Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wartmann, Sigismund Friedrich: De Statv Pertvrbato Germaniae et Franciae Vnpartheyischer wolmeynender Theologo-Politicorum Discvrssvvm, Vierter vnd letzter Theil. Frankfurt (Main), 1652.

Bild:
<< vorherige Seite
& Germaniae Continuatio.


Der 9. Discurß.

Der Türck leidet Verlust. Die Ständ in Poln wollen
nicht kriegen. Was die Frantzosen in Jtalien vnnd Spanien verrichtet. Der
König in Engelland kompt in Jrrthumb. Niederländischer Krieg. Das Haupt-
Wesen ziehet sich nach Hessen: was da vbersehen worden. Gehet wieder nach
Beyern vnd dem Bodensee. Von dem Stillstand/ was in dessen gegen den Kay-
serischen vorgangen. Wie Holtzapffel sein Generalat angetretten/ die Schwe-
dischen biß in den Niedersächsischen Krayß getrieben/ vnnd Marpurg belägert.
Spanische vnd Türckische Händel.

ES hatte die Christenheit nicht Arbeit genug vnder sich
selbst/ wann der Türck/ der abgesagte Feind Christlichen Namens/ nicht
auch durch vnsere lose Händel wär munder worden/ den Weg nach Jtalien
zu öffnen. Die Venetianer thäten jhr bestes/ vnnd hatten ein sonderlich Vn-
glück mit jhrem Arsenal oder Zeughauß/ bey Eingang dieses 1646. Jahrs/ welches
nicht wie man den Frantzosen wollen Schuld geben/ vnnd die Türcken spargieren
dörffen/ durch angelegtes Fewr/ sondern durch Verwahrlosung der Zimmerleuth
in schrecklichen Brand gerahten: vnnd zwar zur Vnzeit/ da eben alles voller Arg-
wohn gestocken. Dann in Dalmatien besorgte man sich sehr von deß Türcken
Vberfall/ wie er dann Novigrad ohn sonderlichen Schaden einbekommen/ also
daß sich Zara zubeförchten hatte. Doch verlohr er ein tapfferes Treffen zur
See/ welches er so gar hoch nicht achtet/ wegen grosser Menge seiner Völcker: im
andern Treffen ließ er sechs tausent/ vnnd die Venetianer vier tausent: dadurch
jhm der Sieg geblieben/ daß er die Statt Retimo/ ohn das Schloß/ einbekom-
men.

Der König in Poln thät grosse Rüstung/ vnd wolte den Türcken/ zugleich
den Tartarn angreiffen: aber die Stände hieltens vor ein vnnöthig Beginnen/
vnnd besorgten sich noch darneben/ es möchte auff sie angesehen seyn/ jhre Privile-
gien zuvernichten/ vnnd newe Beschwerden auffzudringen/ wie etwan in Engel-
land vor Augen wäre. Darumb wurd der Krieg allenthalben gehindert/ auch
mit offentlicher Widerspenstigkeit der fürnembsten Provintzen/ sonderlich da die
Vn Catholische die Oberhand hatten/ biß endlich auff einem Reichstag alles ein-
gestellt worden. Viel meynten/ der Eyfer zu der Religion hätte diesen Sinn
erweckt/ vnnd solte dem Hauß Oesterreich zum besten gereychen: andere sorgten
vor die Schweden/ ob sie bey so schwerem Teutschen Krieg nun desto geschwinder

zuvber-
L l
& Germaniæ Continuatio.


Der 9. Diſcurß.

Der Tuͤrck leidet Verluſt. Die Staͤnd in Poln wollen
nicht kriegen. Was die Frantzoſen in Jtalien vnnd Spanien verꝛichtet. Der
Koͤnig in Engelland kompt in Jrꝛthumb. Niederlaͤndiſcher Krieg. Das Haupt-
Weſen ziehet ſich nach Heſſen: was da vberſehen worden. Gehet wieder nach
Beyern vnd dem Bodenſee. Von dem Stillſtand/ was in deſſen gegen den Kay-
ſeriſchen vorgangen. Wie Holtzapffel ſein Generalat angetretten/ die Schwe-
diſchen biß in den Niederſaͤchſiſchen Krayß getrieben/ vnnd Marpurg belaͤgert.
Spaniſche vnd Tuͤrckiſche Haͤndel.

ES hatte die Chriſtenheit nicht Arbeit genug vnder ſich
ſelbſt/ wann der Tuͤrck/ der abgeſagte Feind Chriſtlichen Namens/ nicht
auch durch vnſere loſe Haͤndel waͤr munder worden/ den Weg nach Jtalien
zu oͤffnen. Die Venetianer thaͤten jhr beſtes/ vnnd hatten ein ſonderlich Vn-
gluͤck mit jhrem Arſenal oder Zeughauß/ bey Eingang dieſes 1646. Jahrs/ welches
nicht wie man den Frantzoſen wollen Schuld geben/ vnnd die Tuͤrcken ſpargieren
doͤrffen/ durch angelegtes Fewr/ ſondern durch Verwahrloſung der Zimmerleuth
in ſchrecklichen Brand gerahten: vnnd zwar zur Vnzeit/ da eben alles voller Arg-
wohn geſtocken. Dann in Dalmatien beſorgte man ſich ſehr von deß Tuͤrcken
Vberfall/ wie er dann Novigrad ohn ſonderlichen Schaden einbekommen/ alſo
daß ſich Zara zubefoͤrchten hatte. Doch verlohr er ein tapfferes Treffen zur
See/ welches er ſo gar hoch nicht achtet/ wegen groſſer Menge ſeiner Voͤlcker: im
andern Treffen ließ er ſechs tauſent/ vnnd die Venetianer vier tauſent: dadurch
jhm der Sieg geblieben/ daß er die Statt Retimo/ ohn das Schloß/ einbekom-
men.

Der Koͤnig in Poln thaͤt groſſe Ruͤſtung/ vnd wolte den Tuͤrcken/ zugleich
den Tartarn angreiffen: aber die Staͤnde hieltens vor ein vnnoͤthig Beginnen/
vnnd beſorgten ſich noch darneben/ es moͤchte auff ſie angeſehen ſeyn/ jhre Privile-
gien zuvernichten/ vnnd newe Beſchwerden auffzudringen/ wie etwan in Engel-
land vor Augen waͤre. Darumb wurd der Krieg allenthalben gehindert/ auch
mit offentlicher Widerſpenſtigkeit der fuͤrnembſten Provintzen/ ſonderlich da die
Vn Catholiſche die Oberhand hatten/ biß endlich auff einem Reichstag alles ein-
geſtellt worden. Viel meynten/ der Eyfer zu der Religion haͤtte dieſen Sinn
erweckt/ vnnd ſolte dem Hauß Oeſterꝛeich zum beſten gereychen: andere ſorgten
vor die Schweden/ ob ſie bey ſo ſchwerem Teutſchen Krieg nun deſto geſchwinder

zuvber-
L l
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0257" n="111[81]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">&amp; Germaniæ Continuatio.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Der 9. Di&#x017F;curß.</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p><hi rendition="#fr">Der Tu&#x0364;rck leidet Verlu&#x017F;t. Die Sta&#x0364;nd in Poln wollen</hi><lb/>
nicht kriegen. Was die Frantzo&#x017F;en in Jtalien vnnd Spanien ver&#xA75B;ichtet. Der<lb/>
Ko&#x0364;nig in Engelland kompt in Jr&#xA75B;thumb. Niederla&#x0364;ndi&#x017F;cher Krieg. Das Haupt-<lb/>
We&#x017F;en ziehet &#x017F;ich nach He&#x017F;&#x017F;en: was da vber&#x017F;ehen worden. Gehet wieder nach<lb/>
Beyern vnd dem Boden&#x017F;ee. Von dem Still&#x017F;tand/ was in de&#x017F;&#x017F;en gegen den Kay-<lb/>
&#x017F;eri&#x017F;chen vorgangen. Wie Holtzapffel &#x017F;ein Generalat angetretten/ die Schwe-<lb/>
di&#x017F;chen biß in den Nieder&#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Krayß getrieben/ vnnd Marpurg bela&#x0364;gert.<lb/>
Spani&#x017F;che vnd Tu&#x0364;rcki&#x017F;che Ha&#x0364;ndel.</p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi><hi rendition="#fr">S hatte die Chri&#x017F;tenheit nicht Arbeit genug vnder &#x017F;ich</hi><lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t/ wann der Tu&#x0364;rck/ der abge&#x017F;agte Feind Chri&#x017F;tlichen Namens/ nicht<lb/>
auch durch vn&#x017F;ere lo&#x017F;e Ha&#x0364;ndel wa&#x0364;r munder worden/ den Weg nach Jtalien<lb/>
zu o&#x0364;ffnen. Die Venetianer tha&#x0364;ten jhr be&#x017F;tes/ vnnd hatten ein &#x017F;onderlich Vn-<lb/>
glu&#x0364;ck mit jhrem Ar&#x017F;enal oder Zeughauß/ bey Eingang die&#x017F;es 1646. Jahrs/ welches<lb/>
nicht wie man den Frantzo&#x017F;en wollen Schuld geben/ vnnd die Tu&#x0364;rcken &#x017F;pargieren<lb/>
do&#x0364;rffen/ durch angelegtes Fewr/ &#x017F;ondern durch Verwahrlo&#x017F;ung der Zimmerleuth<lb/>
in &#x017F;chrecklichen Brand gerahten: vnnd zwar zur Vnzeit/ da eben alles voller Arg-<lb/>
wohn ge&#x017F;tocken. Dann in Dalmatien be&#x017F;orgte man &#x017F;ich &#x017F;ehr von deß Tu&#x0364;rcken<lb/>
Vberfall/ wie er dann Novigrad ohn &#x017F;onderlichen Schaden einbekommen/ al&#x017F;o<lb/>
daß &#x017F;ich Zara zubefo&#x0364;rchten hatte. Doch verlohr er ein tapfferes Treffen zur<lb/>
See/ welches er &#x017F;o gar hoch nicht achtet/ wegen gro&#x017F;&#x017F;er Menge &#x017F;einer Vo&#x0364;lcker: im<lb/>
andern Treffen ließ er &#x017F;echs tau&#x017F;ent/ vnnd die Venetianer vier tau&#x017F;ent: dadurch<lb/>
jhm der Sieg geblieben/ daß er die Statt Retimo/ ohn das Schloß/ einbekom-<lb/>
men.</p><lb/>
          <p>Der Ko&#x0364;nig in Poln tha&#x0364;t gro&#x017F;&#x017F;e Ru&#x0364;&#x017F;tung/ vnd wolte den Tu&#x0364;rcken/ zugleich<lb/>
den Tartarn angreiffen: aber die Sta&#x0364;nde hieltens vor ein vnno&#x0364;thig Beginnen/<lb/>
vnnd be&#x017F;orgten &#x017F;ich noch darneben/ es mo&#x0364;chte auff &#x017F;ie ange&#x017F;ehen &#x017F;eyn/ jhre Privile-<lb/>
gien zuvernichten/ vnnd newe Be&#x017F;chwerden auffzudringen/ wie etwan in Engel-<lb/>
land vor Augen wa&#x0364;re. Darumb wurd der Krieg allenthalben gehindert/ auch<lb/>
mit offentlicher Wider&#x017F;pen&#x017F;tigkeit der fu&#x0364;rnemb&#x017F;ten Provintzen/ &#x017F;onderlich da die<lb/>
Vn Catholi&#x017F;che die Oberhand hatten/ biß endlich auff einem Reichstag alles ein-<lb/>
ge&#x017F;tellt worden. Viel meynten/ der Eyfer zu der Religion ha&#x0364;tte die&#x017F;en Sinn<lb/>
erweckt/ vnnd &#x017F;olte dem Hauß Oe&#x017F;ter&#xA75B;eich zum be&#x017F;ten gereychen: andere &#x017F;orgten<lb/>
vor die Schweden/ ob &#x017F;ie bey &#x017F;o &#x017F;chwerem Teut&#x017F;chen Krieg nun de&#x017F;to ge&#x017F;chwinder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l</fw><fw place="bottom" type="catch">zuvber-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111[81]/0257] & Germaniæ Continuatio. Der 9. Diſcurß. Der Tuͤrck leidet Verluſt. Die Staͤnd in Poln wollen nicht kriegen. Was die Frantzoſen in Jtalien vnnd Spanien verꝛichtet. Der Koͤnig in Engelland kompt in Jrꝛthumb. Niederlaͤndiſcher Krieg. Das Haupt- Weſen ziehet ſich nach Heſſen: was da vberſehen worden. Gehet wieder nach Beyern vnd dem Bodenſee. Von dem Stillſtand/ was in deſſen gegen den Kay- ſeriſchen vorgangen. Wie Holtzapffel ſein Generalat angetretten/ die Schwe- diſchen biß in den Niederſaͤchſiſchen Krayß getrieben/ vnnd Marpurg belaͤgert. Spaniſche vnd Tuͤrckiſche Haͤndel. ES hatte die Chriſtenheit nicht Arbeit genug vnder ſich ſelbſt/ wann der Tuͤrck/ der abgeſagte Feind Chriſtlichen Namens/ nicht auch durch vnſere loſe Haͤndel waͤr munder worden/ den Weg nach Jtalien zu oͤffnen. Die Venetianer thaͤten jhr beſtes/ vnnd hatten ein ſonderlich Vn- gluͤck mit jhrem Arſenal oder Zeughauß/ bey Eingang dieſes 1646. Jahrs/ welches nicht wie man den Frantzoſen wollen Schuld geben/ vnnd die Tuͤrcken ſpargieren doͤrffen/ durch angelegtes Fewr/ ſondern durch Verwahrloſung der Zimmerleuth in ſchrecklichen Brand gerahten: vnnd zwar zur Vnzeit/ da eben alles voller Arg- wohn geſtocken. Dann in Dalmatien beſorgte man ſich ſehr von deß Tuͤrcken Vberfall/ wie er dann Novigrad ohn ſonderlichen Schaden einbekommen/ alſo daß ſich Zara zubefoͤrchten hatte. Doch verlohr er ein tapfferes Treffen zur See/ welches er ſo gar hoch nicht achtet/ wegen groſſer Menge ſeiner Voͤlcker: im andern Treffen ließ er ſechs tauſent/ vnnd die Venetianer vier tauſent: dadurch jhm der Sieg geblieben/ daß er die Statt Retimo/ ohn das Schloß/ einbekom- men. Der Koͤnig in Poln thaͤt groſſe Ruͤſtung/ vnd wolte den Tuͤrcken/ zugleich den Tartarn angreiffen: aber die Staͤnde hieltens vor ein vnnoͤthig Beginnen/ vnnd beſorgten ſich noch darneben/ es moͤchte auff ſie angeſehen ſeyn/ jhre Privile- gien zuvernichten/ vnnd newe Beſchwerden auffzudringen/ wie etwan in Engel- land vor Augen waͤre. Darumb wurd der Krieg allenthalben gehindert/ auch mit offentlicher Widerſpenſtigkeit der fuͤrnembſten Provintzen/ ſonderlich da die Vn Catholiſche die Oberhand hatten/ biß endlich auff einem Reichstag alles ein- geſtellt worden. Viel meynten/ der Eyfer zu der Religion haͤtte dieſen Sinn erweckt/ vnnd ſolte dem Hauß Oeſterꝛeich zum beſten gereychen: andere ſorgten vor die Schweden/ ob ſie bey ſo ſchwerem Teutſchen Krieg nun deſto geſchwinder zuvber- L l

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania04_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania04_1652/257
Zitationshilfe: Wartmann, Sigismund Friedrich: De Statv Pertvrbato Germaniae et Franciae Vnpartheyischer wolmeynender Theologo-Politicorum Discvrssvvm, Vierter vnd letzter Theil. Frankfurt (Main), 1652, S. 111[81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania04_1652/257>, abgerufen am 25.04.2024.