 4057. Eigentlich von Pflanzen gesagt, die, ohne Samen anzusetzen, stark ins Laub schiessen. Hier von Kindern, die ungewöhnlich stark wachsen und die Befürchtung eines frühen Todes wachrufen. Holl.: Het is goed met de zilvernen spil te spinnen. (Harrebomée, II, 290 k.) Schwed.: Spinna med gullteen gjör väfven dyr. (Grubb, 756.) Spillegast. E' Spillegast hott aach sei Last. (Kinzigthal in Kurhessen.) Spille gehen heisst besuchen. Spillen. Wo watt is, da spillt1 watt, harr Gesche seggt, harrs twe Kinner hatt unn ên wêr davon sturwen. – Goldschmidt, 125; Peik, 127. 1) Verschüttet was, geht was verloren. Spindel. 1 Auch die schlechte Spindel wird gelobt, ist der Faden gut gesponnen. 2 Die Spindel taugt nicht, wenn der Bart nicht darüber steht. Gegen Weiberregiment. Frz.: Le fuseau doibst suivre le garreau. (Leroux, II, 248.) 3 Man muss den die Spindel machen lassen, der's gewohnt ist. It. Schweiz.: Begna taga fa al füs a chic à üs. (Schweiz, I, 234, 5.) *4 Auf die Spindel (ein Weib) kommen. – Eiselein, 574. Spinne. 1 De Spenn de spönnt, de lewe Gottke sönnt, wenn et doach nicht lang dure. – Frischbier2, 3569. Bezieht sich auf den „fliegenden Sommer“ im schönen Herbst. 2 Die fleissige Spinne hat ein grosses Gewebe. – Gaal, 469. Holl.: De nijvere spin heeft een groot weefsel. (Harrebomée, II, 290a.) Ung.: Szorgalom gazdagság, henyélés szegénység. (Gaal, 469.) 3 Die Spinne fängt Fliegen, aber die Wespen lässt sie durch. Die Russen: Wüchse der Spinne auch ein Horn, sie würde doch nur Fliegen damit stossen können. (Altmann VI, 441.) Dän.: Ederkoppen fanger fluer, og lader bremsen fare. (Prov. dan., 134.) Holl.: De spin eet de vlieg, en de haged is de spin. (Harrebomée, II, 290a.) 4 Die Spinne geht wol mit langen Beinen aus, doch ist sie kein Strauss. Holl.: Alle spinnekoppen zijn geene struisvogels, schoon ze lange pooten hebben. (Harrebomée, II, 290a.) 5 Die Spinne ist über die Fliege, der Frosch über die Spinne, die Schlange über den Frosch und der Storch über die Schlange. – Altmann VI, 435. 6 Die Spinne saugt Gift, die Biene Honig aus der Blume. – Blum, 120; Simrock, 9752. Es kommt alles auf den Gebrauch an, den man von einer Sache macht. Die Russen: Die Spinne saugt auch aus Rosen Gift. (Altmann VI, 410.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [358]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/364>, abgerufen am 28.03.2024.