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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Erstes Kapitel. Der Verputz der Mauern und Decken.
Menschen sich zu versammeln pflegen, für Speicher, Fabrikgebäude und solche, in
denen feuergefährliche Gewerbe betrieben werden, können alle nicht massiven Wände,
sowie Träger und Stiele von Holz ohne Unterschied der Höhe dieser Gebäude nach
der Bestimmung des Polizei-Präsidiums überhaupt ausgeschlossen werden.

§ 60. Brandmauern. In ausgedehnten Gebäuden, in welchen leicht brenn-
bare Stoffe gelagert oder verarbeitet werden, sind in Entfernungen von höchstens
50m bis über die Dachfläche hinausgehende Brandmauern erforderlich. Ausnahmen
sind nach der Bestimmung des Polizei-Präsidiums zulässig, wenn die Feuersicherheit
durch andere Mittel ausreichend gewahrt wird. Brandmauern müssen durchweg in
unverbrennlichem Material, mindestens 1 Stein stark, ausgeführt werden, es darf
kein Holzwerk in denselben liegen und sie dürfen Oeffnungen nur dann haben, wenn
diese mit doppelten eisernen Thüren verschließbar sind.

§ 65. Alle Gebäude müssen binnen Jahresfrist nach der zweiten Abnahme in
den geputzten äußeren Flächen mit einem das Blenden verhütenden Anstrich ver-
sehen werden.

F. Der Verputz der Mauern und Decken.

Um einerseits das Innere eines Gebäudes wohnlich zu machen,
andererseits das äußere Mauerwerk vor Nässe zu schützen und zu
decoriren, werden sowohl die äußeren, als auch die inneren Wand-
flächen mit einem Kalkbewurf versehen.

Nur dort, wo das Ziegelmaterial in ausgezeichneter Güte vor-
kommt, oder man sich nur der Werksteine für die äußeren Mauern
bedient, fällt der Verputz an den äußeren Wänden ganz fort und
bleiben die Facaden im sogenannten "Ziegelrohbau" resp. "Schnitt-
steinbau" stehen.

Der Ziegelrohbau gelangte bis jetzt eigentlich nur in Nord-
deutschland zur Entwickelung und hat sich dort selbst bei Bauten, die
bereits aus dem Mittelalter stammen, wie z. B. in Lübeck, Danzig,
Stettin, Brandenburg, Chorin, Braunschweig u. s. w., sehr gut be-
währt; in Mittel- und Norddeutschland (Hamburg, Berlin u. s. w),
sowie in ganz Oesterreich hingegen, ist der Putzbau vorherrschend, und
wird der Werkstein entweder gar nicht, oder blos für einzelne
Architekturtheile (Hauptgesimse, Ecken der Fensterverdachungen, Sohl-
und Brüstungsgesimsen, Säulen) verwendet. Den Werk- resp.
Steinbau trifft man vornehmlich in Mittel- und Süddeutschland
in der Nähe der Sandsteinbrüche an. In Mitteldeutschland, beson-
ders Hessen, und im Rheinlande werden die äußeren Wände vielfach
ausschließlich von Bruchsteinen hergestellt und dann äußerlich
geputzt.

Erſtes Kapitel. Der Verputz der Mauern und Decken.
Menſchen ſich zu verſammeln pflegen, für Speicher, Fabrikgebäude und ſolche, in
denen feuergefährliche Gewerbe betrieben werden, können alle nicht maſſiven Wände,
ſowie Träger und Stiele von Holz ohne Unterſchied der Höhe dieſer Gebäude nach
der Beſtimmung des Polizei-Präſidiums überhaupt ausgeſchloſſen werden.

§ 60. Brandmauern. In ausgedehnten Gebäuden, in welchen leicht brenn-
bare Stoffe gelagert oder verarbeitet werden, ſind in Entfernungen von höchſtens
50m bis über die Dachfläche hinausgehende Brandmauern erforderlich. Ausnahmen
ſind nach der Beſtimmung des Polizei-Präſidiums zuläſſig, wenn die Feuerſicherheit
durch andere Mittel ausreichend gewahrt wird. Brandmauern müſſen durchweg in
unverbrennlichem Material, mindeſtens 1 Stein ſtark, ausgeführt werden, es darf
kein Holzwerk in denſelben liegen und ſie dürfen Oeffnungen nur dann haben, wenn
dieſe mit doppelten eiſernen Thüren verſchließbar ſind.

§ 65. Alle Gebäude müſſen binnen Jahresfriſt nach der zweiten Abnahme in
den geputzten äußeren Flächen mit einem das Blenden verhütenden Anſtrich ver-
ſehen werden.

F. Der Verputz der Mauern und Decken.

Um einerſeits das Innere eines Gebäudes wohnlich zu machen,
andererſeits das äußere Mauerwerk vor Näſſe zu ſchützen und zu
decoriren, werden ſowohl die äußeren, als auch die inneren Wand-
flächen mit einem Kalkbewurf verſehen.

Nur dort, wo das Ziegelmaterial in ausgezeichneter Güte vor-
kommt, oder man ſich nur der Werkſteine für die äußeren Mauern
bedient, fällt der Verputz an den äußeren Wänden ganz fort und
bleiben die Façaden im ſogenannten „Ziegelrohbau“ reſp. „Schnitt-
ſteinbau“ ſtehen.

Der Ziegelrohbau gelangte bis jetzt eigentlich nur in Nord-
deutſchland zur Entwickelung und hat ſich dort ſelbſt bei Bauten, die
bereits aus dem Mittelalter ſtammen, wie z. B. in Lübeck, Danzig,
Stettin, Brandenburg, Chorin, Braunſchweig u. ſ. w., ſehr gut be-
währt; in Mittel- und Norddeutſchland (Hamburg, Berlin u. ſ. w),
ſowie in ganz Oeſterreich hingegen, iſt der Putzbau vorherrſchend, und
wird der Werkſtein entweder gar nicht, oder blos für einzelne
Architekturtheile (Hauptgeſimſe, Ecken der Fenſterverdachungen, Sohl-
und Brüſtungsgeſimſen, Säulen) verwendet. Den Werk- reſp.
Steinbau trifft man vornehmlich in Mittel- und Süddeutſchland
in der Nähe der Sandſteinbrüche an. In Mitteldeutſchland, beſon-
ders Heſſen, und im Rheinlande werden die äußeren Wände vielfach
ausſchließlich von Bruchſteinen hergeſtellt und dann äußerlich
geputzt.

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[206/0222] Erſtes Kapitel. Der Verputz der Mauern und Decken. Menſchen ſich zu verſammeln pflegen, für Speicher, Fabrikgebäude und ſolche, in denen feuergefährliche Gewerbe betrieben werden, können alle nicht maſſiven Wände, ſowie Träger und Stiele von Holz ohne Unterſchied der Höhe dieſer Gebäude nach der Beſtimmung des Polizei-Präſidiums überhaupt ausgeſchloſſen werden. § 60. Brandmauern. In ausgedehnten Gebäuden, in welchen leicht brenn- bare Stoffe gelagert oder verarbeitet werden, ſind in Entfernungen von höchſtens 50m bis über die Dachfläche hinausgehende Brandmauern erforderlich. Ausnahmen ſind nach der Beſtimmung des Polizei-Präſidiums zuläſſig, wenn die Feuerſicherheit durch andere Mittel ausreichend gewahrt wird. Brandmauern müſſen durchweg in unverbrennlichem Material, mindeſtens 1 Stein ſtark, ausgeführt werden, es darf kein Holzwerk in denſelben liegen und ſie dürfen Oeffnungen nur dann haben, wenn dieſe mit doppelten eiſernen Thüren verſchließbar ſind. § 65. Alle Gebäude müſſen binnen Jahresfriſt nach der zweiten Abnahme in den geputzten äußeren Flächen mit einem das Blenden verhütenden Anſtrich ver- ſehen werden. F. Der Verputz der Mauern und Decken. Um einerſeits das Innere eines Gebäudes wohnlich zu machen, andererſeits das äußere Mauerwerk vor Näſſe zu ſchützen und zu decoriren, werden ſowohl die äußeren, als auch die inneren Wand- flächen mit einem Kalkbewurf verſehen. Nur dort, wo das Ziegelmaterial in ausgezeichneter Güte vor- kommt, oder man ſich nur der Werkſteine für die äußeren Mauern bedient, fällt der Verputz an den äußeren Wänden ganz fort und bleiben die Façaden im ſogenannten „Ziegelrohbau“ reſp. „Schnitt- ſteinbau“ ſtehen. Der Ziegelrohbau gelangte bis jetzt eigentlich nur in Nord- deutſchland zur Entwickelung und hat ſich dort ſelbſt bei Bauten, die bereits aus dem Mittelalter ſtammen, wie z. B. in Lübeck, Danzig, Stettin, Brandenburg, Chorin, Braunſchweig u. ſ. w., ſehr gut be- währt; in Mittel- und Norddeutſchland (Hamburg, Berlin u. ſ. w), ſowie in ganz Oeſterreich hingegen, iſt der Putzbau vorherrſchend, und wird der Werkſtein entweder gar nicht, oder blos für einzelne Architekturtheile (Hauptgeſimſe, Ecken der Fenſterverdachungen, Sohl- und Brüſtungsgeſimſen, Säulen) verwendet. Den Werk- reſp. Steinbau trifft man vornehmlich in Mittel- und Süddeutſchland in der Nähe der Sandſteinbrüche an. In Mitteldeutſchland, beſon- ders Heſſen, und im Rheinlande werden die äußeren Wände vielfach ausſchließlich von Bruchſteinen hergeſtellt und dann äußerlich geputzt.

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/222>, abgerufen am 29.03.2024.