Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Vermauern der Steine.
Wasser muß schnell von den Ziegeln aufgenommen werden, damit die
Erhärtung des Mörtels sofort nach dem Verlegen des Ziegels be-
ginnen kann. Immerhin darf dieser dem Mörtel nicht zu viel Wasser
entziehen, weil sonst gar keine Erhärtung erfolgen und die Steine
später in staubigem Sande liegen würden.

Deshalb müssen die Ziegel, bevor man sie vermauert, genäßt
werden, was sich nach ihrer Beschaffenheit richtet. So z. B.
saugen sehr harte Ziegel (Klinker) zufolge ihrer dichten Textur nur
wenig Wasser aus dem Mörtel an, und braucht man dieselben daher
auch nur wenig anzufeuchten; poröse Ziegel dagegen bleiben längere
oder kürzere Zeit im Wasser liegen, was einestheils von dem
Feuchtigkeitsgehalt des Mörtels, anderntheils von der Witterung
abhängt (in heißen und trockenen Tagen länger, als bei regnerischer
Witterung). Das Benässen geschieht am besten in der Art, daß die
Steine, etwa zehn Stück, vor ihrer Verwendung von dem Maurer
in einen neben ihm auf dem Gerüste stehenden Wassereimer einige
Sekunden lang getaucht und alsdann eine kurze Zeit wieder auf das
Brettergerüst gestellt werden, damit das überflüssige Wasser abträufelt.

Die Stelle, auf welche ein Ziegel zu liegen kommt, wird mit dem
Pinsel (Quast) stark angenäßt; alsdann bringt der Maurer auf sie
so viel Kalkmörtel, als für eine gute Lagerfuge erforderlich ist. Der
Maurer greift hierauf den Ziegel mit der linken Hand so an, daß
eine Ziegeldiagonale senkrecht zu stehen kommt, bestreicht beide Seiten
des Steins, welche die Stoßfugen bilden sollen, mittelst der Kelle
ganz und gar, aber nicht zu dick, mit Mörtel, bringt nun den Stein
auf sein Lager, rüttelt ihn etwas (aber schnell) in dasselbe ein und
richtet ihn mit leisen Hammerschlägen in die Flucht, wobei der über-
flüssige Kalk aus den Stoßfugen und der Lagerfuge hervorquillt.
Endlich wird mit der flachen Seite der Mauerkelle der Mörtel theil-
weise in die etwa noch leergebliebenen Zwischenräume der Fugen
zurückgedrückt und der überflüssige Mörtel über eine kurze Mauer-
fläche dünn vertheilt. Eine auf solche Weise hergestellte Mauer besitzt
allenthalben volle Fugen, ist solid und dicht und entspricht, soweit
die Ausführung des Inneren in Betracht kommt, allen Anforderungen.
Leider geben sich die Maurer selten die nöthige Mühe beim Vermauern
der Steine; sie unterlassen nicht nur das Annässen der Ziegel, son-
dern bringen den Mörtel so mangelhaft an den Stein, daß man
häufig durch die Stoßfugen sehen kann!!

Wanderley, Bauconstr. II. 11

Das Vermauern der Steine.
Waſſer muß ſchnell von den Ziegeln aufgenommen werden, damit die
Erhärtung des Mörtels ſofort nach dem Verlegen des Ziegels be-
ginnen kann. Immerhin darf dieſer dem Mörtel nicht zu viel Waſſer
entziehen, weil ſonſt gar keine Erhärtung erfolgen und die Steine
ſpäter in ſtaubigem Sande liegen würden.

Deshalb müſſen die Ziegel, bevor man ſie vermauert, genäßt
werden, was ſich nach ihrer Beſchaffenheit richtet. So z. B.
ſaugen ſehr harte Ziegel (Klinker) zufolge ihrer dichten Textur nur
wenig Waſſer aus dem Mörtel an, und braucht man dieſelben daher
auch nur wenig anzufeuchten; poröſe Ziegel dagegen bleiben längere
oder kürzere Zeit im Waſſer liegen, was einestheils von dem
Feuchtigkeitsgehalt des Mörtels, anderntheils von der Witterung
abhängt (in heißen und trockenen Tagen länger, als bei regneriſcher
Witterung). Das Benäſſen geſchieht am beſten in der Art, daß die
Steine, etwa zehn Stück, vor ihrer Verwendung von dem Maurer
in einen neben ihm auf dem Gerüſte ſtehenden Waſſereimer einige
Sekunden lang getaucht und alsdann eine kurze Zeit wieder auf das
Brettergerüſt geſtellt werden, damit das überflüſſige Waſſer abträufelt.

Die Stelle, auf welche ein Ziegel zu liegen kommt, wird mit dem
Pinſel (Quaſt) ſtark angenäßt; alsdann bringt der Maurer auf ſie
ſo viel Kalkmörtel, als für eine gute Lagerfuge erforderlich iſt. Der
Maurer greift hierauf den Ziegel mit der linken Hand ſo an, daß
eine Ziegeldiagonale ſenkrecht zu ſtehen kommt, beſtreicht beide Seiten
des Steins, welche die Stoßfugen bilden ſollen, mittelſt der Kelle
ganz und gar, aber nicht zu dick, mit Mörtel, bringt nun den Stein
auf ſein Lager, rüttelt ihn etwas (aber ſchnell) in daſſelbe ein und
richtet ihn mit leiſen Hammerſchlägen in die Flucht, wobei der über-
flüſſige Kalk aus den Stoßfugen und der Lagerfuge hervorquillt.
Endlich wird mit der flachen Seite der Mauerkelle der Mörtel theil-
weiſe in die etwa noch leergebliebenen Zwiſchenräume der Fugen
zurückgedrückt und der überflüſſige Mörtel über eine kurze Mauer-
fläche dünn vertheilt. Eine auf ſolche Weiſe hergeſtellte Mauer beſitzt
allenthalben volle Fugen, iſt ſolid und dicht und entſpricht, ſoweit
die Ausführung des Inneren in Betracht kommt, allen Anforderungen.
Leider geben ſich die Maurer ſelten die nöthige Mühe beim Vermauern
der Steine; ſie unterlaſſen nicht nur das Annäſſen der Ziegel, ſon-
dern bringen den Mörtel ſo mangelhaft an den Stein, daß man
häufig durch die Stoßfugen ſehen kann!!

Wanderley, Bauconſtr. II. 11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0177" n="161"/><fw place="top" type="header">Das Vermauern der Steine.</fw><lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er muß &#x017F;chnell von den Ziegeln aufgenommen werden, damit die<lb/>
Erhärtung des Mörtels &#x017F;ofort nach dem Verlegen des Ziegels be-<lb/>
ginnen kann. Immerhin darf die&#x017F;er dem Mörtel nicht zu viel Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
entziehen, weil &#x017F;on&#x017F;t gar keine Erhärtung erfolgen und die Steine<lb/>
&#x017F;päter in &#x017F;taubigem Sande liegen würden.</p><lb/>
              <p>Deshalb mü&#x017F;&#x017F;en die Ziegel, bevor man &#x017F;ie vermauert, genäßt<lb/>
werden, was &#x017F;ich nach ihrer Be&#x017F;chaffenheit richtet. So z. B.<lb/>
&#x017F;augen &#x017F;ehr harte Ziegel (Klinker) zufolge ihrer dichten Textur nur<lb/>
wenig Wa&#x017F;&#x017F;er aus dem Mörtel an, und braucht man die&#x017F;elben daher<lb/>
auch nur wenig anzufeuchten; porö&#x017F;e Ziegel dagegen bleiben längere<lb/>
oder kürzere Zeit im Wa&#x017F;&#x017F;er liegen, was einestheils von dem<lb/>
Feuchtigkeitsgehalt des Mörtels, anderntheils von der Witterung<lb/>
abhängt (in heißen und trockenen Tagen länger, als bei regneri&#x017F;cher<lb/>
Witterung). Das Benä&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;chieht am be&#x017F;ten in der Art, daß die<lb/>
Steine, etwa zehn Stück, vor ihrer Verwendung von dem Maurer<lb/>
in einen neben ihm auf dem Gerü&#x017F;te &#x017F;tehenden Wa&#x017F;&#x017F;ereimer einige<lb/>
Sekunden lang getaucht und alsdann eine kurze Zeit wieder auf das<lb/>
Brettergerü&#x017F;t ge&#x017F;tellt werden, damit das überflü&#x017F;&#x017F;ige Wa&#x017F;&#x017F;er abträufelt.</p><lb/>
              <p>Die Stelle, auf welche ein Ziegel zu liegen kommt, wird mit dem<lb/>
Pin&#x017F;el (Qua&#x017F;t) &#x017F;tark angenäßt; alsdann bringt der Maurer auf &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;o viel Kalkmörtel, als für eine gute Lagerfuge erforderlich i&#x017F;t. Der<lb/>
Maurer greift hierauf den Ziegel mit der linken Hand &#x017F;o an, daß<lb/>
eine Ziegeldiagonale &#x017F;enkrecht zu &#x017F;tehen kommt, be&#x017F;treicht beide Seiten<lb/>
des Steins, welche die Stoßfugen bilden &#x017F;ollen, mittel&#x017F;t der Kelle<lb/>
ganz und gar, aber nicht zu dick, mit Mörtel, bringt nun den Stein<lb/>
auf &#x017F;ein Lager, rüttelt ihn etwas (aber &#x017F;chnell) in da&#x017F;&#x017F;elbe ein und<lb/>
richtet ihn mit <hi rendition="#g">lei&#x017F;en</hi> Hammer&#x017F;chlägen in die Flucht, wobei der über-<lb/>
flü&#x017F;&#x017F;ige Kalk aus den Stoßfugen und der Lagerfuge hervorquillt.<lb/>
Endlich wird mit der flachen Seite der Mauerkelle der Mörtel theil-<lb/>
wei&#x017F;e in die etwa noch leergebliebenen Zwi&#x017F;chenräume der Fugen<lb/>
zurückgedrückt und der überflü&#x017F;&#x017F;ige Mörtel über eine kurze Mauer-<lb/>
fläche dünn vertheilt. Eine auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e herge&#x017F;tellte Mauer be&#x017F;itzt<lb/>
allenthalben volle Fugen, i&#x017F;t &#x017F;olid und dicht und ent&#x017F;pricht, &#x017F;oweit<lb/>
die Ausführung des Inneren in Betracht kommt, allen Anforderungen.<lb/>
Leider geben &#x017F;ich die Maurer &#x017F;elten die nöthige Mühe beim Vermauern<lb/>
der Steine; &#x017F;ie unterla&#x017F;&#x017F;en nicht nur das Annä&#x017F;&#x017F;en der Ziegel, &#x017F;on-<lb/>
dern bringen den Mörtel &#x017F;o mangelhaft an den Stein, daß man<lb/>
häufig durch die Stoßfugen &#x017F;ehen kann!!</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">Wanderley, Baucon&#x017F;tr. <hi rendition="#aq">II.</hi> 11</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0177] Das Vermauern der Steine. Waſſer muß ſchnell von den Ziegeln aufgenommen werden, damit die Erhärtung des Mörtels ſofort nach dem Verlegen des Ziegels be- ginnen kann. Immerhin darf dieſer dem Mörtel nicht zu viel Waſſer entziehen, weil ſonſt gar keine Erhärtung erfolgen und die Steine ſpäter in ſtaubigem Sande liegen würden. Deshalb müſſen die Ziegel, bevor man ſie vermauert, genäßt werden, was ſich nach ihrer Beſchaffenheit richtet. So z. B. ſaugen ſehr harte Ziegel (Klinker) zufolge ihrer dichten Textur nur wenig Waſſer aus dem Mörtel an, und braucht man dieſelben daher auch nur wenig anzufeuchten; poröſe Ziegel dagegen bleiben längere oder kürzere Zeit im Waſſer liegen, was einestheils von dem Feuchtigkeitsgehalt des Mörtels, anderntheils von der Witterung abhängt (in heißen und trockenen Tagen länger, als bei regneriſcher Witterung). Das Benäſſen geſchieht am beſten in der Art, daß die Steine, etwa zehn Stück, vor ihrer Verwendung von dem Maurer in einen neben ihm auf dem Gerüſte ſtehenden Waſſereimer einige Sekunden lang getaucht und alsdann eine kurze Zeit wieder auf das Brettergerüſt geſtellt werden, damit das überflüſſige Waſſer abträufelt. Die Stelle, auf welche ein Ziegel zu liegen kommt, wird mit dem Pinſel (Quaſt) ſtark angenäßt; alsdann bringt der Maurer auf ſie ſo viel Kalkmörtel, als für eine gute Lagerfuge erforderlich iſt. Der Maurer greift hierauf den Ziegel mit der linken Hand ſo an, daß eine Ziegeldiagonale ſenkrecht zu ſtehen kommt, beſtreicht beide Seiten des Steins, welche die Stoßfugen bilden ſollen, mittelſt der Kelle ganz und gar, aber nicht zu dick, mit Mörtel, bringt nun den Stein auf ſein Lager, rüttelt ihn etwas (aber ſchnell) in daſſelbe ein und richtet ihn mit leiſen Hammerſchlägen in die Flucht, wobei der über- flüſſige Kalk aus den Stoßfugen und der Lagerfuge hervorquillt. Endlich wird mit der flachen Seite der Mauerkelle der Mörtel theil- weiſe in die etwa noch leergebliebenen Zwiſchenräume der Fugen zurückgedrückt und der überflüſſige Mörtel über eine kurze Mauer- fläche dünn vertheilt. Eine auf ſolche Weiſe hergeſtellte Mauer beſitzt allenthalben volle Fugen, iſt ſolid und dicht und entſpricht, ſoweit die Ausführung des Inneren in Betracht kommt, allen Anforderungen. Leider geben ſich die Maurer ſelten die nöthige Mühe beim Vermauern der Steine; ſie unterlaſſen nicht nur das Annäſſen der Ziegel, ſon- dern bringen den Mörtel ſo mangelhaft an den Stein, daß man häufig durch die Stoßfugen ſehen kann!! Wanderley, Bauconſtr. II. 11

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/177
Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/177>, abgerufen am 25.04.2024.