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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.

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[Spaltenumbruch] *25 Er macht's wie der Zigeuner, er lässt sich aus Gesellschaft aufhängen. (Poln.)

Bezieht sich auf einen Vorfall, nach welchem zwei Zigeuner ergriffen wurden, von denen der eine aber unschuldig war und entlassen werden sollte, wenn er den schuldigen nenne, was er aber verweigerte, und es vorzog, sich mit seinem Genossen aufhängen zu lassen. Der Vorgang wird auch noch auf eine andere Weise erzählt.

*26 Et äs e Zegun. (Siebenbürg.-sächs.) - Frommann, V, 35, 58.

*27 Zigeuner waschen.

Von vergeblicher Arbeit, wie Mohren bleichen.

Böhm.: Cikana myti. - Cerny jak Cikan. (Celakovsky, 473.)

Poln.: Czarny jak Cygan. (Celakovsky, 473.)


Zigeunergeschlecht.

* Er ist ein Zigeunergeschlecht. - Franck, I, 51b.


Zigeunergesindel.

* Es ist Zigeunergesindel.

Poln.: Cyganski rod. - K nicemu se nehodici. (Celakovsky, 473.)


Zigeunerhochzeit.

Eine Zigeunerhochzeit bedarf keiner Musik.

Poln.: Obejdzie sie cyganskie wesell bez muzyki. (Lompa, 26.)


Zigeunerin.

1 Die Zigeunerin klagte, als ihr Mann auf den Tod lag: Ach, du stirbst mir nun, mein Mann, und was hinterlässt du mir? Ich lasse dir mein Feuerzeug, sagte er, und dazu dreitausend Läuse. - Sanders, 233, 135.

2 Die Zigeunerin sagt, was andern geschieht, aber ihr eigenes Schicksal kennt sie nicht.

It.: La zingara ad altrui la sorte dice, e la sua non conosce, l' infelice. (Cahier, 3168.)

3 Eine schöne Zigeunerin ist auch des Zigeuners Tochter. - Neue Freie Presse, 4576.

*4 Er ist einer Zigeunerin von der Hocke gefallen.

Von jemand, dessen Herkunft dunkel ist. In Böhmen sehr gemein, um Geringschätzung auszudrücken. Sogar die Buben auf der Gasse sagen zueinander: Dich hat eine Zigeunerin aus der Hocke verloren, um auszudrücken: man kennt nicht einmal deine Aeltern.

*5 Et äs e Zeganän. (Siebenbürg.-sächs.) - Frommann, V, 35, 58.


Zigeunerleben.

Zigeunerleben - greinerleben. - Franck, II, 84b; Gruter, I, 88; III, 119; Lehmann, II, 905, 14; Eyering, II, 3; Petri, II, 821; Simrock, 12112; Körte, 7134.

Lat.: Vita vagabundorum plena miseria.


Zimmer.

1 Leere Zimmer sind am hellsten.

2 Man muss selbst erst im Zimmer sein, eh' man ruft: Herein!

3 Wer sein Zimmer nicht lüftet, der lebt im Schmuz vom Tag zuvor. - Rossmässler, Aus der Heimat, Leipzig 1864, Nr. 23, S. 335.

Das Sprichwort wird als ein "altes, wahres Wort" angeführt, um Luftzug der Wohnzimmer zu empfehlen.

*4 Er hat viel leere Zimmer in seinem Kopfe zu vermiethen.

*5 Ins oba Zima kommen. (Oberösterr.)

Ins obere Zimmer kommen. Vom Wein, wenn er in den Kopf steigt.

*6 Sein Zimmer hat nur Ein Fenster. - Parömiakon, 312.

Von einem Einäugigen.


Zimmerleute.

1 Böse Zimmerleute machen viel und grobe Späne. - Lehmann, 566, 16; Petri, II, 50; Eiselein, 658; Körte, 7138.

2 Böse Zimmerleute verderben viel gutes Holz. - Luther's Tischr., 445a; Petri, II, 50.

3 De Timmerlü hebben de klattergste Husen. - Kern, 392.

Wie die Schuhmacher in der Regel die schlechtesten Schuhe haben, so wohnen die Zimmerleute in den elendesten Häusern.

4 Der Zimmerleut anschläge bestehen am längsten. - Lehmann, 33, 26.

5 Die schlechtesten Zimmerleute machen die meisten Späne.

Als sich Philipp Melanchthon wunderte, dass der Theolog Paul Eberus, "der kleine schwächliche Mann, so [Spaltenumbruch] viel Kinder zimmere", erwiderte der letztere, ob er nicht wisse, dass die schlimmsten Zimmerleute die meisten Späne machten. (Einfälle, 137.)

6 Die ungeschicktesten Zimmerleute brauchen die schärfsten Beile.

Holl.: De lompste timmerlieden moeten de scherpste bijl hebben. (Harrebomee, II, 335a.)

7 Die Zimmerleite un die Mauer, das sin de rechten Lauer; ene Stunde thun se essen, ene Stunde thun se messen, ene Stunde rochen se Taback, damit vergeht der halbe Tack. (Dessau.)

8 Die Zimmerleut und Maurer, das sein rechte Laurer, ehe sie essen, messen, stehen und sich besinnen, so ist der Tag von hinnen. - Coler, 310b.

In der Schweiz: Zimmerlüt und Maurer sind die fulste Laurer; si essed, messed, b'sinned si, so goht en halbe Tag verbi. (Sutermeister, 120.) Dieser Spruch gehört zu den zahlreichen Necksprüchen, die der Volkswitz erfunden hat, und mit denen ganze Landestheile, Land- und Ortschaften, Städte, Berufsarten, Stände und Personen unter- und gegeneinander ihren Scherz treiben. Eine vollständige Sammlung dieser Ausdrücke und Redensarten fehlt; wir sind erst auf dem Wege, sie zu schaffen. Und da sie sprichwörtlichen Charakter tragen, so habe ich von Zeit zu Zeit das Angesammelte einem Sprichwort beigefügt. (Vgl. Eselsfresser, Babenfresser, Krebstränker, Jonathan, Pickfiester, Rundkopf, Uncle Sam, Piepmeier, Schwabe u. s. w.) Was inzwischen sich wieder angesammelt hat, schliesse ich hier unter Benutzung eines Artikels in der Gartenlaube (1876, Nr. 5-8) von M. Busch unter der Ueberschrift: Pritschenschläge deutschen Volkshumors bei, worin er schildert, wie die Deutschen einander schrauben, necken, foppen und hänseln. Und es ist dies wol von jeher geschehen, wenigstens hat diese Necksucht schon im 14. und 15. Jahrhundert reiche Blüten getragen. Fast jedes Dorf, bemerkt Busch, hatte seinen Narren. Kaum ein grösserer Ort, der nicht wie Dresden früher in Helmert, Rehan und Groll, wie Leipzig in seinem "Spittelgottlob" und seiner "Gänsehalsen" ein paar Stadtfiguren besass. Keine ausgedehntere Genossenschaft, die sich nicht eines Hasenfusses oder Bramarbas, eines Urgrobians, eines Lügenschmieds, eines Pechvogels, eines Confusionsraths oder sonst eines wunderlichen Kauzes erfreute. Was die Natur selbst in diesen Figuren geliefert, das hat der Volkswitz, der nichts, weder Art, Beruf und Würde verschont, weiter ausgebildet. Die Fopperei war wol im allgemeinen nicht gerade böse gemeint; denn was sich liebt, neckt sich. Selbst eine Anzahl Familiennamen geben zu der Vermuthung Anlass, dass sie auf dem Boden dieses Volkshumors entstanden sind, z. B.: Duvenkropp (Taubenkropf), Ossenkopp (Ochsenkopf), Käsebier, Schluckebier, Sauerhering, Brathering, Hauto oder Hotho (Hauzu), Griepenkerl (Greif den Kerl), Störtebecher (Stürze den Becher = Zecher, Saufaus) u. v. a. Zunächst hat der Volkswitz eine Anzahl von Gewerben mit Spitznamen versehen; der Schuhmacher ist ihm ein Pechhengst, der Seemann ein Jan Maat oder eine Theerjacke, der Seiler ein Galgenposamentirer, der Maurer ein Lehmklitsch, der Leineweber ein Knirrficker u. s. w. (S. Pickfiester.) In übelem Rufe stehen auch die Barbiere als Schwätzer und Herumträger, die Jäger als Lügner, die Müller als Schelme. Die Beamten sind Federfuchser, die Advocaten Rabulisten, böse Christen und Beutelräumer, die Wundärzte Pflasterkasten oder weiter hinauf Doctor Eisenbarte. Der Unteroffizier flucht und wettert im Volksmund ohne Unterlass, ein Amtmann ist sackgrob, der Matrose ein gutmüthiger Tölpel, die Leineweber gelten für Hungerleider, der Maurerschwamm will nicht brennen, die Zimmerleute und Maurer sind die ärgsten Laurer. - Es liegt nahe, dass Wirthshäuser mit prellsüchtigen Wirthen dem Volkswitze nicht entgehen konnten, wie eine Anzahl Spottnamen beweisen, welche Schenken dieser Art erhielten, die dann auf die Ortschaften, die sich um sie bildeten, übergingen, z. B. Fegebeutel (bei Striegau), Leerbeutel (bei Breslau) und Zehrbeutel (bei Sagan); ein Wirthshaus in Holstein hiess Luerup (Lauerauf), ein anderes biem Dredüwel (beim dreifachen Teufel). - Auch ganze Volksstämme bleiben von der Necksucht nicht verschont, indem man ihre Mängel hervorhebt oder sie ihnen andichtet. Die Sachsen, womit hauptsächlich die Meissner gemeint werden, sollen knausernde Hungerleider sein, deren Lieblingsgericht Kalbsbraten mit Backpflaumen, und deren Lieblingsgetränk der "Blümchenkaffee" sei, zu dessen Bereitung alljährlich in der Sylvesternacht eine Bohne Mokka auf den Boden des Kaffeetopfes genagelt werde, die mit viel Wasser und noch mehr Genügsamkeit die nächsten zwölf Monate der Familie zur Herstellung ihres Magenlabsals zu dienen habe. Ein Stück Zuckerkand hinge die Zeit über zur Versüssung des letztern von der Decke herab. Die Pommern und Altbaiern gelten für grob, die Hessen für blind; am schlimmsten kommen die Schwaben weg.

[Spaltenumbruch] *25 Er macht's wie der Zigeuner, er lässt sich aus Gesellschaft aufhängen. (Poln.)

Bezieht sich auf einen Vorfall, nach welchem zwei Zigeuner ergriffen wurden, von denen der eine aber unschuldig war und entlassen werden sollte, wenn er den schuldigen nenne, was er aber verweigerte, und es vorzog, sich mit seinem Genossen aufhängen zu lassen. Der Vorgang wird auch noch auf eine andere Weise erzählt.

*26 Et äs e Zegun. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 35, 58.

*27 Zigeuner waschen.

Von vergeblicher Arbeit, wie Mohren bleichen.

Böhm.: Cikána mýti. – Černý jak Cikán. (Čelakovsky, 473.)

Poln.: Czarny jak Cygan. (Čelakovsky, 473.)


Zigeunergeschlecht.

* Er ist ein Zigeunergeschlecht.Franck, I, 51b.


Zigeunergesindel.

* Es ist Zigeunergesindel.

Poln.: Cygański rod. – K ničemu se nehodící. (Čelakovsky, 473.)


Zigeunerhochzeit.

Eine Zigeunerhochzeit bedarf keiner Musik.

Poln.: Obejdzie się cygańskie wesell bez muzyki. (Lompa, 26.)


Zigeunerin.

1 Die Zigeunerin klagte, als ihr Mann auf den Tod lag: Ach, du stirbst mir nun, mein Mann, und was hinterlässt du mir? Ich lasse dir mein Feuerzeug, sagte er, und dazu dreitausend Läuse.Sanders, 233, 135.

2 Die Zigeunerin sagt, was andern geschieht, aber ihr eigenes Schicksal kennt sie nicht.

It.: La zingara ad altrui la sorte dice, e la sua non conosce, l' infelice. (Cahier, 3168.)

3 Eine schöne Zigeunerin ist auch des Zigeuners Tochter.Neue Freie Presse, 4576.

*4 Er ist einer Zigeunerin von der Hocke gefallen.

Von jemand, dessen Herkunft dunkel ist. In Böhmen sehr gemein, um Geringschätzung auszudrücken. Sogar die Buben auf der Gasse sagen zueinander: Dich hat eine Zigeunerin aus der Hocke verloren, um auszudrücken: man kennt nicht einmal deine Aeltern.

*5 Et äs e Zegânän. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 35, 58.


Zigeunerleben.

Zigeunerleben – greinerleben.Franck, II, 84b; Gruter, I, 88; III, 119; Lehmann, II, 905, 14; Eyering, II, 3; Petri, II, 821; Simrock, 12112; Körte, 7134.

Lat.: Vita vagabundorum plena miseria.


Zimmer.

1 Leere Zimmer sind am hellsten.

2 Man muss selbst erst im Zimmer sein, eh' man ruft: Herein!

3 Wer sein Zimmer nicht lüftet, der lebt im Schmuz vom Tag zuvor.Rossmässler, Aus der Heimat, Leipzig 1864, Nr. 23, S. 335.

Das Sprichwort wird als ein „altes, wahres Wort“ angeführt, um Luftzug der Wohnzimmer zu empfehlen.

*4 Er hat viel leere Zimmer in seinem Kopfe zu vermiethen.

*5 Ins oba Zima kommen. (Oberösterr.)

Ins obere Zimmer kommen. Vom Wein, wenn er in den Kopf steigt.

*6 Sein Zimmer hat nur Ein Fenster.Parömiakon, 312.

Von einem Einäugigen.


Zimmerleute.

1 Böse Zimmerleute machen viel und grobe Späne.Lehmann, 566, 16; Petri, II, 50; Eiselein, 658; Körte, 7138.

2 Böse Zimmerleute verderben viel gutes Holz.Luther's Tischr., 445a; Petri, II, 50.

3 De Timmerlü hebben de klattergste Husen.Kern, 392.

Wie die Schuhmacher in der Regel die schlechtesten Schuhe haben, so wohnen die Zimmerleute in den elendesten Häusern.

4 Der Zimmerleut anschläge bestehen am längsten.Lehmann, 33, 26.

5 Die schlechtesten Zimmerleute machen die meisten Späne.

Als sich Philipp Melanchthon wunderte, dass der Theolog Paul Eberus, „der kleine schwächliche Mann, so [Spaltenumbruch] viel Kinder zimmere“, erwiderte der letztere, ob er nicht wisse, dass die schlimmsten Zimmerleute die meisten Späne machten. (Einfälle, 137.)

6 Die ungeschicktesten Zimmerleute brauchen die schärfsten Beile.

Holl.: De lompste timmerlieden moeten de scherpste bijl hebben. (Harrebomée, II, 335a.)

7 Die Zimmerleite un die Mauer, das sin de rechten Lauer; ene Stunde thun se essen, ene Stunde thun se messen, ene Stunde rôchen se Taback, damit vergeht der halbe Tack. (Dessau.)

8 Die Zimmerleut und Maurer, das sein rechte Laurer, ehe sie essen, messen, stehen und sich besinnen, so ist der Tag von hinnen.Coler, 310b.

In der Schweiz: Zimmerlüt und Mûrer sind die fulste Lûrer; si essed, messed, b'sinned si, so goht en halbe Tag verbi. (Sutermeister, 120.) Dieser Spruch gehört zu den zahlreichen Necksprüchen, die der Volkswitz erfunden hat, und mit denen ganze Landestheile, Land- und Ortschaften, Städte, Berufsarten, Stände und Personen unter- und gegeneinander ihren Scherz treiben. Eine vollständige Sammlung dieser Ausdrücke und Redensarten fehlt; wir sind erst auf dem Wege, sie zu schaffen. Und da sie sprichwörtlichen Charakter tragen, so habe ich von Zeit zu Zeit das Angesammelte einem Sprichwort beigefügt. (Vgl. Eselsfresser, Babenfresser, Krebstränker, Jonathan, Pickfiester, Rundkopf, Uncle Sam, Piepmeier, Schwabe u. s. w.) Was inzwischen sich wieder angesammelt hat, schliesse ich hier unter Benutzung eines Artikels in der Gartenlaube (1876, Nr. 5-8) von M. Busch unter der Ueberschrift: Pritschenschläge deutschen Volkshumors bei, worin er schildert, wie die Deutschen einander schrauben, necken, foppen und hänseln. Und es ist dies wol von jeher geschehen, wenigstens hat diese Necksucht schon im 14. und 15. Jahrhundert reiche Blüten getragen. Fast jedes Dorf, bemerkt Busch, hatte seinen Narren. Kaum ein grösserer Ort, der nicht wie Dresden früher in Helmert, Rehan und Groll, wie Leipzig in seinem „Spittelgottlob“ und seiner „Gänsehalsen“ ein paar Stadtfiguren besass. Keine ausgedehntere Genossenschaft, die sich nicht eines Hasenfusses oder Bramarbas, eines Urgrobians, eines Lügenschmieds, eines Pechvogels, eines Confusionsraths oder sonst eines wunderlichen Kauzes erfreute. Was die Natur selbst in diesen Figuren geliefert, das hat der Volkswitz, der nichts, weder Art, Beruf und Würde verschont, weiter ausgebildet. Die Fopperei war wol im allgemeinen nicht gerade böse gemeint; denn was sich liebt, neckt sich. Selbst eine Anzahl Familiennamen geben zu der Vermuthung Anlass, dass sie auf dem Boden dieses Volkshumors entstanden sind, z. B.: Duvenkropp (Taubenkropf), Ossenkopp (Ochsenkopf), Käsebier, Schluckebier, Sauerhering, Brathering, Hauto oder Hotho (Hauzu), Griepenkerl (Greif den Kerl), Störtebecher (Stürze den Becher = Zecher, Saufaus) u. v. a. Zunächst hat der Volkswitz eine Anzahl von Gewerben mit Spitznamen versehen; der Schuhmacher ist ihm ein Pechhengst, der Seemann ein Jan Maat oder eine Theerjacke, der Seiler ein Galgenposamentirer, der Maurer ein Lehmklitsch, der Leineweber ein Knirrficker u. s. w. (S. Pickfiester.) In übelem Rufe stehen auch die Barbiere als Schwätzer und Herumträger, die Jäger als Lügner, die Müller als Schelme. Die Beamten sind Federfuchser, die Advocaten Rabulisten, böse Christen und Beutelräumer, die Wundärzte Pflasterkasten oder weiter hinauf Doctor Eisenbarte. Der Unteroffizier flucht und wettert im Volksmund ohne Unterlass, ein Amtmann ist sackgrob, der Matrose ein gutmüthiger Tölpel, die Leineweber gelten für Hungerleider, der Maurerschwamm will nicht brennen, die Zimmerleute und Maurer sind die ärgsten Laurer. – Es liegt nahe, dass Wirthshäuser mit prellsüchtigen Wirthen dem Volkswitze nicht entgehen konnten, wie eine Anzahl Spottnamen beweisen, welche Schenken dieser Art erhielten, die dann auf die Ortschaften, die sich um sie bildeten, übergingen, z. B. Fegebeutel (bei Striegau), Leerbeutel (bei Breslau) und Zehrbeutel (bei Sagan); ein Wirthshaus in Holstein hiess Luerup (Lauerauf), ein anderes biem Dredüwel (beim dreifachen Teufel). – Auch ganze Volksstämme bleiben von der Necksucht nicht verschont, indem man ihre Mängel hervorhebt oder sie ihnen andichtet. Die Sachsen, womit hauptsächlich die Meissner gemeint werden, sollen knausernde Hungerleider sein, deren Lieblingsgericht Kalbsbraten mit Backpflaumen, und deren Lieblingsgetränk der „Blümchenkaffee“ sei, zu dessen Bereitung alljährlich in der Sylvesternacht eine Bohne Mokka auf den Boden des Kaffeetopfes genagelt werde, die mit viel Wasser und noch mehr Genügsamkeit die nächsten zwölf Monate der Familie zur Herstellung ihres Magenlabsals zu dienen habe. Ein Stück Zuckerkand hinge die Zeit über zur Versüssung des letztern von der Decke herab. Die Pommern und Altbaiern gelten für grob, die Hessen für blind; am schlimmsten kommen die Schwaben weg.

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[[293]/0305] *25 Er macht's wie der Zigeuner, er lässt sich aus Gesellschaft aufhängen. (Poln.) Bezieht sich auf einen Vorfall, nach welchem zwei Zigeuner ergriffen wurden, von denen der eine aber unschuldig war und entlassen werden sollte, wenn er den schuldigen nenne, was er aber verweigerte, und es vorzog, sich mit seinem Genossen aufhängen zu lassen. Der Vorgang wird auch noch auf eine andere Weise erzählt. *26 Et äs e Zegun. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 35, 58. *27 Zigeuner waschen. Von vergeblicher Arbeit, wie Mohren bleichen. Böhm.: Cikána mýti. – Černý jak Cikán. (Čelakovsky, 473.) Poln.: Czarny jak Cygan. (Čelakovsky, 473.) Zigeunergeschlecht. * Er ist ein Zigeunergeschlecht. – Franck, I, 51b. Zigeunergesindel. * Es ist Zigeunergesindel. Poln.: Cygański rod. – K ničemu se nehodící. (Čelakovsky, 473.) Zigeunerhochzeit. Eine Zigeunerhochzeit bedarf keiner Musik. Poln.: Obejdzie się cygańskie wesell bez muzyki. (Lompa, 26.) Zigeunerin. 1 Die Zigeunerin klagte, als ihr Mann auf den Tod lag: Ach, du stirbst mir nun, mein Mann, und was hinterlässt du mir? Ich lasse dir mein Feuerzeug, sagte er, und dazu dreitausend Läuse. – Sanders, 233, 135. 2 Die Zigeunerin sagt, was andern geschieht, aber ihr eigenes Schicksal kennt sie nicht. It.: La zingara ad altrui la sorte dice, e la sua non conosce, l' infelice. (Cahier, 3168.) 3 Eine schöne Zigeunerin ist auch des Zigeuners Tochter. – Neue Freie Presse, 4576. *4 Er ist einer Zigeunerin von der Hocke gefallen. Von jemand, dessen Herkunft dunkel ist. In Böhmen sehr gemein, um Geringschätzung auszudrücken. Sogar die Buben auf der Gasse sagen zueinander: Dich hat eine Zigeunerin aus der Hocke verloren, um auszudrücken: man kennt nicht einmal deine Aeltern. *5 Et äs e Zegânän. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 35, 58. Zigeunerleben. Zigeunerleben – greinerleben. – Franck, II, 84b; Gruter, I, 88; III, 119; Lehmann, II, 905, 14; Eyering, II, 3; Petri, II, 821; Simrock, 12112; Körte, 7134. Lat.: Vita vagabundorum plena miseria. Zimmer. 1 Leere Zimmer sind am hellsten. 2 Man muss selbst erst im Zimmer sein, eh' man ruft: Herein! 3 Wer sein Zimmer nicht lüftet, der lebt im Schmuz vom Tag zuvor. – Rossmässler, Aus der Heimat, Leipzig 1864, Nr. 23, S. 335. Das Sprichwort wird als ein „altes, wahres Wort“ angeführt, um Luftzug der Wohnzimmer zu empfehlen. *4 Er hat viel leere Zimmer in seinem Kopfe zu vermiethen. *5 Ins oba Zima kommen. (Oberösterr.) Ins obere Zimmer kommen. Vom Wein, wenn er in den Kopf steigt. *6 Sein Zimmer hat nur Ein Fenster. – Parömiakon, 312. Von einem Einäugigen. Zimmerleute. 1 Böse Zimmerleute machen viel und grobe Späne. – Lehmann, 566, 16; Petri, II, 50; Eiselein, 658; Körte, 7138. 2 Böse Zimmerleute verderben viel gutes Holz. – Luther's Tischr., 445a; Petri, II, 50. 3 De Timmerlü hebben de klattergste Husen. – Kern, 392. Wie die Schuhmacher in der Regel die schlechtesten Schuhe haben, so wohnen die Zimmerleute in den elendesten Häusern. 4 Der Zimmerleut anschläge bestehen am längsten. – Lehmann, 33, 26. 5 Die schlechtesten Zimmerleute machen die meisten Späne. Als sich Philipp Melanchthon wunderte, dass der Theolog Paul Eberus, „der kleine schwächliche Mann, so viel Kinder zimmere“, erwiderte der letztere, ob er nicht wisse, dass die schlimmsten Zimmerleute die meisten Späne machten. (Einfälle, 137.) 6 Die ungeschicktesten Zimmerleute brauchen die schärfsten Beile. Holl.: De lompste timmerlieden moeten de scherpste bijl hebben. (Harrebomée, II, 335a.) 7 Die Zimmerleite un die Mauer, das sin de rechten Lauer; ene Stunde thun se essen, ene Stunde thun se messen, ene Stunde rôchen se Taback, damit vergeht der halbe Tack. (Dessau.) 8 Die Zimmerleut und Maurer, das sein rechte Laurer, ehe sie essen, messen, stehen und sich besinnen, so ist der Tag von hinnen. – Coler, 310b. In der Schweiz: Zimmerlüt und Mûrer sind die fulste Lûrer; si essed, messed, b'sinned si, so goht en halbe Tag verbi. (Sutermeister, 120.) Dieser Spruch gehört zu den zahlreichen Necksprüchen, die der Volkswitz erfunden hat, und mit denen ganze Landestheile, Land- und Ortschaften, Städte, Berufsarten, Stände und Personen unter- und gegeneinander ihren Scherz treiben. Eine vollständige Sammlung dieser Ausdrücke und Redensarten fehlt; wir sind erst auf dem Wege, sie zu schaffen. Und da sie sprichwörtlichen Charakter tragen, so habe ich von Zeit zu Zeit das Angesammelte einem Sprichwort beigefügt. (Vgl. Eselsfresser, Babenfresser, Krebstränker, Jonathan, Pickfiester, Rundkopf, Uncle Sam, Piepmeier, Schwabe u. s. w.) Was inzwischen sich wieder angesammelt hat, schliesse ich hier unter Benutzung eines Artikels in der Gartenlaube (1876, Nr. 5-8) von M. Busch unter der Ueberschrift: Pritschenschläge deutschen Volkshumors bei, worin er schildert, wie die Deutschen einander schrauben, necken, foppen und hänseln. Und es ist dies wol von jeher geschehen, wenigstens hat diese Necksucht schon im 14. und 15. Jahrhundert reiche Blüten getragen. Fast jedes Dorf, bemerkt Busch, hatte seinen Narren. Kaum ein grösserer Ort, der nicht wie Dresden früher in Helmert, Rehan und Groll, wie Leipzig in seinem „Spittelgottlob“ und seiner „Gänsehalsen“ ein paar Stadtfiguren besass. Keine ausgedehntere Genossenschaft, die sich nicht eines Hasenfusses oder Bramarbas, eines Urgrobians, eines Lügenschmieds, eines Pechvogels, eines Confusionsraths oder sonst eines wunderlichen Kauzes erfreute. Was die Natur selbst in diesen Figuren geliefert, das hat der Volkswitz, der nichts, weder Art, Beruf und Würde verschont, weiter ausgebildet. Die Fopperei war wol im allgemeinen nicht gerade böse gemeint; denn was sich liebt, neckt sich. Selbst eine Anzahl Familiennamen geben zu der Vermuthung Anlass, dass sie auf dem Boden dieses Volkshumors entstanden sind, z. B.: Duvenkropp (Taubenkropf), Ossenkopp (Ochsenkopf), Käsebier, Schluckebier, Sauerhering, Brathering, Hauto oder Hotho (Hauzu), Griepenkerl (Greif den Kerl), Störtebecher (Stürze den Becher = Zecher, Saufaus) u. v. a. Zunächst hat der Volkswitz eine Anzahl von Gewerben mit Spitznamen versehen; der Schuhmacher ist ihm ein Pechhengst, der Seemann ein Jan Maat oder eine Theerjacke, der Seiler ein Galgenposamentirer, der Maurer ein Lehmklitsch, der Leineweber ein Knirrficker u. s. w. (S. Pickfiester.) In übelem Rufe stehen auch die Barbiere als Schwätzer und Herumträger, die Jäger als Lügner, die Müller als Schelme. Die Beamten sind Federfuchser, die Advocaten Rabulisten, böse Christen und Beutelräumer, die Wundärzte Pflasterkasten oder weiter hinauf Doctor Eisenbarte. Der Unteroffizier flucht und wettert im Volksmund ohne Unterlass, ein Amtmann ist sackgrob, der Matrose ein gutmüthiger Tölpel, die Leineweber gelten für Hungerleider, der Maurerschwamm will nicht brennen, die Zimmerleute und Maurer sind die ärgsten Laurer. – Es liegt nahe, dass Wirthshäuser mit prellsüchtigen Wirthen dem Volkswitze nicht entgehen konnten, wie eine Anzahl Spottnamen beweisen, welche Schenken dieser Art erhielten, die dann auf die Ortschaften, die sich um sie bildeten, übergingen, z. B. Fegebeutel (bei Striegau), Leerbeutel (bei Breslau) und Zehrbeutel (bei Sagan); ein Wirthshaus in Holstein hiess Luerup (Lauerauf), ein anderes biem Dredüwel (beim dreifachen Teufel). – Auch ganze Volksstämme bleiben von der Necksucht nicht verschont, indem man ihre Mängel hervorhebt oder sie ihnen andichtet. Die Sachsen, womit hauptsächlich die Meissner gemeint werden, sollen knausernde Hungerleider sein, deren Lieblingsgericht Kalbsbraten mit Backpflaumen, und deren Lieblingsgetränk der „Blümchenkaffee“ sei, zu dessen Bereitung alljährlich in der Sylvesternacht eine Bohne Mokka auf den Boden des Kaffeetopfes genagelt werde, die mit viel Wasser und noch mehr Genügsamkeit die nächsten zwölf Monate der Familie zur Herstellung ihres Magenlabsals zu dienen habe. Ein Stück Zuckerkand hinge die Zeit über zur Versüssung des letztern von der Decke herab. Die Pommern und Altbaiern gelten für grob, die Hessen für blind; am schlimmsten kommen die Schwaben weg.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880, S. [293]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/305>, abgerufen am 19.03.2024.