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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Geschichtliches.
1) Geschichtliches.

Schon die Alten stellten die Mauern aus großen Werksteinen mit
polygonalem Querschnitt her und nannten solche opus polygon; in
diesem Mauerwerk kommen gar keine Horizontalschichten vor, sondern

[Abbildung] Fig. 134.
sind die 2, 5--3 und oft 5m langen Steine so behauen, wie ihre Form
es am besten gestattete. Derartige kolossale Mauern, die sogenannten
Cyklopenmauern, stehen noch jetzt in Griechenland und Unteritalien,
so z. B. zu Argos, Cora u. s. w. Augenscheinlich liegt die Ursache
dieser Technik nicht etwa in der Ungeschicklichkeit der Arbeiter, sondern
in dem Bestreben, eine den feindlichen Wurfgeschossen widerstands-
fähige Schutzmauer herzustellen, welche, wenn auch einige Steine
hinausgeschoben sein sollten, in sich selbst eine genügende Standfestig-
keit behält. Falls nämlich im Mauerwerk eine Lücke entstehen sollte,
stützen sich die nachbarlichen Steine einander ab.

Auch in Unteritalien ist diese Bauart bei den ältesten Baudenk-
mälern üblich gewesen. Die Steinart ist fast allenthalben, z. B. in
Cora, Palestrina, Arpino u. s. w. der Travertin.

Später gingen die Griechen von dieser Art zu mauern ab und
führten nicht blos die Tempelgebäude und andere Prachtmonumente,

Geſchichtliches.
1) Geſchichtliches.

Schon die Alten ſtellten die Mauern aus großen Werkſteinen mit
polygonalem Querſchnitt her und nannten ſolche opus polygon; in
dieſem Mauerwerk kommen gar keine Horizontalſchichten vor, ſondern

[Abbildung] Fig. 134.
ſind die 2, 5—3 und oft 5m langen Steine ſo behauen, wie ihre Form
es am beſten geſtattete. Derartige koloſſale Mauern, die ſogenannten
Cyklopenmauern, ſtehen noch jetzt in Griechenland und Unteritalien,
ſo z. B. zu Argos, Cora u. ſ. w. Augenſcheinlich liegt die Urſache
dieſer Technik nicht etwa in der Ungeſchicklichkeit der Arbeiter, ſondern
in dem Beſtreben, eine den feindlichen Wurfgeſchoſſen widerſtands-
fähige Schutzmauer herzuſtellen, welche, wenn auch einige Steine
hinausgeſchoben ſein ſollten, in ſich ſelbſt eine genügende Standfeſtig-
keit behält. Falls nämlich im Mauerwerk eine Lücke entſtehen ſollte,
ſtützen ſich die nachbarlichen Steine einander ab.

Auch in Unteritalien iſt dieſe Bauart bei den älteſten Baudenk-
mälern üblich geweſen. Die Steinart iſt faſt allenthalben, z. B. in
Cora, Paleſtrina, Arpino u. ſ. w. der Travertin.

Später gingen die Griechen von dieſer Art zu mauern ab und
führten nicht blos die Tempelgebäude und andere Prachtmonumente,

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[121/0137] Geſchichtliches. 1) Geſchichtliches. Schon die Alten ſtellten die Mauern aus großen Werkſteinen mit polygonalem Querſchnitt her und nannten ſolche opus polygon; in dieſem Mauerwerk kommen gar keine Horizontalſchichten vor, ſondern [Abbildung Fig. 134.] ſind die 2, 5—3 und oft 5m langen Steine ſo behauen, wie ihre Form es am beſten geſtattete. Derartige koloſſale Mauern, die ſogenannten Cyklopenmauern, ſtehen noch jetzt in Griechenland und Unteritalien, ſo z. B. zu Argos, Cora u. ſ. w. Augenſcheinlich liegt die Urſache dieſer Technik nicht etwa in der Ungeſchicklichkeit der Arbeiter, ſondern in dem Beſtreben, eine den feindlichen Wurfgeſchoſſen widerſtands- fähige Schutzmauer herzuſtellen, welche, wenn auch einige Steine hinausgeſchoben ſein ſollten, in ſich ſelbſt eine genügende Standfeſtig- keit behält. Falls nämlich im Mauerwerk eine Lücke entſtehen ſollte, ſtützen ſich die nachbarlichen Steine einander ab. Auch in Unteritalien iſt dieſe Bauart bei den älteſten Baudenk- mälern üblich geweſen. Die Steinart iſt faſt allenthalben, z. B. in Cora, Paleſtrina, Arpino u. ſ. w. der Travertin. Später gingen die Griechen von dieſer Art zu mauern ab und führten nicht blos die Tempelgebäude und andere Prachtmonumente,

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/137>, abgerufen am 25.04.2024.