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Weckherlin, Georg Rodolf: Gaistliche und Weltliche Gedichte. Amsterdam, 1641.

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Gedichte.
Ob aber wol der Tod dir/ vnbeflöckte blum/
Durch seiner sichel straich den fall zu früh gegeben;
So blühet allzeit doch frisch deiner tugent ruhm/
Weil die lang leben gnug/ die recht vnd wol gnug
leben.
Wan dan/ O süsse seehl/ dein leben vnd dein Tod
Vns deines hayls gewin/ vnnd vnsern verlust
weysen/
So mögen billich wir Got klagen vnser noht
Doch also/ dz wir jhn auch für dein leben preysen.
Ode.
DEr Menschen wohn ist falsch/ betrüglich die ver-
jähung/
Als ob des Glicks allmacht/ der ewigkeit versehung/
Vnd des himmels gesatz (mit zwang der Götter
hand
Verkürtzend) ohn jhr schuld veränderten den stand
Der Menschen vnd der Welt. Das werck recht zube-
sehen
So muß der Mensch/ daß er die vrsach selbs/ gestehen.
Dan ja ein jeder mensch/ dem grösten König gleich/
Hat der Anmuhtungen vnd der begirden reich
(Die seine vernunfft stehts solt maistern) zu regieren:
Vnd Sie/ was farb vnd schein Sie auch in dem
schilt führen/
Zu büssen jhren lust (als schmaichler) jhres thails
Vergessen offt des Reichs vnd jhres Fürsten hayls.

Da
Gedichte.
Ob aber wol der Tod dir/ vnbefloͤckte blum/
Durch ſeiner ſichel ſtraich den fall zu fruͤh gegebẽ;
So bluͤhet allzeit doch friſch deiner tugent ruhm/
Weil die lang leben gnug/ die recht vnd wol gnug
leben.
Wan dan/ O ſuͤſſe ſeehl/ dein leben vnd dein Tod
Vns deines hayls gewin/ vnnd vnſern verluſt
weyſen/
So moͤgen billich wir Got klagen vnſer noht
Doch alſo/ dz wir jhn auch fuͤr dein leben preyſen.
Ode.
DEr Menſchen wohn iſt falſch/ betruͤglich die ver-
jaͤhung/
Als ob des Glicks allmacht/ der ewigkeit verſehung/
Vnd des himmels geſatz (mit zwang der Goͤtter
hand
Verkuͤrtzend) ohn jhr ſchuld veraͤnderten den ſtand
Der Menſchen vnd der Welt. Das werck recht zube-
ſehen
So muß der Menſch/ daß er die vrſach ſelbs/ geſtehē.
Dã ja ein jeder menſch/ dem groͤſten Koͤnig gleich/
Hat der Anmuhtungen vnd der begirden reich
(Die ſeine vernunfft ſtehts ſolt maiſtern) zu regieren:
Vnd Sie/ was farb vnd ſchein Sie auch in dem
ſchilt fuͤhren/
Zu buͤſſen jhren luſt (als ſchmaichler) jhres thails
Vergeſſen offt des Reichs vnd jhres Fuͤrſten hayls.

Da
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[175/0193] Gedichte. Ob aber wol der Tod dir/ vnbefloͤckte blum/ Durch ſeiner ſichel ſtraich den fall zu fruͤh gegebẽ; So bluͤhet allzeit doch friſch deiner tugent ruhm/ Weil die lang leben gnug/ die recht vnd wol gnug leben. Wan dan/ O ſuͤſſe ſeehl/ dein leben vnd dein Tod Vns deines hayls gewin/ vnnd vnſern verluſt weyſen/ So moͤgen billich wir Got klagen vnſer noht Doch alſo/ dz wir jhn auch fuͤr dein leben preyſen. Ode. DEr Menſchen wohn iſt falſch/ betruͤglich die ver- jaͤhung/ Als ob des Glicks allmacht/ der ewigkeit verſehung/ Vnd des himmels geſatz (mit zwang der Goͤtter hand Verkuͤrtzend) ohn jhr ſchuld veraͤnderten den ſtand Der Menſchen vnd der Welt. Das werck recht zube- ſehen So muß der Menſch/ daß er die vrſach ſelbs/ geſtehē. Dã ja ein jeder menſch/ dem groͤſten Koͤnig gleich/ Hat der Anmuhtungen vnd der begirden reich (Die ſeine vernunfft ſtehts ſolt maiſtern) zu regieren: Vnd Sie/ was farb vnd ſchein Sie auch in dem ſchilt fuͤhren/ Zu buͤſſen jhren luſt (als ſchmaichler) jhres thails Vergeſſen offt des Reichs vnd jhres Fuͤrſten hayls. Da

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Zitationshilfe: Weckherlin, Georg Rodolf: Gaistliche und Weltliche Gedichte. Amsterdam, 1641, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weckherlin_gedichte_1641/193>, abgerufen am 29.03.2024.