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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.

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[Spaltenumbruch] 2 Böss Zeitung erfährt man allezeit frühe genug. - (Gruter, III, 11; Lehmann, 52, 61; Petri, II, 319. )

Engl.: Ill news comes apace. (Gaal, 1575.)

3 Die Zeitung ist eine Lügnerin. - Simrock, 12090a.

4 Die Zeitungen lügen.

5 Es ist besser, neue Zeitungen hören als sehen. - Opel, 379.

Ein Gedanke wie dieser lag in der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs sehr nahe.

6 Fürwahr ein seltsam Zeitung ist, wenn ein Wolf den andern frisst. - Birlinger, 551.

7 Gute Zeitung bringt guten Botenlohn.

Holl.: Die goede tijdingen brengt, verdient bodenbrood. (Harrebomee, II, 334b.)

8 Gute Zeitung gehet Trab, böse kommt Galopp.

Lat.: Fama repleta malis velocibus evolat alis.

9 Gute Zeitung höret jeder gern. - Opel, 152.

10 Gute Zeitung hört man zeitig genug, böse immer zu zeitig.

Dän.: God tiding höres tiilig nok, ond tiding alt for tiilig. (Prov. dan., 308.)

11 Gute Zeitung schlägt getrost an Thür und Fenster. - Winckler, XIV, 95.

12 Ist die Zeitung gar zu gut, so schüttelt man den Hut.

Allzu günstige Nachrichten pflegt man nicht bald zu glauben, um sich, da sie oft nicht begründet sind, nicht unangenehmen Enttäuschungen auszusetzen.

Lat.: Tarda solet magnis rebus inesse fides. (Ovid.) (Binder I, 1720; II, 3286; Philippi, II, 212.)

13 Keine Zeitung, gute Zeitung.

Holl.: Geene tijding, goede tijding. (Harrebomee, II, 334b.)

14 Neue Zeitung hört man gern. - Eiselein, 658; Simrock, 12090; Dove, 806.

Lat.: Cunctarum novitas gratissima rerum. - Hominum natura novitatis avida. (Philippi, I, 105 u. 180.)

15 Neue Zeitung ist für einen Verständigen nichts Neues. - Opel, 379.

16 Newe Zeitung erfehret man früh. - Mathesy, 218a.

17 Niemand versteht eine Zeitung besser, als der sie selbst erfahren und versucht hat. - Opel, 379.

18 Man sol nicht böse Zeitung gen Hoff bringen, man verdient böss Boten Brot. - Mathesy, 114a; Petri, II, 467.

19 Schlimme Zeitung lügt nicht.

Span.: Las malas nuevas siempre son ciertas. (Bohn I, 228.)

20 Traurige Zeitung kommt nie zu spät. - Wirth, II, 511.

21 Wenn wir's in die Zeitung setzen lassen, so bringt ihn ein ehrlicher Finder wieder, sagte der Knabe, als der Vater klagte, dass er einen Process verloren habe.

22 Wer gern neue Zeitungen hört, dem werden auch viel zugetragen. - Pistor., VIII, 72; Simrock, 12091.

23 Wer gute Zeitung bringt, klopft herzhaft an die Thür.

Dän.: Den banker dristig paa, som förer gode tidinger. (Prov. dan., 547.)

24 Wer newe zeyttungen wil wissen, der erfahre sie ynn barbierheusern, badtstuben, bachoffn, sechswochenbetter vnd tabernen. - Agricola I, 166; Latendorf III, 94; Lehmann, II, 849, 304; Petri, II, 738.

25 Wer Zeitung bringt, nimmt Zeitung mit.

26 Wie die Zeitung, so das Ohr.

Frz.: Telle nouvelle, telle oreille. (Kritzinger, 481b.)

27 Zeitungen liefern grosse Lügen für klein Geld. - Eiselein, 437.

28 Zeitungen und Fische sind frisch am besten.

Holl.: Tijding is niet als de visch, daar de versche de beste is. (Harrebomee, II, 334b.)

29 Zeitungen und Postkutschen gehen ab, wenn die Stunde schlägt.

Es ist gleich, ob sie besetzt oder ledig sind, und was für Leute darin sitzen.

30 Zu gute Zeitung ist selten wahr. - Herberger, Herzpostille, 1b, 411.

[Spaltenumbruch] *31 Das ist der Zeitung gleich. (Meiningen.)

Merkwürdig, seltsam.

*32 Hüte dich vor Gremlich's Zeitungen. - Zimmerische Chronik, IV.


Zeitungsente.

* Es ist eine Zeitungsente.

Ente nennt man eine in Zeitungen verbreitete, gleichsam fortschwimmende, aber wiederholt auftauchende Fabel oder Lüge. (Vgl. Grimm, Wb., III, 509.) Früher hiess sie blaue Ente; denn blau ist nebelhaft, nichtig, daher blauen Dunst vormachen, lügen (s. Ente 18, 23, 27). Damit ist aber die Zeitungsente noch nicht erklärt. Wurzbach erzählt in seinen Historischen Wörtern, S. 83, Folgendes: In den ersten Zeiten des französischen Kaiserreichs fehlte es nicht an ausserordentlichen Sieges berichten. Zur Verspottung der napoleonischen Schlachtberichte habe der brüsseler Egide Norbert Cornelissen dem Ernste den Scherz gegenübergestellt, indem er der lügentrunkenen Zeit einen Spiegel vorhielt und in einer Zeitung folgende Geschichte einrücken liess. Um die Gefrässigkeit der Enten zu beweisen und zu veranschaulichen, hat man einen interessanten Versuch vorgenommen. Zwanzig derselben seien gemeinschaftlich eingesperrt und eine nach der andern geschlachtet und zerhackt worden, um den übrigen als Futter zu dienen. Die erste wurde von den andern neunzehn sehr schnell verschlungen, dann wieder eine von achtzehn, wieder eine von siebzehn u. s. f. bis neunzehn von einer einzigen in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit aufgefressen waren. Diese Anekdote ging allmählich durch alle europäischen Zeitungen, und tauchte nach einigen Jahren, hier bereits der Vergessenheit anheimgefallen, in einem amerikanischen Blatte wieder auf, und zwar vermehrt mit einem "wissenschaftlichen Certificat" über die Untersuchung des zuletzt am Leben gebliebenen Thieres, an dessen Speiseröhre man bedeutende Verletzungen gefunden haben wollte. Diese Geschichte soll nun die Stammmutter aller "Zeitungsenten" sein. So erzählt auch Quetelet den Ursprung der Redensart in einem Artikel über Norbert Cornelissen (Annuaire de l'Academie). - Sanders bemerkt dagegen über den Ursprung des Worts (vgl. National Zeitung, Berlin 1856, Nr. 543), dass J. L. Frisch in seinem Teutsch-lateinischen Wörterbuche (1741, I, 106c) schon aus "alten teutschen Sprichwörtern, Fol. 856" die Bezeichnung: "Blaue Enten, tricae apinaeque" anführt, wie sich denn z. B. auch bei Paracelsus (Opera 1616, I, 62, a) findet: "Die Arzt sagen von andern blauen Enten" (d. h. sie fabeln allerlei) "wo der Ursprung herkommt" (S. Ente 27.) - Im Plattdeutschen findet sich in ganz ähnlichem Sinne der Ausdruck "Fisematenten" (visematentae), der auch, wie z. B., Claus Bur, v. 68 u. 938, visepetenten lautet, welches vielfach falsch, z. B. von J. Grimm in den Göttinger Gelehrten Anzeigen (1850, S. 763 ff.) aus Vice-Superintendenten gedeutete Wort, vielleicht nur eine besondere Art von "Enten" bezeichnet, wie denn nach Stalder, Schweizerisches Idiotikon (I, 174) die vorzüglich auf dem Bodensee sich findende Anas rufina "Bismattente" heisst. Dürfte man dabei in den ersten Silben von viscematenten eine Anspielung auf die Avisen, d. i. Zeitungen erblicken; so böte das plattdeutsche Wort den vollständigsten Pendant zu unserer heutigen "Zeitungsente." - Das im Jahre 1776 in Paris erschienene Industrielle Lexikon gibt über die Entstehung des Wortes Zeitungsente folgende Erklärung: "Die Landwirthschaftliche Zeitung veröffentlichte ein eigenthümliches Verfahren, wilde Enten zu fangen. Man kocht, schrieb sie, eine starke und lange Eichel in einem Absud von Sennesblättern und Jalappe. Die so zubereitete Eichel bindet man an einen dünnen, aber starken Faden in der Mitte fest und wirft sie darauf ins Wasser. Das Ende des Fadens behält man in der Hand und verbirgt sich. Die Ente schwimmt heran und verschluckt die Eichel; diese hat aber in ihrer Zubereitung eine starke purgative Wirkung und kommt sofort wieder zum Vorschein. Darauf kommt eine andere Ente und verschluckt diese wiederum, eine dritte, vierte und so fort. So reihen sich alle an demselben Faden auf. Man berichtet bei dieser Gelegenheit, dass ein Huissier in der Nähe von Guede-Chaussee zwanzig Enten auf diese Weise aufgereiht habe. Darauf flogen die Enten auf und nahmen den Huissier mit; der Strick riss und der unglückliche Jäger brach ein Bein." Dieses Urbild aller Zeitungslügen erlangte einen Ruf; und schliesslich griff man - zur Bezeichnung einer derben Ungeheuerlichkeit - aus der obigen famosen Entengeschichte nur das eine Wörtchen heraus, um durch dasselbe fortan jede offenbare Erfindung und Erdichtung zu kennzeichnen. (Nordböhmisches Volksblatt, 1876, Nr. 42.) - In Schelmuffky's curiöser Reisebeschreibung in hochdeutscher Frau Muttersprache (Schelmerode 1616, neu, Leipzig 1848) heisst es übrigens schon: " ... So wusste ich allemalen so eine arttige Lüg-Ente vorzubringen." Mit Bezug auf den Ausdruck Lüg-Ente bemerkt der Verfasser eines Artikels in den Blättern für literarische Unterhaltung (1865, S. 174), dass dies nur eine witzige Umdeutschung für Legende sein könne. "Der Reformation lag es nahe, indem sie die Heiligenverehrung als Abgötterei verwarf, auch der Legende den Glauben

[Spaltenumbruch] 2 Böss Zeitung erfährt man allezeit frühe genug. – (Gruter, III, 11; Lehmann, 52, 61; Petri, II, 319. )

Engl.: Ill news comes apace. (Gaal, 1575.)

3 Die Zeitung ist eine Lügnerin.Simrock, 12090a.

4 Die Zeitungen lügen.

5 Es ist besser, neue Zeitungen hören als sehen.Opel, 379.

Ein Gedanke wie dieser lag in der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs sehr nahe.

6 Fürwahr ein seltsam Zeitung ist, wenn ein Wolf den andern frisst.Birlinger, 551.

7 Gute Zeitung bringt guten Botenlohn.

Holl.: Die goede tijdingen brengt, verdient bodenbrood. (Harrebomée, II, 334b.)

8 Gute Zeitung gehet Trab, böse kommt Galopp.

Lat.: Fama repleta malis velocibus evolat alis.

9 Gute Zeitung höret jeder gern.Opel, 152.

10 Gute Zeitung hört man zeitig genug, böse immer zu zeitig.

Dän.: God tiding høres tiilig nok, ond tiding alt for tiilig. (Prov. dan., 308.)

11 Gute Zeitung schlägt getrost an Thür und Fenster.Winckler, XIV, 95.

12 Ist die Zeitung gar zu gut, so schüttelt man den Hut.

Allzu günstige Nachrichten pflegt man nicht bald zu glauben, um sich, da sie oft nicht begründet sind, nicht unangenehmen Enttäuschungen auszusetzen.

Lat.: Tarda solet magnis rebus inesse fides. (Ovid.) (Binder I, 1720; II, 3286; Philippi, II, 212.)

13 Keine Zeitung, gute Zeitung.

Holl.: Geene tijding, goede tijding. (Harrebomée, II, 334b.)

14 Neue Zeitung hört man gern.Eiselein, 658; Simrock, 12090; Dove, 806.

Lat.: Cunctarum novitas gratissima rerum. – Hominum natura novitatis avida. (Philippi, I, 105 u. 180.)

15 Neue Zeitung ist für einen Verständigen nichts Neues.Opel, 379.

16 Newe Zeitung erfehret man früh.Mathesy, 218a.

17 Niemand versteht eine Zeitung besser, als der sie selbst erfahren und versucht hat.Opel, 379.

18 Man sol nicht böse Zeitung gen Hoff bringen, man verdient böss Boten Brot.Mathesy, 114a; Petri, II, 467.

19 Schlimme Zeitung lügt nicht.

Span.: Las malas nuevas siempre son ciertas. (Bohn I, 228.)

20 Traurige Zeitung kommt nie zu spät.Wirth, II, 511.

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22 Wer gern neue Zeitungen hört, dem werden auch viel zugetragen.Pistor., VIII, 72; Simrock, 12091.

23 Wer gute Zeitung bringt, klopft herzhaft an die Thür.

Dän.: Den banker dristig paa, som fører gode tidinger. (Prov. dan., 547.)

24 Wer newe zeyttungen wil wissen, der erfahre sie ynn barbierheusern, badtstuben, bachoffn, sechswochenbetter vnd tabernen.Agricola I, 166; Latendorf III, 94; Lehmann, II, 849, 304; Petri, II, 738.

25 Wer Zeitung bringt, nimmt Zeitung mit.

26 Wie die Zeitung, so das Ohr.

Frz.: Telle nouvelle, telle oreille. (Kritzinger, 481b.)

27 Zeitungen liefern grosse Lügen für klein Geld.Eiselein, 437.

28 Zeitungen und Fische sind frisch am besten.

Holl.: Tijding is niet als de visch, daar de versche de beste is. (Harrebomée, II, 334b.)

29 Zeitungen und Postkutschen gehen ab, wenn die Stunde schlägt.

Es ist gleich, ob sie besetzt oder ledig sind, und was für Leute darin sitzen.

30 Zu gute Zeitung ist selten wahr.Herberger, Herzpostille, 1b, 411.

[Spaltenumbruch] *31 Das ist der Zeitung gleich. (Meiningen.)

Merkwürdig, seltsam.

*32 Hüte dich vor Gremlich's Zeitungen.Zimmerische Chronik, IV.


Zeitungsente.

* Es ist eine Zeitungsente.

Ente nennt man eine in Zeitungen verbreitete, gleichsam fortschwimmende, aber wiederholt auftauchende Fabel oder Lüge. (Vgl. Grimm, Wb., III, 509.) Früher hiess sie blaue Ente; denn blau ist nebelhaft, nichtig, daher blauen Dunst vormachen, lügen (s. Ente 18, 23, 27). Damit ist aber die Zeitungsente noch nicht erklärt. Wurzbach erzählt in seinen Historischen Wörtern, S. 83, Folgendes: In den ersten Zeiten des französischen Kaiserreichs fehlte es nicht an ausserordentlichen Sieges berichten. Zur Verspottung der napoleonischen Schlachtberichte habe der brüsseler Egide Norbert Cornelissen dem Ernste den Scherz gegenübergestellt, indem er der lügentrunkenen Zeit einen Spiegel vorhielt und in einer Zeitung folgende Geschichte einrücken liess. Um die Gefrässigkeit der Enten zu beweisen und zu veranschaulichen, hat man einen interessanten Versuch vorgenommen. Zwanzig derselben seien gemeinschaftlich eingesperrt und eine nach der andern geschlachtet und zerhackt worden, um den übrigen als Futter zu dienen. Die erste wurde von den andern neunzehn sehr schnell verschlungen, dann wieder eine von achtzehn, wieder eine von siebzehn u. s. f. bis neunzehn von einer einzigen in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit aufgefressen waren. Diese Anekdote ging allmählich durch alle europäischen Zeitungen, und tauchte nach einigen Jahren, hier bereits der Vergessenheit anheimgefallen, in einem amerikanischen Blatte wieder auf, und zwar vermehrt mit einem „wissenschaftlichen Certificat“ über die Untersuchung des zuletzt am Leben gebliebenen Thieres, an dessen Speiseröhre man bedeutende Verletzungen gefunden haben wollte. Diese Geschichte soll nun die Stammmutter aller „Zeitungsenten“ sein. So erzählt auch Quetelet den Ursprung der Redensart in einem Artikel über Norbert Cornelissen (Annuaire de l'Académie).Sanders bemerkt dagegen über den Ursprung des Worts (vgl. National Zeitung, Berlin 1856, Nr. 543), dass J. L. Frisch in seinem Teutsch-lateinischen Wörterbuche (1741, I, 106c) schon aus „alten teutschen Sprichwörtern, Fol. 856“ die Bezeichnung: „Blaue Enten, tricae apinaeque“ anführt, wie sich denn z. B. auch bei Paracelsus (Opera 1616, I, 62, a) findet: „Die Arzt sagen von andern blauen Enten“ (d. h. sie fabeln allerlei) „wo der Ursprung herkommt“ (S. Ente 27.) – Im Plattdeutschen findet sich in ganz ähnlichem Sinne der Ausdruck „Fisematenten“ (visematentae), der auch, wie z. B., Claus Bur, v. 68 u. 938, visepetenten lautet, welches vielfach falsch, z. B. von J. Grimm in den Göttinger Gelehrten Anzeigen (1850, S. 763 ff.) aus Vice-Superintendenten gedeutete Wort, vielleicht nur eine besondere Art von „Enten“ bezeichnet, wie denn nach Stalder, Schweizerisches Idiotikon (I, 174) die vorzüglich auf dem Bodensee sich findende Anas rufina „Bismattente“ heisst. Dürfte man dabei in den ersten Silben von viscematenten eine Anspielung auf die Avisen, d. i. Zeitungen erblicken; so böte das plattdeutsche Wort den vollständigsten Pendant zu unserer heutigen „Zeitungsente.“ – Das im Jahre 1776 in Paris erschienene Industrielle Lexikon gibt über die Entstehung des Wortes Zeitungsente folgende Erklärung: „Die Landwirthschaftliche Zeitung veröffentlichte ein eigenthümliches Verfahren, wilde Enten zu fangen. Man kocht, schrieb sie, eine starke und lange Eichel in einem Absud von Sennesblättern und Jalappe. Die so zubereitete Eichel bindet man an einen dünnen, aber starken Faden in der Mitte fest und wirft sie darauf ins Wasser. Das Ende des Fadens behält man in der Hand und verbirgt sich. Die Ente schwimmt heran und verschluckt die Eichel; diese hat aber in ihrer Zubereitung eine starke purgative Wirkung und kommt sofort wieder zum Vorschein. Darauf kommt eine andere Ente und verschluckt diese wiederum, eine dritte, vierte und so fort. So reihen sich alle an demselben Faden auf. Man berichtet bei dieser Gelegenheit, dass ein Huissier in der Nähe von Guede-Chaussée zwanzig Enten auf diese Weise aufgereiht habe. Darauf flogen die Enten auf und nahmen den Huissier mit; der Strick riss und der unglückliche Jäger brach ein Bein.“ Dieses Urbild aller Zeitungslügen erlangte einen Ruf; und schliesslich griff man – zur Bezeichnung einer derben Ungeheuerlichkeit – aus der obigen famosen Entengeschichte nur das eine Wörtchen heraus, um durch dasselbe fortan jede offenbare Erfindung und Erdichtung zu kennzeichnen. (Nordböhmisches Volksblatt, 1876, Nr. 42.) – In Schelmuffky's curiöser Reisebeschreibung in hochdeutscher Frau Muttersprache (Schelmerode 1616, neu, Leipzig 1848) heisst es übrigens schon: „ ... So wusste ich allemalen so eine arttige Lüg-Ente vorzubringen.“ Mit Bezug auf den Ausdruck Lüg-Ente bemerkt der Verfasser eines Artikels in den Blättern für literarische Unterhaltung (1865, S. 174), dass dies nur eine witzige Umdeutschung für Legende sein könne. „Der Reformation lag es nahe, indem sie die Heiligenverehrung als Abgötterei verwarf, auch der Legende den Glauben

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          <p rendition="#et">Ente nennt man eine in Zeitungen verbreitete, gleichsam fortschwimmende, aber wiederholt auftauchende Fabel oder Lüge. (Vgl. <hi rendition="#i">Grimm, Wb., III, 509.</hi>) Früher hiess sie blaue Ente; denn blau ist nebelhaft, nichtig, daher blauen Dunst vormachen, lügen (s. Ente  18,  23,  27). Damit ist aber die Zeitungsente noch nicht erklärt. <hi rendition="#i">Wurzbach</hi> erzählt in seinen <hi rendition="#i">Historischen Wörtern, S. 83,</hi> Folgendes: In den ersten Zeiten des französischen Kaiserreichs fehlte es nicht an ausserordentlichen Sieges berichten. Zur Verspottung der napoleonischen Schlachtberichte habe der brüsseler Egide <hi rendition="#i">Norbert Cornelissen</hi> dem Ernste den Scherz gegenübergestellt, indem er der lügentrunkenen Zeit einen Spiegel vorhielt und in einer Zeitung folgende Geschichte einrücken liess. Um die Gefrässigkeit der Enten zu beweisen und zu veranschaulichen, hat man einen interessanten Versuch vorgenommen. Zwanzig derselben seien gemeinschaftlich eingesperrt und eine nach der andern geschlachtet und zerhackt worden, um den übrigen als Futter zu dienen. Die erste wurde von den andern neunzehn sehr schnell verschlungen, dann wieder eine von achtzehn, wieder eine von siebzehn u. s. f. bis neunzehn von einer einzigen in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit aufgefressen waren. Diese Anekdote ging allmählich durch alle europäischen Zeitungen, und tauchte nach einigen Jahren, hier bereits der Vergessenheit anheimgefallen, in einem amerikanischen Blatte wieder auf, und zwar vermehrt mit einem &#x201E;wissenschaftlichen Certificat&#x201C; über die Untersuchung des zuletzt am Leben gebliebenen Thieres, an dessen Speiseröhre man bedeutende Verletzungen gefunden haben wollte. Diese Geschichte soll nun die Stammmutter aller &#x201E;Zeitungsenten&#x201C; sein. 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So reihen sich alle an demselben Faden auf. Man berichtet bei dieser Gelegenheit, dass ein Huissier in der Nähe von Guede-Chaussée zwanzig Enten auf diese Weise aufgereiht habe. Darauf flogen die Enten auf und nahmen den Huissier mit; der Strick riss und der unglückliche Jäger brach ein Bein.&#x201C; Dieses Urbild aller Zeitungslügen erlangte einen Ruf; und schliesslich griff man &#x2013; zur Bezeichnung einer derben Ungeheuerlichkeit &#x2013; aus der obigen famosen Entengeschichte nur das eine Wörtchen heraus, um durch dasselbe fortan jede offenbare Erfindung und Erdichtung zu kennzeichnen. (<hi rendition="#i">Nordböhmisches Volksblatt, 1876, Nr. 42.</hi>) &#x2013; In <hi rendition="#i">Schelmuffky's curiöser Reisebeschreibung in hochdeutscher Frau Muttersprache</hi> (Schelmerode 1616, neu, Leipzig 1848) heisst es übrigens schon: &#x201E; ... 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[[281]/0293] 2 Böss Zeitung erfährt man allezeit frühe genug. – (Gruter, III, 11; Lehmann, 52, 61; Petri, II, 319. ) Engl.: Ill news comes apace. (Gaal, 1575.) 3 Die Zeitung ist eine Lügnerin. – Simrock, 12090a. 4 Die Zeitungen lügen. 5 Es ist besser, neue Zeitungen hören als sehen. – Opel, 379. Ein Gedanke wie dieser lag in der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs sehr nahe. 6 Fürwahr ein seltsam Zeitung ist, wenn ein Wolf den andern frisst. – Birlinger, 551. 7 Gute Zeitung bringt guten Botenlohn. Holl.: Die goede tijdingen brengt, verdient bodenbrood. (Harrebomée, II, 334b.) 8 Gute Zeitung gehet Trab, böse kommt Galopp. Lat.: Fama repleta malis velocibus evolat alis. 9 Gute Zeitung höret jeder gern. – Opel, 152. 10 Gute Zeitung hört man zeitig genug, böse immer zu zeitig. Dän.: God tiding høres tiilig nok, ond tiding alt for tiilig. (Prov. dan., 308.) 11 Gute Zeitung schlägt getrost an Thür und Fenster. – Winckler, XIV, 95. 12 Ist die Zeitung gar zu gut, so schüttelt man den Hut. Allzu günstige Nachrichten pflegt man nicht bald zu glauben, um sich, da sie oft nicht begründet sind, nicht unangenehmen Enttäuschungen auszusetzen. Lat.: Tarda solet magnis rebus inesse fides. (Ovid.) (Binder I, 1720; II, 3286; Philippi, II, 212.) 13 Keine Zeitung, gute Zeitung. Holl.: Geene tijding, goede tijding. (Harrebomée, II, 334b.) 14 Neue Zeitung hört man gern. – Eiselein, 658; Simrock, 12090; Dove, 806. Lat.: Cunctarum novitas gratissima rerum. – Hominum natura novitatis avida. (Philippi, I, 105 u. 180.) 15 Neue Zeitung ist für einen Verständigen nichts Neues. – Opel, 379. 16 Newe Zeitung erfehret man früh. – Mathesy, 218a. 17 Niemand versteht eine Zeitung besser, als der sie selbst erfahren und versucht hat. – Opel, 379. 18 Man sol nicht böse Zeitung gen Hoff bringen, man verdient böss Boten Brot. – Mathesy, 114a; Petri, II, 467. 19 Schlimme Zeitung lügt nicht. Span.: Las malas nuevas siempre son ciertas. (Bohn I, 228.) 20 Traurige Zeitung kommt nie zu spät. – Wirth, II, 511. 21 Wenn wir's in die Zeitung setzen lassen, so bringt ihn ein ehrlicher Finder wieder, sagte der Knabe, als der Vater klagte, dass er einen Process verloren habe. 22 Wer gern neue Zeitungen hört, dem werden auch viel zugetragen. – Pistor., VIII, 72; Simrock, 12091. 23 Wer gute Zeitung bringt, klopft herzhaft an die Thür. Dän.: Den banker dristig paa, som fører gode tidinger. (Prov. dan., 547.) 24 Wer newe zeyttungen wil wissen, der erfahre sie ynn barbierheusern, badtstuben, bachoffn, sechswochenbetter vnd tabernen. – Agricola I, 166; Latendorf III, 94; Lehmann, II, 849, 304; Petri, II, 738. 25 Wer Zeitung bringt, nimmt Zeitung mit. 26 Wie die Zeitung, so das Ohr. Frz.: Telle nouvelle, telle oreille. (Kritzinger, 481b.) 27 Zeitungen liefern grosse Lügen für klein Geld. – Eiselein, 437. 28 Zeitungen und Fische sind frisch am besten. Holl.: Tijding is niet als de visch, daar de versche de beste is. (Harrebomée, II, 334b.) 29 Zeitungen und Postkutschen gehen ab, wenn die Stunde schlägt. Es ist gleich, ob sie besetzt oder ledig sind, und was für Leute darin sitzen. 30 Zu gute Zeitung ist selten wahr. – Herberger, Herzpostille, 1b, 411. *31 Das ist der Zeitung gleich. (Meiningen.) Merkwürdig, seltsam. *32 Hüte dich vor Gremlich's Zeitungen. – Zimmerische Chronik, IV. Zeitungsente. * Es ist eine Zeitungsente. Ente nennt man eine in Zeitungen verbreitete, gleichsam fortschwimmende, aber wiederholt auftauchende Fabel oder Lüge. (Vgl. Grimm, Wb., III, 509.) Früher hiess sie blaue Ente; denn blau ist nebelhaft, nichtig, daher blauen Dunst vormachen, lügen (s. Ente 18, 23, 27). Damit ist aber die Zeitungsente noch nicht erklärt. Wurzbach erzählt in seinen Historischen Wörtern, S. 83, Folgendes: In den ersten Zeiten des französischen Kaiserreichs fehlte es nicht an ausserordentlichen Sieges berichten. Zur Verspottung der napoleonischen Schlachtberichte habe der brüsseler Egide Norbert Cornelissen dem Ernste den Scherz gegenübergestellt, indem er der lügentrunkenen Zeit einen Spiegel vorhielt und in einer Zeitung folgende Geschichte einrücken liess. Um die Gefrässigkeit der Enten zu beweisen und zu veranschaulichen, hat man einen interessanten Versuch vorgenommen. Zwanzig derselben seien gemeinschaftlich eingesperrt und eine nach der andern geschlachtet und zerhackt worden, um den übrigen als Futter zu dienen. Die erste wurde von den andern neunzehn sehr schnell verschlungen, dann wieder eine von achtzehn, wieder eine von siebzehn u. s. f. bis neunzehn von einer einzigen in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit aufgefressen waren. Diese Anekdote ging allmählich durch alle europäischen Zeitungen, und tauchte nach einigen Jahren, hier bereits der Vergessenheit anheimgefallen, in einem amerikanischen Blatte wieder auf, und zwar vermehrt mit einem „wissenschaftlichen Certificat“ über die Untersuchung des zuletzt am Leben gebliebenen Thieres, an dessen Speiseröhre man bedeutende Verletzungen gefunden haben wollte. Diese Geschichte soll nun die Stammmutter aller „Zeitungsenten“ sein. So erzählt auch Quetelet den Ursprung der Redensart in einem Artikel über Norbert Cornelissen (Annuaire de l'Académie). – Sanders bemerkt dagegen über den Ursprung des Worts (vgl. National Zeitung, Berlin 1856, Nr. 543), dass J. L. Frisch in seinem Teutsch-lateinischen Wörterbuche (1741, I, 106c) schon aus „alten teutschen Sprichwörtern, Fol. 856“ die Bezeichnung: „Blaue Enten, tricae apinaeque“ anführt, wie sich denn z. B. auch bei Paracelsus (Opera 1616, I, 62, a) findet: „Die Arzt sagen von andern blauen Enten“ (d. h. sie fabeln allerlei) „wo der Ursprung herkommt“ (S. Ente 27.) – Im Plattdeutschen findet sich in ganz ähnlichem Sinne der Ausdruck „Fisematenten“ (visematentae), der auch, wie z. B., Claus Bur, v. 68 u. 938, visepetenten lautet, welches vielfach falsch, z. B. von J. Grimm in den Göttinger Gelehrten Anzeigen (1850, S. 763 ff.) aus Vice-Superintendenten gedeutete Wort, vielleicht nur eine besondere Art von „Enten“ bezeichnet, wie denn nach Stalder, Schweizerisches Idiotikon (I, 174) die vorzüglich auf dem Bodensee sich findende Anas rufina „Bismattente“ heisst. Dürfte man dabei in den ersten Silben von viscematenten eine Anspielung auf die Avisen, d. i. Zeitungen erblicken; so böte das plattdeutsche Wort den vollständigsten Pendant zu unserer heutigen „Zeitungsente.“ – Das im Jahre 1776 in Paris erschienene Industrielle Lexikon gibt über die Entstehung des Wortes Zeitungsente folgende Erklärung: „Die Landwirthschaftliche Zeitung veröffentlichte ein eigenthümliches Verfahren, wilde Enten zu fangen. Man kocht, schrieb sie, eine starke und lange Eichel in einem Absud von Sennesblättern und Jalappe. Die so zubereitete Eichel bindet man an einen dünnen, aber starken Faden in der Mitte fest und wirft sie darauf ins Wasser. Das Ende des Fadens behält man in der Hand und verbirgt sich. Die Ente schwimmt heran und verschluckt die Eichel; diese hat aber in ihrer Zubereitung eine starke purgative Wirkung und kommt sofort wieder zum Vorschein. Darauf kommt eine andere Ente und verschluckt diese wiederum, eine dritte, vierte und so fort. So reihen sich alle an demselben Faden auf. Man berichtet bei dieser Gelegenheit, dass ein Huissier in der Nähe von Guede-Chaussée zwanzig Enten auf diese Weise aufgereiht habe. Darauf flogen die Enten auf und nahmen den Huissier mit; der Strick riss und der unglückliche Jäger brach ein Bein.“ Dieses Urbild aller Zeitungslügen erlangte einen Ruf; und schliesslich griff man – zur Bezeichnung einer derben Ungeheuerlichkeit – aus der obigen famosen Entengeschichte nur das eine Wörtchen heraus, um durch dasselbe fortan jede offenbare Erfindung und Erdichtung zu kennzeichnen. (Nordböhmisches Volksblatt, 1876, Nr. 42.) – In Schelmuffky's curiöser Reisebeschreibung in hochdeutscher Frau Muttersprache (Schelmerode 1616, neu, Leipzig 1848) heisst es übrigens schon: „ ... So wusste ich allemalen so eine arttige Lüg-Ente vorzubringen.“ Mit Bezug auf den Ausdruck Lüg-Ente bemerkt der Verfasser eines Artikels in den Blättern für literarische Unterhaltung (1865, S. 174), dass dies nur eine witzige Umdeutschung für Legende sein könne. „Der Reformation lag es nahe, indem sie die Heiligenverehrung als Abgötterei verwarf, auch der Legende den Glauben

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880, S. [281]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/293>, abgerufen am 19.03.2024.