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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Geschichtliches.

Erwähnt muß noch werden, daß die von Alberti ausgeführten
Bauten sich mehr dem Charakter der Renaissance in Rom anschließen
und nur fein gegliederte Quaderungen be-
sitzen, welche, die Bogenfenster umsäumend,
der eleganten Pfeilerstellung sämmtlicher
Geschosse als Hintergrund dienen -- z. B.
Palast Rucellai in Florenz.

Die wichtigsten venetianischen Bauten
haben gar keine Bossage (nur zuweilen am
Sockel), sondern zeigen den reichsten und
edelsten Säulenbau, der überhaupt in der

[Abbildung] Fig. 140.
Renaissancenepoche geschaffen worden ist (Paläste Grimani und Ven-
dramin, alte Bibliothek S. Markus u. s. w.).

Mit dem Verfall der Baukunst nahm im 17. und 18. Jahrhundert
auch die Quaderbautechnik ab, und verdrängte der Putz den Sandstein;
jedoch in der Mitte unseres Jahrhunderts begann man die alte Quader-
bautechnik zu pflegen und auf die Höhe zu bringen, welche ihr gebührt
(z. B. Kölner Dom, Votivkirche in Wien, Börse in Berlin u. A. m.).

2) Die Werkzeuge des Steinmetzen und die
Bearbeitung des Werksteines
.

Man unterscheidet bei der Bearbeitung des Sandsteins:

Das Flächen oder Spitzen,
" Scharriren,
" Reinarbeiten und
" Schleifen.

Die Granitflächen werden "gestockt", dann "geschliffen"
und nur höchst selten "polirt".

Die Geräthe, derer sich der Steinmetz zu seinen Arbeiten bedienen
muß, sind folgende (Fig. 141):

Das kleine Beitzeisen (Fig. A) ist 16zm lang, 1,5zm im Quadrat
stark und dient zum Einhauen schwacher Falze, um denjenigen Theil
des Steines zu bezeichnen, welcher fortgenommen werden soll.

Das große Beitzeisen (Fig. B) ist in der Schärfe 2,5zm breit
und circa 20zm lang; das Halbeisen unterscheidet sich von den
vorigen dadurch, daß seine Schneide nur 2zm zur Breite hat.

Das Spitz- oder Bossireisen (Fig. C) hat 16, 20 bis 23zm
zur Länge, ist unten zugespitzt und circa 2,5zm stark, in der Regel

Geſchichtliches.

Erwähnt muß noch werden, daß die von Alberti ausgeführten
Bauten ſich mehr dem Charakter der Renaiſſançe in Rom anſchließen
und nur fein gegliederte Quaderungen be-
ſitzen, welche, die Bogenfenſter umſäumend,
der eleganten Pfeilerſtellung ſämmtlicher
Geſchoſſe als Hintergrund dienen — z. B.
Palaſt Rucellai in Florenz.

Die wichtigſten venetianiſchen Bauten
haben gar keine Boſſage (nur zuweilen am
Sockel), ſondern zeigen den reichſten und
edelſten Säulenbau, der überhaupt in der

[Abbildung] Fig. 140.
Renaiſſançenepoche geſchaffen worden iſt (Paläſte Grimani und Ven-
dramin, alte Bibliothek S. Markus u. ſ. w.).

Mit dem Verfall der Baukunſt nahm im 17. und 18. Jahrhundert
auch die Quaderbautechnik ab, und verdrängte der Putz den Sandſtein;
jedoch in der Mitte unſeres Jahrhunderts begann man die alte Quader-
bautechnik zu pflegen und auf die Höhe zu bringen, welche ihr gebührt
(z. B. Kölner Dom, Votivkirche in Wien, Börſe in Berlin u. A. m.).

2) Die Werkzeuge des Steinmetzen und die
Bearbeitung des Werkſteines
.

Man unterſcheidet bei der Bearbeitung des Sandſteins:

Das Flächen oder Spitzen,
„ Scharriren,
„ Reinarbeiten und
„ Schleifen.

Die Granitflächen werden „geſtockt“, dann „geſchliffen
und nur höchſt ſelten „polirt“.

Die Geräthe, derer ſich der Steinmetz zu ſeinen Arbeiten bedienen
muß, ſind folgende (Fig. 141):

Das kleine Beitzeiſen (Fig. A) iſt 16zm lang, 1,5zm im Quadrat
ſtark und dient zum Einhauen ſchwacher Falze, um denjenigen Theil
des Steines zu bezeichnen, welcher fortgenommen werden ſoll.

Das große Beitzeiſen (Fig. B) iſt in der Schärfe 2,5zm breit
und circa 20zm lang; das Halbeiſen unterſcheidet ſich von den
vorigen dadurch, daß ſeine Schneide nur 2zm zur Breite hat.

Das Spitz- oder Boſſireiſen (Fig. C) hat 16, 20 bis 23zm
zur Länge, iſt unten zugeſpitzt und circa 2,5zm ſtark, in der Regel

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[127/0143] Geſchichtliches. Erwähnt muß noch werden, daß die von Alberti ausgeführten Bauten ſich mehr dem Charakter der Renaiſſançe in Rom anſchließen und nur fein gegliederte Quaderungen be- ſitzen, welche, die Bogenfenſter umſäumend, der eleganten Pfeilerſtellung ſämmtlicher Geſchoſſe als Hintergrund dienen — z. B. Palaſt Rucellai in Florenz. Die wichtigſten venetianiſchen Bauten haben gar keine Boſſage (nur zuweilen am Sockel), ſondern zeigen den reichſten und edelſten Säulenbau, der überhaupt in der [Abbildung Fig. 140.] Renaiſſançenepoche geſchaffen worden iſt (Paläſte Grimani und Ven- dramin, alte Bibliothek S. Markus u. ſ. w.). Mit dem Verfall der Baukunſt nahm im 17. und 18. Jahrhundert auch die Quaderbautechnik ab, und verdrängte der Putz den Sandſtein; jedoch in der Mitte unſeres Jahrhunderts begann man die alte Quader- bautechnik zu pflegen und auf die Höhe zu bringen, welche ihr gebührt (z. B. Kölner Dom, Votivkirche in Wien, Börſe in Berlin u. A. m.). 2) Die Werkzeuge des Steinmetzen und die Bearbeitung des Werkſteines. Man unterſcheidet bei der Bearbeitung des Sandſteins: Das Flächen oder Spitzen, „ Scharriren, „ Reinarbeiten und „ Schleifen. Die Granitflächen werden „geſtockt“, dann „geſchliffen“ und nur höchſt ſelten „polirt“. Die Geräthe, derer ſich der Steinmetz zu ſeinen Arbeiten bedienen muß, ſind folgende (Fig. 141): Das kleine Beitzeiſen (Fig. A) iſt 16zm lang, 1,5zm im Quadrat ſtark und dient zum Einhauen ſchwacher Falze, um denjenigen Theil des Steines zu bezeichnen, welcher fortgenommen werden ſoll. Das große Beitzeiſen (Fig. B) iſt in der Schärfe 2,5zm breit und circa 20zm lang; das Halbeiſen unterſcheidet ſich von den vorigen dadurch, daß ſeine Schneide nur 2zm zur Breite hat. Das Spitz- oder Boſſireiſen (Fig. C) hat 16, 20 bis 23zm zur Länge, iſt unten zugeſpitzt und circa 2,5zm ſtark, in der Regel

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/143>, abgerufen am 29.03.2024.