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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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Schänden.

1 Dai sik schennt, dai sik kennt. (Iserlohn.) - Woeste, 77, 308.

2 Der sich selbs schend, lobt niemandt. - Gruter, I, 17; Eyering, I, 541.

Lat.: Domesticum thesaurum calumniari. (Tappius, 47a; Philippi, I, 124.)

3 Es kan keiner den andern schenden, dem selber die Ehre fehlt an allen Enden (Wänden).

4 Issts, dass ich mich selber schend, so gefall ich niemand. - Gruter, III, 55; Lehmann, II, 284, 56.

5 Niemand schändet sein eigen Gesicht. - Eisenhart, 171; Simrock, 8885; Graf, 164, 130.

Wer einen Schimpf erlitten oder durch schlechte Handlung sich eine Verachtung zugezogen, hat dadurch die Ehre seiner ganzen Verwandtschaft befleckt. Das Sprichwort warnt daher vor solchen Handlungen, weil durch sie sogar die Ehre der Anverwandten verletzt wird. Es hat seinen Grund in dem Begriff, den unsere Vorfahren sich von der Familienehre gemacht haben, der sehr streng war.

6 Vil leichter zu schenden dan dergleichen thon. - Hauer, Liij3.

Lat.: Carpet citius aliquid quam imitabitur. (Hauer, Liij3.)

7 Wer einen andern schändet viel, muss er auch hören, was er nicht will. - Zinkgref, IV, 355.

"Was einer einem gibt für Wort, dergleichen er darwider hort; und wie man in den Wald einschalt, dergleichen es herwider halt; wie einer einem gibt ein Gruss, dergleichen Dank einnehmen muss."

Böhm.: Hana za hanu. (Celakovsky, 86.)

Lat.: Interrogatio et responsio casu consentiunt. (Chaos, 461.)

Poln.: Bru na bru.

8 Wer einmal ist geschendet, dem hengt es sein Lebelang an. - Petri, II, 704.

9 Wer sich selber nicht schändet, den können auch andere nicht schänden.

Böhm.: Kdo se sam nezhuzdi nikdo ho nemuze zhyzditi. (Celakovsky, 91.)

10 Wer sich selber schändet, den können (werden) auch andere nicht ehren.

Schwed.: Den som skämmer sig sjelf, han ärar ingen annan. (Grubb, 120; Wensell, 19.)

11 Wer sich selber schändet, der gefällt niemand. - Eiselein, 566; Simrock, 8884; Körte, 6765.

12 Wer sich selbs schent, ist gar vnsinnig. - Franck, II, 50b; Gruter, I, 83.

Holl.: Wie zich zelven schendt, die is onzinnig. (Harrebomee, II, 140b.)

*13 Ar hat mi g'schend't (geschimpft) as wenn i di Säu' mit'n g'hüat't hätt. (Franken.) - Frommann, VI, 323, 327.

*14 Dai sgend1 as en Keietelläpper2. (Grafschaft Mark.) - Frommann, V, 162, 134.

1) Sgennen, sgenden = schimpfen, schelten.

2) Kesselflicker, Läpper zu Lappen.

*15 Dai sgend as en Wannenflicker1. - Frommann, V, 162, 134.

1) Wanne oder Schwinge zum Reinigen des Getreides.


Schandfahrt.

* Einem seine Schandfahrten als Riechbüchse vor die Nase halten. (Neuyork.)


Schandfleck.

*1 Die Schandflecke fallen ihm aus dem Maule wie Pragelerbsen.

"Dem Malcher fielen die Schandflecke aus'm Maule wie Pragelerbsen." (Keller, 167b.)

*2 Einem einen Schandfleck anhängen.

Auch: Einem ein Gericht Schandfleck anhängen. Ein Gericht Schandfleck kriegen. (Frischbier, 3250.)

Frz.: Causer du des honneur a quelqu'un. (Kritzinger, 225a.) - Tacher l'honneur de sa famille. (Kritzinger, 666b.)

*3 Für einen Groschen Schandfleck. - Frischbier2, 3251.

Fordern Spassvögel auf der Fischbrücke in Königsberg oder auf den Märkten von den Kuppelweibern.

*4 Sich einen ewigen Schandfleck anhängen.

Frz.: Etre deshonore pour toute sa vie. (Kritzinger, 225a.)


Schandglocke.

* Die Schandglocke über einen läuten.


Schändig.

Nicht is schendiger dan ein velklaffer und hofferdich.

Nichts ist lästernder als ein Klatscher und hoffärtig.

Lat.: Multi loquo nihil est deformius atque superbo. (Tunn., 1248.)


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Schandkorb.

* In den Schandkorb gehören.

Das Wesen einer ganzen Reihe von Strafen des mittelalterlichen Rechts beruhte in der Zufügung eines lächerlichen Schimpfes; der Bestrafte sollte dadurch verhöhnt und gedemüthigt werden. Dazu gehören die im demüthigen und schimpflichen Aufzuge durch Stadt oder Land zu unternehmenden Gänge, bei dem Zeichen der verwirkten Strafe, als blosse Schwerter, Stricke, Ruthen oder Besen, aber auch Hunde (s. d. 1600 u. 1699), Sättel und Pflugräder getragen werden mussten. Sehr verbreitet war auch die Strafe des Schnellens (Schupfens, Korbspringens, Wippens u. s. w.), wobei der Sträfling in einen Korb (Schandkorb, Wippe), der über einer Pfütze schwebte, gesetzt und an manchen Orten in die Pfütze hinabgeschnellt, an andern sich selbst überlassen wurde, bis er zur Belustigung der Zuschauer hineinsprang und beschmuzt davonlief. (Vgl. Gierke, Humor im deutschen Recht.)


Schandlapp.

Der am meisten geübteste Schandlapp ist oft der beste Hahn im Korbe. - Schottel, 1117a.


Schändlich.

1 Das ist schändlich, sagte der Bauer, als die Kuh ins Wasser schiss, das Land ist gross genug. - Simrock, 8891; Schlingmann, 223; Hoefer, 171.

2 Es ist nichts schendlicher, denn ein kläffer vnnd hoffertiger. - Petri, II, 275.

3 It is schendlich as dat ei de henne lert.

Es ist schändlich, wenn das Ei die Henne lehrt.

Lat.: Dedecet ut mutum gellinae consulat ovum. (Tunn., 397.)

4 Schandlich ists, fromme eltern haben vnd sich vbel halten. - Henisch, 876, 27.

5 Was schendlich ist zu reden, das ist viel schendlicher zu thun. - Petri, II, 608.

6 Was schentlich ist zu thun, das ist auch (schändlich) nit schön zu sagen. - Franck, I, 49a; Petri, II, 608; Lehmann, II, 836, 167; Simrock, 8890; Körte, 6483.

Dän.: Det som er skammeligt at gjöre, er og at sige. (Prov. dan., 503.)

*7 Schandlich thua. - Michel, 275; Nefflen, 465.

Schmähen, schimpfen, strafpredigen, auszanken.


Schändlich (Name).

Schändlich hat auf'n Boden geschissen. (Pommern.)

Meist bei Handwerkern als Entgegnung auf den Vorwurf: Das ist schändlich, du bist schändlich! Scheint auf einer Handwerksburschen- oder Herbergsanekdote zu beruhen, bei der Schändlich Eigenname ist.


Schändliches.

Nichts Schändlicheres ist auf Erden als anders meinen, dann reden. - Zinkgref, IV, 403.


Schandloch.

* Sich aus seinem Schandloch herausmachen.

"Weil wir eine Zeitlang gegen sie (Papisten) geschwiegen, so wollen sie sich aus ihrem Schandloch herfür mutzen." (Luther's Werke, V, 133.)


Schandmaul.

* Ein Schandmaul sein. - Frischbier2, 3252.


Schandpfahl.

*1 Er sollte an den Schandpfahl kommen.

*2 Sie ist für den Schandpfahl zu schlecht.

Schon bei den Römern scheint eine Strafe dieser Art bestanden zu haben. Die gewöhnlichen Strafen bestanden in Schlägen, die mit verschiedenen Instrumenten und in verschiedenen Stellungen dem Sträflinge verabreicht wurden, worauf das Scheltwort verbero, eigentlich "Prügelkerl" zurückweist, das bis zur statua verbera = Prügelsäule gesteigert ward und wofür auch ausserordentlich oft bei den Lustspieldichtern das dem Griechischen entlehnte mastigia vorkommt. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1871, S. 169.)


Schandstein.

* Den Schandstein tragen müssen.

Das lebendige Volksrecht früherer Zeit hatte verschiedene Strafarten für Frauen, die sich vergangen hatten. Eine Frau, die ihren Mann geschlagen, wurde rücklings auf einem Esel (s. d. 614) durch die Stadt geführt. Zwei Frauen, die sich auf offenem Markte gezankt hatten oder wol gar handgemein geworden waren, schloss der Büttel in ein durchlöchertes Holz dergestalt, dass zwei an den beiden Enden befindliche weite Löcher für den Hals, kleinere Löcher für die Arme bestimmt waren. Die beiden Frauen waren Gesicht gegen Gesicht gekehrt und hätten sich wol gern mit den Nägeln angefallen, wenn ihre Hände nicht gefesselt gewesen wären. In dieser Lage mussten sie

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Schänden.

1 Dai sik schennt, dai sik kennt. (Iserlohn.) – Woeste, 77, 308.

2 Der sich selbs schend, lobt niemandt.Gruter, I, 17; Eyering, I, 541.

Lat.: Domesticum thesaurum calumniari. (Tappius, 47a; Philippi, I, 124.)

3 Es kan keiner den andern schenden, dem selber die Ehre fehlt an allen Enden (Wänden).

4 Issts, dass ich mich selber schend, so gefall ich niemand.Gruter, III, 55; Lehmann, II, 284, 56.

5 Niemand schändet sein eigen Gesicht.Eisenhart, 171; Simrock, 8885; Graf, 164, 130.

Wer einen Schimpf erlitten oder durch schlechte Handlung sich eine Verachtung zugezogen, hat dadurch die Ehre seiner ganzen Verwandtschaft befleckt. Das Sprichwort warnt daher vor solchen Handlungen, weil durch sie sogar die Ehre der Anverwandten verletzt wird. Es hat seinen Grund in dem Begriff, den unsere Vorfahren sich von der Familienehre gemacht haben, der sehr streng war.

6 Vil leichter zu schenden dan dergleichen thon.Hauer, Liij3.

Lat.: Carpet citius aliquid quam imitabitur. (Hauer, Liij3.)

7 Wer einen andern schändet viel, muss er auch hören, was er nicht will.Zinkgref, IV, 355.

„Was einer einem gibt für Wort, dergleichen er darwider hort; und wie man in den Wald einschalt, dergleichen es herwider halt; wie einer einem gibt ein Gruss, dergleichen Dank einnehmen muss.“

Böhm.: Hana za hanu. (Čelakovsky, 86.)

Lat.: Interrogatio et responsio casu consentiunt. (Chaos, 461.)

Poln.: Bru na bru.

8 Wer einmal ist geschendet, dem hengt es sein Lebelang an.Petri, II, 704.

9 Wer sich selber nicht schändet, den können auch andere nicht schänden.

Böhm.: Kdo se sam nezhuzdí nikdo ho nemůze zhyzditi. (Čelakovsky, 91.)

10 Wer sich selber schändet, den können (werden) auch andere nicht ehren.

Schwed.: Den som skämmer sig sjelf, han ärar ingen annan. (Grubb, 120; Wensell, 19.)

11 Wer sich selber schändet, der gefällt niemand.Eiselein, 566; Simrock, 8884; Körte, 6765.

12 Wer sich selbs schent, ist gar vnsinnig.Franck, II, 50b; Gruter, I, 83.

Holl.: Wie zich zelven schendt, die is onzinnig. (Harrebomée, II, 140b.)

*13 Ar hat mi g'schend't (geschimpft) as wenn i di Säu' mit'n g'hüat't hätt. (Franken.) – Frommann, VI, 323, 327.

*14 Dai sgend1 as en Kîetelläpper2. (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 162, 134.

1) Sgennen, sgenden = schimpfen, schelten.

2) Kesselflicker, Läpper zu Lappen.

*15 Dai sgend as en Wannenflicker1.Frommann, V, 162, 134.

1) Wanne oder Schwinge zum Reinigen des Getreides.


Schandfahrt.

* Einem seine Schandfahrten als Riechbüchse vor die Nase halten. (Neuyork.)


Schandfleck.

*1 Die Schandflecke fallen ihm aus dem Maule wie Pragelerbsen.

„Dem Malcher fielen die Schandflecke aus'm Maule wie Pragelerbsen.“ (Keller, 167b.)

*2 Einem einen Schandfleck anhängen.

Auch: Einem ein Gericht Schandfleck anhängen. Ein Gericht Schandfleck kriegen. (Frischbier, 3250.)

Frz.: Causer du des honneur à quelqu'un. (Kritzinger, 225a.) – Tacher l'honneur de sa famille. (Kritzinger, 666b.)

*3 Für einen Groschen Schandfleck.Frischbier2, 3251.

Fordern Spassvögel auf der Fischbrücke in Königsberg oder auf den Märkten von den Kuppelweibern.

*4 Sich einen ewigen Schandfleck anhängen.

Frz.: Être deshonoré pour toute sa vie. (Kritzinger, 225a.)


Schandglocke.

* Die Schandglocke über einen läuten.


Schändig.

Nicht is schendiger dan ein vêlklaffer und hofferdich.

Nichts ist lästernder als ein Klatscher und hoffärtig.

Lat.: Multi loquo nihil est deformius atque superbo. (Tunn., 1248.)


[Spaltenumbruch]
Schandkorb.

* In den Schandkorb gehören.

Das Wesen einer ganzen Reihe von Strafen des mittelalterlichen Rechts beruhte in der Zufügung eines lächerlichen Schimpfes; der Bestrafte sollte dadurch verhöhnt und gedemüthigt werden. Dazu gehören die im demüthigen und schimpflichen Aufzuge durch Stadt oder Land zu unternehmenden Gänge, bei dem Zeichen der verwirkten Strafe, als blosse Schwerter, Stricke, Ruthen oder Besen, aber auch Hunde (s. d. 1600 u. 1699), Sättel und Pflugräder getragen werden mussten. Sehr verbreitet war auch die Strafe des Schnellens (Schupfens, Korbspringens, Wippens u. s. w.), wobei der Sträfling in einen Korb (Schandkorb, Wippe), der über einer Pfütze schwebte, gesetzt und an manchen Orten in die Pfütze hinabgeschnellt, an andern sich selbst überlassen wurde, bis er zur Belustigung der Zuschauer hineinsprang und beschmuzt davonlief. (Vgl. Gierke, Humor im deutschen Recht.)


Schandlapp.

Der am meisten geübteste Schandlapp ist oft der beste Hahn im Korbe.Schottel, 1117a.


Schändlich.

1 Das ist schändlich, sagte der Bauer, als die Kuh ins Wasser schiss, das Land ist gross genug.Simrock, 8891; Schlingmann, 223; Hoefer, 171.

2 Es ist nichts schendlicher, denn ein kläffer vnnd hoffertiger.Petri, II, 275.

3 It is schendlich as dat ei de henne lêrt.

Es ist schändlich, wenn das Ei die Henne lehrt.

Lat.: Dedecet ut mutum gellinae consulat ovum. (Tunn., 397.)

4 Schandlich ists, fromme eltern haben vnd sich vbel halten.Henisch, 876, 27.

5 Was schendlich ist zu reden, das ist viel schendlicher zu thun.Petri, II, 608.

6 Was schentlich ist zu thun, das ist auch (schändlich) nit schön zu sagen.Franck, I, 49a; Petri, II, 608; Lehmann, II, 836, 167; Simrock, 8890; Körte, 6483.

Dän.: Det som er skammeligt at gjøre, er og at sige. (Prov. dan., 503.)

*7 Schandlich thua.Michel, 275; Nefflen, 465.

Schmähen, schimpfen, strafpredigen, auszanken.


Schändlich (Name).

Schändlich hat auf'n Boden geschissen. (Pommern.)

Meist bei Handwerkern als Entgegnung auf den Vorwurf: Das ist schändlich, du bist schändlich! Scheint auf einer Handwerksburschen- oder Herbergsanekdote zu beruhen, bei der Schändlich Eigenname ist.


Schändliches.

Nichts Schändlicheres ist auf Erden als anders meinen, dann reden.Zinkgref, IV, 403.


Schandloch.

* Sich aus seinem Schandloch herausmachen.

„Weil wir eine Zeitlang gegen sie (Papisten) geschwiegen, so wollen sie sich aus ihrem Schandloch herfür mutzen.“ (Luther's Werke, V, 133.)


Schandmaul.

* Ein Schandmaul sein.Frischbier2, 3252.


Schandpfahl.

*1 Er sollte an den Schandpfahl kommen.

*2 Sie ist für den Schandpfahl zu schlecht.

Schon bei den Römern scheint eine Strafe dieser Art bestanden zu haben. Die gewöhnlichen Strafen bestanden in Schlägen, die mit verschiedenen Instrumenten und in verschiedenen Stellungen dem Sträflinge verabreicht wurden, worauf das Scheltwort verbero, eigentlich „Prügelkerl“ zurückweist, das bis zur statua verbera = Prügelsäule gesteigert ward und wofür auch ausserordentlich oft bei den Lustspieldichtern das dem Griechischen entlehnte mastigia vorkommt. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1871, S. 169.)


Schandstein.

* Den Schandstein tragen müssen.

Das lebendige Volksrecht früherer Zeit hatte verschiedene Strafarten für Frauen, die sich vergangen hatten. Eine Frau, die ihren Mann geschlagen, wurde rücklings auf einem Esel (s. d. 614) durch die Stadt geführt. Zwei Frauen, die sich auf offenem Markte gezankt hatten oder wol gar handgemein geworden waren, schloss der Büttel in ein durchlöchertes Holz dergestalt, dass zwei an den beiden Enden befindliche weite Löcher für den Hals, kleinere Löcher für die Arme bestimmt waren. Die beiden Frauen waren Gesicht gegen Gesicht gekehrt und hätten sich wol gern mit den Nägeln angefallen, wenn ihre Hände nicht gefesselt gewesen wären. In dieser Lage mussten sie

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[[50]/0056] Schänden. 1 Dai sik schennt, dai sik kennt. (Iserlohn.) – Woeste, 77, 308. 2 Der sich selbs schend, lobt niemandt. – Gruter, I, 17; Eyering, I, 541. Lat.: Domesticum thesaurum calumniari. (Tappius, 47a; Philippi, I, 124.) 3 Es kan keiner den andern schenden, dem selber die Ehre fehlt an allen Enden (Wänden). 4 Issts, dass ich mich selber schend, so gefall ich niemand. – Gruter, III, 55; Lehmann, II, 284, 56. 5 Niemand schändet sein eigen Gesicht. – Eisenhart, 171; Simrock, 8885; Graf, 164, 130. Wer einen Schimpf erlitten oder durch schlechte Handlung sich eine Verachtung zugezogen, hat dadurch die Ehre seiner ganzen Verwandtschaft befleckt. Das Sprichwort warnt daher vor solchen Handlungen, weil durch sie sogar die Ehre der Anverwandten verletzt wird. Es hat seinen Grund in dem Begriff, den unsere Vorfahren sich von der Familienehre gemacht haben, der sehr streng war. 6 Vil leichter zu schenden dan dergleichen thon. – Hauer, Liij3. Lat.: Carpet citius aliquid quam imitabitur. (Hauer, Liij3.) 7 Wer einen andern schändet viel, muss er auch hören, was er nicht will. – Zinkgref, IV, 355. „Was einer einem gibt für Wort, dergleichen er darwider hort; und wie man in den Wald einschalt, dergleichen es herwider halt; wie einer einem gibt ein Gruss, dergleichen Dank einnehmen muss.“ Böhm.: Hana za hanu. (Čelakovsky, 86.) Lat.: Interrogatio et responsio casu consentiunt. (Chaos, 461.) Poln.: Bru na bru. 8 Wer einmal ist geschendet, dem hengt es sein Lebelang an. – Petri, II, 704. 9 Wer sich selber nicht schändet, den können auch andere nicht schänden. Böhm.: Kdo se sam nezhuzdí nikdo ho nemůze zhyzditi. (Čelakovsky, 91.) 10 Wer sich selber schändet, den können (werden) auch andere nicht ehren. Schwed.: Den som skämmer sig sjelf, han ärar ingen annan. (Grubb, 120; Wensell, 19.) 11 Wer sich selber schändet, der gefällt niemand. – Eiselein, 566; Simrock, 8884; Körte, 6765. 12 Wer sich selbs schent, ist gar vnsinnig. – Franck, II, 50b; Gruter, I, 83. Holl.: Wie zich zelven schendt, die is onzinnig. (Harrebomée, II, 140b.) *13 Ar hat mi g'schend't (geschimpft) as wenn i di Säu' mit'n g'hüat't hätt. (Franken.) – Frommann, VI, 323, 327. *14 Dai sgend1 as en Kîetelläpper2. (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 162, 134. 1) Sgennen, sgenden = schimpfen, schelten. 2) Kesselflicker, Läpper zu Lappen. *15 Dai sgend as en Wannenflicker1. – Frommann, V, 162, 134. 1) Wanne oder Schwinge zum Reinigen des Getreides. Schandfahrt. * Einem seine Schandfahrten als Riechbüchse vor die Nase halten. (Neuyork.) Schandfleck. *1 Die Schandflecke fallen ihm aus dem Maule wie Pragelerbsen. „Dem Malcher fielen die Schandflecke aus'm Maule wie Pragelerbsen.“ (Keller, 167b.) *2 Einem einen Schandfleck anhängen. Auch: Einem ein Gericht Schandfleck anhängen. Ein Gericht Schandfleck kriegen. (Frischbier, 3250.) Frz.: Causer du des honneur à quelqu'un. (Kritzinger, 225a.) – Tacher l'honneur de sa famille. (Kritzinger, 666b.) *3 Für einen Groschen Schandfleck. – Frischbier2, 3251. Fordern Spassvögel auf der Fischbrücke in Königsberg oder auf den Märkten von den Kuppelweibern. *4 Sich einen ewigen Schandfleck anhängen. Frz.: Être deshonoré pour toute sa vie. (Kritzinger, 225a.) Schandglocke. * Die Schandglocke über einen läuten. Schändig. Nicht is schendiger dan ein vêlklaffer und hofferdich. Nichts ist lästernder als ein Klatscher und hoffärtig. Lat.: Multi loquo nihil est deformius atque superbo. (Tunn., 1248.) Schandkorb. * In den Schandkorb gehören. Das Wesen einer ganzen Reihe von Strafen des mittelalterlichen Rechts beruhte in der Zufügung eines lächerlichen Schimpfes; der Bestrafte sollte dadurch verhöhnt und gedemüthigt werden. Dazu gehören die im demüthigen und schimpflichen Aufzuge durch Stadt oder Land zu unternehmenden Gänge, bei dem Zeichen der verwirkten Strafe, als blosse Schwerter, Stricke, Ruthen oder Besen, aber auch Hunde (s. d. 1600 u. 1699), Sättel und Pflugräder getragen werden mussten. Sehr verbreitet war auch die Strafe des Schnellens (Schupfens, Korbspringens, Wippens u. s. w.), wobei der Sträfling in einen Korb (Schandkorb, Wippe), der über einer Pfütze schwebte, gesetzt und an manchen Orten in die Pfütze hinabgeschnellt, an andern sich selbst überlassen wurde, bis er zur Belustigung der Zuschauer hineinsprang und beschmuzt davonlief. (Vgl. Gierke, Humor im deutschen Recht.) Schandlapp. Der am meisten geübteste Schandlapp ist oft der beste Hahn im Korbe. – Schottel, 1117a. Schändlich. 1 Das ist schändlich, sagte der Bauer, als die Kuh ins Wasser schiss, das Land ist gross genug. – Simrock, 8891; Schlingmann, 223; Hoefer, 171. 2 Es ist nichts schendlicher, denn ein kläffer vnnd hoffertiger. – Petri, II, 275. 3 It is schendlich as dat ei de henne lêrt. Es ist schändlich, wenn das Ei die Henne lehrt. Lat.: Dedecet ut mutum gellinae consulat ovum. (Tunn., 397.) 4 Schandlich ists, fromme eltern haben vnd sich vbel halten. – Henisch, 876, 27. 5 Was schendlich ist zu reden, das ist viel schendlicher zu thun. – Petri, II, 608. 6 Was schentlich ist zu thun, das ist auch (schändlich) nit schön zu sagen. – Franck, I, 49a; Petri, II, 608; Lehmann, II, 836, 167; Simrock, 8890; Körte, 6483. Dän.: Det som er skammeligt at gjøre, er og at sige. (Prov. dan., 503.) *7 Schandlich thua. – Michel, 275; Nefflen, 465. Schmähen, schimpfen, strafpredigen, auszanken. Schändlich (Name). Schändlich hat auf'n Boden geschissen. (Pommern.) Meist bei Handwerkern als Entgegnung auf den Vorwurf: Das ist schändlich, du bist schändlich! Scheint auf einer Handwerksburschen- oder Herbergsanekdote zu beruhen, bei der Schändlich Eigenname ist. Schändliches. Nichts Schändlicheres ist auf Erden als anders meinen, dann reden. – Zinkgref, IV, 403. Schandloch. * Sich aus seinem Schandloch herausmachen. „Weil wir eine Zeitlang gegen sie (Papisten) geschwiegen, so wollen sie sich aus ihrem Schandloch herfür mutzen.“ (Luther's Werke, V, 133.) Schandmaul. * Ein Schandmaul sein. – Frischbier2, 3252. Schandpfahl. *1 Er sollte an den Schandpfahl kommen. *2 Sie ist für den Schandpfahl zu schlecht. Schon bei den Römern scheint eine Strafe dieser Art bestanden zu haben. Die gewöhnlichen Strafen bestanden in Schlägen, die mit verschiedenen Instrumenten und in verschiedenen Stellungen dem Sträflinge verabreicht wurden, worauf das Scheltwort verbero, eigentlich „Prügelkerl“ zurückweist, das bis zur statua verbera = Prügelsäule gesteigert ward und wofür auch ausserordentlich oft bei den Lustspieldichtern das dem Griechischen entlehnte mastigia vorkommt. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1871, S. 169.) Schandstein. * Den Schandstein tragen müssen. Das lebendige Volksrecht früherer Zeit hatte verschiedene Strafarten für Frauen, die sich vergangen hatten. Eine Frau, die ihren Mann geschlagen, wurde rücklings auf einem Esel (s. d. 614) durch die Stadt geführt. Zwei Frauen, die sich auf offenem Markte gezankt hatten oder wol gar handgemein geworden waren, schloss der Büttel in ein durchlöchertes Holz dergestalt, dass zwei an den beiden Enden befindliche weite Löcher für den Hals, kleinere Löcher für die Arme bestimmt waren. Die beiden Frauen waren Gesicht gegen Gesicht gekehrt und hätten sich wol gern mit den Nägeln angefallen, wenn ihre Hände nicht gefesselt gewesen wären. In dieser Lage mussten sie

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [50]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/56>, abgerufen am 29.03.2024.